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Geisteswissenschaften - Philosophie - Logik

(Anm.d.Erf.: Diese Abhandlung (Hochschul-Vorlesung) zeigt die Logik des deutschen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770-1831). Siehe auch Geschichte des ausgehenden 19. Jahrhunderts .)

Die Logik des Philosophen Hegel

Vorlesung Logikkreis vom 11. Januar 1996

Einleitende Bemerkungen

Logik, Philosophie, Wissenschaft, System: Hegels Wissenschaft der Logik ist nicht eine Logik unter vielen, sondern in ihr sind alle anderen Logiken enthalten und widerlegt. In ihr ist die Geschichte der Philosophie enthalten. Es gibt keine Wissenschaft, die neben der Logik steht. Die Logik ist das Zentrum der Philosophie. Es gibt keine "Disziplinen" der Philosophie. Die Vorstellung lässt die Gegenstände nebeneinander stehen (und, auch) und bleibt bei der Verschiedenheit. Die Philosophie hingegen ist schlechthin System. Philosophie ist Begriffsbestimmung. Der Begriff ist von der Meinung zu unterscheiden. Vgl. Platon. In der Meinung wird etwas über etwas erzählt, wobei der Begriff des etwas, worüber erzählt wird, schon vorausgesetzt ist, wie dies in einem Beispiel der Fall ist. Begriffsbestimmung ist nicht willkürliches Definieren. Wie kommt man über willkürliches Definieren hinaus? Durch systematisches Vorgehen. Jeder einzelne Begriff muss seine notwendige Stelle im System bekommen. Welche Begriffe bestimmt die Logik? Vgl. Platons Liniengleichnis. Sie bestimmt die Begriffe, die die Voraussetzungen dessen, was ist, sind. Die Logik ist das Tun, das die Philosophie ist, in seinem Zentrum. Der Kreis der Begriffe ist in der Philosophie weiter als in der Logik. Die Philosophie ist die Weiterführung, Konkretisierung der logischen Begriffe, z.B. in der Naturphilosophie. Hegel verweist in der Logik oft an Stellen, an denen man es nicht vermuten würde, auf solche Konkretionen des Begriffs, z.B. in der Abhandlung über die Quantität, wo er sich auf ersten Blick nur auf die Mathematik bezieht, verweist er auf das Licht, die Materie und das Ich. Eine Wissenschaft, die ihre Stellung im System nicht weiss, kann nur Ideologie sein.

Literatur: Herr Wladika kennt keine empfehlenswerte Einführungsliteratur. Liebrucks (Sprache und Bewusstsein, Bd.6) setzt voraus, dass man Hegel genau studiert hat. Zur äusseren Orientierung empfiehlt sich Hegels "Kleine Logik", die in der Enzyklopädie. Als Hinführung empfiehlt sich v.a. auch das Studium der logischen Tradition vor Hegel, insbesondere Kants Kritik der reinen Vernunft, auf welches Werk die Wissenschaft der Logik ständig eingeht. Weiters die Vorrede und die Einleitung zur Phänomenologie des Geistes.

Vorrede zur ersten Ausgabe

"Die völlige Umänderung, welche die philosophische Denkweise seit etwa fünfundzwanzig Jahren unter uns erlitten, der höhere Standpunkt, den das Selbstbewusstsein des Geistes in dieser Zeitperiode über sich erreicht hat, hat bisher noch wenig Einfluss auf die Gestalt der Logik gehabt." (S. 13)
Vor Hegel wurde nicht gewusst, dass die Zeit bzw. das zu einer Zeit erreichte philosophische Niveau irgendeinen Einfluss auf die Logik hat. Kant würde leugnen, dass seine Philosophie auf die Logik als formale Logik einen Einfluss haben sollte. Hegel hat erkannt, dass alle Systemteile der Philosophie Entwicklung, logisch notwendiges Fortschreiten sind. Entwicklung heisst, dass sich eine Kategorie mit dialektischer Notwendigkeit aus der vorherigen ergibt. Dialektik ist die (Selbst­)Aufhebung des Abstrakten im Konkreten. Dies heisst bei Hegel auch "bestimmte Negation". Hegel hat erkannt, dass die Kantische Philosophie eine logische Revolutionierung der Philosophie bedeutet.
"Die exoterische Lehre der Kantischen Philosophie - dass der Verstand die Erfahrung nicht überfliegen dürfe, sonst werde das Erkenntnisvermögen theoretische Vernunft, welche für sich nichts als Hirngespinste gebäre - hat es von der wissenschaftlichen Seite gerechtfertigt, dem spekulativen Denken zu entsagen." (S. 13)
Die exoterische Seite der Kantischen Philosophie ist ihr Resultat, abstrakt für sich genommen. Die esoterische Seite ist das Denken, durch das man zu diesen Resultaten kommt. Kant unterscheidet zwei Erkenntnisstämme, den Verstand und die Sinnlichkeit. Gedanken ohne Anschauungen sind für Kant leer. Kants Trennung von Verstand und Sinnlichkeit ist formallogisch notwendig und der Grund des Verschwindens der Metaphysik.
"Das bei uns am weitesten verbreitete Philosophieren tritt nicht aus den Kantischen Resultaten, dass die Vernunft keinen wahren Gehalt erkennen könne und in Ansehung der absoluten Wahrheit auf das Glauben zu verweisen sei, heraus. Was aber bei Kant Resultat ist, damit wird in diesem Philosophieren unmittelbar angefangen, damit die vorhergehende Ausführung, aus welcher jenes Resultat herkommt und welche philosophisches Erkennen ist, vorweggeschnitten." (S. 59, Anmerkung)
"Was nun auch für die Sache und für die Form der Wissenschaft bereits in sonstiger Rücksicht geschehen sein mag, - die logische Wissenschaft, welche die eigentliche Metaphysik oder reine spekulative Philosophie ausmacht, hat sich bisher noch sehr vernachlässigt gesehen." (S. 16)
Die Logik ist die eigentliche Metaphysik. Das ist der Kernsatz der ersten Vorrede.
"Dieser populären Lehre kam das Geschrei der modernen Pädagogik, die Not der Zeiten, die den Blick auf das unmittelbare Bedürfnis richtet, entgegen, dass, wie für die Erkenntnis die Erfahrung das Erste, so für die Geschicklichkeit im öffentlichen und Privatleben theoretische Einsicht sogar schädlich und Übung und praktische Bildung überhaupt das Wesentliche, allein Förderliche sei." (S. 13/14)
Statt "praktisch" sollte es hier "technisch" heissen. Gegenüberstellung Segen - Nutzen, Gebrauch, Technik.
Hegels Kritik an der bisherigen Logik richtet sich dagegen
  1. die Logik als ein Mittel des Denkens anzusehen (technische Auffassung von der Logik)
  2. die Logik als blosse Form, vom Inhalt getrennt zu betrachten.
Die Logik ist das Denken Gottes vor der Erschaffung der Welt.
"Ganz so schlimm als der Metaphysik ist es der Logik nicht ergangen." (S. 14)
Die Aussage, dass es der Logik besser ergangen sei als der Metaphysik, muss Hegel wieder zurücknehmen, da ja die Logik die "eigentliche Metaphysik" ist, und tut dies auch noch in demselben Absatz:
"Dies bessere Los betrifft jedoch nur das äussere Schicksal; denn ihre Gestalt und Inhalt ist derselbe geblieben, als er sich durch eine lange Tradition fortgeerbt, jedoch in dieser Überlieferung immer mehr verdünnt und abgemagert hatte; der neue Geist, welcher der Wissenschaft nicht weniger als der Wirklichkeit aufgegangen ist, hat sich in ihr noch nicht verspüren lassen." (S. 15)
Die Kantische Philosophie ist an der Logik als formaler Logik spurlos vorübergegangen.
"Dass man durch sie (die Logik) denken lerne, was sonst für ihren Nutzen und damit für den Zweck derselben galt - gleichsam als ob man durch das Studium der Anatomie und Physiologie erst verdauen und sich bewegen lernen sollte -, dies Vorurteil hat sich längst verloren." (S. 14)
Es scheint hier so, als ob Hegel sich gegen die Ansicht aussprechen würde, dass man durch die Logik denken lerne. Dieser Eindruck ist falsch: wir lernen mit der Logik denken. Der Vergleich mit der Anatomie ist unglücklich. Das Leben muss sich nicht wissen, um zu leben, der Geist hingegen muss sich wissen, um Geist zu sein.
"Dessenungeachtet, wahrscheinlich um einigen formellen Nutzens willen, wurde ihr (der Logik) noch ein Rang unter den Wissenschaften gelassen." (S. 14/15)
Der formelle Nutzen der Logik kann nur ein vermeintlicher sein. Hegel beweist, dass die Logik keinen Nutzen hat.

Vorlesung Logikkreis vom 8. Februar 1996

Wir haben das letzte Mal drei Punkte behandelt, die kurz wiederholt werden:
  1. Philosophie ist Begriffsbestimmung. Die Begriffe stehen in einem System. Eine unsystematische Philosophie gibt es nicht; das wäre nur willkürliches Definieren. Eine nicht­philosophische Wissenschaft kann nur Technik sein (vgl. auch Platons Liniengleichnis). Hegel nennt diese "äusserlich­teleologische Wissenschaften". Ihr Zweck ist nicht das Wissen als solches, sondern ein äusserlich vorgegebener (willkürlicher) Zweck.
  2. Es gibt weder mehrere Wissenschaften nebeneinander noch mehrere (selbständige) Disziplinen der Philosophie. Die Philosophie in ihren weiteren Systemteilen ist nur die fortgesetzte Logik.
  3. Was ist die Logik und wie verhält sie sich zur Philosophie? Die Logik ist die Begriffsbestimmung in ihrem Zentrum. Die Bestimmungen der Logik sind nirgends nicht. Die weiteren Systemteile der Philosophie sind Fortführung der Logik. Die Tapferkeit z.B. ist keine Kategorie der Logik, weil sie eine Bestimmung des objektiven Geistes ist, in der Naturphilosophie aber etwa nicht vorkommt.

Metaphysik und Logik

Was ist Metaphysik? Die Metaphysik gibt uns die Seinsbestimmungen. Die Logik gibt uns die Denkbestimmungen. Sein und Denken sind eins. Alle Philosophen ausser Hegel (z.B. Aristoteles und Kant) waren der Auffassung, dass Denken und Sein in zwei Disziplinen abzuhandeln sind. (Eine totale Trennung konnte freilich auch Aristoteles nicht annehmen, da sonst Erkenntnis überhaupt nicht möglich wäre.) Bei Hegel sind Metaphysik und Logik eins. In seine Logik sind die ehemaligen Disziplinen der Metaphysik (metaphysica generalis = Seinslehre und metaphysica specialis = rationelle Theologie, Psychologie und Kosmologie) aufgenommen. Hegel schreibt eine spekulative Theologie. In der Logik sind, wie er auf Seite 44 schreibt, die Gedanken Gottes vor der Erschaffung der Welt dargelegt. Jede Kategorie der Logik ist eine Definition Gottes. Jeder Religion, die in der Geschichte aufgetreten ist, liegt eine bestimmte logische Stufe zugrunde (z.B. dem Judentum liegt die Logik des Wesens zugrunde). Die Frage ist sowohl in der Religion als auch in der Philosophie die nach der Wahrheit. Anfangs der Logik wird die Wahrheit als das Sein definiert. An dieser Bestimmung selbst zeigt sich, dass sie schlecht ist. Das Sein ist eine ganz niedrige Kategorie, weshalb auch die Frage, ob Gott existiert oder nicht, schlecht ist. Die Frage muss heissen, was der Begriff Gottes ist. In der Bestimmung des Gottesbegriffes wird auch der Begriff des Menschen mitbestimmt.

Erste Vorrede

Wenn Hegel im ersten Absatz der 1. Vorrede von einer "völligen Umänderung" in der Philosophie spricht, dann bezieht er sich auf die Revolutionierung der Denkungsart durch Kant. In dieser erkennt Hegel
  1. einerseits einen höheren Standpunkt,
  2. andererseits aber auch in Kants exoterischer Lehre die Ursache für den Verfall der Philosophie (2. und 3. Absatz der 1.Vorrede).
Kant erkennt die Widersprüche, in die wir uns notwendig verstricken, wenn wir die formale Logik als Organon der Erkenntnis gebrauchen, will aber an ihr als Kanon festhalten. Er zieht aus seinen transzendentallogischen Erkenntnissen keine Folgerungen für die formale Logik. Hegel schätzt gerade das Kantische Antinomienkapitel, löst die Antinomien aber im Unterschied zu Kant durch eine Revolutionierung der Logik selbst.
4. Absatz: Der Sinn der Logik ist es, denken zu lernen. Wenn Hegel von "einem Vorurteil, das sich längst verloren hat" spricht, dann meint er, dass dieses Vorurteil richtig ist. Allerdings ist der Vergleich mit der Anatomie unpassend, weil das Leben unmittelbare Idee ist: es muss sich nicht wissen um zu leben. Der Geist aber muss sich wissen, sonst ist er nicht Geist. Selbstbewusstsein ist sich wissende Idee.
S 14: statt "praktisch" sollte hier - in der Wortzusammenstellung "praktische Bildung" "technisch" stehen.
Die Entwicklung des Denkens, sagt Hegel, ist schon viel reicher, als sich dies aus den Logik­Lehrbüchern ahnen liesse, in denen das Aristotelische Organon bloss beliebig erweitert oder verkürzt wird (wie auch heute noch). Die Logik hat auch eine Geschichte. Diese findet sich allerdings nicht in den Lehrbüchern der Logik, aus welchen Zeiterscheinungen verbannt waren, sondern in den Lehrbüchern der Metaphysik. Diese Diskrepanz zwischen Metaphysik und Logik findet sich bei allen Philosophen ausser Hegel. Hegel ist im Rahmen der Logik über Aristoteles hinausgegangen - Kant nicht (hinsichtlich seines Verständnisses der formalen Logik nämlich).
Kant fragt: "Unter welchen Bedingungen kommen wir mit der formalen Logik zu objektiven Erkenntnissen?" Die formale (Aristotelische) Logik stellt Kant nicht in Frage. Das Prinzip der formalen Logik ist der Satz des zu vermeidenden Widerspruchs (erstmals als ein solches Prinzip bei Aristoteles in der Metaphysik (Buch IV) ausgesprochen; formuliert findet sich der Satz freilich schon früher, bei Parmenides und Platon). Kant setzt die formale Logik als subjektive voraus (im Unterschied zu seinen Vorgängern). Aber er hat erkannt, dass wir jedenfalls bei bestimmten Problemen trotz formallogisch richtigem Denken zu widersprüchlichen Erkenntnissen kommen: "Antithetik" z.B. hinsichtlich der Ausdehnung der Welt in Raum und Zeit. Kant möchte wissen, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit wir ausschliessen können, dass wir trotz formallogisch richtigem Denken zu objektiv (ontologischen) falschen bzw. widersprüchlichen Ergebnissen kommen.
Obwohl Kant die Logik selbst nicht antastet, stellt seine Lehre einen innerlogischen Fortschritt dar, indem er die formale Logik durch eine transzendentale Logik ergänzt (An-wendungsbedingungen). Kant hat also die Logik wohl ergänzt, aber nicht revolutioniert. Hegel revolutioniert die Logik selbst.
6. Absatz: Philosophie ist System. Eine Prinzipienphilosophie, ein Philosophieren in der Form von Grundsätzen, die festgehalten, d.h. nicht durchgeführt werden (Kant, Fichte), muss letztlich scheitern. Bei Hegel gibt es keine Prämissen, die als solche bestehen bleiben.
Es ist falsch zu meinen, Hegel hätte so philosophiert, dass er zunächst eine These aufgestellt hätte, dann eine andere (Antithese) und dann diese zu einem Kompromiss (Synthese) verbunden hätte. Die Negation (hat Hegel den Begriff "Antithese" jemals verwendet?) kommt nicht äusserlich zur positiven Bestimmung dazu, sondern ergibt sich notwendig aus ihr; das Positive zeigt sich als positiviertes Negatives.
7. Absatz: Logik ist Metaphysik, reine spekulative Philosophie. Die Aristotelische Logik heisst "Organon" (Werkzeug). Schon aus dem Titel ergibt sich, dass sie als ein Mittel gedacht ist. Im 4. Buch der Metaphysik begründet Aristoteles die Trennung von Logik und Metaphysik:
"Ein Prinzip, das jeder notwendig mitbringen muss, um etwas zu erkennen, ist nicht eine blosse Annahme." Wir müssen von gewissen Prinzipien ausgehen, ohne die für uns nichts wäre. Das Vermögen des Erkennens muss man schon voraussetzen, um etwas erkennen zu können.
Wir machen immer Voraussetzungen. Die Frage ist, ob wir diese Voraussetzungen selbst untersuchen können oder ob sie in ihrer Unmittelbarkeit als Prinzipien, aus denen dann anderes abgeleitet wird, festgehalten werden. Ein solches Prinzip ist der Satz vom zu vermeidenden Widerspruch in der formalen Logik. Aristoteles führt ihn als Prinzip im 3. Buch der Metaphysik so ein: "Jeder Beweis muss aus etwas, über etwas und für etwas geführt werden." Jeder Beweis setzt etwas voraus: einen Grund. Beweisen heisst, das zu Beweisende als eine Folge darzustellen. Formallogisch kommen wir so in einen unendlichen Regress. Wenn wir nicht ein Anhypotheton ansetzen, dann können wir überhaupt nichts beweisen. Es muss formallogisch etwas geben, das aus sich selbst heraus begründet, das aus sich selbst heraus verständlich ist. Das aus sich selbst heraus Verständliche aber gibt es nicht, so die Philosophie im Unterschied zum Positivismus.
Die formale Logik gibt Prinzipien an, die allem Beweisen vorausliegen sollen. In der formalen Logik kann nichts bewiesen werden. Die formale Logik selbst ist daher keine Wissenschaft, sondern nur Handlungsanweisung. Sie fordert, dass alles bewiesen werden muss, beweist aber den Satz nicht, dass alles bewiesen werden muss, und widerspricht sich damit selbst. Die formale Logik widerspricht dem, dass sie Philosophie ist (Philosophie ist Selbstanwendung), und sie widerspricht ihren eigenen Handlungsanweisungen. Hegel hebt in seiner Logik alle Prämissen auf, unterwirft sie selbst der logischen Untersuchung.
Wir müssen unterscheiden zwischen dem positiven und dem negativen Beweisen (vgl. Platons Liniengleichnis): Der positive Beweis hält seine Voraussetzung fest. Dass von einer Voraussetzung ausgegangen wird, ist der Sache nach notwendig. Der Anfang als Anfang kann nicht abgeleitet sein. Als Anfang ist er immer vorausgesetzt. Dem positiven Beweisen bleibt die der Voraussetzung bestehen, es wird nur von ihr aus weitergegangen, sie selbst dagegen nicht untersucht.
Der negative Beweis (das Vorgehen im Sinne der konkreten oder bestimmten Negation) geht auch von Voraussetzungen aus, aber sie bleiben nicht bestehen. Die Voraussetzung geht im Fortschreiten unter, sie wird bestimmt negiert. Dies ist das wahrhafte Beweisen.
Das positive Beweisen entspricht seinem Begriff nicht, weil es seine Voraussetzungen nicht beweist. Es ist ein Beweisen, das sich als Beweisen widerspricht.
In der Einleitung zum Existenzkapitel nimmt Hegel zur Möglichkeit des Gottesbeweises Stellung. Nach Jacobi etwa ist ein Gottesbeweis deswegen nicht möglich, da dieser notwendig von Gott anderem, somit Endlichem, ausgeht und Gott im Verhältnis zu diesem die Stellung eines Abgeleiteten erhält. Durch die Form des Beweises selbst würde Gott als etwas bewiesen, was Er nicht ist, eben als etwas Abgeleitetes. Dieser Argumentation liegt der positive Begriff des Beweises zugrunde. Hegel aber kann in der Logik einen Gottesbeweis geben, weil er einen negativen Beweis durchführt: Ausgangspunkt ist auch hier das Unmittelbare (Endliche), aber es ist nur für uns das Erste, der Sache nach schlechthin unselbständig. Alles, was ausser Gott sein soll, wird in diesem Beweisgang aufgehoben.
Platons Logik ist der "Parmenides". Für Platon sind Logik und Metaphysik eins. Der "Parmenides" ist als eine Übung in der Logik aufgebaut. Im 2. Teil wird von dem Satz "Das Eine ist nicht" ausgegangen. Es stellt sich heraus, dass das Sein und das Nichts nicht nebeneinander stehen, sondern das eine nur in Zusammenhang mit dem anderen untersucht werden kann. Wenn jemand sagt "Das Eine ist", dann sagt er damit dasselbe, wie wenn er sagte "Das Eine ist nicht", denn wenn das Eine ohne Unterschied sein soll (somit rein das Eine sein soll), dann kommen ihm gar keine Bestimmungen zu, und es fällt mit dem Nichts zusammen. Die abstrakte Negation streicht den Unterschied weg; von ihr ausgehend sind die Sätze "Das Eine ist nicht" und "Das Nicht-Eine ist nicht" identisch. Ebensosehr aber sind sie einander entgegengesetzt.
Die bestimmte Negation sagt, dass das Eine nicht seiend ist, aber wir können es bestimmen.
Platon beweist die Irrationalität des abstrakten Negierens. Die abstrakte Negation widerspricht ihrem Begriff. Ihr "Resultat" ist keines, sondern ein Unmittelbares.
7. Absatz:
Die Methode der Philosophie wird unterschieden von
  1. der Methode untergeordneter "Wissenschaften", die einfachhin Voraussetzungen machen und aus ihnen etwas ableiten,
  2. von "Versicherungen innerer Anschauung", also blossem Behaupten, wie es etwa in den Sozialwischensaften vorgelegt wird, und
  3. von "Räsonnements aus Gründen der äusseren Reflexion". Die Gründe der äusseren Reflexion sind von dem zureichenden Grund, dem Begriff, zu unterscheiden.
In der Logik sind Methode und Gegenstand eins, weil die Logik Selbstbewegung des Begriffs ist.
 

Vorlesung Logikkreis vom 29. Februar 1996

Wir sind das letzte Mal von dem zentralen Satz der Vorrede ausgegangen, dass Logik und Metaphysik eins sind. Gewöhnlich wird diese Identität ja nicht behauptet. In der formalen Logik fallen Logik und Metaphysik auseinander. Die Logik hat es dann nur mit den Formen des Denkens zu tun, während der Metaphysik aller Inhalt angehört. Die Formen des Denkens könne man sicher erkennen, aber jegliche Inhaltsbestimmung wäre dogmatisch, wird heute oft behauptet. Dabei ist es die formale Logik selbst, die dogmatisch vorgeht. Sie stellt sogenannte "Prinzipien" oder "Axiome" auf, hinter welche nicht zurückgegangen werden können soll. Am Anfang der formalen Logik steht der Satz, dass es nicht für alles einen Beweis geben kann. Aristoteles: Jeder Beweis muss aus etwas, über etwas und für etwas geführt werden. Es ergibt sich aus diesem zunächst einleuchtenden Räsonnement, dass es ein Unmittelbares, aus sich selbst heraus Verständliches geben muss, an dem das Beweisen ansetzt und das selbst nicht bewiesen werden kann, sondern das als schlechthin gültig vorausgesetzt werden muss. Die Prinzipien der formalen Logik sind nicht weiter hinterfragbar. Deshalb stellt die formale Logik niemals die "Was?"­Frage, die Frage nach dem Begriff, welche gerade die Frage der Philosophie ist.
3 Prinzipien der formalen Logik:
  1. Satz der Identität
  2. Satz des zu vermeidenden Widerspruchs
  3. Satz des ausgeschlossenen Dritten
Es wird formallogisch nicht gefragt: "Was ist Identität?" oder: "Was ist der Widerspruch?" Diese Fragen würden hinter die genannten Prinzipien zurückführen. Zurückgehen hinter diese Prinzipien kann Aristoteles deshalb nicht, weil ein unmittelbar Gewisses angesetzt werden muss, von dem fortgeschlossen werden kann. Würden wir ein solches nicht ansetzen, kämen wir in den unendlichen Regress des Beweisens. Das ist zunächst einsichtig, und es ist nicht möglich, über die Aristotelische formale Logik hinauszukommen, solange man beim "positiven Begriff des Beweisens" bleibt.
Im positiven Beweisen wird ein für sich Gewisses, aus sich selbst heraus Verständliches zugrundegelegt, von welchem aus weitergeschlossen wird, und dieses bleibt im Gange des Beweises auch erhalten.
Im negativen Gang des Beweisens bleibt das, von dem wir ausgehen, nicht bestehen. Das negative Beweisen ist ein In­den­Grund­Gehen im Sinne des Aufhebens. Es werden also auch im negativen Beweis Voraussetzungen gemacht, nur werden sie hier aufgehoben (vgl. Platons Liniengleichnis). Das negative Beweisen ist als ein In­den­Grund­Gehen aufzufassen. Die beweisende Bewegung nennen wir "Aufheben" oder "Dialektik".
Im negativen Beweis hat das Aristotelische Argument, dass es nicht für alles einen Beweis geben kann, keine Gültigkeit mehr.
Logik II, Kapitel "Existenz": Der kosmologische Gottesbeweis setzt die Welt als ein Endliches voraus und versucht, auf positive Weise von ihr aus auf das Unendliche zu schliessen. Weil die Welt als Endliches ist, das Endliche aber keine Selbständigkeit hat, muss es das Unendliche geben. Der positive Beweises lautet also: Das Sein des Endlichen ist das Sein des Absoluten. Der Ausgangspunkt des Beweises, das Sein des Endlichen, bleibt bestehen. Aus ihm soll das Sein des Unendlichen abgeleitet werden. Die Voraussetzung bleibt im Gange des Beweises unbewiesen. Der negative Beweis geht so: Das Nichtsein des Endlichen ist das Sein des Absoluten. Auch hier wird vom Sein des Endlichen ausgegangen. Das Endliche wird an ihm selbst betrachtet und hebt sich dabei selbst auf. Auf dem Wege der Selbstaufhebung des Endlichen erreichen wir das Unendliche. Das Endliche bleibt nicht als ein Selbständiges bestehen.
Die ganze Logik ist der Gang des negativen Beweises. In der Hegelschen Logik ist es nicht so, dass von einer Kategorie zu einer weiteren und wieder einer weiteren fortgegangen wird, sondern es wird gezeigt, wie eine Bestimmung sich selbst aufhebt; und ihre Selbstaufhebung ist die nächste Bestimmung. Wenn der erste Teil der Logik das Sein behandelt und der zweite Teil das Wesen, dann heisst das nicht, das zum Sein das Wesen hinzugekommen wäre, sondern es zeigt sich, dass die Kategorie des Seins unhaltbar geworden ist, dass sie eine Bestimmung ist, die ihrem Begriff nicht entspricht. Das Kriterium für die Aufhebung einer Bestimmung ist, dass sie ihrem Begriff nicht entspricht. Dieses Kriterium kommt also nicht äusserlich an die Bestimmung heran, sondern jede Bestimmung wird nur an sich selbst, an ihrem Begriff gemessen. Wenn sie ihrem Begriff nicht entspricht, hebt sie sich auf.
Dass die formale Logik keine Wissenschaft ist, wusste Aristoteles (die analytische Philosophie weiss das nicht) und nannte seine Logik "Organon" (Werkzeug). Die formale Logik ist Handlungsanweisung oder Technik, weil sie niemals die "Was?"­Frage stellen kann. Es werden nur Handlungsanweisungen gegeben: Wenn du richtig denken willst, dann musst du den Satz des zu vermeidenden Widerspruchs beachten. Es liegt bereits im Namen der formalen Logik, dass sie unter der Trennung von Form und Inhalt steht und nur die Form des Denkens betrachten will, nicht den Inhalt. Ihre Prinzipien sollen nur formelle, nicht inhaltliche Kriterien der Wahrheit sein. Inhaltliche Kriterien der Wahrheit müssten auch inhaltlich betrachtet werden, z.B. müsste gefragt werden, was die Identität ist, was der Widerspruch ist, was das Urteil, was der Schluss. Formallogisch werden solche Fragen zwar auch gestellt, aber sie werden nur im Sinne von sogenannten Nominaldefinitionen beantwortet, d.h. es wird eine Namenserklärung gegeben, aber nicht nach z.B. dem Begriff des Urteils gefragt. Die Formen des Denkens sollen keinen inhaltlichen Einfluss auf das Denken haben. Daraus ergibt sich das Nebeneinander von Logik und Metaphysik. Hegel hingegen hält fest, dass Logik und Metaphysik eins sind.
Kant hat den ersten Schritt weg von der Trennung von Logik und Metaphysik gemacht. Den Schritt von der formalen Logik zu Kant und den Schritt von Kant zu Hegel kann man so charakterisieren:
In der formalen Logik sind Logik und Metaphysik getrennt, aber es muss ein Drittes geben, welches zwischen ihnen vermittelt, also etwas, das das Denken mit den Dingen zusammenbringt. Das ist die sogenannte Erkenntnistheorie. Die Voraussetzung für eine Disziplin "Erkenntnistheorie" ist die Trennung von Logik und Metaphysik, wobei wir schon zu Beginn festgehalten haben, dass es in der Philosophie keine Disziplinen geben kann. Wenn die Formen des Denkens und die Inhalte des Denkens als getrennt angenommen werden, dann muss es ein Vermittelndes geben, eine Weise, wie wir die Formen des Denkens auf das Seiende anwenden. In der dingontologischen Tradition wurde und in der Gegenwart wird diese Anwendung für unproblematisch gehalten. Die Anwendung soll unmittelbar möglich sein. Indem man den Gesetzen der formalen Logik getreu nachdenkt, erreicht man schon das Wirkliche.
Kant hat entdeckt, dass wir auf einander widersprechende Ergebnisse kommen, selbst wenn wir formallogisch richtig denken. Wenn wir unmittelbar mit formaler Logik an die Wirklichkeit herangehen, ergeben sich Widersprüche. Z.B. 1. Antinomie: Frage nach der Endlichkeit und Unendlichkeit der Welt in Raum und Zeit. Kant zeigt auf, dass sich formallogisch beides beweisen lässt, einerseits dass die Welt in Raum und Zeit endlich, anderseits dass sie unendlich ist. Es ist also möglich, dass etwas formallogisch völlig korrekt, aber ontologisch falsch ist. Wenn wir die formallogischen Bestimmungen unmittelbar auf das Wirkliche anwenden, ergibt sich ein Widerpruch zwischen Logik und Metaphysik. Diesen Widerspruch will Kant beseitigen. Die ganze Kritik der reinen Vernunft zielt darauf ab, den Widerspruch zwischen Logik und Ontologie auszuräumen. Diese Aufgabe hat sich auch Hegel gestellt, aber bei Kant heisst "logisch" hier zunächst "formallogisch". Die formale Logik tastet Kant nicht an. Es geht nur darum, welche Anwendungsbedingungen wir zwischen die Logik und die Wirklichkeit einzuschieben haben, damit wir nicht zu solchen Widersprüchen kommen. Was sind die Bedingungen dafür, dass formale Logik Erkenntnisdignität hat? Welche Bedingungen müssen wir einführen, dass wir in den Bahnen der formalen Logik nicht nur korrekt schliessen, sondern auch Wirkliches erreichen? Es soll gesichert werden, dass wir formallogisch das Wirkliche erkennen. Dieses System der Bestimmungen, die wir als Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis annehmen müssen, leitet Kant in der Kritik der reinen Vernunft ab. Kant kommt zwar über die Trennung von Logik und Metaphysik hinaus, aber es ergeben sich zwei Logiken, die im Kampf miteinander liegen.
Während bei Kant die formale Logik Voraussetzung in der Überwindung des Gegensatzes von Logik und Metaphysik bleibt, stellt Hegel sich die Aufgabe, die formallogischen Bestimmungen selbst auf ihre Wahrheit hin zu prüfen. Die Logik wird an ihrem Begriff gemessen.
Dies darf nun nicht so aufgefasst werden, dass Kant und Hegel als Alternativen nebeneinander stehen würden, sondern im Gange der Hegelschen Logik wird gezeigt, dass die Kantische Voraussetzung, die formale Logik sei unbedingt gültig, nicht zu halten ist.
7. Absatz: Methode. "Der wesentliche Gesichtspunkt ist, dass es überhaupt um einen neuen Begriff wissenschaftlicher Behandlung zu tun ist." Wissenschaftliche Behandlung = Methode. Zuerst grenzt Hegel die Methode der Philosophie von drei anderen sogenannten Methoden ab: "Die Philosophie, indem sie Wissenschaft sein soll, kann, wie ich anderwärts erinnert habe, hierzu ihre Methode nicht von einer untergeordneten Wissenschaft, wie die Mathematik ist, borgen, sowenig als es bei kategorischen Versicherungen innerer Anschauung bewenden lassen oder sich des Räsonnements aus Gründen der äusseren Reflexion bedienen."
  1. Untergeordnete Wissenschaft bzw. alles das, was sich Wissenschaft nennt und nicht Philosophie ist, ist Technik. Mathematik ist Technik, weil sie äusserliche Teleologie ist. In ihr fallen Mittel und Zweck auseinander. Ihre Zwecke sind der Mathematik nicht eigen, sondern äusserlich vorgegeben. Die Mathematik bedenkt ihre Voraussetzungen (Raum, Zahl) nicht, sondern nimmt sie einfach an und leitet aus ihnen ab. Die Rechnungsarten sind nicht aus dem Begriff der Zahl abgeleitet. Blosses Nacheinanderaufzählen, Kombinieren. Ein äusserer Zweck regiert das Kombinieren der Zahlen. Der Zweck liegt nicht in der Bestimmung der Zahl selbst. Technik ist nicht Selbstzweck. Sie erreicht kein sich selbst Bewegendes. Die Mathematik ist in mehrfacher Hinsicht Mittel zu einem anderen Zweck: sie kann auch Mittel auf dem Weg zum Denken sein (vgl. Platon, Politeia).
  2. Kategorische Versicherungen innerer (subjektiver) Anschauung. (Solange bloss versichert wird ist es allerdings gleichgültig, ob dies aus innerer oder äusserer Anschauung geschieht. Sonst ist natürlich schon ein Unterschied zwischen innerer und äusserer Anschauung und in diesem Unterschied liegt der Grund, warum es bei Kant nur eine Natur- und keine Geisteswissenschaft geben kann.)
  3. Räsonnement aus äusseren Gründen: Das klingt zunächst so, als ob Hegel es ablehnen würde, dass man begründet, und die Alternative zum Begründen scheint das blosse Darauf­los­Behaupten zu sein. Damit wären wir zu Punkt 2 zurückgefallen. Das ist natürlich nicht gemeint. Hegel meint nicht, dass keine Gründe mehr angegeben werden sollen, sondern es stellt sich die Frage, was der Grund für eine Sache sein kann. Der entscheidende Punkt ist, dass philosophisch nicht aus Gründen der äusseren Reflexion vorzugehen ist. Der Grund der äusseren Reflexion ist zu unterscheiden vom zureichenden Grund.
"Das Aufsuchen und Angeben von Gründen, worin vornehmlich das Räsonnement besteht, ist darum ein endloses Herumtreiben, das keine letzte Bestimmung enthält; es kann von allem und jedem einer und mehrere gute Gründe angeben werden, so wie von seinem Entgegengesetzten, und es können eine Menge Gründe vorhanden sein, ohne dass aus ihnen etwas erfolgt... Die Gründe sind nur von wesentlichen Inhaltsbestimmungen, Verhältnissen und Rücksichten genommen, deren jede Sache, gerade wie ihr Gegenteil, mehrere hat; in ihrer Form der Wesentlichkeit gilt die eine so gut als die andere; weil sie nicht den ganzen Umfang der Sache enthält, ist sie einseitiger Grund, deren die anderen besonderen Seiten wieder besondere haben und wovon keiner die Sache, welche ihre Verknüpfung ausmacht und sie alle enthält, erschöpft; keiner ist zureichender Grund, d.h. der Begriff." (Logik II S. 108)
Die äussere Reflexion greift ein Moment, irgendeine Hinsicht einer Sache für sich heraus. Jeder Begriff hat viele Momente und jedes Moment eines Begriffs kann zu einem äusseren Grund gemacht werden. Der zureichende Grund einer Sache ist ihr Begriff. Die Gründe der äusseren Reflexion und der zureichende Grund stehen nicht nebeneinander. Der Grund der äusseren Reflexion entspricht seinem Begriff nicht. Er widerspricht sich als Grund. Der Grund ist das Setzen einer Folge. Der Grund muss etwas begründen. Die einseitigen Gründe begründen ihre Folge nicht. Sie sind nicht zureichend. Eine Sache hervorbringen kann nur ihr Begriff. Die Wortzusammenstellung "zureichender Grund" ist eigentlich pleonastisch, denn ein Grund, der nicht zureichend ist, ist nicht Grund. Trotzdem ist es so, dass Hegel mit gutem Grund vom "zureichenden Grund" spricht, weil häufig so begründet wird, dass eben kein zureichender Grund angegeben wird.
Platon, Phaidon: Unterscheidung zwischen Grund und Bedingung. Sokrates spricht in der Haft mit seinen Freunden über Anaxagoras und kritisiert, dass in dessen Philosophie die Vernunft die Ursache von allem sein soll, er aber im einzelnen nicht sagen kann, was z.B. daran vernünftig ist, dass die Planetenbahnen so und nicht anders verlaufen. Sokrates bezieht dies auch auf seine eigene Lage, da ihn seine Freunde zur Flucht auffordern. Er sagt, dass der Grund, warum er nicht flieht, nicht darin liegt, dass seine Knochen, Muskeln und Organe so und so geordnet sind, sondern dass der Grund darin liegt, dass die Athener es für gut befunden haben, ihn zu verurteilen, und er es für gut hält, die Gesetze zu befolgen. Bedingung ist dasjenige, ohne welches der Grund nicht Grund sein könnte. Die Bedingungen begründen nichts, aber natürlich ist es so, dass, wenn diese Bedingungen nicht erfüllt wären, es gar nicht die Möglichkeit gäbe, zu fliehen oder im Gefängnis auszuharren. Sokrates gibt hier zugleich den zureichenden Grund an, nämlich das Gute bzw. den Zweck der Sache. Das ist der Begriff jeder Handlung. Der Begriff jeder Handlung ist das Gute in einer bestimmten Form. Das bezieht sich auf alle Handlungen. Darum kann man sagen, dass Sokrates hier den Begriff der Sache angibt, wenn er das Gute (näher das sittlich Gute, das ihm die Gesetze der Stadt aussprechen (vgl. Kriton)) als den Grund seiner Handlungsweise nennt.
7. Absatz: Affirmative Formulierung der philosophischen Methode:
"Sondern es kann nur die Natur des Inhalts sein, welche sich im wissenschaftlichen Erkennen bewegt, indem zugleich diese eigene Reflexion des Inhalts es ist, welche seine Bestimmung selbst erst setzt und erzeugt."
Die Natur des Inhalts ist das ihm Innerste, sein Begriff. Dieser ist das Logische. Die Natur jeden Inhalts liegt in den logischen Bestimmungen, die in diesen Inhalt versenkt sind. Kants 1. Antinomie: Der Inhalt des Denkens ist die Endlichkeit und Unendlichkeit der Welt in Raum und Zeit. Natur dieses Inhalts sind die logischen Bestimmungen, die sich eben äusserlich in unseren Vorstellungen von Endlichkeit und Unendlichkeit der Welt ausdrücken. Hegelisch gesprochen sind dies die Bestimmungen der Kontinuität und der Diskretion. Wir müssen im Quantitativen immer eine Grenze setzen (das ist die Endlichkeit) und über diese Grenze zugleich, indem wir sie gesetzt haben, hinausgehen (Unendlichkeit der Welt in Raum und Zeit). Der Inhalt ist also die Welt und ihre sogenannten Eigenschaften. Die Natur dieses Inhalts machen die logischen Bestimmungen der Kontinuität und Diskretion aus, wie sie sich im Quantitativen darstellen. Die Natur dieses Inhalts ist zugleich das Innerste dieses Inhalts. Wir können zu Kant so sagen (und Kant weiss das auch): Der Widerspruch ergibt sich nicht etwa daraus, dass wir widersprüchliche Vorstellungen haben oder dass wir uns dieses oder jenes nicht vorstellen können (das Angrenzen an einen leeren Raum z.B.; es ist richtig, dass wir uns das nicht vorstellen können), sondern aus den logischen Bestimmungen der Kontinuität und der Diskretion, daraus, dass wir, indem wir eine Grenze erkennen, zugleich über diese hinausgegangen sind. Der erfüllte Raum wird in den leeren hineinkontinuiert. Jeder Widerspruch verdankt sich der Natur seines Inhalts, dem Logischen. Der Widerspruch in den Vorstellungen ist nur die Aussenseite dessen, dass eine widersprüchliche logische Bestimmung zugrunde liegt.
Die Natur des Inhalts bewegt sich, nicht der Inhalt. Sonst wäre das eine Gespenstermetaphysik, wo sich Dinge bewegen oder widersprechen, die ja gar kein "sich" oder Selbst haben. Der für sich fixierte Inhalt bewegt sich nicht. Was sich bewegt, ist das Logische, die Natur des Inhalts. Hegel hat hier vergessen, das "sich" kursiv zu drucken: Im wissenschaftlichen Erkennen bewegt die Natur des Inhalts sich. Wir haben es hier mit einem sich selbst Bewegenden zu tun. Die Natur des Inhalts bewegt sich, und wird nicht etwa durch das wissenschaftliche Erkennen oder vom Wissenschaftler bewegt. Die Selbstbewegung ist eine der zentralen Bestimmungen der Philosophie. Es ist die Definition der Seele, dass sie das sich selbst Bewegende ist.
Das Verhältnis zwischen Bewegung und Selbstbewegung ist richtig zu fassen: Die Selbstbewegung ist nicht das Sekundäre der Bewegung, ein Abgeleitetes oder eine besondere Art der Bewegung, sondern sie ist Voraussetzung wie Wahrheit der Bewegung. Ohne Selbstbewegung gibt es keine Bewegung. Das Logische ist das Primäre, und es ist nicht von irgendeiner anderen Bewegung abhängig. Ohne die Selbstbewegung kämen wir in einen unendlichen Regress, könnten wir nie das Bewegende erreichen. Wenn es kein sich selbst Bewegendes gibt, dann gibt es überhaupt keine Bewegung. Natürlich ist es so, dass Selbstbewegung einen Widerspruch enthält. Aristoteles führt dies in seiner Auseinandersetzung mit Platon breit aus. (Aristoteles "löst" das Problem so, dass ein Teil des sich selbst Bewegenden bewegt und ein anderer Teil bewegt wird, womit er das sich selbst Bewegende weggestrichen hat. So ist das bei Platon natürlich nicht gemeint: wir haben bewegt Werdendes und Bewegendes sensu stricto in Einem.) Die Entgegengesetzten sind nicht als Teile eines Ganzen nebeneinander, sondern sind im strengen Sinne eins. Das ist natürlich ein Widerspruch. Ohne Widerspruch keine Bewegung. Bewegung, Veränderung, Werden haben ihren Grund nur darin, dass sich etwas in sich widerspricht und daher über sich hinausgeht. Der Widerspruch in Platons Seelendefinition ist kein Fehler, sondern er ist notwendig. Sonst wäre die Seele ein Ding.
Hegel spricht an dieser Stelle die Natur des Inhalts, also das Logische, als sich selbst Bewegendes aus. Das widerspricht der formalen Logik. In der formalen Logik bewegt sich überhaupt nichts. Die Bestimmungen der formalen Logik sind nur ruhende Begriffe und Unterbegriffe, abstrakte Allgemeinheiten im ersten Teil, im zweiten Teil Urteilsformen, im dritten Teil Schlussformen. In diese Formen soll dann ein Inhalt eingesetzt werden. Die Form soll sich nicht bewegen. Es wird hier ein irrationaler, psychologischer Mensch ("der Mensch", "der Verstand", "wir", "man") angesetzt, der dann bestimmte Kombinationen mit diesen Urteils- und Schlussformen (Syllogistik) vornimmt. In der formalen Logik bewegt sich nichts Logisches. Die formale Logik setzt ein psychologisches Subjekt voraus, welches diese ruhenden Formen als Mittel ergreift, sie kombiniert und aus einem anderen Wissensgebiet in die leeren Formen irgend etwas einsetzt. Die Bewegung (das Denken) dieses psychologischen Subjektes ist logisch nicht abhandelbar. Die formale Logik beruht auf Alogischem, auf etwas, das sie selbst nicht ableiten kann. Die formale Logik lehrt den Irrationalismus. Die Bestimmungen des Denkens selbst, das Logische selbst, wird von etwas Ausserlogischem abhängig gemacht. Damit wird die Logik zum Ausdruck, zur Beschaffenheit eines psychologisch gefassten Menschen.
Vom Logischen als dem sich selbst Bewegenden her ergibt sich ganz allgemein, dass, wenn nicht die Logik im Zentrum eines Systems der Philosophie steht, dieses System immer Irrationalismus lehrt. Wie sich dieser Irrationalismus nennt - Historismus, Biologismus, Psychologismus etc. - ist gleichgültig. Wo nicht die Logik im Zentrum des Systems steht, das wahrhaft Selbständige ist, das sich selbst Bewegende ist, sind die Systeme irrational und widersprechen sich damit unmittelbar.
Das Verhältnis von Verstand und Vernunft ist so wie das von Bewegung und Selbstbewegung. Die Vernunft ist die Voraussetzung und Wahrheit des Verstandes. Der Verstand hat niemals mit sich selbst Bewegendem zu tun, sondern nur mit ruhenden Formen. Die Vernunft ist Genesis des Verstandes. Was heisst hier Voraussetzung, was Wahrheit? Dies ist von der Hegelschen Bestimmung des Aufhebens her zu verstehen. Wir haben zunächst eine Kategorie, z.B. den Verstand. Dieser wird gründlich an sich selbst betracht und zeigt sich als seinem Begriff nicht entsprechend und hebt sich auf. Aus dieser bestimmten Negation resultiert die Vernunft. Wahrheit können wir hier übersetzen als Resultat der Selbstaufhebung. Rückwirkend zeigt sich, dass die Vernunft schon die Voraussetzung des Verstandes war.
Das sich selbst Bewegende ist die Definition der Seele (Platon). Hegel kennt diese Bestimmung natürlich und denkt, wenn er an dieser Stelle von der Selbstbewegung spricht, auch an die Bestimmung der Seele. Er spricht öfters direkt vom Logischen als der "Seele" (z.B. S. 17). Das ist nicht bloss poetisch oder erbaulich gesprochen, sondern logisch. Seele heisst hier immer Selbstbewegung. Damit kündigt Hegel schon an, dass er das alte Problem des Verhältnisses der Idee zur Seele lösen wird (vgl. Platon), das vor ihm niemand lösen konnte. Gewöhnlich wird das so vorgestellt, dass die Seele ein Behälter für Ideen ist, wobei hier oft in Metaphern gesprochen wird. Auch in der formalen Logik wird dies so vorgestellt: hier wird der Verstand eingeführt, der Urteilsformen hat "so wie wir auch einen Rock haben" (Hegel).
Da das logische Selbst bei Hegel sich selbst Bewegendes ist und dies zugleich die Definition der Seele ist, geht er über die Äusserlichkeit von Idee und Seele gegeneinander hinaus. Anders ausgedrückt: Innerlogisch wird der Begriff des Menschen erreicht. Das, was in der Logik auftritt, sind nicht Gedanken des Menschen, der ihr äusserlich ist. Der Begriff des Menschen wird auf jeder Stufe der Logik mitbehandelt. Jede Kategorie der Logik ist eine Definition Gottes und zugleich des Menschen (wobei nicht der Fehler gemacht werden darf, dass Gott und Mensch zusammenfallen). Das Denken (der Begriff des Menschen) und die Gedanken stehen nicht nebeneinander; auch stehen nicht die letzteren in ersterem wie in einer Schachtel. In den einzelnen Kategorien wird immer mitbehandelt, was das Denken, das Ich, der Mensch ist.
Die Platonische Definition der Seele als des sich selbst Bewegenden bezieht sich gleichermassen auf die Pflanze, das Tier und den Menschen. Die Seele des Menschen ist das sich wissende sich selbst Bewegende, die Selbstbewegung, die sich weiss. Platon hat auch aufgezeigt, dass das um sich wissende sich selbst Bewegende Voraussetzung der Selbstbewegung ist. Auch hier ist es nicht so, wie das im Biologismus vorgestellt wird, dass das Denken als Zusatz zum natürlichen Leben hinzukommt bzw. das Denken im Leben gründet. Das Leben hat seinen Grund im Denken, nicht umgekehrt. Wenn hier das Verhältnis der Idee zur Seele behandelt wird, dann ist unter Seele die menschliche Seele zu verstehen, also die sich wissende Seele.
Wir haben schon ganz zu Beginn festgehalten, dass es keine Disziplinen der Philosophie gibt. Wir sehen, dass ständig der Begriff Gottes und der Begriff des Menschen bestimmt werden. Nicht nur das Gegenüber von Logik und Metaphysik ist überwunden, sondern auch der Gegensatz zwischen Logik und rationeller Theologie und auch der zwischen Logik und rationeller Psychologie (welche nicht mit dem zu vergleichen sind, was sich heute wissenschaftliche Psychologie und Theologie nennt). Auch diese Disziplinen sind keine Disziplinen mehr.
Die Natur des Inhalts ist das Logische. Das Logische ist sich wissendes Selbstbewegendes. Damit ist das Logische das wahrhaft Selbständige und damit sind wir über die Äusserlichkeit zwischen sowohl Gott und Seinen Gedanken als auch dem Menschen und seinen Gedanken antizipierend hinausgegangen. Der zweite Teil des Satzes - "..., indem zugleich diese eigene Reflexion des Inhalts es ist, welche seine Bestimmung selbst erst setzt und erzeugt" - erläutert den ersten. Hier grenzt Hegel seine Logik nochmals von der formalen Logik ab, in welcher nichts vom Inhalt selbst gesetzt wird, sondern man von einem Inhalt willkürlich zu einem anderen weitergeht ("wir kommen nun zu den Schlüssen").
8. Absatz: Hegel unterscheidet zwischen Verstand und Vernunft. Vor Kant wurde zwischen Verstand und Vernunft nicht in logisch ernstzunehmender Weise unterschieden. Kant unterscheidet zwischen Verstand und Vernunft; Hegel auch, aber anders.
"Der Verstand bestimmt und hält die Bestimmungen fest; die Vernunft ist negativ und dialektisch, weil sie die Bestimmungen des Verstands in nichts auflöst; sie ist positiv, weil sie das Allgemeine erzeugt und das Besondere darin begreift."
Verstand und Vernunft sind Tätigkeiten, die jedem Logischen vorausgesetzt sind. Verstand und Vernunft sind keine Vermögen, die nebeneinander stünden (dann wäre das Ich ein blosser Kübel), sondern sie sind Momente des Denkens. Der Verstand ist das Denken als verständiges. Der Verstand bestimmt und hält die Bestimmungen des Denkens fest. Man kann sagen, dass der Beginn des Denkens das verständige Denken ist. Der Verstand ist das Denken in seiner Unmittelbarkeit als Denken. Phänomenologie des Geistes: In der Welt der sinnlichen Wahrnehmung geht alles drunter und drüber. Die Wahrnehmung hält das sinnlich Wahrgenommene für das Wahre, aber es verschwindet aus dem Blickfeld, aus dem Bereich des Hörbaren, es entsteht und vergeht. Dem Wahrnehmenden wird sein Wahres ständig widerlegt. Über der Wahrnehmung beginnt die Trennung von Mensch und Welt und mit dieser das Denken. Solange der Mensch bloss wahrnimmt und ihm das bloss Wahrgenommene das Wahre ist, denkt der Mensch noch nicht. Da ihm das Wahre ständig abhanden kommt, beginnt er verständig etwas festzuhalten. Das Denken stellt die "Was?"­Frage. "Was ist das Seiende?", "Was ist das Wahre?" oder "Was ist dasjenige, was hier entsteht und vergeht, in Wahrheit?" Der Verstand bestimmt abstrakte Allgemeinheiten, Definitionen (Sokrates, Platon: Was ist das Gute?) und hält das abstrakt Allgemeine fest. Das abstrakt Allgemeine steht dem sinnlich Wahrgenommenen gegenüber. 2 Welten des frühen und mittleren Platon (vgl. Phänomenologie: "Kraft und Verstand": erste übersinnliche Welt). Das verständige Denken ist das Negieren des sinnlich Wahrgenommenen. Das Besondere, das Sinnliche, das Einzelne ist aus ihm ausgeschlossen.
Verstand und Vernunft sind nicht nur subjektiv, sondern auch objektiv zu nehmen. Der Verstand wird bildlich von Hegel als die Güte Gottes interpretiert. Der Verstand ist das Festhalten des Bestimmten, des abstrakt Allgemeinen. Objektiv gesprochen ist der Verstand das, dass die endlichen Dinge Bestehen haben, dass sie nicht unmittelbar untergegangen sind, obwohl sie unselbständig sind. Dies gilt für alle Abstrakta. Alles, was ist, ist verständig. Alles, was ist, ist abstrakt allgemein, ein Bestimmtes, eine festgehaltene Bestimmung. Natürlich nicht nur das, sondern alles, was ist, geht auch darüber hinaus. Rechtsphilosophie, Vorrede: "Was wirklich ist, ist vernünftig. Was vernünftig ist, ist wirklich." In diesem Satz ist die objektive Bedeutung der Vernunft ausgedrückt, wobei das Verständige als Moment in der Vernunft enthalten ist.
Der Verstand urteilt. Das ist die traditionelle Definition des Verstandes: Der Verstand ist das Vermögen zu Urteilen. Dass der Verstand urteilt, ist richtig, denn im Urteilen bestimmen wir etwas. Schlecht ist, dass der Verstand als ein Vermögen ausgesprochen ist, und das aus zwei Gründen. Erstens wird darin etwas vorausgesetzt, das dieses Vermögen hat. "Dem Menschen" steht dann der Verstand äusserlich gegenüber; der Mensch ist nicht als denkender bestimmt. Zweitens ergeben sich, sobald man ein Vermögen ansetzt, sofort auch andere Vermögen, die dann nebeneinander stehen. Wenn es ein Vermögen zu Urteilen gibt, dann gibt es auch ein Vermögen zu Schliessen (das ist die traditionelle Definition der Vernunft).
In der Tradition wurde der Verstand bloss subjektiv gefasst, als ein Vermögen des (psychologischen) Menschen. Bei Kant ist der Verstand als das Vermögen zu Urteilen objektiv tätig. Einer der allgemeinsten und wichtigsten Sätze Kants ist der, dass "die Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis von Gegenständen zugleich die Bedingungen der Möglichkeit dieser Gegenstände selbst sind". Die Erkenntnis der Gegenstände und die Gegenstände selbst stehen nicht nebeneinander, sondern das Denken bringt die Gegenstandswelt als eine solche erst hervor. Es gilt für alle sogenannten Vermögen, dass sie eben nicht bloss subjektiv sind, sondern sie haben Bedeutung für die Welt der Gegenstände. Indem der Mensch urteilt, passiert nicht etwas bloss Subjektives, sondern es wird darin dem Gegenstand seine Bestimmtheit gegeben. Im Urteil wird der Gegenstand in seiner Bestimmtheit konstituiert. (Auch heute stellen sich noch viele in bodenloser Naivität vor, dass die Gegenstände schon fix und fertig vorliegen und die Erkenntnis nur ein formallogisches Kombinieren von Abbildern der Gegenstände sei.) Es gibt keinen Gegenstand unabhängig vom Denken. Vgl. 2. Vorrede zur Logik: Es ist sinnlos, von unserer Erkenntnis eines Gegenstandes zu sprechen und daneben noch einmal den Gegenstand zu setzen und diese dann zu vergleichen, weil der Gegenstand selbst wieder nur der von uns erkannte Gegenstand sein kann. So angesetzt vergleichen wir nur Bildchen mit Bildchen. Wenn einmal eingesehen wurde, dass Erkenntnis des Gegenstandes und Gegenstand nicht nebeneinander stehen, dann ist auch einsichtig, dass die früher als bloss subjektiv angenommenen Vermögen objektives Denken sind. Das Urteil, das Festhalten von Bestimmungen ist nicht bloss eine subjektive Spielerei, sondern durch das Urteil wird die Gegenstandswelt als eine bestimmte hervorgebracht. Alles, was ist, ist verständig, indem es bestimmtes, von anderem unterschiedenes Bestehen ist, wiewohl es Einseitiges, Abstraktes ist. Ohne den Verstand gäbe es nichts Bestimmtes, nichts von einander Unterschiedenes. Vgl. Phänomenologie: "Sinnliche Gewissheit", "Wahrnehmung": Solange der Mensch noch nicht denkt, meint er immer, lauter Unterschiedenes, lauter sogenannte einzelne, sogenannte ganz bestimmte Dinge vor sich zu haben. Es bringt aber erst der Verstand Bestimmtheit hervor. Der Mensch ist natürlich auch dort, wo er noch nicht zum verständigen Denken gekommen ist, denkend, nur ist sein Denken da noch in andere Formen versenkt, eben in das Wahrnehmen. Wahrnehmen ist unmittelbares Denken. Aber in der Wahrnehmung hat sich das Denken für sich noch nicht hergestellt. Das ist erst im verständigen Denken der Fall, wo der Verstand etwas bestimmt, etwas definiert. Der Verstand ist die Unmittelbarkeit des Denkens als Denken. Im Verstand ist das Denken für sich geworden. Bevor ein Kind "Ich" sagt (Trennung zwischen Mensch und Welt), geht es nicht verständig vor. Philosophisch müssen wir immer vom Begriff einer Sache ausgehen. Der Begriff des Menschen ist das Denken. Der Mensch ist in allen seinen sogenannten "Vermögen", in allen Formen seines Sich­Äusserns Denken. Das Denken ist kein Ding, deshalb tritt es nicht unmittelbar auf, sondern es gibt und muss geben Stufen des Denkens (siehe Phänomenologie). Auf der Stufe des Verstandes ist erstmals das Denken als Denken für sich geworden. An sich ist auch das Wahrnehmen schon Denken, aber es ist noch nicht für sich geworden, weiss sich nicht als denkendes.
Wenn hier das Wort "Vermögen" abgelehnt wird, dann in der Bedeutung als Eigenschaft eines Dinges, wie es denn so in der Vermögenspsychologie gebraucht wird. Versteht man es als Dynamis, als reale Möglichkeit, dann kann man es natürlich verwenden. Dazu könnte man auch "Anlage" sagen. So verstanden, kann man durchaus sagen, dass die menschliche Empfindung die reale Möglichkeit des Denkens ist.
Rechtsphilosophie §5: Das Ich als abstrakt allgemeines, sich rein auf sich beziehendes, als der die Freiheit in sich selbst erfassende Stoiker. Unbestimmtheit. Das Ich erfasst sich als in sich unendlich, als frei, aber so, dass alle Bestimmtheiten seiner Allgemeinheit gegenüberstehen. Das Ich ist damit als unbestimmt bestimmt. Es ist ein Allgemeines, das neben den Besonderheiten steht und somit selbst ein Besonderes. Es ist wichtig, diesen Selbstwiderspruch des verständigen Vorgehens zu erkennen. Der Übergang von einer Stufe zur nächsten liegt darin, dass sich zeigt, dass sich die erste Stufe selbst widerspricht. Der Verstand hält die Bestimmungen fest, und zwar unaufgelöst widersprüchliche Bestimmungen. Die Vernunft ist das konsequente Weiterdenken des Verstandes. Die Vernunft spricht den Selbstwiderspruch des Verstandes aus. Alle bestimmten Unterschiede, die der Verstand festhält, werden in nichts aufgelöst.
Z.B. Identität und Unterschied stehen für den Verstand einander gegenüber. Die Tätigkeit der dialektischen Vernunft ist es, den Unterschied zwischen Identität und Unterschied aufzulösen, indem die Bestimmungen an sich selbst betrachtet werden. Platon: Wenn Identität und Unterschied einander gegenüberstehen, so sind sie von einander unterschieden; der Unterschied kommt also beiden Seiten zu. Wenn der Unterschied nicht mit sich identisch wäre, dann könnte er der Identität nicht entgegengesetzt sein. Sowohl die Identität als auch der Unterschied sind die Einheit dieser beiden nur nebeneinander stehen Sollenden. Es gibt keinen Unterschied, der nicht die Einheit von Unterschied und Identität ist, und es gibt keine Identität, die nicht die Einheit von Identität und Unterschied ist. Der Verstand behauptet immer, dass die Identität vom Unterschied doch unterschieden ist. Gerade indem er diese Trennung festzuhalten versucht, spricht er die Einheit von Identität und Unterschied aus.
Die Formulierungen im 8. Absatz hinsichtlich der Vernunft sind nicht günstig, obwohl Hegel dieselben auch in der Enzyklopädie verwendet hat. Hegel hält zwei Momente der Vernunft fest: sie ist negativ­dialektisch und positiv­spekulativ. Dies ist verwirrend, weil Hegel hier die Begriffe "positiv" und "negativ" nicht im wahrhaft philosophischen Verständnis gebraucht. Es scheint hier zunächst das Negative dem Positiven gegenüberzustehen. (Dass dies nicht so ist, wird sich auf der nächsten Seite zeigen.) Statt negativ­dialektisch wäre es besser zu sagen "abstrakt­negativ", und statt "positiv" "konkret­negativ" oder "bestimmt­negativ". Die erste Seite der Vernunft ist die abstrakt­negative, "das Tun des Skeptikers" (Hegel, Enzyklopädie). Die abstrakte Negation streicht den Unterschied weg; sie bleibt beim unmittelbaren Resultat stehen: es resultiert immer das Nichts: "..., weil sie die Bestimmungen des Verstands in nichts auflöst;" Das "nichts" sollte hier kursiv gedruckt sein. Man kann natürlich bei der ersten (Formallogiker) und bei der zweiten (Skeptiker) Stufe des Denkens stehenbleiben, und das ist in der Geschichte der Philosophie häufig geschehen. Das Tun des Skeptikers ist die verständige Interpretation des Negativ­Vernünftigen. Verständiges Vorgehen heisst: Festhalten bzw. Fixieren eines Moments. Damit ist das Moment nicht mehr Moment. Der Skeptiker bleibt beim abstrakt­negativen Moment des Vernünftigen stehen. Er geht zunächst zwar dialektisch vor, er erkennt den Widerspruch in den Verstandesbestimmungen, vermag diese aber im Resultat nur wegzustreichen, indem er meint, das Resultat des Widerspruchs wäre die Null. In den Zenonischen Aporien wird der Widerspruch in der Bewegung aufgezeigt. Fliegender Pfeil. Etwas ist zugleich hier und nicht hier. Jede Bewegung setzt den Widerspruch voraus. Ohne Widerspruch keine Bewegung (siehe oben: Selbstbewegung). Für den Skeptiker besteht das Resultat darin, dass sich die Widersprechenden gegenseitig aufheben. Der Skeptiker ist konsequenter Formallogiker. Obersatz: Den Widerspruch gibt es nicht. Untersatz: Die Bewegung enthält den Widerspruch. Resultat: Es gibt also keine Bewegung. Die Bewegung, das Werden und Vergehen gehört der Welt des Scheins an (Parmenides). Damit ist aber das Problem nicht gelöst, denn der Schein ist selbst wieder eine widersprüchliche Bestimmung. Der Skeptizismus ist die Dialektik, die ihr Resultat missversteht, die nicht das Resultat der Negation erkennt. Die Vernunft löst die Bestimmungen des Verstands in nichts auf. Es ist hier entscheidend, wie sie aufgelöst werden: aus irgendwelchen Gründen, oder als Resultat der Selbstaufhebung der Verstandesbestimmungen. Philosophisch ist nur der Gang der Selbstaufhebung. Die abstrakte Negation widerspricht sich, weil sie als Resultat das Nichts hat, und zwar das Nichts als ein unmittelbares. Das unmittelbare Resultat ist das Nichts. Das Resultat streicht die Bewegung, die vorher war, weg. Es ist nicht in dem Resultat des Skeptikers ausgedrückt, dass das Resultat Resultat ist. Es gibt keine Bewegung des Negierens. Das Nichts soll Resultat sein, aber dies wird nur behauptet, nicht gezeigt. Die abstrakte Negation ist irrational, weil sie sich als Tätigkeit durchstreicht. Ein unmittelbares Resultat ist eine contradictio in adjecto, denn ein Resultat ist nichts Unmittelbares, sondern ein Vermitteltes (durch die Bewegung des Aufhebens, durch die Bewegung der Negation). Das Resultat muss das Werden des Resultats zeigen. Das Resultat der abstrakten Negation ist immer das gleiche, immer die Null. Es wird vergessen, dass ein Bestimmtes negiert wird. Platon, Parmenides: Ist es dasselbe, wenn ich sage, dass Eins nicht ist, und wenn ich sage, dass Nicht­Eins nicht ist? Formallogisch sollen diese Aussagen Entgegengesetztes bedeuten. Wenn wir die Negation "ist nicht" als abstrakte interpretieren, resultiert beide Male dasselbe. Entgegengesetzte Voraussetzung, gleiches Resultat.
Die bestimmte Negation bedenkt, was negiert wird. Es werden nicht die Verstandesbestimmungen wieder aufgestellt und es wird auch nicht die Negation eliminiert, sondern als bestimmte gefasst. Konkrete Negation. Es werden nicht die Verstandesbestimmungen weggestrichen, sondern ihre Selbständigkeit wird negiert. Die Verstandesbestimmungen sind unselbständig geworden. Wenn etwas bestimmt (oder konkret) negiert wird, dann ist es nicht überhaupt durchgestrichen, sondern nur seine Selbständigkeit. Es ist Moment geworden (vgl. Anmerkung zum Aufheben).Was konkret negiert ist, ist nicht Nichts, sondern es ist Moment. Das Moment ist das Unselbständige.
§5­7 Rechtsphilosophie: Die Bestimmungen der Allgemeinheit (Unbestimmtheit) und Besonderheit (Bestimmtheit) sind im Ich als Einheit von Allgemeinheit und Besonderheit nicht weggestrichen, sondern sie sind unselbständig geworden. Das Selbständige ist nun das, was Selbstbestimmung heisst. Vgl. Bewegung und Selbstbewegung. Es gibt kein Allgemeines, das sich nicht besondert. Das Sich­Besondern der Allgemeinheit ist eben die Selbstbestimmung (Freiheit). In den §5­7 der Rechtsphilosophie hat sich der Begriff der Freiheit fortbestimmt. Zunächst erschien die Freiheit als abstrakte Allgemeinheit, blosse Unbestimmtheit. Damit ist der Verstandesgegensatz zwischen Allgemeinheit und Besonderheit, Unbestimmtheit und Bestimmtheit aufgetreten. Die abstrakte Negation löste den Gegensatz in die Null auf. Es zeigt sich dann, dass die Unbestimmtheit, weil sie der Bestimmtheit gegenübersteht, selbst ein Bestimmtes ist. Das Allgemeine, das neben dem Besonderen steht, ist selbst ein Besonderes. Die konkrete Negation hat das Negieren von der Stufe der abstrakten Negation und die Bestimmtheit von der Stufe der Verstandesbestimmungen.
Die konkrete Negation erzeugt das Allgemeine und begreift darin das Besondere. Zum Allgemeinen sind wir schon mit dem Verstand gekommen, aber noch nicht zum wahrhaft Allgemeinen: Was­Frage bei Platon. Sehr häufig wird der Pleonasmus "allgemeiner Begriff" verwendet. Der Begriff ist aber immer allgemein. Der Begriff ist nicht mit dem Namen zu verwechseln. Wer meint, der Begriff wäre nicht ein Allgemeines, verdinglicht den Begriff, macht ihn zu einem blossen Zeichen. Nun verwendet Hegel aber selbst die Bezeichnungen "allge-meiner Begriff" und" "besonderer Begriff" (Logik II, 273f). Der Begriff ist seinem Begriff bzw. der Sache nach immer das Allgemeine. Es stellt sich die Frage, ob er seinem Begriff auch gerecht wird. Der Begriff des Verstandes will zwar Allgemeines sein, ist es aber nicht. Er widerspricht seinem Begriff. Das Allgemeine wird zwar angestrebt, aber der Verstand (die formale Logik) erreicht nur ein Besonderes, weil das Allgemeine, das neben dem Besonderen steht, selbst ein Besonderes ist. Das wahrhaft Allgemeine erzeugt erst die Vernunft. Nur das Konkret­Allgemeine entspricht seinem Begriff. Die formale Logik spricht auch selten von dem Allgemeinen, meist nur vom Allgemeineren und weniger Allgemeinen, welche beiden nur Besonderheiten sind. In der formalen Logik gibt es das Allgemeine, das das Besondere in sich begreift, nicht. Die vermeintlichen Begriffe, zu denen die formale Logik kommt, bezeichnet Hegel als "besondere Begriffe". Der besondere Begriff entspricht seinem Begriff nicht. (Es gibt bei manchen Leutchen auch die Bezeichnung "Einzelbegriff", die Hegel allerdings nicht verwendet hat. Es kann sich dabei nur um den Namen handeln.)
S. 17: Der Geist ist das Negative. Wäre er das Positive, etwas Gegebenes, dann wäre er ein Ding. Der Geist kann in seiner Wahrheit nichts Unmittelbares sein.
Der Ausdruck "Geist" ist hier insoferne ungünstig, als er voraussetzt, dass der Leser die Bedeutung dieser Bestimmung aus der Phänomenologie schon kennt. "Geist" an dieser Stelle könnte dahingehend missverstanden werden, dass Verstand, Vernunft und Geist als drei Dinge nebeneinander stünden. Dieses Missverständnis räumt Hegel aus, indem er sagt, dass die Wahrheit verständige Vernunft oder vernünftiger Verstand ist, und diese Einheit von Verstand und Vernunft ist der Geist. An dieser Stelle ist "Geist" noch nicht mehr als ein Name. Besser wäre es gewesen, wenn Hegel hier gesagt hätte, dass die Vernunft die Einheit von Vernunft und Verstand ist. Der neue Name ist überflüssig, weil es beim Aufheben grundsätzlich so ist, dass nicht etwas Drittes hinzukommt. Es ist immer so, dass eine der entgegengesetzten Bestimmungen sie selbst und ihr Entgegengesetztes ist. Dass der Geist (oder die Vernunft) das Negative ist, wird er in der Folge noch entwickeln.
Vor Kant sind Verstand und Vernunft logisch weitgehend austauschbare Bezeichnungen. Kant unterscheidet Verstand und Vernunft sowohl formallogisch als auch transzendentallogisch. Der Verstand ist formallogisch das Vermögen zu urteilen. Die Vernunft ist formallogisch das Vermögen zu schliessen. Hegel weist auch auf die Bedeutung der Vernunft in der Tradition als Ort der ewigen Wahrheiten hin. In welchem Verhältnis aber stehen nun sie als Ort der ewigen Wahrheiten und sie als das Vermögen zu schliessen zueinander? Kant hat die Unterscheidung zwischen Verstand und Vernunft verständig vorgenommen, d.h. er unterscheidet und bleibt in der Trennung stehen. Die Vernunft geht auf das Unbedingte, der Verstand auf das Bedingte. Die Vernunft ist regulatives, der Verstand konstitutives Vermögen. Auf diese Weise widersprechen sich im Ich Vernunft und Verstand. Vgl. die Trennung der logischen (Vermögen zu schliessen) und metaphysischen (Ort der ewigen Wahrheiten) Bedeutung der Vernunft. Einerseits soll vernünftig geschlossen werden, und auf der anderen Seite ist die Vernunft als "ver-nehmend" gefasst, als unmittelbares Erkennen, Aufnehmen irgendwelcher Prinzipien. Man kann schon sagen, dass die Vernunft den Logos vernimmt, jedoch nicht unmittelbar­intuitiv (Inspirationen), sondern diskursiv.
"Wie der Verstand als etwas Getrenntes von der Vernunft überhaupt, so pflegt auch die dialektische Vernunft als etwas Getrenntes von der positiven Vernunft genommen zu werden."
Wenn Hegel davon spricht, dass etwas so und so "genommen" wird, dann ist das immer ein Hinweis auf eine verständige, technische Vorgangsweise. Verstand, Vernunft und Geist sind nicht Vermögen, die nebeneinander stehen. Die dialektische Vernunft ist nichts von der positiven (konkret­negativen) Getrenntes. Verstand und Vernunft sind Momente der Vernunft.
"Aber in ihrer Wahrheit ist die Vernunft Geist, der höher als beides, verständige Vernunft oder vernünftiger Verstand ist."
Sowohl "Geist" als auch "der höher als beides ist" sind ungünstige Formulierungen. Korrekt müsste es heissen, dass die Vernunft die Einheit von Verstand und Vernunft ist.
Wie der Verstand nicht nur subjektive, sondern auch objektive Bedeutung hat, so auch die Vernunft. Alles, was ist, ist Bestimmtes, Unterschiedenes, für sich Bestehendes. Ebenso ist alles, was ist, sich widersprechend, sich in nichts auflösend und ebenso sich auflösender Widerspruch (also sich nicht in Nichts auflösender Widerspruch). Es gibt nichts, das nicht konkrete Einheit Entgegengesetzter wäre.
Die logischen Bestimmungen sind insgesamt solche, die nirgends nicht sind. Der Widerspruch ist eine logische Bestimmung. Es gibt nichts, das ohne Widerspruch wäre. Die Natur des Inhalts bewegt sich in der Logik, nicht der Inhalt. Nicht der Tisch widerspricht sich, sondern die logischen Bestimmungen (Materie), die die Natur des Inhalts, die er ist, ausmachen, widersprechen sich. Alles logisch Wirkliche hat den Widerspruch an sich und löst das schlechthin Abstrakte auf. Alles, was ist, ist Einheit Unterschiedener, Einheit Entgegengesetzter.
Der Geist ist das Negative. Im Hinblick darauf wurde vorhin die Unterscheidung der Vernunft in eine negativ­dialektische und eine positive (S. 16) als ungünstig bezeichnet, weil das so missverstanden werden könnte, als ob das Positive über das Negative gehe. Das Positive ist in der Philosophie das unmittelbar Gegebene, weiter dann das Gesetzte. Das Negative ist die logisch reichere Bestimmung. Das Negieren ist immer Tätigkeit bzw. Setzen. Das Positive ist das Ruhende, das auf sich Beruhende, das sich auf sich Beziehende. Auch hier ist es nicht so, dass sich Positives und Negatives gegenüberstehen. Gewöhnlich kommt man über den Nominalismus hinsichtlich des Positiven und Negativen nicht hinaus. Ob etwas als Positives oder Negatives bezeichnet wird, hängt von der Willkür, von guten Gründen ab. Das Licht wird nur deshalb als das Positives gegen die Finsternis angenommen, weil es das Erfreulichere ist. Das sind äussere Gründe, nicht logische. Auf alltagssprachlicher Ebene gibt es keinen logischen Unterschied zwischen dem Positiven und dem Negativen, sondern beide werden als positiv (ruhend, auf sich beruhend) interpretiert. Entgegengesetzte aber stehen nie auf derselben Ebene, sondern eines erweist sich als es selbst und sein Entgegengesetztes. Das Negative ist es selbst und sein Entgegengesetztes. Liebrucks` syllogistischer Beweis hiefür:
Obersatz: Das Positive ist das Gegenteil seines Gegenteils.
Untersatz: Das Negative ist das Gegenteil des Positiven.
Conclusio: Das Negative ist nicht das Gegenteil seines Gegenteils, sondern das Gegenteil seiner selbst.
Damit ist das Negative konkrete Einheit des Positiven und Negativen. Das Negative ist nicht das Gegenteil seines Gegenteils, sondern das Gegenteil seiner selbst. Das Negative hat kein bloss Entgegengesetztes. Es ist also sinnvoll zu sagen, dass der Geist das Negative ist. Das Negative ist es selbst und sein Entgegengesetztes. Das Positive steht nicht neben dem Negativen. Der Geist hat kein Entgegengesetztes mehr, sondern er ist er selbst und sein Anderes (die Natur).
Im folgenden bestimmt Hegel einige Momente des Negativen genauer, nämlich das Negative des Verstandes und das Negative der dialektischen Vernunft. Die Negativität als Qualität des Verstandes ist das Unterscheiden, Bestimmen, Festsetzen, Festhalten der Unterschiedenen. Das Negative als Qualität der dialektischen Vernunft ist das Auflösen der Verstandesdifferenzen in Nichts. Die dialektische Vernunft folgt nicht zufällig auf den Verstand, sondern die dialektische Vernunft ist fortgehend durchgehaltene Konsequenz des Verstandes. (Der Skeptiker ist der konsequentere Formallogiker.)
 

Vorlesung Logikkreis vom 28. März 1996

Das letzte Mal wurde der "neue Begriff wissenschaftlicher Behandlung" erklärt, also die Methode der Philosophie. Die Natur des Inhalts bewegt sich im wissenschaftlichen Erkennen. Die Natur des Inhalts ist das Logische. Das Innerste einer Sache ist ihr Begriff und das Zentrum der Lehre von den Begriffen (also der Philosophie) ist die Logik. Die Natur des Inhalts bewegt sich, nicht der Inhalt. Die Dinge bewegen (oder widersprechen) sich nicht (sie haben auch gar kein Selbst). Die Bewegung stammt nicht aus den für sich fixierten Dingen, sondern aus ihrer logischen Natur. Dies ist der eine wichtige Punkt dieses Satzes.
Der andere ist, dass es sich hier um Selbstbewegung handelt. Die Natur des Inhalts bewegt sich im wissenschaftlichen Erkennen. Das widerspricht natürlich dem, was in der Gegenwart Logik heisst. In dieser bewegt sich nämlich gar nichts: es kommen dort nur stehende Formen, Begriffe, Urteilsformen und Kombinationsschemata vor. In der Dialektik bewegt sich das Logische selbst. Nur dort, wo sich die Natur des Inhalts selbst bewegt, kommt man über den Irrationalismus hinaus. Wenn das Logische nicht als sich selbst Bewegendes gefasst ist, muss es wohl von etwas anderem bewegt werden, z.B. von einem psychologisch gefassten Menschen. Die formale Logik macht das Denken von der Beschaffenheit des psychologisch, biologisch oder historisch verfassten Menschen abhängig. Bei Hegel ist das Logische das wahrhaft Selbständige. In der formalen Logik hingegen müssen die ruhenden Formen äusserlich bewegt werden, indem in die leeren Formen irgendein Inhalt hereingebracht wird. Die ruhenden Formen beruhen auf Irrationalem, logisch nicht Abhandelbarem.
Es ist die traditionelle Definition der Seele, dass sie das sich selbst Bewegende ist. Wenn Hegel von der Logik als der "Seele" des Inhalts spricht, dann ist das nicht bloss erbaulich gesprochen, sondern logisch im Hinblick auf die Selbstbewegung. Umgekehrt, wo von der Selbstbewegung gesprochen wird, muss an die Bestimmung der Seele gedacht werden. Das ist schon ein Hinweis darauf, dass in dieser Logik der Begriff des Menschen innerlogisch erreicht wird. Hegel löst somit das Problem, wie sich Seele und Idee zueinander verhalten (das Platon in seinen expliziten Äusserungen dazu nicht lösen konnte). In der Hegelschen Logik ist jeder Begriff, jede Kategorie zugleich eine Definition des Menschen. Es ist entscheidend, dass das Logische als das sich selbst Bewegende gefasst wird. Alles andere ist Irrationalismus, weil dann das Logische von irgend etwas anderem abhängig gemacht ist (Biologismus, Historismus, Physikalismus u. dgl.).
Im weiteren geht Hegel auf die Kategorien Verstand, Vernunft und Geist ein. In der Enzyklopädie formuliert Hegel besser, nämlich: Verstand, abstrakt­negative (hier: dialektische) Vernunft und konkret­negative oder spekulative (hier: positive) Vernunft. Interpretiert man diese Auskünfte über Verstand und Vernunft anhand des Vorangegangenen, so sieht man, dass die Bestimmung des Verstandes den Geist (oder das Denken) nicht erschöpft, weil der Verstand die Bestimmungen festhält und das Produkt des Verstandes nur ein Ruhendes sein kann. Für den Verstand kann es kein sich selbst Bewegendes geben. Die formale Logik ist schlechthin Verstandeslogik und es kann daher für sie auch kein sich selbst Bewegendes geben. Vgl. Enzyklopädie §80:
"Das Denken als Verstand bleibt bei der festen Bestimmtheit und der Unterschiedenheit derselben gegen andere stehen."
Bloss verständiges Vorgehen kann niemals wissenschaftlich sein. Eine Verstandes-"wissenschaft" kann es nicht geben, obwohl sehr häufig davon gesprochen wird: sie ist eine contradictio in adjecto. Die Bestimmung des Verstandes ist sehr gut im Kapitel "Kraft und Verstand" der Phänomenologie des Geistes dargestellt, in dem Hegel aufzeigt, dass der Verstand der Schritt vom Sinnlichen zum Abstrakt­Allgemeinen ist. Vgl. die Sokratischen Dialoge, die des frühen Platon. In diesen Dialogen ist das, was das wahrhaft Seiende sein soll, der Begriff einer Sache. Das entstehende und vergehende sinnliche Einzelne ist nicht das wahrhaft Seiende. Der Begriff ist zunächst ein abstrakt­allgemeiner. "Abstrakt" ist hier in zweifacher Hinsicht zu verstehen. "Abstrahieren" heisst "wegsehen". Wegsehen wovon? Von dem entgegengesetzten Moment einer Bestimmung. Ein abstrakt­allgemeiner Begriff, wie er beim frühen Platon auftritt, ist ein Begriff, der
  1. dem Sinnlichen gegenübersteht und
  2. den anderen Begriffen gegenübersteht.
Vgl. Enzyklopädie §80: "Der Verstand bleibt bei der festen Bestimmtheit (d.h. dem Begriff) und der Unterschiedenheit derselben gegen andere stehen." Einerseits haben wir die Trennung zwischen dem Sinnlichen (Anschaulichen, Gegenwärtigen), aus welchem der Verstand sich erhebt und seine Bestimmungen setzt, andererseits die Trennung innerhalb der Welt der Begriffe. "Abstrakt" und "verständig" sind gleichbedeutend unter der Voraussetzung, dass es um das Denken als solches geht (und nicht um Anschauung, Empfindung usf., unmittelbare Formen des Denkens also, in denen dieses nicht als Denken für sich ist). Abstraktes und verständiges Denken sind gleichbedeutend. Das bloss sinnliche Herumtappen ist natürlich noch abstrakter als das verständige Denken. Produkt des verständigen Denkens sind Begriffe als abstrakte Allgemeinheiten, Bestimmungen, die einander gegenüberstehen. Z.B. bei Sokrates stehen der Begriff des Menschen, der Begriff des Guten usw. einander gegenüber, nebeneinander. Und sie stehen andererseits auch dem sinnlich Entstehenden und Vergehenden gegenüber. Die abstrakt­allgemeinen Begriffe sind als solche nicht sich selbst bewegend.
Es ist wichtig einzusehen, dass Verstand und Vernunft nicht als Vermögen nebeneinander stehen. Deshalb ist Hegels Formulierung "das Denken als Verstand" ganz ausgezeichnet. Hierin ist schon zum Ausdruck gebracht, dass das Denken das Substantielle, das Zugrundeliegende des Verstandes ist. Das Denken ist der Begriff des Menschen. Verstand und Vernunft sind unterschiedliche Formen des Denkens.
Die Formulierungen "Vernunft als dialektische" und "Vernunft als positive" sind nicht günstig, vor allem letztere nicht, weil hier "positiv" alltagssprachlich verwendet ist, was verwirrend ist, weil Hegel auf der nächsten Seite die philosophische Bedeutung von "positiv" und "negativ" einführt. Besser sind die Formulierungen in der Enzyklopädie: die Vernunft ist, wo sie die Bestimmungen des Verstandes in nichts auflöst, "abstrakt­negativ" und, wo sie das Allgemeine erzeugt und das Besondere darin begreift, "konkret­negativ". Was die abstrakt­negative Vernunft betrifft, so muss man das "in nichts" betonen. Wer das Moment der abstrakt­negativen Vernunft isoliert, ist Skeptiker. Der Skeptizismus ist die verständige Interpretation des Negativ­Vernünftigen.
Das vorletzte Mal wurde schon der Unterschied zwischen abstrakter und bestimmter Negation erklärt: Die Vernunft als abstrakt­negative und als konkret­negative unterscheiden sich dadurch, dass im ersten Fall die Negation als abstrakte, im zweiten Fall als konkrete oder bestimmte gefasst ist. Der Skeptiker missversteht sein Resultat. Er meint, dass die Widersprüche, die er an einem Begriff entdeckt hat, den Begriff streichen. So haben etwa die Eleaten gegen die Bewegung argumentiert. Daraus, dass die Bewegung den Widerspruch enthält, was richtig ist, haben sie geschlossen, dass es die Bewegung nicht gibt, welcher Schluss falsch bzw. zunächst jedenfalls willkürlich ist. Man hätte auch schliessen können, dass es nichts Nicht­Wider-sprüchliches gibt. Die konkret­negative Vernunft fasst die Negation als bestimmte auf, d.h. sie sieht ein, dass eine Bestimmung, weil sie den Widerspruch an sich hat, nicht einfach durchgestrichen ist, sondern dass sie nur keine Selbständigkeit hat. Vgl. Enzyklopädie §80:
"Dem Verstand gilt ein beschränktes Abstraktes als für sich bestehend und seiend."
Genau das ist es, was die Vernunft den verständigen Bestimmungen nimmt, nämlich ihre Selbständigkeit. Sie streicht nicht die verständigen Bestimmungen durch, sondern nimmt ihnen ihre Selbständigkeit.
"Die Vernunft ist positiv, weil sie das Allgemeine erzeugt und das Besondere darin begreift."
Für "das Allgemeine" können wir "den Begriff" einsetzen. Das Allgemeine ist der Begriff. Es sieht zunächst so aus, als ob wir mit dem Verstand schon das Allgemeine (oder den Begriff) erreicht hätten. In den Sokratischen Dialogen sieht es so aus, als seien Begriffe bereits erreicht worden. Das Allgemeine, das hier erreicht ist, entspricht aber nicht seinem Begriff; es ist nicht wahrhaft allgemein. Das Abstrakt­Allgemeine aber ist Besonderes. Der Verstand intendiert das Allgemeine, bringt aber nur Besonderes hervor. Es gibt natürlich Verstandesbegriffe, aber sie sind immer selbstwidersprüchlich. Die Verstandesbegriffe sollen zwar allgemeine sein, sind aber als Abstrakta nur besondere. Kein Verstandesbegriff ist ein wahrhaft allgemeiner Begriff und somit der Sache nach kein Begriff. Wahrhaft Allgemeines begreift das Besondere in sich. Wenn Hegel in der Inhaltsangabe vom "allgemeinen Begriff", vom "besonderen Begriff" und vom "Einzelnen" spricht, dann trägt er nur dem Rechnung, dass es eben Unterbestimmungen des Begriffes gibt. "Besonderer Begriff" ist ein Widerspruch, aber das hindert nicht, dass es ihn gibt. Es gibt ihn beispielsweise in der formalen Logik ständig, ja ausschliesslich. "Allgemeiner Begriff" ist pleonastisch. Ein Begriff, der nicht allgemein sein soll, kann nur ein Name sein. Die Missinterpretationen des Allgemeinen sind die besonderen Begriffe, die zwar Begriffe sein sollen, ihrem Begriff aber nicht entsprechen. Eine Missinterpretation liegt vor, wo Allgemeines und Besonderes neben- oder untereinander stehen. Denn durch diese Trennung wird das Allgemeine selbst zu einem Besonderen. Dieser Widerspruch heisst eben "besonderer Begriff". Hegel spricht nicht vom "einzelnen Begriff" (ein solcher kann wohl nur ein Name sein), weil es so etwas nicht geben kann.
"Wie der Verstand als etwas Getrenntes von der Vernunft überhaupt, so pflegt auch die dialektische Vernunft als etwas Getrenntes von der positiven Vernunft genommen zu werden." (S. 17)
Es ist eine gewöhnliche Vorstellung, dass die Seele eine Kiste ist, in der verschiedene Vermögen nebeneinander stehen, so eben auch Verstand und Vernunft. Das aber ist schon deshalb unmöglich, weil Verstand und negative Vernunft keinen Selbststand haben. Wenn sie als selbständig angesetzt werden, so sind sie widersprüchlich. Sie heben sich in ihre Wahrheit, das ist die hier als "positive Vernunft" bezeichnete konkret­negative Vernunft, auf. Das Produkt des Verstandes, das Beschränkt­Allgemeine, das für sich Bestehen haben soll, ist nichts Selbständiges. Es gibt keinen selbständigen Verstand. Er kann daher nicht im Ich als einer Kiste neben der Vernunft stehen. Neben der negativen Vernunft würde er besonders schlecht stehen, denn diese ist ja das Auflösen der verständigen Bestimmungen. Es ist wichtig einzusehen, dass Hegel nicht durch Tricks von einer Stufe zur nächsten kommt, sondern dass die Begriffe notwendig einer aus dem Vorhergehenden folgen. Die Notwendigkeit des Auftretens der Kategorie Vernunft liegt darin, dass der Verstand als selbständiger sich widerspricht.
Es kann schon sein, dass die Verstandeswissenschaft auch Wahres erkennt, aber das verdankt sich dann nicht ihr selbst. Das Wahre der Verstandeswissenschaften stammt aus Notwendigkeiten, die höher sind als sie. Z.B. Rechnungsarten in der Mathematik. Hegel zeigt auf, dass z.B. der Fortgang vom Addieren zum Multiplizieren notwendig ist. In der Mathematik stehen die Rechnungsarten einfach nebeneinander, aber sie sind, wie Hegel zeigt, alle genannt. Die Verstandeswissenschaften können von sich aus die Wahrheit keiner Bestimmung erweisen, weil sie ihre Genesis nicht kennen. Die Grundbestimmungen der Mathematik, Raum, Quantität und Zahl, sind mathematisch nicht abhandelbar. Aber nur aus ihnen kann sich die Notwendigkeit der mathematischen Operationen ergeben.
Wahrheit und Richtigkeit sind zu unterscheiden. Wahrheit ist die Übereinstimmung eines Gegenstandes (oder eines Inhalts) mit sich selbst. Richtigkeit ist die Übereinstimmung eines Gegenstandes (oder Inhalts) mit unserer Vorstellung von ihm. Grossteils muss es in den Verstandeswissenschaften bloss bei der Richtigkeit bleiben. Es werden bestimmte Voraussetzungen gemacht und dann wird gefragt, ob unter diesen Voraussetzungen auf Fragen richtig geantwortet bzw. richtig abgeleitet worden ist.
Warum ist es notwendig, dass die Wahrheit den Umweg über den Verstand nimmt? Die Wahrheit kann nicht unmittelbar auftreten, weil sie kein Ding ist, weil sie nichts Unmittelbares ist. Je vermittelter der Begriff ist, desto wahrer ist er. Die Vernunft muss die Momente der Verstandeswissenschaft in sich enthalten. Sonst würden die Verstandeswissenschaften ja neben der Philosophie stehenbleiben. Die Wahrheit kann sich nur als solche zeigen, wenn sie alle Abstrakta in sich enthält. Siehe Vorrede zur Phänomenologie. Man kann nicht gleich mit der Wahrheit beginnen, weil dann Wahrheit und Unwahrheit nebeneinander stehen würden. Die Wahrheit ist die durchgehende Widerlegung der unselbständigen Bestimmungen. Wenn jemand unmittelbar mit der Wahrheit beginnt, ist es notwendig, dass dies ein Abstraktum ist und bleibt (z.B. Heidegger: das Wahre ist das Sein). Die Wahrheit ist aber kein Ding, kein Unmittelbares. Wenn jemand die Wahrheit in Form eines Prinzips aussprechen will, dann ist das allein schon deshalb falsch, weil sie unmittelbar (oder als Prinzip) ausgesprochen ist.
Der Verstandeswissenschaftler kann seine Operationen nur deshalb durchführen, weil die vernünftigen Bestimmungen in seinem Tun vorausgesetzt sind. Das hindert aber nicht, dass er das nicht weiss und sich etwa polemisch gegen seine eigenen Voraussetzungen wendet. In der formalen Logik stellt sich die Frage, wie sich die Teile derselben zueinander verhalten. Es gibt Begriffe und es gibt Urteile. Diese sind nur durch das "Und" verbunden, aber durch dieses wird nur das Nebeneinander aufrechterhalten. Dass der Begriff urteilen muss, ist hier nicht aufgezeigt, sondern wird vorausgesetzt. Auch der Satz der Identität, der Satz des zu vermeidenden Widerspruchs und der Satz des ausgeschlossenen Dritten sind nur durch das "Und" verbunden. Eigentlich ist schon das "Und" inkonsequent. Gewissermassen hat die formale Logik diese Konsequenz auch selbst gezogen, indem sie nicht mehr spricht, sondern mathematische Zeichen schreibt, weil in der Tat durch das "Und" bereits die Verbindung, wenn auch nur als äusserlicher Zusammenhalt, ausgesprochen ist.
Wird nicht in der Religion die Wahrheit unmittelbar ausgesprochen? In der christlichen Religion ist es nicht möglich, die Wahrheit unmittelbar auszusprechen. Es gibt aber andere Religionen, in denen man die Wahrheit jedenfalls unmittelbarer aussprechen kann.
Jeder Gegenstand (jeder Inhalt) ist in sich gebrochen, in seinen Begriff und seine Wirklichkeit. Jeder Begriff wird bei Hegel an ihm selbst gemessen, inwieweit seine Wirklichkeit seinem Begriff entspricht. Der wahre Freund ist der, der einem in der Not beisteht. Der wahre Staat ist der, der Gerechtigkeit übt. Der wahre Herzog, der wahre Bischof im Witiko. Aber das gilt überhaupt für jede Bestimmung, auch für die Bestimmung des Begriffes selbst. Der Verstandesbegriff ist eine Wirklichkeit des Begriffes, die seinem Begriff eben nicht entspricht. Auch die reinen Begriffe selbst können sich entsprechen oder eben nicht. Wäre das nicht so, dann könnte es überhaupt keine Entwicklung in der Logik geben. Aus dem Widerspruch zwischen Begriff und Wirklichkeit einer Kategorie ergibt sich die Bewegung, der Gang der Logik. Durch Entgegengesetzte in Einem ist Bewegung überhaupt möglich. Diese Entgegengesetzten sind Begriff und Wirklichkeit einer Bestimmung. Man kann die ganze Rechtsphilosophie als Beispiel dafür anführen, welche Wirklichkeiten sich der Begriff der Freiheit gibt. Eine davon ist das Eigentum. Es stellt sich dann heraus, dass das Eigentum den Begriff der Freiheit nicht erschöpft. Das Eigentum ist nur ein Moment der Freiheit. Somit muss über es als die Wirklichkeit des Begriffs der Freiheit hinausgegangen werden.
Was heisst Wirklichkeit? Wirklich ist dasjenige an einem Begriff, welches nicht bloss innerlich da ist, sondern auch in das Dasein, in die Äusserlichkeit gesetzt ist.
Ist die Hegelsche Logik der Endpunkt in der Entwicklung der Logik? Wir können an keinem Punkt sagen, wie dies manche orthodoxe Hegelianer ("Rechtshegelianer") meinen, dass das Denken nun zu Ende sei. Hegel hat niemals behauptet, man könne über sein System nicht hinausgehen. Er hat keinesfalls verboten, dass nach ihm noch gedacht wird. Es ist richtig, dass jedes System des Denkens eine Verendlichung des Denkens ist. Trotzdem kann man daraus nicht folgern, dass die Hegelsche Logik eben auch nur eine Logik unter vielen sei, die sich eben auch der Schranken ihrer Erkenntnis bewusst werden müsse. Dieser Schluss wäre selbstwidersprüchlich, denn wenn man seine Beschränktheit eingesehen hat, ist man schon über sie hinausgegangen.
Prinzipienphilosophie ist deswegen nicht möglich, weil wahrhafte Wissenschaft immer System sein und als Aussprechen der Wahrheit alle Abstraktionen als Momente in sich enthalten muss. Die Wahrheit ist keine Position. Die Hegelsche Logik ist nicht Hegels Meinung oder Position, sondern es gibt keine Position, die ausserhalb derselben steht. Die Wahrheit ist das System der vollständig überwundenen Abstraktionen.
Der Häretiker gehört notwendig als Moment zur Kirche. An sich gehört jeder Mensch zur Kirche. Für den Häretiker in seiner Wirklichkeit stellt sich die Sache aber anders dar.
Die Hegelsche Logik ist nicht das vollendete System, über das nicht hinausgegangen werden kann, wie dies manche Rechtshegelianer meinen. Damit würde man ja sagen, dass nicht mehr gedacht, sondern nur mehr das von Hegel Gegebene aufgenommen werden könne. Das wäre Positivismus. Hegel stellt die bisher grösstangelegte Widerlegung alles Positivismus dar. Die Hegelpositivisten weigern sich, mit Hegel über Hegel hinauszugehen. (Das aber muss man erst können.)
Das Schwierige des 8. Absatzes liegt darin, dass Hegel zuerst "negativ" und "positiv" in alltagssprachlicher Bedeutung verwendet, sie dann aber als philosophische Bestimmungen einführt. Es zeigt sich, dass das Negative über das Positive hinausgeht. Das Negative ist die logisch reichere Kategorie. Vgl. Liebrucks´scher Syllogismus:
  1. Das Positive ist das Gegenteil seines Gegenteils.
  2. Das Negative ist das Gegenteil des Positiven.
  3. Also ist das Negative nicht das Gegenteil seines Gegenteils, sondern das Gegenteil seiner selbst.
Das Negative ist es selbst und sein Entgegengesetztes. Das Negative ist die Tätigkeit des Sich­Unterscheidens. Das Positive ist das auf sich beruhende Gesetzte. Weil das Negative es selbst und sein Entgegengesetztes (oder das sich Unterscheidende) ist, kann Hegel sagen, dass der Geist das Negative ist. Denn der Geist ist er selbst und sein Entgegengesetztes, die Natur. Der Geist ist das Sich­Unterscheiden in Subjekt und Objekt. Er ist der Widerspruch seiner selbst und seines Entgegengesetzten. Vgl. Platonische Lehre, dass der Geist die Erkenntnis seiner selbst und seines Entgegengesetzten (seines Anderen) ist. Der Geist begreift sich selbst und sein Anderes in sich. Damit ist auch ausgesprochen, dass der Geist Widerspruch und somit Selbstbewegung, geistiges Leben ist.
"[Der Geist] negiert das Einfache, so setzt er den bestimmten Unterschied des Verstandes; er löst ihn ebensosehr auf, so ist er dialektisch. Er hält sich aber nicht im Nichts dieses Resultates, sondern ist darin ebenso positiv und hat so das erste Einfache damit hergestellt, aber als Allgemeines, das in sich konkret ist."
Hier wird die Methode nur abstrakt beschrieben. Die Kürze dieser Ausführungen spricht für diese Methode, weil sie zeigt, dass diese Methode eben nicht von ihrem Inhalt abtrennbar ist. Eigentlich ist dieser Satz nur eine Wiederholung dessen, was schon über Verstand und negative und positive Vernunft gesagt wurde. Für die hier beschriebene Bewegung des Geistes kann man alle philosophischen Begriffe als Beispiel angeben. In der Rechtsphilosophie wird der Gang des Begriffs der Freiheit ausgeführt. Das verständige Moment tritt als Bestimmtheit in §6 auf und das positiv vernünftige im §7, wo der Schritt von Unbestimmtheit und Bestimmtheit zur Selbstbestimmung gezeigt ist. Man kann auch an die Bestimmungen des Positiven und des Negativen selbst in der Wesenslogik denken. Dann ist das Einfache, das der Geist negiert, die Identität. Der bestimmte Unterschied des Verstandes ist dann das Positive und das Negative als Entgegengesetzte. Dieser Unterschied löst sich auf, weil Positives und Negatives sich als identisch erweisen, gerade indem sie einander entgegengesetzt sein sollen. Das ist das negative oder dialektische Moment der Vernunft. Es ist immer so, dass Bestimmungen, die auf einer Ebene nebeneinander stehen sollen, zusammenfallen. Das positive Moment der Vernunft ist das, dass wir zu einer negativen Einheit weitergehen, die Positives und Negatives als Momente in sich enthält. Diese Einheit heisst Grund, wobei das Positive das Begründete und das Negative das Begründende ist.
Wichtig ist auch die Formulierung "...hat so das erste Einfache damit hergestellt, aber als Allgemeines, das in sich konkret ist."
Damit erst ist ein wahrhaft Allgemeines erreicht. Der Verstandesbegriff ist nur die Meinung, einen Begriff zu haben. Die Formulierung ist zwar streng genommen pleonastisch, aber weil das immer missverstanden wird, angebracht. "...unter dieses wird nicht ein gegebenes Besonderes subsumiert, sondern in jenem Bestimmen und in der Auflösung desselben hat sich das Besondere schon mitbestimmt."
Ein gegebenes Besonders kann es nicht geben, weil ein Besonderes nur von einem Allgemeinen her, als Moment, oder, verständig gesprochen, als Fall eines Allgemeinen, etwas Besonderes ist. Subsumption setzt voraus, dass es ein gegebenes Besonderes sowie ein gegebenes Allgemeines gibt, und ist schon deswegen widersprüchlich. Gegen die Subsumption schreibt Hegel durchgehend in seinem Werk. Beim Subsumieren wird ein Allgemeines angenommen (Regel, Gesetz) und im Hinblick auf ein gegeben sein sollendes Besonderes gefragt, ob dieses unter das Allgemeine fällt. Oder man geht umgekehrt vor und versucht, von den vielen Besonderen auf ein allgemeines Gesetz zu schliessen (Kant versucht das für das Lebendige und für die Kunst). Auch das ist Subsumieren, nur umgekehrtes. Man kann sagen, dass formale Logik reine Subsumptionslogik ist. In ihr ist es immer so, dass das Allgemeine oben und das Besondere darunter steht. Der Fehler des Subsumierens ist der, dass das Allgemeine, von dem hier ausgegangen wird, seinem Begriff nicht entspricht. Es ist nur Abstrakt­Allgemeines, weil es unmittelbar (positiv) ist. (Dagegen zeigt sich etwa schon im ersten Kapitel der Phänomenologie des Geistes, dass das Allgemeine Nicht-Dieses ist.) Allgemeinheit und Besonderheit werden als selbständig gegeneinander angenommen. (siehe die Positivierung des Negativ-Allgemeinen im Wahrnehmungskapitel der Phänomenologie des Geistes) Es soll das Allgemeine schon geben, und dann wird gefragt, ob etwas als Fall darunter subsumiert werden kann. So ist das Allgemeine verselbständigt. Ebenso ist das Besondere dem Allgemeinen gegenüber verselbständigt. Das ist der Grundfehler aller Subsumption, dass kein Allgemeines vorhanden ist. Das stellt sich auch so dar, dass die formale Logik gar nicht mehr vom Allgemeinen spricht, sondern nur von "Allgemeinerem", was ja konsequent ist, nur heisst das eben, dass die formale Logik keine Begriffe hat. Subsumieren ist nur dort notwendig, wo sich der Gegenstand nicht selbst bewegt. Wenn wir ohnehin eine logische Entwicklung nachvollziehen, brauchen wir nichts subsumieren. Subsumiert werden müssen nur ruhende Formen. Nur diese müssen äusserlich kombiniert (oder eben subsumiert) werden.
Wenn im Sinne der bestimmten (oder konkreten) Negation vorgegangen wird, ist das Resultat nicht ein unmittelbares, unter das man dann subsumieren könnte, sondern in dem Resultat sind die vorhergehenden Bestimmungen enthalten. Diese sind die besonderen Momente des Allgemeinen. Indem wir Konkret­Allgemeines erreichen, haben wir zugleich das Besondere erreicht, das in ihm enthalten ist.
"Diese geistige Bewegung, die sich in ihrer Einfachheit ihre Bestimmtheit und in dieser ihre Gleichheit mit sich selbst gibt, die somit die immanente Entwicklung des Begriffes ist, ist die absolute Methode des Erkennens und zugleich die immanente Seele des Inhalts selbst."
Wenn Hegel hier von der Seele spricht, so spricht er deren Definition als das sich selbst Bewegende an. Dass er hier "immanent" schreibt, erscheint überflüssig; andererseits ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Methode nichts ist, was nur das Erkennen befolgt, nicht aber die Wirklichkeit. Der Gegenstand und die Wirklichkeit befolgen auch diese Methode, nicht nur derjenige, der diese Logik schreibt. Deswegen kann Hegel sie als absolute Methode bezeichnen.
"Auf diesem sich selbst konstruierenden Wege allein, behaupte ich, ist die Philosophie fähig, objektive, demonstrierte Wissenschaft zu sein."
"Absolute Methode" heisst, dass dieser Methode nichts mehr bloss gegenübersteht; sonst wäre sie bestimmte. Man muss sich von der Vorstellung lösen, dass Inhalt und Methode getrennt wären, dass wir einen Gegenstand hätten, auf den die Methode angewandt würde. Die dialektische Methode kann man von vornherein nicht "anwenden". Wenn von der Anwendung von Methoden die Rede ist, muss man immer fragen, ob die Anwendung selbst methodisch erfolgt oder nicht. Wenn man von der Anwendung einer Methode ausgeht, gerät man in den unendlichen Regress des Begründens, weil eine solche Anwendung die Äusserlichkeit des Gegenstandes und der Methode gegeneinander voraussetzt. Die Anwendung kann dann nur irrational sein.
Hegel hat in der Phänomenologie des Geistes die absolute Methode bereits befolgt. Dialektik ist das Fortschreiten vom Abstrakten zum Konkreten oder das Messen eines Inhaltes an sich selbst. In diesem Messen treten Verstand, negative Vernunft und positive Vernunft als Momente auf.
Dann hält Hegel nochmals fest, dass die Zentraldisziplin der Philosophie die Logik ist. In der Phänomenologie ist das Bewusstsein als in seiner Äusserlichkeit befangenes Wissen behandelt. Die Logik ist der Phänomenologie vorausgesetzt.
 

2. Vorrede

Hegel weist wieder darauf hin, dass mit seiner Logik zugleich eine Metaphysik vorliegt. Weiters hält er fest, dass die bekannten Denkformen, d.h. die formale Logik, eine notwendige Bedingung für seine Logik sind (S. 19). "Notwendige Bedingung" ist zwar eine seltsame Wortzusammenstellung, an dieser Stelle aber richtig. Er drückt damit zweierlei aus: Die Abstraktionen sind notwendig, weil die Wahrheit nichts Unmittelbares ist, sondern nur im Gang der Aufhebung der Abstrakta erreicht werden kann. Zum anderen spricht er aus, dass aus dem vorliegenden abstrakten Material die Logik nicht ableitbar ist. Hier könnte nicht statt "Be-dingung" "Grund" stehen. Aus der Verstandeslogik kann die dialektische Logik niemals abgeleitet werden; es sei denn man führt in der Ableitung den Unterschied zwischen positivem und negativem Beweis ein. So könnte man von einem positiven und einem negativen Ableiten sprechen. Aus der Verstandeslogik lässt sich nur im negativen Beweisgang die dialektische Logik ableiten. Man könnte sagen, dass in der Verstandeslogik die dialektische Methode enthalten ist, aber eben in negativer Weise, also so, dass sie sich durch deren Selbstaufhebung ergibt, und nicht so, dass die Verstandeslogik bestehen bleibt und noch etwas hinzukommt.
"Es kann in unseren Tagen nicht oft genug daran erinnert werden, dass das, wodurch sich der Mensch vom Tiere unterscheidet, das Denken ist." Das gilt vor allem auch heute.
"Die Denkformen sind zunächst in der Sprache des Menschen herausgesetzt und niedergelegt." Im Griechischen sind Sprache und Logik eins. Das Verhältnis zwischen Denken und Sprechen kann nicht so aufgefasst werden, dass die Sprache nur ein Zeichen für das Denken wäre. Die Sprache ist kein Zeichensystem. Es gibt kein Zeichensystem. Was die Sprache ist, teilt uns Hegel an dieser Stelle nicht mit. In der Phänomenologie wird festgehalten, dass die Sprache das "Dasein des Geistes" ist. Darin ist die Sprache als Überwindung jeder Zwei­Welt-en­Theorie ausgesprochen. Die Sprache ist die Versinnlichung des Geistigen oder das in den Geist aufgehoben werdende Sinnliche.
An anderer Stelle sagt Hegel, dass das Sprechen spekulativ ist, das Schreiben aber nicht. Im Sprechen sind Sinnlichkeit und Verstand, Natur und Geist in Einheit da. In jedem gesprochenen Satz haben wir die Einheit von Allgemeinem und Einzelnem vor uns. Im unmittelbaren Satz haben wir im Subjekt das Einzelne und im Objekt die Bestimmung der Allgemeinheit, verbunden durch die Kopula. Jedes Urteil sagt, dass das Einzelne das Allgemeine ist. Einzelnes und Allgemeines sind eins - wobei sich die Frage stellt, was das "Ist" hier heisst. Im Sprechen ist es so, dass das Subjekt bereits verschwunden ist, wenn wir zum Prädikat gekommen sind. Im Sprechen wird die Einheit von Subjekt und Prädikat erreicht. Das Schreiben ist das Positivieren des Sprechens. In der Schrift bleibt das Subjekt (Einzelnes) neben dem Prädikat (Allgemeines) bestehen. Wenn man die Sprache von der Schrift her interpretiert, besteht die Gefahr, dass man Einzelnes neben Allgemeines stellt und die Sprache insgesamt verdinglicht, als etwas bloss Objektives fasst. Die Sprache ist aber das Objektivieren des Subjektiven oder Subjektivieren des Objektiven. Die Schrift läuft immer Gefahr, die Sprache zum Ding zu machen, zwei Welten aufzubauen und Einzelnes neben Allgemeines zu stellen. In der Sprachphilosophie ist es entscheidend, ob die Schrift von der Sprache her interpretiert wird oder umgekehrt. Man kann a priori sagen, dass in unserem Jahrhundert jeder die Sprache von der Schrift her interpretiert und somit als Ding und in weiterer Folge als Zeichen.
Wir können nicht bei einer Äusserlichkeit von Denken und Sprechen gegeneinander bleiben. Die Sprache ist das Dasein des Denkens und dieses Dasein ist ein dialektisches Dasein, indem die Einheit von Einzelheit und Allgemeinheit in jedem Satz ausgesprochen wird. Wir können daher sagen, dass die Sprache der Begriff des Menschen ist. Sprachloses Denken gibt es nicht. Trotzdem fallen Sprache und Denken nicht einfach zusammen. Die Sprache ist das in die Äusserlichkeit getretene Denken. Das ist ein Fortschritt gegenüber dem blossen Denken: es zeigt sich im Sprechen, dass das Denken nichts bloss Innerliches ist. Bei Aristoteles schon ist der Mensch das einzige Lebewesen, das Sprache hat. Aristoteles unterscheidet zwischen Sprache und Stimme, und zwar ganz richtig vom Begriff des Menschen einerseits und vom Begriff des Natürlichen andererseits abgeleitet. Der Mensch hat Sprache, das Tier hat Stimme. Die Sprache ist Äusserung des Denkens, des theoretischen wie praktischen Wissens. Das Denken ist der Begriff des Menschen. Die Stimme steht im Dienst der Selbsterhaltung. Die Selbsterhaltung ist der Begriff des Natürlichen. Die Stimme kann Lust und Schmerz artikulieren, die Sprache Vorstellungen vom Gerechten und Ungerechten, Guten und Bösen. Die Sprache ist der Grund der Polis.In der Sprache haben wir nicht nur die Einheit von Geist und Natur vor uns, sondern auch die Einheit von Mensch und Mensch. Wo ist das "Ich, das Wir ist", wirklich? In der Sprache. Einen Ameisen- oder Bienenstaat kann es nicht geben.
"In alles, was ihm zu einem Innerlichen, zur Vorstellung überhaupt wird, was er zu dem Seinigen macht, hat sich die Sprache eingedrängt, und was er zur Sprache macht und in ihr äussert, enthält eingehüllter, vermischter oder herausgearbeitet eine Kategorie."
Hier ist auch die Einheit von Sprache und Denken ausgedrückt. Die Formulierung "ein-gedrängt" ist nicht sehr günstig. Sehr gut hingegen ist die Formulierung "was er zur Sprache macht", weil hierin ausgedrückt ist, dass es nicht etwas selbständig Einzelnes gibt, dem dann ein Name verpasst wird, sondern das vermeintlich bloss Äussere oder bloss Innere hat seine Wahrheit in seiner Allgemeinheit oder eben Sprachlichkeit.
"...und in ihr äussert, enthält eingehüllter, vermischter oder herausgearbeitet eine Kategorie": Es ist eben die Aufgabe der Logik, die Kategorien herauszuarbeiten, die in der Sprache immer schon enthalten sind. Das Vermischte der Sprache wird in der Logik aufgearbeitet.
"...so sehr natürlich ist ihm das Logische, oder vielmehr: dasselbige ist seine eigentümliche Natur selbst. Stellt man aber die Natur überhaupt, als das Physikalische, dem Geistigen gegenüber, so müsste man sagen, dass das Logische vielmehr das Übernatürliche ist, welches sich in alles Naturverhalten des Menschen, in sein Empfinden, Anschauen, Begehren, Bedürfnis, Trieb eindrängt und es dadurch überhaupt zu einem Menschlichen, wenn auch nur formell, zu Vorstellungen und Zwecken macht."
Empfinden, Anschauen, Begehren, Bedürfnis und Trieb sind nicht Vermögen, die neben dem Denken in der Seelenkiste stehen, sondern sie sind Formen der Unmittelbarkeit des Denkens. Sie sind Menschliches, und das eben deshalb, weil sie nur vom Denken her möglich sind. Es gibt nichts neben dem Denken. Die Behauptung, dass es etwas neben dem Denken gäbe, hält der Frage nicht stand, wie man das denn wissen kann. Die Aufgabe des Menschen ist es, die Formen des unmittelbaren Denkens eben nicht nur formell zu Vorstellungen und Zwecken zu machen, sondern auch inhaltlich. Der Satz ist eigentlich nur eine Erläuterung dessen, dass der Mensch Denken ist. Es kann Empfinden, Anschauen, Begehren usw. nur geben, weil sie Momente des Denkens sind. Das ergibt sich auch daraus, dass der Geist das Negative ist. Der Geist ist er selbst und sein Entgegengesetztes. Das Entgegengesetzte des Denkens ist das Denken in seiner Unmittelbarkeit. In den Formen des unmittelbaren Denkens gibt es Stufen, die Hegel in der Enzyklopädie in der Lehre vom subjektiven Geist entfaltet.
Im weiteren geht Hegel auf die Vorzüge bestimmter Sprachen ein. Der Grund, warum Hegel hier die Sprache behandelt, ist, dass wir in der Sprache das Logische unmittelbar vor uns haben.
"Das Fortschreiten der Bildung überhaupt und insbesondere der Wissenschaften, selbst der empirischen und sinnlichen, indem sie im allgemeinen sich in den gewöhnlichsten Kategorien (z.B. eines Ganzen und der Teile, eines Dinges und seiner Eigenschaften und dergleichen) bewegen, fördert nach und nach auch höhere Denkverhältnisse zutage oder hebt sie wenigstens zu grösserer Allgemeinheit und damit zu näherer Aufmerksamkeit hervor."
Spekulatives tritt in der Erfahrung auch in den Verstandeswissenschaften auf, aber nur zufällig. Als Beispiel nennt Hegel die Polarität, die eine Einheit Entgegengesetzter ist und somit eine dialektische Bestimmung.
In diesem Absatz definiert Hegel kurz die Identität und den Unterschied:
"...dass auf solche Weise von der Form der Abstraktion, der Identität, durch welche eine Bestimmtheit z.B. als Kraft eine Selbständigkeit erhält, fortgegangen [wird] und die Form des Bestimmens, des Unterschiedes, welcher zugleich als ein Untrennbares in der Identität bleibt, herausgehoben und eine geläufige Vorstellung geworden [ist], ist von unendlicher Wichtigkeit."
Die Identität ist die Form der Abstraktion. Hier ist zu beachten, dass Hegel an dieser Stelle den Unterschied von Identität und Gleichheit nicht beachtet hat. Der Sache nach sind Identität und Gleichheit zu unterscheiden. Gleichheit ist abstrakte Identität, symbolisiert durch das Istgleichzeichen der Mathematik. Identität heisst, dass die als identisch Gesetzten zugleich auch unterschieden sind. An unserer Stelle muss man also lesen: Die Gleichheit ist die Form der Abstraktion, die Form des Wegsehens, Wegdenkens. Vom Unterschied wird abstrahiert. Damit wird unterschieden. Es gibt kein bloss sich selbst Gleiches. Alles, was ist, ist sich selbst gleich und damit von allem anderen unterschieden. Damit hat es bereits die entgegengesetzten Bestimmungen der Identität und des Unterschiedes in sich und ist sich somit ungleich.
Der Unterschied ist die Form des Bestimmens. Hier definiert Hegel nicht den abstrakten Unterschied, welcher als Ungleichheit zu bezeichnen ist, sondern terminologisch richtig den Unterschied. Der abstrakte Unterschied ist der, der in der Rede vom "ganz Anderen" gemeint ist. Das "ganz Andere" gibt es ebensowenig wie das bloss mit sich Gleiche. In der Ungleichheit wird von der Identität abstrahiert. Von der Ungleichheit spricht Hegel aber an dieser Stelle nicht, sondern vom Unterschied. Unterscheiden ist hier spekulativ gefasst. Unterscheiden ist hier das Unterscheiden von Momenten. Als Momente bleiben die Unterschiedenen als Untrennbare in der Identität. Als Beispiel dafür gibt Hegel die Polarität an.
Die Form der Abstraktion als Identität und die Form des Bestimmens (des Sich­Unter-scheidens) stehen nicht auf derselben Ebene. Die Form der Abstraktion gehört der verständigen Ebene an, während der Unterschied als Form des Bestimmens der "positiven Vernunft" angehört.
Am Ende des Absatzes sagt Hegel, dass es in der Naturwissenschaft nicht leicht ist, dass "zu Abstraktionen von dem Gegensatze und zu Allgemeinheiten übergegangen wird." Auch hier ist wieder das verständige Vorgehen angesprochen. "Abstraktionen von dem Gegensatze" ist pleonastisch. Die Abstraktion ist es immer, vom Gegensatz zu abstrahieren. "Allgemein-heiten" heisst hier "abstrakte Allgemeinheiten".
Im dritten Absatz spricht Hegel den Unterschied zwischen Bekanntem und Erkanntem aus. Die Formulierung hier ist nicht so gut wie die in der Phänomenologie, wo er sagt, dass das Bekannte eben darum, weil es bekannt ist, nicht erkannt ist. Vgl. Sokrates: Das grösste Übel ist nicht das Nicht­Wissen, sondern das Meinen, etwas zu wissen, ohne in der Tat zu wissen, da dieses von vornherein das Lernen verhindert. In den Dialogen Platons ärgern sich die Fachleute immer sehr, wenn sie sich mit etwas beschäftigen sollen, was ohnehin zu ihren täglichen Geschäften gehört und das sie somit zu wissen meinen.
"...und was ist bekannter als eben die Denkbestimmungen, von denen wir allenthalben Gebrauch machen,..." Man kann hinzufügen: "und was ist unerkannter als diese".
Hegel gibt dann noch das Programm des zweiten Vorwortes an: das Verhältnis des wissenschaftlichen Denkens zum natürlichen Denken. Man könnte auch sagen: das Verhältnis der natürlich tätigen Logik zur sich wissend tätigen Logik. Allerdings wird in der zweiten Vorrede nur zum Teil diese Frage behandelt. Auf natürliche Weise ist jeder Mensch Logiker (oder Dialektiker). Es stellt sich aber die Frage, was er davon weiss, und das ist beim Menschen, im Unterschied zum Tier, hinsichtlich dessen, das es Leben ist, nicht gleichgültig.
Im vierten Absatz stellt Hegel kurz dar, wie das, was man gewöhnlich als Logik bezeichnet, entstanden ist, also die formale Logik. Wir haben das schon bei der Bestimmung des Verstandes behandelt, wo gesagt wurde, dass der Verstand der Schritt vom Sinnlichen zum Abstrakt­Allgemeinen ist (siehe "Organon"). Die Formen des Denkens werden aus dem sinnlichen Stoff, in den sie versenkt sind, befreit, indem sie als Allgemeinheiten für sich herausgehoben werden. Immer wenn Hegel von "Allgemeinheiten" (Plural) spricht, sind abstrakt­allge-meine Bestimmungen gemeint. Vgl. Ideen des frühen und mittleren Platon. Der Aristotelische Satz, dass das Denkens mit der Abstraktion von unmittelbaren Interessen (Bedürfnislosigkeit, Musse) beginnt, ist richtig. Hegel zitiert dann auch den Aristotelischen Satz, dass der Mensch im Denken frei ist. Wenn vorher gesagt wurde, dass der Begriff des Menschen das Denken ist, so können wir genausogut auch sagen, dass der Begriff des Menschen die Freiheit ist. Bevor die Unterscheidung in theoretische und praktische Philosophie eingeführt wird, sind Denken und Freiheit eins.
"Die Philosophie überhaupt hat es noch mit konkreten Gegenständen, Gott, Natur, Geist, in ihren Gedanken zu tun, aber die Logik beschäftigt sich ganz nur mit diesen für sich in ihrer vollständigen Abstraktion."
Das Verhältnis zwischen Logik und Philosophie überhaupt haben wir schon ausführlich behandelt. Die Logik ist das Zentrum der Philosophie. Die Philosophie in ihren weiteren Systemteilen ist fortgesetzte Logik. Fortgesetzte Logik, nicht angewandte.

Vorlesung Logikkreis vom 2. Mai 1996

Auf den ersten Seiten der 2. Vorrede weist Hegel auf einige Erscheinungen hin, anhand derer wir zur Logik kommen können.
So weist er auf bestimmte Momente der Sprache hin. Es gibt Worte, die schon als Worte dialektisch sind, indem sie entgegengesetzte Momente vereinigen. Aristoteles unterscheidet zwischen Sprache und Stimme. Die Stimme steht im Dienst des Lebens als natürlichem. Die Sprache steht im Dienst des Guten, also des praktischen Denkens. In der Sprache ist jede 2­Welten­Theorie aufgehoben. Wichtig ist auch der Unterschied zwischen Schriftsprache und dem Mündlichen (siehe auch das letzte Kapitel der Logik). Das Schreiben ist das Positivieren oder Verdinglichen des Sprechens. Wenn wir etwas Schriftliches vor uns haben, so scheint es sich hiebei um ein bloss Objektives zu handeln. Im Schriftlichen stehen Subjekt und Prädikat, die Momente des Satzes, nebeneinander. Das ist die Täuschung der Schriftlichkeit. Es ist daher entscheidend, dass wir die Schrift von der Sprache her interpretieren und nicht umgekehrt. Die sogenannte Sprachphilosophie geht ja umgekehrt vor.
Auch das Fortschreiten der Bildung insgesamt führt uns zur Logik. In den Verstandeswissenschaften werden ganz gedankenlos Bestimmungen verwendet, die an sich dialektisch sind, z.B. die Bestimmung der Polarität. Polarität ist Identität Unterschiedener.
In diesem Zusammenhang spricht Hegel von der Identität (Form der Abstraktion) und dem Unterschied (Form des Bestimmens). Wichtig ist, dass Identität hier Gleichheit, also abstrakte Identität heisst. In der Form der Abstraktion wird vom Unterschied weggeblickt. Man kann ganz allgemein sagen: Wenn irgendeine Bestimmung genannt und "abstrakt" davor gesetzt wird, dann heisst das, dass von der entgegengesetzten Bestimmung weggeblickt wird. Im Abstrakt­Allgemeinen wird vom Besonderen weggeblickt. In der abstrakten Identität wird vom Unterschied weggeblickt. Hier ist nicht zufällig von "Wegblicken" die Rede. Man kann nicht sagen: "Die abstrakte Identität ist die, die den Unterschied nicht in sich enthält." Objektiv gibt es keine Identität, die den Unterschied nicht enthält. Ein bloss mit sich Identisches, bloss sich Gleiches gibt es nicht. Ein solches ist nur Produkt der äusseren Reflexion. Die abstrakte Identität, die Gleichheit gibt es nicht.
Weiter unten spricht Hegel von der Form des Bestimmens, also dem Unterschied, "welcher zugeich als ein Untrennbares in der Identität bleibt". Hier ist es so, dass Hegel vom ersten gleich zum dritten Schritt gegangen ist. Er hat die Form der Ungleichheit übersprungen und ist gleich zu einer konkreten Bestimmung weitergegangen. Die Form des Bestimmens ist die Einheit von Unbestimmtheit und Bestimmtheit. Die Form des Bestimmens ist die Form des Unterscheidens, des Unterscheidens von Momenten, die in einer Einheit bleiben.
Im dritten Absatz geht Hegel auf den Unterschied zwischen Bildung und Philosophie ein, auf den Unterschied zwischen Bekanntem und Erkanntem. An diesem Unterschied kann man sehen, was Philosophie nicht ist. Philosophie ist nicht ein Dazuerfinden zu etwas schon Wirklichem, sondern Erkennen dessen, was ohnehin bekannt ist. Alle Gegenstände der Philosophie sind uns alte Bekannte. Es geht nur darum, sie zu erkennen oder ihre Voraussetzungen einzuholen. Die Bildung geht von etwas Unmittelbarem zu einem weiteren Unmittelbaren (Sophisten). Die Philosophie geht vom Unmittelbaren zum Anderen des Unmittelbaren, nämlich zu ihm als vermitteltem oder als erkanntem (Sokrates).
In weiterer Folge will Hegel angeben, wie man vom Hausverstand und der Bildung zur Philosophie kommt, und weist dabei auf Philosophiegeschichtliches hin, nämlich auf das Auftreten Platons und Aristoteles´. Der Übergang von der Bildung zur Philosophie wurde schon behandelt. Der Verstand ist der Schritt vom Sinnlichen zum Abstrakt­Allgemeinen. Dieser Schritt zum Verstandesbegriff ist das Verdienst Platons und Aristoteles´. Die Formen des Denkens, die in alle möglichen Gegenstände versenkt sind, werden befreit. Sie werden für sich herausgehoben und zum Gegenstand der Betrachtung für sich gemacht. Hegel spricht hier von "Allgemeinheiten" (Plural). Damit meint er immer Verstandesbegriffe, also abstrakte Begriffe. Wenn es sich um einen konkreten Begriff, also die Einheit seiner selbst und des Besonderen, handelte, so könnte es ja nicht mehrere nebeneinander geben.
Es folgen einige Zitate aus der Aristotelischen Metaphysik, die deshalb interessant sind, weil sie einen Zusammenhang zwischen Theorie (Abstraktion) und Praxis (Freiheit) herstellen. So interpretiert Aristoteles die Notwendigkeit, dass das Denken zu einer bestimmten Epoche begonnen hat und nicht früher beginnen konnte.
Auf die Unterscheidung zwischen Logik und Philosophie insgesamt sind wir schon zu Beginn des Logikkreises eingegangen. Die Logik beschäftigt sich nur mit den Bestimmungen, die nirgends nicht sind, mit den Bestimmungen, ohne die wir nichts Natürliches und nichts Geistiges nennen können. Alles, was ist, ist qualitativ. Alles, was ist, ist ein Ganzes. Alles, was ist, ist ein Schluss. Alle logischen Bestimmungen sind in jedem Natürlichen und in jedem Geistigen vorausgesetzt. Damit sind sie Gedanken für sich in ihrer vollständigen Abstraktion und noch nicht als natürliche oder subjektiv-, objektiv-, absolut-geistige.
Relativismen ergeben sich alle daraus, dass nicht die Logik als Grunddisziplin der Philosophie gefasst wird. Immer wenn jemand eine andere Disziplin als das Zentrum der Philosophie ansetzt, ist er Relativist. Allein daraus ergeben sich alle Relativismen in ihren Spielarten. Es ist deswegen wichtig, die Logik als das Zentrum des Denkens zu fassen.
Hegel geht in der Folge ausführlich auf die Vorstellung ein, die Logik sei ein Mittel und somit nicht das Zentrum der Philosophie.
"Unter diese Mittel wird im Widerspiele von der angeführten Vorstellung des Aristoteles die logische Wissenschaft gerechnet; die Bemühung mit derselben ist eine vorläufige Arbeit, ihr Ort die Schule, auf welche erst der Ernst des Lebens und die Tätigkeit für die wahrhaften Zwecke folgen soll. Im Leben geht es zum Gebrauch der Kategorien; sie werden von der Ehre, für sich betrachtet zu werden, dazu herabgesetzt, in dem geistigen Betrieb lebendigen Inhalts in dem Erschaffen und Auswechseln der darauf bezüglichen Vorstellungen zu dienen..." (S. 23)
Der erste grundsätzliche Fehler hinsichtlich der Mittel­Vorstellung von der Logik ist die Gedankenlosigkeit, nicht zu bedenken, dass Ausdrücke die "Mittel" oder "Gebrauch der Kategorien" und die Trennung von "Inhalt" und "Form" selbst logische Bestimmungen und Verhältnisse sind. Alle Räsonnements, vermittels derer die Logik zu einem Mittel gemacht werden soll, enthalten selbst logische Voraussetzungen. Es kann nicht die Logik insgesamt unter eine der logischen Bestimmungen gesetzt werden. Wenn also jemand behauptet, dass die Logik nur mit den Formen des Denkens zu tun habe, so ist demgegenüber festzuhalten, dass die Trennung von Form und Inhalt selbst eine logische Angelegenheit ist (die auf diese Weise freilich schlecht gelöst ist).
Hegel geht dann auf die drei Teile der formalen Logik ein:
die Begriffslogik, d.h. Vorstellungslogik,
die Urteilslogik und
die Schlusslogik,
und gibt an, wie die Logik der gewöhnlichen Ansicht nach auf dreifache Weise dienen soll:
Die Kategorien sollen als Abbreviaturen durch ihre Allgemeinheit dienen, als sogenannte Begriffe. Hegel kritisiert hier die Auffassung, dass Begriffe Abkürzungen seien. Liebrucks sagt, dass Hegel hier zum Ausdruck bringt, dass, solange wir Begriffe als blosse Abbreviaturen ansehen, wir uns in einem logischen Schlaf befinden. Der Begriff als Abkürzung aufgefasst ist der abstrakt­allgemeine Begriff oder der Verstandesbegriff. Z.B. früher und mittlerer Platon. Der Verstandesbegriff ist die Abkürzung für alles, was unter ihn zu subsumieren ist. Immer wenn der Begriff als abstrakt­allgemeiner gefasst wird, kommt man zu einer 2­Welten­Theorie: einerseits die Begriffe in ihrer abstrakten Allgemeinheit, andererseits das äusserliche Dasein als unendliche Menge von Einzelheiten. Die Tätigkeit des Verstandes ist es, die einzelnen Dinge unter Verstandesbegriffe zu subsumieren. So aber kommt man nur zu Abstrakta, was sich auch daran zeigt, dass es so ein äusserliches Dasein gibt, ein solches, welches ausser den Begriff fällt. Äusserliches Dasein und Abstrakt­Allgemeines stehen nebeneinander und gehören untrennbar zueinander. Gegenwärtig drücken sich viele "Philosophen" so aus, dass in jeder Position der Tradition ein "irrationaler Rest" bleibt, den der Begriff nicht erreicht. Dieser ist nichts anderes als das äusserliche Dasein. Wenn man den Begriff als abstrakten fasst, dann ist es ganz notwendig, dass ihm das bloss Besondere gegenübersteht. Indem aber der Begriff konkret gefasst wird, gibt es beide Extreme für sich nicht mehr. Es bleibt kein äusserliches Dasein mehr. Es ist nicht zufällig, dass Hegel hier wiederholt von "Vorstellung" spricht. Hegel bezeichnet den "Begriff" der formalen Logik nicht als "Begriff", sondern als "Vorstellung".
Anmerkung über den Idealismus (S. 172): Die Vorstellung ist das unmittelbare Fürunssein von was auch immer. Vorstellung ist das unmittelbare Aufnehmen irgendeines Äusseren in unsere Innerlichkeit. Der Inhalt bleibt sich dabei gleich, wird nicht gedacht. So, wie er aussen war, ist er nun innen. Im Unterschied dazu hebt der Begriff das Nebeneinanderstehen der Vorstellung auf. Kant hat schon darauf hingewiesen, dass Begriff "Begreifen" heisst, als Tätigkeit aufzufassen ist.
"Der Satz, dass das Endliche ideell ist, macht den Idealismus aus."
Sowohl vorstellend als auch denkend sind wir Idealisten. Auch im Vorstellen wird das Endliche aufgehoben, aber nur auf subjektive Weise, während das Denken oder Begreifen auf absolute Weise idealistisch ist.
Der subjektive Idealismus behauptet, dass alles, was wir vor uns haben, an sich nichts Objektives ist, sondern nur unsere Vorstellung. Was ist, ist unsere Vorstellung. Der Inhalt des Gegenstandes bleibt sich hier immer gleich. Z.B. Der Apfel wird aufgelöst in die Impressionen, die wir von ihm haben: seine Farbe, sein Geschmack, etc. Das Sein des Gegenstandes, so wird hier behauptet, besteht nicht in seiner Objektivität, sondern in seinem Perzipiertwerden. Der Inhalt bleibt sich gleich. Der subjektive Idealismus ist nur vorstellend. Die Form seines Inhalts ist dessen unmittelbares Fürunssein. Dass dieser Inhalt subjektiv ist, ist ihm selbst äusserlich.
Im absoluten Idealismus stellt sich der Inhalt selbst als sich aufhebender dar. Im absoluten Idealismus ist der endliche Inhalt selbst ideell. Jedes Gegebene wird an ihm selbst als endlich aufgezeigt. In der Hegelschen Logik wird aufgezeigt, dass jede endliche Kategorie sich selbst widerspricht und daher nur als Moment Bestehen hat.
"Objektiven Idealismus" gibt es bei Hegel nicht. Der Sache nach kann es neben dem subjektiven und dem absoluten Idealismus keine dritte Form geben. Die Formen des Idealismus ergeben sich aus den unterschiedlichen Interpretationen des Satzes "Das Endliche ist ideell": ist das Endliche nur für uns ideell (subjektiver Idealismus) oder ist es dies an ihm selbst (absoluter Idealismus).
"In der Tat ist der Geist der eigentliche Idealist überhaupt."
Der Geist verhält sich nie als Ding zu Dingen. Der Geist hebt immer die Objektivität der Gegenstände auf, nimmt sie in sich auf. Der Geist ist immer "vermeinigend", und zwar in allen Formen. Der subjektive Idealismus geht nur auf die Form der Vorstellung, nach der ein Inhalt der meinige ist. Die Subjektivität wird als die einzig wahrhafte Form des Inhalts behauptet, wobei dies den Inhalt selbst nicht betrifft. "Solcher Idealismus ist formell, indem er den Inhalt des Vorstellens oder Denkens nicht beachtet..." Der Sache nach kann es hier nur Vorstellen geben. Der Inhalt bleibt hier ganz in seiner Endlichkeit - und es ist für den Inhalt gleichgültig, ob er als subjektiver oder als objektiver angesetzt wird. Aus diesem Grund ist der subjektive Idealismus dem naiven Realismus gegenüber kein besonderer Fortschritt: der Inhalt ist derselbe. Inhalt und Form sind hier getrennt, und man meint, wo die Form des Objektiven in das Subjektive überführt worden ist, wäre das Endliche schon als ideell aufgezeigt. Die gesamte Hegelsche Logik zeigt, dass das so nicht geht ("Es ist mit solchem Idealismus nichts verloren ... und es ist nichts mit ihm gewonnen).
Das Fortschreiten vom subjektiven zum absoluten Idealismus ist notwendig. Jeder Inhalt muss an sich selbst als endlich aufgezeigt werden.
Kategorie und Denkbestimmung verwendet Hegel gleichbedeutend. In der Einleitung spricht Hegel manchmal von "Bestimmungen" als "Denkbestimmungen". "Bestimmung" ist aber eine bestimmte Kategorie des Seins, nämlich des Daseins. (Bei Kant ist "Kategorie" ein anderes Wort für "Verstandesbegriff".) "Denkform" verwendet Hegel ganz selten, weil es zu sehr an die Vorstellung, dass das Denken als das der Logik nur die Form, nicht aber den Inhalt betrifft, erinnert.
Urteils- und Schlusslogik: Hegel bestimmt das Schliessen der formalen Logik als einen Hauptgebrauch des Verstandes. (In der Tradition galt die Vernunft als das Vermögen des schliessens und der Verstand als das Vermögen des urteilens). Dass Hegel das so macht, ist ganz richtig. Es ist insgesamt festzuhalten, dass die formale Logik eine Urteilslogik ist. Auch das formallogische Schliessen ist blosse Verstandestätigkeit. Formallogisch ist das Schliessen nur ein weiteres Kombinieren von Urteilsformen. Grundlegend ist formallogisch immer das Urteil, weshalb Hegel diese beiden Disziplinen der formalen Logik hier zusammen abhandelt. Bei Hegel wird in der Logik der Subjektivität nicht der Schluss vom Urteil her vorgestellt, sondern das Urteil vom Schluss her gedacht.
Wozu dient die formale Logik noch? "..teils zur näheren Bestimmung und Findung der gegenständlichen Verhältnisse, wobei aber Gehalt und Zweck, die Richtigkeit und Wahrheit des sich einmischenden Denkens ganz von dem Vorhandenen selbst abhängig gemacht ist und den Denkbestimmungen für sich keine inhaltbestimmende Wirksamkeit zugeschrieben wird."
Die Formulierungen hier sind sehr genau bzw. absichtlich ungenau. "Richtigkeit und Wahrheit" können nicht nebeneinander stehen. Richtigkeit ist die Übereinstimmung eines Inhalts mit unserer Vorstellung von ihm. Wahrheit ist die Übereinstimmung eines Inhalts mit sich selbst. Auch hier haben wir wieder den Unterschied von Vorstellung und Begriff oder von subjektivem und absolutem Idealismus; hier aber hinsichtlich des Zieles dieser Tätigkeiten ausgesprochen.
"Realität" bringt zum Ausdruck, dass etwas, das wir vor uns haben, als ein solches Gegebenes sein soll. Der Gegenstand soll selbständig sein. "Wirklichkeit" heisst in der Logik etwas anderes. Wirklich ist nicht das unmittelbar Gegebene. Dass alles, was wirklich ist, vernünftig ist, (Vorrede zur Rechtsphilosophie), heisst nicht, dass alles, was real ist, dass alles unmittelbar betrachtet vernünftig ist. Wirklichkeit ist eine spätere Bestimmung, die den Idealismus immer schon voraussetzt. Wirklich ist nur Wahres, also solches, das mit sich übereinstimmt. Die Realität ist eine Bestimmung der Daseinslogik. Die Anmerkung über den Idealismus steht am Ende der Daseinslogik. Dort ist über den Realismus schon hinausgegangen. Hegel kann den Realismus dort kurz abfertigen, weil er vorher schon bewiesen hat, dass ein bloss Gegebenes unselbständig ist, dass es ein bloss Gegebenes nicht gibt.
"Nähere Bestimmung und Findung der gegenständlichen Verhältnisse": in dieser Formulierung wird der naive Realismus oder der subjektive Idealismus der formalen Logik zum Ausdruck gebracht. Formallogisch wird das "Finden" so vorgestellt, dass das Wahre schon fix und fertig herumliegt. Der Inhalt hat Bestehen für sich und wird vom Denken nur in Urteils- oder Schlussformen gebracht. Die Inhalte, logisches Subjekt und logisches Prädikat im Urteilen oder die drei Begriffe im Schluss, werden logisch selbst nicht hervorgebracht, sondern vorausgesetzt.
An diesem Punkt liegt auch der entscheidende Fortschritt der transzendentalen Logik Kants gegenüber der bloss formalen Logik. Die transzendentale Logik behandelt eben die Frage nach den Voraussetzungen der formalen Logik, nach demjenigen, welches dieser letzteren immer schon fertig ist.
Hier ist von "dem Vorhandenen selbst" die Rede. Dieses gibt es aber nicht, sondern nur unter der Voraussetzung der Trennung von Form und Inhalt sowie des Vergessenhabens dieser Trennung als Trennung kann der Inhalt als etwas Selbständiges gelten. Da den Denkbestimmungen für sich keine inhaltbestimmende Wirksamkeit zugeschrieben wird, ist es ganz richtig, von einer "näheren" Bestimmung und Findung der gegenständlichen Verhältnisse zu sprechen. Es wird ganz richtig nicht von der "Bestimmung" der gegenständlichen Verhältnisse gesprochen, bei welcher Formulierung man daran denken könnte, dass der Verstand die gegenständlichen Verhältnisse hervorbringt (Kant), sondern es soll diese Verhältnisse schon als gegenständliche geben. Man macht hier die Voraussetzung, dass wir etwa die Kausalität sehen.
Die formale Logik trennt zwischen
Mittel und Zweck und zwischen
Form und Inhalt.
Es ist von vornherein so, dass die Trennung zwischen Mittel und Zweck die Trennung von Form und Inhalt mit sich bringt und umgekehrt. Die Trennung von Form und Inhalt hat zur Folge, dass "das Denken überhaupt zu etwas den anderen geistigen Bestimmungen Untergeordnetem gemacht" wird. Das ist von der Position der formalen Logik her gesprochen, die Hegel hier beschreibt; es gibt nicht "andere geistige Bestimmungen" neben dem Denken.
"...und wenn ihnen in wissenschaftlicher Reflexion das Verhältnis, als Mittel zu dienen, im Geiste angewiesen wird..."
Indem es der Geist ist, der diese Anweisung vornimmt, widerspricht er sich damit selbst. Das Tun des Formallogikers widerspricht notwendig dem, was er zum Ausdruck bringt. Wenn es so wäre, dass das Denken ein anderen geistigen Beschäftigungen Untergeordnetes wäre, dann gäbe es keine wissenschaftliche Reflexion. Diese Position ist von vornherein relativistisch, eben weil nicht die Logik als Zentrum des Denkens angesetzt wird.
Hegel geht dann auf das Verhältnis des Denkens zu den sogenannten anderen geistigen Bestimmungen ein. Das Denken ist das Substantielle des Empfindens, Wollens usw. Der Mensch ist seinem Begriff nach Denken. Die Gefühle, Triebe, Leidenschaften und Interessen sind Formen des Denkens in seiner Unmittelbarkeit. Sie sind Denken, das sich nicht als Denken durchsichtig ist.
Hegel weist darauf hin, dass wir nicht einmal von den unmittelbaren Formen des Denkens sagen, dass sie uns als Mittel dienen, sondern es ist vielmehr so, dass wir ihnen als Mittel dienen. Umsoweniger können wir hinsichtlich des Denkens sagen, dass es ein Mittel wäre. Dabei stellt sich die Frage, wem denn die Gefühle, Triebe, Leidenschaften oder das Denken als Mittel dienen sollen. Das Denken als Subjekt ausgedrückt ist das "Ich".
"Dergleichen Bestimmungen des Gemüts und Geistes zeigen sich uns bald als besondere im Gegensatze gegen die Allgemeinheit, als die wir uns bewusst werden, ..."
Der Mensch muss sich immer als ein Allgemeines ansehen, z.B. wenn er die Reflexion anstellt, dass er denkt und auch Leidenschaften hat. Denken und Leidenschaften sind für ihn unterschieden, und indem sie für ihn sind, ist er ihre Einheit. Er ist das Allgemeine dieser beiden Besonderen. Dieses Allgemeine ist das Denken. Die Denkformen durchziehen alle sogenannten Vermögen - die Vermögen haben keine Selbständigkeit gegen das Denken. Als Selbständige gibt es die Vermögen nicht. Sie sind nur als Momente des Denkens. Nicht die Denkformen dienen uns, sondern sie haben uns im Besitz.
"Was ist uns übrig gegen sie, wie sollen wir, ich mich als das Allgemeine über sie hinausstellen, sie, die selbst das Allgemeine als solches sind?"
Hier ist der Widerspruch der formalen Logik ausgesprochen, dass diese, wenn sie das Denken zu einem Mittel erklärt, nicht bemerkt, dass "Mittel" ein Gedanke ist und somit eine logische Bestimmung. Es gibt nichts, was über die Logik hinaus wäre.
Das gilt nicht nur subjektiv, sondern noch mehr objektiv. Nicht nur der Mensch geht nicht über das Denken hinaus, sondern auch die Dinge nicht. Hegel definiert auf Seite 25 das Ding als einen Komplex von Denkbestimmungen. Etwas, das begrifflich nicht fassbar ist, gibt es nicht - wer so etwas behauptet, widerspricht sich damit unmittelbar, denn indem er es ausspricht, hat er es begrifflich gefasst, nämlich als etwas begrifflich nicht fassbar sein Sollendes. Wer sagt, dass Gott nicht definiert werden kann, hat Ihn damit als das Undefinierbare definiert, was allerdings eine sehr schlechte Definition Gottes ist. Es gibt nichts neben dem Denken. Denken ist Erkenntnis seiner selbst und seines Anderen (Platon`s Charmides). Das gilt subjektiv wie objektiv. Subjektiv: Mit jedem Satz beweisen wir, dass es nichts neben dem Denken gibt. Auch im Abwägen der Gefühle und Leidenschaften gegeneinander beweist man, dass das Denken die Wahrheit der Gefühle und Leidenschaften ist. Das Denken ist das Denken seiner selbst und des ihm Anderen. Objektiv:
"Oder ebenso, wenn wir von den Dingen sprechen wollen, so nennen wir die Natur oder das Wesen derselben ihren Begriff, und dieser ist für das Denken..."
Hier ist noch nicht genau zwischen "Natur", "Wesen" und "Begriff" unterschieden, was aber an dieser Stelle auch noch nicht notwendig ist. So wie der Begriff dem Menschen innerlicher ist als sein Gefühl oder seine Meinung, so ist er auch den Dingen innerlicher als sie es in ihrer Besonderheit sich selbst sind. Ein Ding ist ein Komplex von Denkbestimmungen, ein bestimmtes Verhältnis von Begriffen zueinander, eine Einheit von Denkbestimmungen. Wer vom "irrationalen Rest" spricht, macht damit etwas zu einer Gedankenbestimmung, zu einer schlechten allerdings.
"Insofern also das subjektive Denken unser eigenstes, innerlichstes Tun ist und der objektive Begriff der Dinge die Sache selbst ausmacht, so können wir aus jenem Tun nicht heraus sein, nicht über demselben stehen, und ebensowenig können wir über die Natur der Dinge hinaus."
Hegel spricht hier von subjektivem und objektivem Denken. Parmenides: "Dasselbe ist Denken und Sein." Das "Dasselbe" des Denkens und Seins ist wiederum das Denken. Deswegen stellen sich Denken und Sein als subjektives und objektives Denken dar. Wir haben nicht einerseits das subjektive Denken und andererseits das objektive Denken, denn das Wissen um ein solches Nebeneinander muss ja jemand haben. Hegel sagt, dass wir von der Bestimmung absehen können, dass wir nicht über den Begriff der Dinge hinaus können (im Unterschied dazu, dass wir hinsichtlich unserer selbst nicht über das Denken hinaus sein können), weil die Sache für uns nichts anderes als unser Begriff von ihr sein kann. Damit ist die Abbildtheorie kurz und bündig abgefertigt. Die Abbildtheorie meint, dass wir eine Sache haben, und diese ist dann das Kriterium für unsere Begriffe von ihr. Diese Sache aber ist nichts anderes als unser Begriff von ihr. Wir haben nicht die Sache für sich und dann unsere Begriffe von ihr, sondern wir haben "nur" unsere Begriffe. Darum kann es nicht ein subjektives Denken neben einem objektiven Denken geben. Eine Trennung in Real- und Idealdialektik (Marxismus) kann es nicht geben, eine solche, bei der vorgestellt wird, dass es eine objektive Sache gibt, die sich für sich "begrifflich" entwickelt, und daneben spielt sich dann die Entwicklung des subjektiven Denkens für sich ab. Sondern: Indem logisch korrekt gedacht wird, ist die Entwicklung der Gedankenbestimmungen ohnehin schon objektiv. Die Abbildtheorie sagt, dass es ein Schlecht­Objektives gibt, das Kriterium des Denkens ist. Hegel antwortet darauf, dass das Schlecht­Objektive das Schlecht­Subjektive ist, der blossen Meinung angehört.
Hegel bringt dann eine Kant­Kritik an, die, obwohl sie hinsichtlich Kants ins Leere geht, der Sache nach richtig ist:
"Wenn die kritische Philosophie das Verhältnis dieser drei terminorum so versteht, dass wir die Gedanken zwischen uns und die Sache als Mitte stellen in dem Sinne, dass diese Mitte uns von den Sachen vielmehr abschliesst, statt uns mit denselben zusammenzuschliessen, so ist dieser Ansicht die einfache Bemerkung entgegenzusetzen, dass eben diese Sachen, die jenseits unserer und jenseits der sich auf sie beziehenden Gedanken auf dem anderen Extreme stehen sollen, selbst Gedankendinge und, als ganz unbestimmte, nur ein Gedankending, - das sogenannte Ding­an­sich der leeren Abstraktion selbst sind." (S.25f.)
Hegel verdeutlicht hier nochmals: Wenn sich jemand vorstellt, dass hier wir sind, dort die Dinge und dazwischen die Gedanken, dann können wir die Wirklichkeit nicht erkennen, wie sie wirklich ist. Diese Dinge aber wie dies ganze Vorstellungsmodellchen ist - freilich schlecht, aber doch - gedacht. Dass man Gott nicht erkennen könne, ist selbst eine Aussage, die Erkenntnisdignität beansprucht, und zwar hinsichtlich Gottes; es ist freilich eine ganz schlechte Vorstellung von Gott.
Inwiefern trifft das Kant nicht? Hegel schreibt so, als ob Kant ein Ontologe gewesen wäre (hier sind wir, dort die Sachen, dazwischen die Gedanken). Dass wir die Dinge nur als begrifflich (wie auch anschaulich) hervorgebrachte haben, sagt auch Kant. Hegel übersieht häufig, dass Kant nicht danach frägt, was die Dinge oder die Gedanken sind, sondern unter welchen Bedingungen wir Gegenstände erkennen können. Was sind die Bedingungen dafür, dass wir formallogisch Objektivität erreichen?, so frägt Kant. Er macht nur die falsche Voraussetzung, dass die formale Logik die adäquate ist. Von dieser ausgehend frägt er nach den Bedingungen ihrer Erkenntnisdignität. In den Rahmen dieser Bedingungen gehört das "Ding­an­sich". Kant behauptet nicht, dass es das "Ding­an­sich" gibt, sondern er braucht im Rahmen der Ableitung der Bedingungen der Möglichkeit der Erkenntnis von Gegenständen ein "Dawider" oder ein Gegenüber der bloss formellen Denktätigkeit. Er muss hier ein Objektives ansetzen, welches dafür zuständig ist, dass unsere Denktätigkeit nicht ins Leere denkt. Liebrucks: "Das Ding­an­sich ist der aus transzendentalen Gründen als transzendent gesetzte Gegenstand." Wenn wir ein Schlecht­Subjektives annehmen - und das ist die formale Logik -, dann brauchen wir auch ein Schlecht­Objektives (das Ding­an­sich). Hegels Kritik geht insofern ins Leere, als Kant das beste aus der formalen Logik gemacht hat, was daraus zu machen ist. Wenn man an der formalen Logik festhält, dann kommt man nur Kantisch zu Gegenständen, sonst überhaupt nicht. Es dürfte einem Kantianer mit leichter Mühe gelingen, die Hegelsche Kritik hier zurückzuweisen. Man kann insgesamt sagen, dass Hegels Bemerkungen zu Kant in der Seinslogik ungeeignet sind, Kant zu überwinden. Die wahrhafte Auseinandersetzung findet erst im 2. Band der Logik statt. Die "Kantkritik", wie sie hier in der zweiten Vorrede auftritt, widerlegt jeden ontologischen Dualismus (hier das Denken, dort die Dinge).
Parmenides: "Dasselbe ist Denken und Sein." Das "Dasselbe" ist das Denken. Das Denken ist es selbst und sein Anderes. Das Denken steht nicht neben dem Sein. Das Sprechen von Denken und Sein setzt eine Instanz voraus, die diese beiden Momente umgreift. Es muss etwas geben, für welches Denken und Sein sind - sonst könnten wir die beiden nicht gegeneinander stellen und eine Vermittlung zwischen ihnen suchen. Als nächstes stellt sich die Frage: Ist diese Instanz eines der beiden oder ein Drittes? Bei jedem Gegensatz ist es so, dass eines der Entgegengesetzten es selbst und sein Anderes ist. Warum? Gesucht ist immer die Einheit beider, das, für welches beide eins sind. Setzt man ein Drittes als Einheit an, so bleiben die Entgegengesetzten selbständig. Die "Einheit" ist dann nur ein "Und" oder "Auch" und die Entgegengesetzten stehen nebeneinander, wie sie beide als Entgegengesetzte neben ihrem "Und", neben ihrer äusserlichen Einheit, dem Dritten, stehen. Nur ein Nebeneinander in einem Kübel ist so erreicht. In einem Kübel hat aber das Denken von vornherein keinen Platz, höchstens das Vorstellen. Zum anderen ist das Denken keine Modifikation eines Dritten (etwa des Lebens).
Im fünften Absatz spricht Hegel aus, dass die Trennung von Mittel und Zweck notwendig zur Trennung von Form und Inhalt führt. Diese beiden Trennungen regieren die formale Logik.

Vorlesung Logikkreis vom 17. Mai 1996

Hegel setzt sich in der zweiten Vorrede mit zwei Trennungen, die die formale Logik regieren, auseinander, nämlich mit der Trennung von
1. Zweck und Mittel und
2. Inhalt und Form.
Diese beiden Trennungen charakterisieren die formale Logik. Sie stehen nicht nebeneinander, sondern die grundlegendere ist die von Zweck und Mittel. Die Trennung von Form und Inhalt ergibt sich aus der Trennung von Mittel und Zweck. Zweck und Mittel ist die reichere Kategorie. Der Trennung von Form und Inhalt ist die Trennung von Zweck und Mittel vorausgesetzt. Das ist der grundlegende Fehler der formalen Logik, dass sie Zweck und Mittel trennt. Gewöhnlich wird das nicht in die Reflexion aufgenommen. Gewöhnlich setzt man voraus, dass die Trennung in Form und Inhalt eine ursprüngliche ist. Man sieht nicht, dass die Genesis dieser Trennung die Verselbständigung des Mittels ist. Hegel zeigt auf, dass ein Mittel nichts Ursprüngliches ist. Es gibt kein fürsichseiendes Mittel. Ein Mittel ist kein Seiendes, sondern ein Gesetztes. Erst indem wir Zweck und Mittel trennen, entsteht uns ein Mittel, ein Nützliches, ein solches, das nur als für ein Anderes ist.
Zur Verdeutlichung ein Beispiel: Der Unterschied zwischen Organischem und Anorganischem. Im Organischen sind Zweck und Mittel nicht getrennt. Alles Lebendige ist als Selbstzweck zu fassen, als sich selbst Bewegendes. Wir haben hier die Form zweimal: einmal als bestehende und einmal als sich bewegende. Diese zwei, die Form und Inhalt sind, wie sie das Lebendige ausmachen, sind nicht äusserlich gegeneinander. Im Lebendigen sind weder Form und Inhalt noch Zweck und Mittel getrennt. Indem die grundlegende Trennung von Zweck und Mittel eingeführt wird, tritt auch die Trennung von Form und Inhalt ein. Ein Baum wird als Mittel interpretiert. An sich, von sich selbst her, ist der Baum Selbstzweck, sich selbst Bewegendes. Technisch aber wird er als Mittel betrachtet. Sein Zweck ist dann zum Beispiel ein Tisch. Damit haben wir zugleich mit der Äusserlichkeit von Zweck und Mittel die Äusserlichkeit von Inhalt und Form eingeführt. Der Inhalt des Baumes als blosser Inhalt fixiert ist das Holz und ist somit nicht mehr ein sich selbst Bewegendes. Sich selbst bewegend wird der Baum nicht zu einem Tisch. Die Trennung von Zweck und Mittel führt notwendig zur Trennung von Form und Inhalt.
Entsprechendes haben wir in der formalen Logik. Aus der Voraussetzung, dass die Logik etwas Ruhendes sei, das als Mittel, als Werkzeug eingesetzt werden können soll, folgt notwendig die Äusserlichkeit von Inhalt und Form.Eine ruhende Form widerspricht ihrem Begriff. Das ist ein wichtiger Punkt. Man darf nicht, wie dies in der Tradition geschehen ist, mehrere Formbegriffe nebeneinander ansetzen: die Form als nur das Äussere an einem Inhalt, die Form als Seele (forma corporis) und als Geist (forma formarum) stehen nicht nebeneinander. Das ist von vornherein unmöglich, weil der Begriff einer Sache - so hier der der Form - immer einer ist. Es ist in der Logik durchgehend zu sehen, dass die Form als äussere Form, als an einem Inhalt seiend, als ruhend, ihrem Begriff widerspricht, denn indem sie als ruhend gefasst wird, ist vorausgesetzt, dass sie etwas ist, das eine Form hat. Sobald die Form als ruhend gefasst wird, ist sie zum Inhalt gemacht worden. Sie unterscheidet sich dann nicht mehr vom Inhalt. Immer, wenn versucht wird, untrennbare Bestimmungen gegeneinander zu fixieren, fallen sie zusammen.
Am Ende der Daseinslogik wird der Unterschied zwischen subjektivem und absolutem Idealismus (oder der Unterschied zwischen Vorstellen und Denken) erklärt. Dieser Unterschied ist auch entscheidend für die unterschiedlichen Logikauffassungen. Hegels Vorwurf an die formale Logik ist der, dass sie nur vorstellt. Der subjektive Idealismus ist dadurch charakterisiert, dass er daran festhält, dass alles, was ist, darin begründet ist, dass es vorgestellt wird. Das Sein des Gegenstandes ist sein Vorgestelltwerden, sein Wahrgenommenwerden. Im absoluten Idealismus ist das Sein des Gegenstandes sein Gedachtwerden. Im subjektiven Idealismus geht es nur darum, dass das, was ist, für ein Bewusstsein ist. Der Inhalt dessen, was für ein Bewusstsein ist, ist gleichgültig, wird nicht betrachtet - etwa ob der Inhalt endlich oder unendlich ist. Der absolute Idealismus, das Denken, betrachtet den Inhalt selbst, inwiefern er endlich ist, und hebt ihn als solchen auf. Das gilt insgesamt für den Unterschied zwischen der Hegelschen Logik und allen anderen Logiken, wobei die vorstellende Logik durch die beiden oben dargestellten Trennungen charakterisiert ist.
S. 24: In der "Begriffslogik" der formalen Logik gelten die "Begriffe" (der Sache nach sind das Vorstellungen) als "Abbreviaturen durch ihre Allgemeinheit". Hegel spricht ganz richtig von Vorstellungen, da die "Begriffe" der formallogischen "Begriffslogik" nur abstrakt­all-gemeine Bestimmungen sind. Die Tätigkeit des Formallogikers ist das Subsumieren. Z.B. Freiheit: Was gehört alles dazu? Eine "unendliche Menge von abstrakten Einzelheiten des äusserlichen Daseins" tritt der "Abbreviatur" gegenüber. Man kann allgemein sagen, dass, indem ein Abstraktum angesetzt wird, sofort das entgegengesetzte hinzutritt. Das Subsumieren ist eine bloss technische Angelegenheit.
Das begreifende Vorgehen haben wir zum Beispiel in der Hegelschen Rechtsphilosophie vor uns. Wenn man diese in ihrer Gänze überblickt, so bleibt die Freiheit weder eine Abbreviatur, noch bleibt ein einzelnes, äusseres Dasein der Freiheit, sondern indem die Freiheit als Einheit von Allgemeinem und Besonderem gefasst wird, werden Allgemeines und Besonderes als Abstrakta aufgehoben, verlieren sie ihre Selbständigkeit. Ebenso ist es in der Ästhetik: am Anfang scheint das Schöne, die Grundbestimmung der Ästhetik, ein Abstrakt­Allgemeines zu sein, unter welches alle möglichen Kunstformen als diesem Abstrakten äusserlich subsumiert werden können und müssen. Dann aber wird der Begriff des Schönen konkretisiert. Die einzelnen Kunstformen werden als sukzessive Stufen der Verwirklichung des Schönen selbst entwickelt. Der entscheidende Punkt ist der, dass, indem wir ein Abstraktum ansetzen, das entgegengesetzte dazukommt. Geht man über dieses erste Abstraktum hinaus, gibt es auch das entgegengesetzte nicht mehr. Der Begriff der Freiheit wird so weit entwickelt, bis ihm nichts (zu Subsumierendes) mehr gegenübersteht. Das gilt für alle Begriffe.
Nach der Behandlung der formallogischen "Begriffslogik" spricht Hegel über deren "Urteils- und Schlusslogik". Es geht der formalen Logik um die "nähere Bestimmung und Findung der gegenständlichen Verhältnisse, wobei aber Gehalt und Zweck, die Richtigkeit und Wahrheit des sich einmischenden Denkens ganz von dem Vorhandenen selbst abhängig gemacht ist und den Denkbestimmungen für sich keine inhaltbestimmende Wirksamkeit zugeschrieben wird".
Diese Formulierung gibt das Selbstverständnis der formalen Logik, auch wie sie in der Gegenwart betrieben wird, ganz ausgezeichnet wieder. Die Bestimmung und Findung der gegenständlichen Verhältnisse ist eine nähere. Von Kant her müsste man das "nähere" wegstreichen. Bei Kant ist es so, dass im Urteilen erst der Gegenstand als bestimmter erstellt wird - der Gegenstand ist nicht von vornherein da. In der vorkantischen Logik wird vorgestellt, dass die Dinge schon fertig sind und es nur darum geht, etwas Zusätzliches über sie zu sagen.
Das Verhältnis zwischen dem Denken und anderen sogenannten Vermögen des Menschen wurde das letzte Mal schon ausführlich dargestellt. Das Denken ist kein Vermögen.
S. 26: Hegel befasst sich hier mit der Trennung von Form und Inhalt. "Die uns alle Vorstellungen, Zwecke, Interessen und Handlungen durchwirkende Tätigkeit des Denkens ist, wie gesagt, bewusstlos geschäftig (die natürliche Logik); was unser Bewusstsein vor sich hat, ist der Inhalt, die Gegenstände der Vorstellungen, das, womit das Interesse erfüllt ist."
Es geht Hegel darum zu zeigen, wie es zu den inadäquaten Vorstellungen von der Logik kommt. Philosophie darf nie etwas einfach als falsch aburteilen, sondern muss immer zeigen, wie es zu diesem Fehler kommt. Hier also: Wie kommt es dazu, dass wir gewöhnlich die logischen Formen als nicht inhaltbestimmend, sondern als nur an einem Inhalt seiend ansehen? In diesem Zusammenhang erklärt Hegel den Unterschied zwischen der natürlichen, bewusstlos geschäftigen Logik einerseits und der sich wissenden Logik andererseits. Unmittelbar können wir nur bei Abstrakta sein. Wäre es so, dass wir unmittelbar über die Äusserlichkeit von Inhalt und Form und andere inadäquate Vorstellungen hinausgehen könnten bzw. immer schon über dieselben hinausgegangen wären, dann wäre die Wahrheit ein Unmittelbares, ein Ding. Alles, was wir unmittelbar fassen, fassen wir als ein Ding, als ein Abstraktum. Die Notwendigkeit der natürlichen Logik ergibt sich auch aus dem Verhältnis zwischen Denken und den sogenannten Vermögen. Diese sind Formen des unmittelbaren Denkens. Wir können sagen, dass wir etwa empfindend, anschauend usw. unmittelbare Logik betreiben. Entscheidend ist, dass wir im Denken über die Logik als natürliche hinausgehen. Der Grund, warum wir nicht unmittelbar bei der Wahrheit sind, ist, dass die Wahrheit nichts Unmittelbares ist.
S. 26: Der Begriff der Sache ist "das in ihr selbst Allgemeine". Hegel bringt hier zum Ausdruck, dass es das bloss Besondere nicht gibt. Was ist, ist in ihm selbst Allgemeines. Es gibt nichts, das nicht verständig, negativ­vernünftig und positiv­vernünftig ist.
Hegel geht dann in Zusammenhang mit der Begriffsbestimmung des Menschen und des Dinges auf den Unterschied zwischen dem Urteil der Notwendigkeit und dem blossen Prädizieren (Bestimmungen zuschreiben) ein. Hier kann man gut den Nominalismus bzw. Relativismus der formalen Logik sehen. Formallogisch ist es so, dass eine Definition und eine blosse Beilegung eines Prädikats (akzidentelle Bestimmung einer Sache) ununterscheidbar sind, weil der Inhalt formallogisch nicht beachtet wird. Formallogisch können auch Namen das logische Subjekt ausmachen, was Hegel hier kritisiert.
"Die unerlässliche Grundlage, der Begriff, das Allgemeine, das der Gedanke, insofern man nur von der Vorstellung bei dem Worte "Gedanke" abstrahieren kann, selbst ist, kann nicht nur als eine gleichgültige Form, die an einem Inhalte sei, angesehen werden."
Formallogisch sind auch Begriffsbestimmungen (Definitionen) als nur an einem Inhalt seiend vorgestellt. Es ergibt sich, dass es den Inhalt, an dem sie sein sollen, nicht gibt und nicht geben kann. Hegel sagt hier, dass man von der Vorstellung bei dem Wort "Gedanke" abstrahieren muss. Die Vorstellung ist diejenige, dass der Gedanke ein bloss Subjektives ist. Diesem bloss subjektiv sein sollenden Gedanken steht das Ding, die sogenannte "Wirklichkeit", das Objektive gegenüber. Die kürzeste Widerlegung solcher Ansichten ist die, dass das Objektive selbst ein Gedachtes ist.Dass das Objektive selbst ein Gedachtes ist, wird in solchen Gegenüberstellungen von Subjektivem und Objektivem immer vergessen. Von der Vorstellung, dass der Gedanke ein bloss Subjektives wäre, ist zu abstrahieren. Das ist sehr leicht, wenn man eingesehen hat, dass sowohl Subjektives als auch Objektives Gedanken sind. Wer den Gedanken als bloss subjektiv fasst, streicht seine Voraussetzung durch, nämlich die gedankliche Unterscheidung zwischen Subjektivem und Objektivem.
In der Folge bringt Hegel populärere Auskünfte zu der sich wissenden Logik. Hegel verwendet die Formulierung "sich wissende Logik" nicht. S. 27: "Das instinktartige Tun unterscheidet sich von dem intelligenten und freien Tun dadurch überhaupt, dass dieses mit Bewusstsein geschieht."
Diese Erhebung vom instinktartigen zum intelligenten und freien Tun ist alle Philosophie, im Zentrum natürlich die Logik. Die Philosophie erfindet zum instinktartigen Tun nichts hinzu, sondern sie macht dieses bewusst und damit frei. Weil sie nicht bewusst ist, ist die natürliche Logik notwendig fehlerhaft. Da der Mensch Denken ist, ist kein Mensch nur natürlicher Logiker. Es gibt keinen Menschen, der sich die logischen Bestimmungen in keiner Weise zu Bewusstsein gebracht hätte. Trotzdem ist das gewöhnliche Vorgehen weitgehend ein natürlich­logisches. Da aber zumindest in einigen Punkten über die natürliche Logik hinausgegangen wird, werden diese Punkte verabsolutiert; es wird von diesen Punkten, auch wenn sie untergeordnete Bestimmungen sind, alles andere abgeleitet. Zum Beispiel wird in der formalen Logik die Ursprünglichkeit der Trennung von Form und Inhalt als "Anhalts- und Richtungspunkt" vorausgesetzt. Diese Anhaltspunkte "verdanken ihre Festigkeit und Macht eben dem, dass sie, vor das Bewusstsein gebracht, an und für sich seiende Begriffe seiner Wesenheit sind."
Das "für sich" ist hier zu betonen, denn an sich seiende Begriffe der Wesenheit des Geistes sind alle logischen Bestimmungen. Es geht hier darum, was für den Geist ist. Im natürlich­logischen Vorgehen werden manche Punkte (Ideologie einer Zeit) beleuchtet und verabsolutiert, weil sie die einzigen sind, deren der Mensch sich bewusst geworden ist. Es ist festzuhalten: Weder kann es jemanden geben, der nur natürlicher Logiker ist, noch jemanden, der unmittelbar sich wissender Logiker ist. Der Schritt vom natürlichen Logiker zum sich wissenden Logiker ist der Gang der Logik, der, formell betrachtet, dem Gang in der Phänomenologie des Geistes entspricht:
"Der wichtigste Punkt für die Natur des Geistes ist das Verhältnis nicht nur dessen, was er an sich ist, zu dem, was er wirklich ist, sondern dessen, als was er sich weiss."
Kurz gesagt: der Geist ist kein Ding. Auch unmittelbar ist der Geist immer sich wissend. Der Geist ist nicht an einem abstrakten Begriff von ihm zu messen, sondern an dem, was er von sich selbst weiss und aussagt.
S. 28: In der formalen Logik ist Wahrheit nicht erreichbar, sondern nur Richtigkeit. Hegel hält nochmals fest, dass sich das Trennen von Form und Inhalt "sogleich an sich selbst als ein zur Wahrheit, die als Gegenstand und Zweck der Logik angegeben wird, unangemessenes Verhalten" kundgibt. Hier kann man zunächst sagen, dass die Wahrheit gar nicht als Zweck der Logik angegeben wird. Der Formallogiker gibt zu, dass er nicht die Wahrheit erreichen will, sondern dass er nur die notwendigen, aber nicht hinreichenden Bedingungen der Wahrheit angeben will. Er untersucht nur, ob sich die Vorstellungen widersprechen: Wenn sie sich widersprechen, dann sind sie falsch; wenn nicht, dann ist damit noch nicht gesagt, dass sie wahr sind, sondern sie sind dann nur notwendige, aber nicht hinreichende Bedingungen der Wahrheit.
Man könnte gegen Hegel einwenden, dass er der formalen Logik etwas unterstellt, was diese selbst gar nicht behauptet. Allerdings wäre dieser Einwand gegen Hegel insofern falsch, als er festhält, dass eben mit der formallogischen Trennung von Form und Inhalt Wahrheit als Übereinstimmung von Begriff und Wirklichkeit überhaupt unerreichbar wird: "Denn so als blosse Formen, als verschieden von dem Inhalte, werden sie in einer Bestimmung stehend angenommen, die sie zu endlichen stempelt und die Wahrheit, die in sich unendlich ist, zu fassen unfähig macht." Das Trennen zwischen Form und Inhalt ist nicht so unschuldig wie man meinen könnte, sondern es ist von vornherein falsch, weil Wahrheit durch diese Trennung von notwendig und hinreichend verunmöglicht wird.
S. 28: "Die einfache Grundbestimmung oder gemeinschaftliche Formbestimmung der Sammlung solcher Formen ist die Identität, die als Gesetz, als A = A, als Satz des Widerspruchs in der Logik dieser Sammlung behauptet wird."
Zweimal ist hier von "Sammlung" die Rede. Die formale Logik kann ihren eigenen Regel nicht gerecht werden. Sie sammelt immer nur, leitet nicht ab, beweist nicht. Wenn man logisch vorgeht, kann man nicht einfach Formen sammeln. "Gemeinschaftliche Formbestimmung" bezeichnet das Äusserliche, das äussere Band, das "auch" und "und", das die formallogischen Bestimmungen verbindet. Hegel sagt dann, dass der Satz der Identität die Grundbestimmung der formalen Logik ist. Der Satz der Identität ist für jede Bestimmung der Logik entscheidend. Es ist nicht so, dass er wie er als entwickelt, als der Satz des Widerspruch, erst in der Wesenslogik auftritt. Formallogisch betrachtet ist bereits die erste konkrete Kategorie, das Werden, widersprüchlich. Blosse Identität (Gleichheit), so wie sie die formale Logik ausspricht, ist mit der Kategorie des Werdens bereits überwunden, nicht erst mit der Kategorie des Widerspruchs.
Ein Problem, auf das Hegel hier noch nicht näher eingeht, ist das Verhältnis zwischen den drei Grundsätzen der formalen Logik. Hegel spricht von "einfacher Grundbestimmung oder gemeinschaftlicher Formbestimmung der Sammlung solcher Formen." Indem nur gesammelt und nicht abgeleitet wird, kann es nicht eine einfache Grundbestimmung geben, sondern es gibt so notwendig mehrere Formen, die nebeneinander stehen. Schon für die Grundgesetze der formalen Logik stellt sich die Frage, wie das Verhältnis zwischen dem Satz der Identität und dem Satz des zu vermeidenden Widerspruch zu fassen ist. Fällt der Satz "A = A" zusammen mit dem Satz "A ist nicht Nicht­A"? Hegel hat nicht zufällig die Formulierung "A = A" für den Satz der Identität, wie ihn die formale Logik anführt, gewählt. Der Satz ist bereits die Formalisierung des Satzes der Identität. Man kann ihn sprachlich so formulieren, dass "alles mit sich identisch ist". Oder: "Dieses Bestimmte da ist mit sich identisch." Wenn man den Satz der Identität sprachlich ausdrückt, ergibt sich sofort das Problem, was das "mit sich" hier heissen soll. Sobald er formuliert wird, scheint der Satz der Identität vorauszusetzen, dass da zwei sind, die wohl miteinander identisch sind, trotzdem aber nicht zusammenfallen. Formallogisch ist es so, dass die Identität das Zusammenfallen bzw. die Gleichheit sein soll. Es ist notwendig, dass die formale Logik zur Formalisierung übergeht, weil sich in der Formulierung "A = A" das Problem nicht so unmittelbar zeigt wie in der sprachlichen Formulierung "Alles ist mit sich identisch". Natürlich bleibt das Problem auch in der mathematischen Formulierung aufrecht, weil sie ja ein Urteil sein soll. Es gibt keinen Satz, in dem nicht Subjekt und Prädikat unterschieden sind, zumindest als Subjekt und Prädikat. Es gibt die Tautologie nicht.
Der Satz des zu vermeidenden Widerspruchs besagt, dass es nicht möglich ist, dass ein und demselben Gegenstand zur selben Zeit und in derselben Hinsicht dasselbe zukommt und auch nicht zukommt. Kant lehnt diese Formulierung des Satzes des zu vermeidenden Widerspruchs ab (im Kapitel "Über den obersten Grundsatz aller analytischen Urteile"), weil die Bestimmung der Zeit in sie aufgenommen ist, die formale Logik aber zeitlos gültig sein muss. Entsprechend reformuliert Kant dann so:
"Keinem Dinge kommt ein Prädikat zu, das ihm widerspricht."
Das ist bei Kant der oberste Grundsatz aller analytischen Urteile. Man sieht hier, dass der Versuch, einen Grundsatz der formalen Logik konsequent zu formulieren, in der Sophisterei endet. Hier ist, um die Zeit zu eliminieren, die Voraussetzung gemacht, dass Prädikate Dingen widersprechen können. Seit wann können sie das, wie machen die Prädikate das denn? Wenn Kant den Satz korrekt formuliert hätte, so hätte er die Zeit wieder hereinnehmen müssen, etwa so: "Keinem Ding kommt ein Prädikat zu, das einem Prädikat, das dieses Ding schon hat, widerspricht." Die abstrakteste logische Grundlage der Zeit ist die Kategorie des Werdens. Im Gang der Logik wird auch die Bestimmung der Zeit entwickelt, treten immer neue Bestimmungen der Zeit auf. Hegel ist nicht der Auffassung, dass Zeit und Logik nebeneinander stehen. Wenn versucht wird, die Zeit aus der Logik auszuschliessen, so wird auch das Werden ausgeschlossen. Das entspricht dem, wie der Satz des zu vermeidenden Widerspruchs erstmals in der Geschichte aufgetreten ist. Bei Parmenides heisst es, dass es das Werden logisch nicht gibt, dass, was völlig richtig ist, Aufrechterhaltung des Satzes des zu vermeidenden Widerspruchs und abstrakte Negation des Werdens unmittelbar zusammengehören. Nun wird Hegel zeigen, dass es nichts gibt, das nicht Werden ist. Die formale Logik spricht mit logischer Notwendigkeit ausschliesslich über Dinge, die es nicht gibt. Das zeigt sich denn auch in ihren Formulierungsschwierigkeiten.
S. 29: "Über die Formeln auch, welche die Regeln des Schliessens [angeben], das in der Tat ein Hauptgebrauch des Verstandes ist, hat sich ... das ... Bewusstsein festgesetzt, dass sie gleichgültige Mittel wenigstens ebensosehr des Irrtums und der Sophisterei sind..."
Die formale Logik ist relativistisch, was sich etwa in ihrem Zusammennehmen von Definieren blossem Prädizieren zeigt. Das gilt auch für das Schliessen. Hegel bestimmt das Schliessen als Hauptgebrauch des Verstandes und nicht, wie traditionell, der Vernunft. Das Schliessen, so wie es sich formallogisch darstellt, ist gleichgültiges Mittel ebensosehr des Irrtums und der Sophisterei wie der Wahrheit und Richtigkeit. Alles formallogische Schliessen ist zirkulär und daher komplett von den vorgegebenen Inhalten abhängig. In der Schlusslogik zeigt Hegel, dass im formallogischen Schliessen nur der Schein einer Vermittlung stattfindet. In der Tat wird in der formalen Logik nicht geschlossen, sondern die Schlussfolgerung ist bereits in den Prämissen vorausgesetzt. Es ist nicht so, dass die Prämissen eines Schlusses formallogisch durch Prosyllogismen bewiesen werden müssen. Sondern: Das formallogische Schliessen ist immer zirkulär. Es ist nicht irgend etwas anderes für die Prämissen vorausgesetzt, sondern die Schlussfolgerung selbst.
"Gaius­Schluss":
Alle Menschen sind sterblich.
Gaius ist ein Mensch.
Also ist Gaius sterblich.
Das, was in der Conclusio steht, ist in der Prämisse "Alle Menschen sind sterblich" schon vorausgesetzt. Das gilt für alle formallogischen Schlüsse. Das, was geschlossen wird, ist komplett vom vorausgesetzten Inhalt abhängig. Das liegt an der Form des Schlusses selbst, nicht daran, dass wir den Inhalt der Prämissen noch weiter beweisen müssten.
Der entscheidende Punkt der zweiten Vorrede ist, dass eine passive Form keine Form ist. Wenn die Form als Inhalt gefasst wird, dann ist auch das Schliessen kein Schliessen, sondern nur der Schein einer Vermittlung.
Im siebenten Absatz erklärt Hegel das wahrhaft logische Vorgehen. Die Hegelsche Logik ist eine inhaltliche Logik, eine Logik, in der Form und Inhalt nicht getrennt sind. "Die Unvollständigkeit dieser Weise, das Denken zu betrachten, welche die Wahrheit auf der Seite lässt, ist allein dadurch zu ergänzen, dass nicht bloss das, was zur äusseren Form gerechnet zu werden pflegt, sondern der Inhalt mit in die denkende Betrachtung gezogen wird."
Der Satz ist zunächst nur Programm; es stellt sich die Frage, wie der Inhalt logisch behandelbar sein soll. Dass der Inhalt in die Logik einbezogen wird, ist nicht ein Einfall Hegels, sondern es ist das immer schon geschehen, weil es nicht möglich ist, nur die Form zu behandeln: "Es zeigt sich von selbst bald, dass, was in der nächsten gewöhnlichsten Reflexion als Inhalt von der Form geschieden wird, in der Tat nicht formlos, nicht bestimmungslos in sich sein soll", sondern "dass er vielmehr Form in ihm selbst, ja durch sie allein Beseelung und Gehalt hat."
Selbst wenn man versucht, Form und Inhalt zu trennen, zeigt sich, dass sowohl die Form als auch der Inhalt Einheit von Inhalt und Form ist; aber nicht so, dass das Aktive und das Passive gleichgültig nebeneinanderstehen, sondern so, dass die Form es ist, die "in den Schein eines Inhalts sowie damit auch in den Schein eines an diesem Scheine Äusserlichen umschlägt." Das "an diesem Scheine Äusserliche" ist die äussere Form. Hegel spricht hier kurz aus, dass der Ursprung von Form und Inhalt, wie sie nebeneinander zu stehen scheinen, die Form ist, und nicht ein Drittes zu Form und Inhalt hinzu. Das gilt für jeden Gegensatz: Eine der entgegengesetzten Bestimmungen ist zugleich deren Einheit. Die Form ist es, die sich in sich als tätig und als bestehend unterscheidet. Die Form als bestehende ist der Inhalt. Die Unmittelbarkeit der Form ist der Inhalt. Der Inhalt ist die Form, von deren Selbstbewegung abgesehen wird. Ein Inhalt für sich entsteht uns nur dort, wo wir von der Bewegung abstrahieren, wo wir davon abstrahieren, dass die Inhalte nichts Unmittelbares sind, sondern Produkte. Es gibt keinen ursprünglichen Inhalt für sich, sondern er ist nur Resultat seiner Genesis. Sein Entstehen ist die Form. Indem wir einen Inhalt fixieren, tritt die Form als dem Inhalt Äusserliches auf. Deswegen sagt Hegel, dass die Form es selbst ist, "die nur in den Schein eines Inhalts sowie damit auch in den Schein eines an diesem Scheine Äusserlichen umschlägt." Wenn irgendein Inhalt als ursprünglich gesetzt wird, wenn nicht gefragt wird, wie er logisch entstanden ist, ist die Form ihm äusserlich. Wenn wir einen Inhalt denkend betrachten, nehmen wir ihn nicht als Inhalt ernst, sondern als Produkt seiner Selbstbewegung.
Die Formulierung "inhaltliche Logik" ist insofern ungeschickt, weil sie dahingehend missverstanden werden könnte, dass zusätzlich zur formalen Logik noch eine inhaltliche Logik eingeführt wird.
Wenn die Logik eine inhaltliche sein soll, ergeben sich Probleme damit, was überhaupt Logik heissen soll. Deswegen hält Hegel hier fest, dass es nicht die Dinge sind, die in die logische Betrachtung eingeführt werden, sondern die Sache, der Begriff der Dinge: "Mit der Einführung des Inhalts in die logische Betrachtung sind es nicht die Dinge, sondern die Sache, der Begriff der Dinge, welcher Gegenstand wird." Die Logik nimmt keinen Inhalt als solchen ernst ("Zärtlichkeit für die Dinge"), sondern es geht um die Natur des Inhalts, die Seele des Inhalts, das Entstehen des Inhalts. Es gibt kein selbständiges Ding. Die Dinglichkeit ist immer Produkt. Dinge nimmt der Logiker nicht ernst; er nimmt nur die Sache ernst. Der Formallogiker hingegen hält sich an die Dinge und greift nur die äusseren Formen an ihnen auf.
"Hierbei kann man aber auch daran erinnert werden, dass es eine Menge Begriffe, eine Menge Sachen gibt." Die Logik ist der durchgehende Beweis, dass es nicht eine Menge von Begriffen gibt, sondern dass die Vielheit der Kategorien ein Schein ist. Das ergibt sich daraus, dass die Begriffe nicht Dinge sind, die nebeneinander stehen. Nebeneinander stehen nur Dinge, nicht aber Begriffe. Wir haben einen Begriff vor uns, der sich fortlaufend reicher bestimmt.
In der Hegel­Sekundärliteratur ist es zur Zeit Mode, von "Vorgänger-" und "Nach-folgebegriffen" zu schreiben. Man stellt sich vor, dass etwa das Werden ein Nachfolgebegriff des Seins und des Nichts wäre und bleibt beim Ausser- oder Nacheinander der Begriffe stehen und hat sie damit als Dinge aufgefasst.
Dass es falsch ist, dass es eine Menge von Begriffen gibt, steht ausdrücklich auf S. 29 unten: Ein Begriff ist "sogleich erstens der Begriff an ihm selbst, und dieser ist nur einer und ist die substantielle Grundlage; fürs andere aber ist er wohl ein bestimmter Begriff, welche Bestimmtheit an ihm das ist, was als Inhalt erscheint."
Jede Kategorie, die in der Logik auftritt, beansprucht, der Begriff, das wahrhaft Allgemeine zu sein. Es stellt sich nur die Frage, wie die Bestimmtheit, in der die Kategorie auftritt, sich zu dem wahrhaft Allgemeinen, zu dem Begriff, verhält. Dieses Verhältnis zwischen dem Begriff, das ist dem Begriff des Begriffes, und dem bestimmten Begriff, das ist der Begriff in seiner Wirklichkeit auf einer bestimmten Stufe der Entwicklung, das macht den Inhalt einer Kategorie aus. Es gibt nicht mehrere Begriffe nebeneinander. Jede Kategorie beansprucht, die Wahrheit zu sein. Daher kann Hegel sagen, dass jede Kategorie der Logik ein Gottesbegriff ist. An diesem ihrem Anspruch wird jede Kategorie gemessen, und es zeigt sich dann, dass beispielsweise das Sein nicht der wahrhaft allgemeine Begriff ist, dass dieser Begriff seinem eigenen Begriff nicht gerecht wird. Jeder Begriff wird von ihm selbst her interpretiert. Jeder Begriff beansprucht, der Begriff zu sein. In der Logik wird gefragt, ob die Bestimmtheit, in der der Begriff auftritt, z.B. als Sein, dem Begriff entspricht. Es gibt nur einen Begriff. Dieser heisst bei Hegel "absolute Idee". Die absolute Idee ist die Übereinstimmung des Begriffs des Begriffs und des Begriffs in seiner Wirklichkeit. Die absolute Idee alleine ist Sein. Alles übrige ist endlich. Die Vielheit oder Menge von Begriffen bleibt nicht, weil sie nur inadäquate Versuche sind, die ihr Bestehen und ihre Voraussetzung in der letzten Kategorie haben. Das ist das Fortschreiten in der Logik, dass jeder Begriff an ihm selbst als Begriff gemessen wird.
Sache und Begriff verwendet Hegel hier gleichbedeutend. Von der "Sache" spricht Hegel in dem Sinn, dass es "um die Sache geht" und nicht um Meinungen. Die Sache ist der Begriff des Gegenstandes. Die Sache ist der Begriff objektiv ausgesprochen.
Insoferne alle Kategorien nur von der absoluten Idee her sind, haben sie Berechtigung. Jedes Moment des Begriffs hat Wahrheit - es stellt sich nur die Frage, wie weit. So weit der bestimmte Begriff dem Begriff gerecht wird, so weit hat er Wahrheit. Es gibt keine begrifflose Wirklichkeit.
Wenn jemand seine eigene Bewusstseinsstufe schon als Moment oder als Abstraktum eingesehen hat, dann ist er über diese schon hinausgegangen, dann ist sie schon nicht mehr seine eigene.
Ein wichtiger Punkt der zweiten Vorrede ist: Das bestimmte Verhältnis zwischen dem Begriff und einem bestimmten Begriff ist der jeweilige Inhalt einer Kategorie. Die Kategorie ist die absolute Idee, die aber in der Vorrede, wo sie noch nicht entwickelt ist, nur ein Name ist. Was die absolute Idee ist, wird sich erst zeigen.
S. 30 oben: Nachdem Hegel gesagt hat, dass die Bestimmtheit an dem Begriff das ist, was als Inhalt erscheint, bleibt er nicht beim Inhalt stehen, sondern geht zur Bestimmung der Form zurück, die die Voraussetzung des Inhalts als eines selbständig erscheinenden ist: "Die Bestimmtheit des Begriffs aber ist eine Formbestimmung dieser substantiellen Einheit (substantielle Einheit heisst hier der Begriff), ein Moment der Form als Totalität, des Begriffes selbst, der die Grundlage der bestimmten Begriffe ist." Hier spricht Hegel noch einmal deutlich aus: Es gibt nicht mehrere Begriffe. Wer von der Vielheit der Begriffe spricht, hat diese mit Dingen verwechselt.
Man kann vom "Begriff der Freiheit", vom "Begriff des Rechts", vom "Begriff des Krieges" etc. sprechen, nur muss man wissen, dass diese Begriffe nicht nebeneinander stehen, dass sie sich nicht wie Dinge zueinander verhalten. Der Begriff der Freiheit ist nichts Selbständiges, sondern Moment des philosophischen Systems insgesamt. Man muss aber nicht vom "Begriffsmoment Freiheit" sprechen, sondern kann auch sagen "der Begriff der Freiheit", solange man die bestimmten Begriffe nicht verselbständigt.
In der Logik ist der Begriff des Begriffs wirklich in der absoluten Idee. Für "Begriff des Begriffs" können wir vorläufig "das wahrhaft Allgemeine" einsetzen. Der Begriff ist immer das Allgemeine. Worin unterscheiden sich die Formen des Begriffs? Darin, wie sehr sie als Einheit ihrer selbst und ihres Anderen gedacht sind. Jeder Begriff ist ein Verhältnis seiner Momente zueinander: wie verhalten sich Allgemeinheit, Besonderheit und Einzelheit in ihm zueinander? Ein bestimmtes Verhältnis dieser Bestimmungen zueinander ist eine Kategorie. Von der Begriffslogik her gesprochen können wir beispielsweise die Kategorie "Sein" oder "Nichts" als Verabsolutierung des Allgemeinen betrachten, in dem alles Besondere nur untergegangen und damit in der Tat aus ihm ausgeschlossen sein soll. Es zeigt sich dann, dass das Sein bzw. das Nichts kein wahrhaft Allgemeines ist, sondern ein Abstrakt­Allgemeines, also Besonderes. Das bloss Allgemeine ist das bloss Besondere.
Gegenwärtig ist es wieder wichtig, auf die Hegelsche Äusserung hinzuweisen, dass "der Begriff nicht sinnlich angeschaut oder vorgestellt" wird, sondern "nur Gegenstand, Produkt und Inhalt des Denkens und die an und für sich seiende Sache" ist.
Hegel nennt dann Bestimmungen, die für uns vorläufig nur andere Namen für den Begriff selbst sind, so etwa den Logos. Was ist der Begriff selbst, wenn man eine Vorstellung davon haben will? Er ist "der Logos, die Vernunft dessen, was ist, die Wahrheit dessen, was den Namen der Dinge führt." Hier hat Hegel den Unterschied zwischen Sache und Ding konsequent durchgehalten.
Es ist nicht beliebig, den Weg dieser (Hegelschen) Logik zu gehen oder an der formalen Logik festzuhalten. Wer behauptet, die Logik selbst hätte es nicht mit der Wahrheit zu tun, hat in dieser Trennung von Form und Inhalt bereits verunmöglicht, dass Wahrheit - nicht "nur" in der Logik, sondern auch sonst irgendwo - erreicht wird.
Im nächsten Satz spricht Hegel das aus, was wir als absoluten Idealismus schon behandelt haben: "Wenn die Denkbestimmungen, welche nur äusserliche Formen sind, wahrhaft an ihnen selbst betrachtet werden, kann nur ihre Endlichkeit und die Unwahrheit ihres Für­sich­sein­Sollens und, als ihre Wahrheit, der Begriff hervorgehen." Hegel grenzt hier seine Methode von der des subjektiven Idealismus ab. Es wird nicht von Denkbestimmungen behauptet, dass sie nur für uns sind, was eine bloss formelle Betrachtung wäre, sondern es wird ihre inhaltliche Endlichkeit, das, dass sie dem Begriff nicht entsprechen, aufgezeigt. Das ist auch das, was wir vorhin bezüglich der Verabsolutierung bestimmter Bewusstseinsstufen gesagt haben: Die Unwahrheit ihres Für­sich­sein­Sollens wird aufgehoben. Jede Kategorie beansprucht Selbständigkeit, Absolutheit für sich. Darin besteht ihre Unwahrheit. Ihre Wahrheit besteht nur in ihrer Unselbständigkeit, darin, dass sie nicht für sich besteht. Es ist zu beachten, dass Hegel vom "Für­sich­sein­Sollen" spricht und nicht von einem "Für­sich­Sein". Das Sollen ist hier die Meinung, die eine Kategorie über sich selbst hat, aber nicht das, was der Begriff über sie sagt.
Der letzte Satz des siebenten Absatzes ist insofern wichtig, als Hegel hier dem Missverständnis vorbeugt, dass die formale Logik weiter bestehen bleibt, dass die Hegelsche Logik ein Zusatz zu der formalen Logik und der Kantischen wäre. Es kann nicht mehrere Logiken nebeneinander geben. Hegel spricht hier aus, dass die formale Logik nicht ausserhalb der inhaltlichen Logik bleibt:
"Daher wird die logische Wissenschaft, indem sie die Denkbestimmungen ... abhandelt, auch die Rekonstruktion derjenigen sein, welche durch die Reflexion herausgehoben und von ihr als subjektive, an dem Stoff und Gehalt äussere Formen fixiert sind."
Es gibt keinen logischen Standpunkt ausserhalb dieser Logik. Hegel hebt deswegen eigens hervor, dass die formallogischen Bestimmungen in seiner Logik abgeleitet werden, so zum Beispiel die Trennung von Form und Inhalt ("Stoff und Gehalt"). Das trifft auch für die Grundgesetze der formalen Logik (Satz der Identität, Satz des zu vermeidenden Widerspruchs, Satz des ausgeschlossenen Dritten) zu; sie werden im Gang dieser Logik rekonstruiert. Die formale Logik hat keinen Selbststand. Indem er den Satz "A = A" an sich selbst gemessen hat, hat Hegel schon vorher gezeigt, dass das formallogische Verständnis sich selbst widerlegt, dass die formale Logik keinen Selbststand hat. Man meint hier, Gleichheit ausgesprochen zu haben, hat es aber nicht, weil in dem Satz "A = A" Subjekt und Prädikat zumindest als solche unterschieden sind. Die von der formalen Logik postulierte Gleichheit gibt es nicht.
Im achten Absatz nimmt Hegel einen Vergleich mit der Mathematik vor und sagt zur mathematischen Konsequenz, dass, wenn man diese auf die Logik anwenden wollte, "bei keiner Stufe der Entwicklung eine Denkbestimmung und Reflexion vorkäme, die nicht in diese Stufe unmittelbar hervorgeht und aus den vorhergehenden in sie herübergekommen ist". Eine mathematische Logik kann es nicht geben, weil jeder bestimmte Begriff nur von dem Begriff her ist, weil "von oben" her abgeleitet werden muss. Vgl. positiver und negativer Beweis. In der Mathematik wird positiv bewiesen. Ein Unmittelbares wird vorausgesetzt und aus diesem wird abgeleitet. So bleiben die Voraussetzungen immer als nicht hinterfragbare Selbständige bestehen. Hinsichtlich der Mathematik ist es zutreffend, von "Nachfolge- und Vorgängerbegriffen" zu sprechen. Hegel spricht deshalb von einer "abstrakten Vollkommenheit der Darstellung" in der Mathematik.
"...schon indem die Wissenschaft mit dem rein Einfachen, hiermit dem Allgemeinsten und Leersten anfangen muss, liesse der Vortrag nur eben diese selbst ganz einfachen Ausdrücke des Einfachen ohne allen weiteren Zusatz irgendeines Wortes zu." Es ist dies, dass die Ausdrucksweise hinsichtlich des Seins logisch reicher ist als dieses selbst, nicht zufällig, sondern es zeigt sich, dass das Sein, mit dem der Anfang gemacht wird, keinen Selbststand hat. Es zeigt sich dies sofort daran, dass es und indem es ausgesprochen wird. Vgl. Phänomenologie des Geistes: Die Meinung, sobald sie ausgesprochen wird, ist bereits aufgehoben. Das Sein, indem es ausgesprochen wird, ist schon reicher als seine Meinung von sich.
Man kann kurz sagen: In der Logik wird nicht positiv, sondern negativ bewiesen. Oder: die Logik kann nur vom Ende her geschrieben werden.
Dann spricht Hegel noch über "Einfälle." Das bezieht sich in erster Linie auf die Anmerkungen, in denen er auf Einwände eingehen wird, die gegen die erste Auflage seiner Logik erhoben wurden.
"Ein plastischer Vortrag erfordert dann auch einen plastischen Sinn des Aufnehmens und Verstehens." "Plastisch" heisst hier die Bereitschaft, der Notwendigkeit der Gedankenbewegung zu folgen, ohne jeden Eigendünkel. Hegel kritisiert an den Selbstdenkern, die sich zu seiner Logik geäussert haben, dass sie nicht einsehen wollen, dass ihre Einwürfe Kategorien enthalten, deren Voraussetzungen selbst erst der Kritik bedürfen. Das trifft auf praktisch alle Einwürfe gegen die Hegelsche Logik zu. Es wird nicht bedacht, dass schon ein Einwand als Einwand logische Voraussetzungen hat. Es wird nicht bedacht, dass es eine Logik ist, die hier kritisiert wird. In der Vorstellung, dass das Denken ein bloss subjektives ist, wird vergessen, dass das Objektive selbst ein Gedanke ist, dass die Trennung zwischen Subjektivem und Objektivem eine gedachte ist.
Hegel spricht dann nochmals über Denken und Vorstellen. In der Logik soll man sich nicht einen Begriff vorstellen, sondern diesen selbst denken: "...ungebildetes Benehmen, bei einer Kategorie, die betrachtet wird, etwas Anderes zu denken und nicht diese Kategorie selbst." Das Gewöhnlichste in der Hegel­Sekundärliteratur ist, dass, statt einen Begriff zu denken, ein Beispiel gebracht wird. Der Begriff ist - seit Sokrates und Platon - gerade das Abstreifen des Unmittelbaren, nur Besonderen. Hegel hält hier auch fest, dass man Logik nur systematisch lernen kann. Alle Einfälle, die ein Kritiker vorbringen könnte, treten ohnehin in der Logik selbst auf, und zwar auf objektive Weise. Man kann sagen, dass jeweils die Kategorie, die auf eine andere folgt, ein Einwand gegen die vorangehende ist.
Die Bestimmungen Sein, Nichts und Werden wurden nach Erscheinen der ersten Auflage der Wissenschaft der Logik" besonders fleissig "kritisiert." Als Grund dafür gibt Hegel an, dass es leichter ist, eine Bestimmung zu kritisieren, deren Entwicklung nur das Studium von fünf Seiten erfordert, während eine Kritik der reicheren Bestimmungen viel mehr Arbeit ist.
S. 32 unten: "Mit dem guten Rechte, sich zuerst nur mit dem Prinzip zu beschäftigen und damit sich auf das Weitere nicht einzulassen, tut diese Gründlichkeit in ihrem Geschäfte selbst das Gegenteil hiervon, vielmehr das Weitere, d.i. andere Kategorien, als nur das Prinzip ist, andere Voraussetzungen und Vorurteile herbeizubringen." Dieser Widerspruch trifft der Sache nach jede Kritik an Hegel. Was Hegel hier sagt, ist eine Konkretisierung der vorhin angesprochenen Bewusstlosigkeit hinsichtlich der logischen Voraussetzungen von Einwänden. Solche Voraussetzungen wie etwa die, "dass die Unendlichkeit verschieden von der Endlichkeit, der Inhalt etwas anderes als die Form, das Innere ein anderes als das Äussere" etc. ist, zu untersuchen, das ist eben der Gang der Logik.

Vorlesung Logikkreis vom 31. Mai 1996

Erinnerung: Zwei wichtige Punkte der zweiten Vorrede

1.) S. 28 heisst es zur Grundbestimmung der formalen Logik:
"Die einfache Grundbestimmung oder gemeinschaftliche Formbestimmung der Sammlung solcher Formen ist die Identität, die als Gesetz, als A = A, als Satz des Widerspruchs in der Logik dieser Sammlung behauptet wird."
Dieser Satz charakterisiert die formale Logik ganz ausgezeichnet. Sehr richtig ist hier von "Sammlung" die Rede. Im Abschnitt "Subjektivität" wird Hegel genauer aufzeigen, dass die formale Logik empirisch vorgeht. Sie setzt das Logische als ein Vorhandenes, als ein Positives an. Wichtig ist weiter der Ausdruck "gemeinschaftlich". Gemeinschaftlichkeit ist äussere Einheit, das blosse "Auch" oder "Und." Wichtig ist auch, dass hier vom Satz der Identität in der Form A = A gesprochen wird. In der Formulierung A = A ist der Satz der Identität nicht mehr sprachlich ausgedrückt. Es ist nicht notwendig, dass die formale Logik ihre Sätze formalisiert oder symbolisiert und in der Folge quantitativ ausdrückt. Warum? In der Quantität scheint der Widerspruch des Qualitativen, dies, dass alles Qualitative zugleich Realität und Negation ist, ausgeschaltet zu sein. Liebrucks sagt, dass der qualitative Widerspruch quantitativ nur unterbelichtet gegenwärtig ist. Wichtig ist schliesslich, dass Hegel hier Satz des Widerspruchs und Satz der Identität zusammennimmt. Formallogisch stellt sich immer die Frage, ob diese zwei Gesetze sind oder eines.
2.) S. 29: Das Verhältnis zwischen dem Begriff und den bestimmten Begriffen. Streng genommen kann man nicht von mehreren Begriffen sprechen. Der Sache nach kann es nicht mehrere Begriffe nebeneinander geben. Wenn man von einem Nebeneinander von Begriffen spricht, hat man den Begriff schon verdinglicht. Jeder bestimmte Begriff strebt danach, der Begriff zu sein, also der wahrhaft allgemeine Begriff. Jeder bestimmte Begriff ist eine Form der Wirklichkeit des Begriffs. Allein durch die Differenz zwischen den bestimmten Begriffen und dem Begriff kommt die Bewegung der Logik zustande. Wäre das Sein bereits das, was es zu sein beansprucht, nämlich der Begriff, dann wäre die Bewegung mit der ersten Kategorie bereits zu Ende. Das Vorantreiben der Logik ist die Differenz zwischen bestimmtem Begriff und dem Begriff.

Einleitung

In der Einleitung wird vieles, was schon in den beiden Vorreden besprochen worden ist, wiederholt.
Hegel überschreibt die Einleitung mit "Allgemeiner Begriff der Logik", was etwas merkwürdig ist, weil "allgemeiner Begriff" ein Pleonasmus ist. In der Folge wird man sehen, dass mit "allgemeinem Begriff" hier die Vorstellung gemeint ist.
"Es fühlt sich bei keiner Wissenschaft stärker das Bedürfnis, ohne vorangehende Reflexion von der Sache selbst anzufangen, als bei der logischen Wissenschaft."
Liebrucks hält fest, dass Hegel mit der merkwürdigen Formulierung "es fühlt sich" zum Ausdruck bringt, dass dieses Gefühl eine objektive Sache ist. Das genannte Bedürfnis verdankt sich der Sache. Die Logik zwingt am meisten dazu, der Sache entsprechend zu argumentieren, nicht aus äusseren Reflexionen heraus, weil es nichts der Logik Äusseres gibt. In der Naturphilosophie oder in der Philosophie des Geistes ist dieses Bedürfnis nicht so stark. Es gibt keine der Logik äussere Reflexion. Wo also in der Logik äusserlich reflektierend vorgegangen wird, da wird schon falsch vorgegangen. Wenn Hegel in der Folge von "anderen Wissenschaften" spricht, ist das verwirrend, weil es eben keine "anderen Wissenschaften" neben der Logik gibt. Es ist hier zunächst unklar, was mit diesem Ausdruck gemeint ist - die anderen Systemteile der Philosophie oder aber die Verstandeswissenschaften (Techniken). Es stellt sich dann heraus, dass Hegel hier von den Techniken spricht. Er hebt zwei Punkte hervor, die die Verstandeswissenschaften charakterisieren und die miteinander unmittelbar zusammenhängen:
  1. "In jeder anderen [Verstandeswissenschaft] ist der Gegenstand, den sie behandelt, und die wissenschaftliche Methode voneinander unterschieden." Besser wäre es, hier "verschieden" zu sagen; denn dies, dass Gegenstand und Methode unterschieden sind, gilt auch für die anderen Systemteile der Philosophie. Form und Inhalt fallen in der Verstandeswissenschaft auseinander.
  2. "...so wie auch der Inhalt nicht einen absoluten Anfang macht, sondern von anderen Begriffen abhängt und um sich herum mit anderem Stoffe zusammenhängt." Inhalt und Gegenstand der Verstandeswissenschaft sind unselbständig. So aber fasst diese sie nicht auf. Die Verstandeswissenschaft macht ein Unselbständiges zu einem Selbständigen; diesen Widerspruch begeht sie immer. Vgl. Platons Liniengleichnis. Die Mathematik verselbständigt Raum, Zeit und Eins. Der Inhalt einer Verstandeswissenschaft ist niemals ein absoluter Anfang, er tritt aber immer als ein solcher auf.
Hegel formuliert immer entsprechend der Bewusstseinsstufe, die er gerade charakterisiert. Deswegen kann er hier sagen, dass der "Inhalt ... von anderen Begriffen abhängt und um sich herum mit anderem Stoffe zusammenhängt". Der Sache nach ist es nicht logisch, von "anderen Begriffen" zu sprechen, weil darin der Begriff unter eine daseinslogische Bestimmung (Etwas, Anderes) gestellt ist. Wenn Hegel diese Wortzusammenstellung dennoch verwendet, so deswegen, weil er hier von der Ebene der Verstandeswissenschaft aus spricht.
Die zwei Momente, die hier genannt werden, nämlich
  1. die Verschiedenheit von Inhalt und Methode und
  2. dies, dass Inhalt und Gegenstand keinen absoluten Anfang darstellen,
hängen zusammen. Sie stehen nicht nebeneinander. Wenn der Inhalt ein gegebener, ein vorausgesetzter ist, wie das in den Verstandeswissenschaften so ist, dann gilt das ebenso für die Form, weil die Form immer dann als bloss gegebene auftritt, wenn sie nicht als das gefasst wird, was sie ist, als Genesis des Inhalts, als Werden des Inhalts. In der Verstandeswissenschaft wird der Inhalt als ein positiver aufgefasst, und somit ist die Form nicht aktiv das Formen des Inhalts, sondern selbst Inhalt. Ist der Inhalt gegeben, so ist die Form gegeben; und zwar als ein dem Inhalt anderes sein Sollendes, in der Tat als ebenso Inhalt. Aus der Verschiedenheit von Inhalt (Gegenstand) und Form (Methode) ergibt sich weiter, dass dieser Inhalt nicht wahrhafter Anfangspunkt ist. Der Anfang kann kein der Form anderer Inhalt sein. Die Verschiedenheit Form-Inhalt wird nur dort aufgehoben, wo die Form als Form gefasst wird, als Formen, Erstellen des Inhalts. Dann ist der Inhalt kein gegebener mehr.
"Diesen Wissenschaften wird es daher zugegeben, von ihrem Boden und dessen Zusammenhang sowie von der Methode nur lemmatischer Weise zu sprechen, die als bekannt und angenommen vorausgesetzten Formen von Definitionen und dergleichen ohne weiteres anzuwenden und sich der gewöhnlichen Art des Räsonnements zur Festsetzung ihrer allgemeinen Begriffe und Grundbestimmungen zu bedienen."
Hier führt Hegel weiter aus, wie die sogenannten Wissenschaften vorgehen, wobei die Terminologie ("anwenden") wieder der Bewusstseinsstufe entspricht, die er hier abhandelt. Die "gewöhnliche Art des Räsonnements" haben wir schon in den beiden Vorreden behandelt. Das Räsonnement der sogenannten Wissenschaft ist immer "Räsonnement aus Gründen der äusseren Reflexion".
Im zweiten Absatz sagt Hegel, dass die Logik nicht empirisch oder positivistisch sein kann:
"Die Logik dagegen kann keine dieser Formen der Reflexion oder Regeln und Gesetze des Denkens voraussetzen, denn sie machen einen Teil ihres Inhalts selbst aus und haben erst innerhalb ihrer begründet zu werden."
Das widerspricht dem, was das Aristotelische Organon lehrt, dem, dass es nicht für alles einen Beweis geben kann. Zum Beispiel kann es in der formalen Logik keinen Beweis für den Satz des zu vermeidenden Widerspruchs geben. Das, was Hegel hier sagt, widerspricht allen formallogischen Auskünften. Es kann kein Gesetz des Denkens vorausgesetzt werden, sondern es müssen alle Gesetze als gesetzt, als im Denken begründet und von diesem allererst logisch hervorgebracht eingesehen werden. Jedes Gesetz muss als gesetzt interpretiert werden. Das widerspricht natürlich auch den Kantischen Lehre hinsichtlich der formalen Logik. Die Logik kann nicht positivistisch sein. Es gibt nichts Gegebenes. Es gibt keine Gesetze oder Regeln, die wir irgendwo finden und aufnehmen könnten; es gibt keine Data der reinen Vernunft. Hegel wirft Kant vor, auch er wäre empirisch vorgegangen, nämlich im Aufgreifen der formallogischen Urteilsformen, aus denen heraus er seine transzendentale Kategorientafel entwickelt.
In diesem Zusammenhang kommt Hegel auf den Begriff der Wissenschaft zu sprechen:
"Nicht nur aber die Angabe der wissenschaftlichen Methode, sondern auch der Begriff selbst der Wissenschaft überhaupt gehört zu ihrem Inhalte, und zwar macht er ihr letztes Resultat aus."
Wissenschaftliche Methode und Begriff der Wissenschaft sind nicht zwei Dinge nebeneinander. Das "nicht nur ... sondern auch" ist eine verständige Formulierung, ist dem Leser entgegenkommend gesprochen. Wenn die "Angabe der wissenschaftlichen Methode" und "der Begriff selbst der Wissenschaft" wirklich zwei Dinge wären, hätten wir genau die Trennung von Methode und Gegenstand, die vorhin hinsichtlich der sogenannten Wissenschaften ausgesprochen worden ist. Hier weist Hegel darauf hin, dass man nicht irgendeinen "Begriff" der "Wissenschaft" voraussetzen kann. Der Begriff der Wissenschaft "macht ihr letztes Resultat aus". Das ist ein Hinweis auf das letzte Kapitel der Logik, auf das "Methodenkapitel." Der Grund des hier Gesagten liegt im Verhältnis zwischen Begriff und Idee. Der Begriff kann nur dann adäquat angegeben werden, wenn er nicht rein als Begriff, sondern als Einheit von Begriff und seiner Wirklichkeit angegeben wird. Diese Einheit von Begriff und Wirklichkeit ist die Idee. Das ist der Grund dafür, warum erst am Ende der Logik der Begriff der Wissenschaft selbst wahrhaft eingeholt ist. Der Grund ist also, dass der Begriff seine Wahrheit in sich als Idee hat, in sich als Einheit von Begriff und Wirklichkeit. Vollständig wirklich ist der Begriff der Logik (oder der Wissenschaft, das fällt hier zusammen) erst am Ende der Logik. Daher lässt sich vor dem Ende des Werkes wissenschaftlich nicht vom Begriff der Logik (oder der Wissenschaft) sprechen. "...ihre ganze Abhandlung bringt dies Wissen von ihr selbst erst als ihr Letztes und als ihre Vollendung hervor. Gleichfalls ihr Gegenstand, das Denken, oder bestimmter das begreifende Denken, wird wesentlich innerhalb ihrer abgehandelt." Wenn Wissenschaft und Inhalt der Wissenschaft, welcher das Denken oder das begreifende Denken ist, nicht eins wären, wäre die Logik nur eine sogenannte Wissenschaft.
Es ist damit auch ausgesprochen, dass in dieser Logik nicht der Denkende oder das Denken dieser Formen äusserlich hinzutreten muss oder kann. In der formalen Logik ist derjenige, der die logischen Sätze anwendet, nicht logisch, sondern nur psychologisch abhandelbar. Zur formalen Logik tritt notwendig das Denken als eine psychologische Grösse hinzu. Das ist bereits relativistisch. Das ist auch der Grund dafür, warum Hegel in der Phänomenologie formallogische und psychologische sogenannte Gesetze in unmittelbarem Zusammenhang miteinander abgehandelt hat. Die formale Logik bedarf der Ergänzung durch ein psychologisch verfasstes Ich. Innerhalb ihrer selbst kann sie vom Denken als Tätigkeit oder vom Menschen nicht sprechen.
Der Stolz der formalen Logik auf ihre Unabhängigkeit vom einzelnen Denkenden ist also unberechtigt. Wenn weiter ihre Gesetze nicht abgeleitet, sondern nur gefunden werden, dann sind sie eben keine Gesetze, sondern nur Dinge. Die formallogischen Gesetze widersprechen sich als Gesetzen. Die Anwendung der formalen Logik ist jedenfalls nicht methodisch. Das muss man auch von ihr selbst aus sagen. Wenn jemand eine Methode "anwendet", so ist immer zu fragen, ob die Anwendung selbst methodisch geschieht. Wo nicht, so ist das Ganze somit unwissenschaftlich, unmethodisch. Wo schon, da kommen wir in den infiniten Regress (Problem des Dritten Menschen). Wo die Äusserlichkeit von Methode und Gegenstand gegeneinander vorausgesetzt ist, da kann es keine wahrhafte Vermittlung zwischen beiden geben. Wenn sich die formale Logik - was sie muss - als Anwendung fasst, so ist sie nicht als das tauglich, was sie nach Aristoteles sein soll, nämlich Mittel, Organon. Dann hat sie gar keine Funktion.
Die formale Logik gibt vor, objektiv zu sein, wird aber durch die Willkür der Anwendung schlecht­subjektiv. Deshalb behandelt Hegel in der Phänomenologie die logischen und psychologischen "Gesetze" in unmittelbarem Zusammenhang miteinander. Die schlechte Objektivität muss durch ein bloss psychologisches Tun ergänzt werden.
Im dritten Absatz kommt Hegel wieder auf das Verhältnis von Form und Inhalt zurück.
"Wenn die Logik als die Wissenschaft des Denkens im allgemeinen angenommen wird, so wird dabei verstanden, dass dies Denken die blosse Form einer Erkenntnis ausmache, dass die Logik von allem Inhalte abstrahiere und das sogenannte zweite Bestandstück, das zu einer Erkenntnis gehöre, die Materie, anderswoher gegeben werden müsse..."
Wendungen wie "Bestandstück", "Materie", "blosse Form" oder "anderswoher gegeben" deuten darauf hin, dass sich Hegel auf Kant bezieht. Wenn dies der Fall ist, dann ist Kant hier nicht ernst genommen. Überall dort, wo Hegel Kant nur im Vorübergehen abfertigt, geht er nicht darauf ein, was das Entscheidende für Kant ist, sondern nimmt ihn nur für einen Metaphysiker bzw. metaphysischen Erkenntnistheoretiker, der etwa von Form und Inhalt als zwei Bestandstücken erzählt hätte.
Der Schluss des dritten Absatzes bezieht sich direkt auf Kant, nämlich auf die Einleitung in die Transzendentale Logik. Die "formalen Bedingungen wahrhafter Erkenntnis" können nicht der Weg zu realer Wahrheit sein, weil "gerade das Wesentliche der Wahrheit, der Inhalt, ausser ihr (nämlich ausserhalb der Logik, welche es nach dieser Vorstellung nur mit den formalen Bedingungen wahrhafter Erkenntnis zu tun haben können soll) liegt." Das ist sehr nahe an den Kantischen Auskünften über die Logik als eine formale formuliert.
Weiter ist in diesem dritten Absatz von Denken und Erkennen die Rede. Man kann allgemein sagen, dass dort, wo Form und Inhalt getrennt werden, zugleich Denken und Erkennen auseinanderfallen, welche Trennung nur Kant logisch relevant entwickelt hat. Der Absatz ist nur dann von Interesse, wenn man ihn näher auf Kant bezieht; ansonsten wiederholt Hegel hier nur, was bereits in der zweiten Vorrede behandelt wurde.
Im vierten Absatz drückt sich Hegel selbst ungeschickt aus, wenn er sagt: "Fürs erste aber ist es schon ungeschickt zu sagen, dass die Logik von allem Inhalte abstrahiere..." Hegel wird nachstehend beweisen, dass es nicht nur ungeschickt ist, Form und Inhalt zu trennen, sondern unmöglich. Der Versuch, von allem Inhalt zu abstrahieren, endet immer damit, dass man bei irgendeinem Inhalt ankommt. Die Regeln des Denkens sind Gegenstand, Inhalt der Logik. Es ist nicht möglich, von allem Inhalt zu abstrahieren.
Im fünften Absatz spricht Hegel allgemein aus, dass die Vorstellungen, auf denen der Begriff der Logik bisher beruhte, verschwinden müssen.
Im sechsten Absatz bringt er die Trennung von Inhalt und Form in Zusammenhang mit der Trennung von Wahrheit und Gewissheit. Er zeigt, dass die formale Logik erkenntnistheoretisch gewendet immer naiver Realismus ist, immer ein Abbildmodell voraussetzt. Das wird dann genauer ausgeführt. Es ist wichtig zu sehen, dass hier nicht irgendeine Erkenntnistheorie behandelt wird, sondern diejenige, die sich notwendig aus der Trennung von Form und Inhalt ergibt. Liebrucks drückt sich so aus, dass die formale Logik erkenntnistheoretisch nicht unschuldig ist. Sie ist kein blosses Mittel, sondern mit ihr ist immer schon der naive Realismus gesetzt. Das Denken ist der formalen Logik eine blosse Form, eine dem Inhalt äussere Form. Der Inhalt soll das Objektive sein, das Denken das Subjektive. Das ist bereits naiver Realismus. Es wird hier vorausgesetzt, "dass der Stoff des Erkennens als eine fertige Welt ausserhalb des Denkens an und für sich vorhanden ist."
Hier sieht man wieder, wie Hegel von der behandelten naiven Position aus formuliert, denn sonst könnte er eine Wortzusammenstellung wie "ausserhalb des Denkens" nicht gebrauchen. Wenn jemand sagt, dass irgend etwas ausserhalb des Denkens sei, hat er sich, indem er es eben ausgesprochen und damit doch wohl auch gedacht hat, schon selbst widerlegt. Ausserdem soll dieses auch "an und für sich vorhanden" sein. Das ist ein weiterer Widerspruch; etwas soll ausserhalb des Denkens und trotzdem "für sich" sein. Das sogenannte Objektive ist die vermeintlich fertige Welt ausserhalb des Denkens; das Denken ist leer, eine äussere Form. An dieser Stelle wird zwischen Denken und Erkennen unterschieden. Zum Denken - da es für sich noch nicht objektiv sein soll, was es doch in der Tat ist - muss, um eben zu Objektivem zu kommen, ein Zweites hinzutreten, nämlich das Sich­dem­Objekt­Anpassen, das sogenannte "reale (neben ihm als idealem befindlich vorgestellte) Erkennen." Das, was Hegel hier sagt, hat mit Kant nichts zu tun.
Im siebenten Absatz geht Hegel noch weiter auf den naiven Realismus ein, wenn er sagt, dass das Objekt "ein für sich Vollendetes, Fertiges" sei. Hier ist die Gespenstermetaphysik, die der naive Realismus ist, schön und einfach ausgesprochen. Alles Objektive soll hier für sich vollendet, selbständig sein. Eine solche Position ist nicht philosophisch, wenn man als Massstab das nimmt, was Hegel in der Anmerkung über den Idealismus sagt, das nämlich, dass jede Position der Philosophie zumindest lehren muss, dass das Endliche ideell oder unselbständig ist. Im naiven Realismus ist das nicht der Fall: hier ist das Objektive ein für sich vollendetes Fertiges; alle endlichen Dinge sollen also selbständig, für sich bestehend sein. Die hier vertretene Position ist also die der sinnlichen Gewissheit.
Formulierungen wie die, dass der Gegenstand etwas "Fertiges ist, das des Denkens zu seiner Wirklichkeit vollkommen entbehren könne", sind immer selbstwidersprüchlich. Hier muss immer die Frage gestellt werden, woher man denn das wissen kann, dass es so etwas gibt, das des Denkens zu seiner Wirklichkeit vollkommen entbehren können soll. Es ist vorausgesetzt, dass das Denken etwas Mangelhaftes ist, was ein Problem für eine solche Erkenntnistheorie selbst darstellt, weil sich diese ja wohl dem Denken verdanken soll. Hegel führt das noch weiter aus, wobei er wieder von der Position des naiven Realismus aus spricht; Wortzusammenstellungen wie die, dass das Denken "eine weiche unbestimmte Form" sei, darf man natürlich nicht als Auskünfte Hegels nehmen. Hegel war natürlich nicht der Ansicht, dass es eine unbestimmte Form geben kann.
"Wahrheit ist die Übereinstimmung des Denkens mit dem Gegenstande, und es soll, um diese Übereinstimmung hervorzubringen - denn sie ist nicht an und für sich vorhanden -, das Denken nach dem Gegenstand sich fügen und bequemen."
Der Zusatz "denn sie ist nicht an und für sich vorhanden" gibt die Meinung des naiven Realismus wieder. Der Sache nach ist es so, dass, wo Bestimmungen nicht an sich eins sind (oder übereinstimmen), wie zum Beispiel Denken und Gegenstand, ihre Übereinstimmung überhaupt nicht "hervorgebracht" werden kann. Was nicht an sich eins ist, kann es auch in der Wirklichkeit nicht werden. Die Annahme, Denken und Gegenstand wären nicht schon an sich eins, verunmöglicht jegliche Erkenntnis.
Insgesamt ist es leicht, den naiven Realismus abzufertigen. Hegel zeigt im achten Absatz, dass die formale Logik erkenntnistheoretisch gewendet diesen naiven Realismus lehrt. Das ist wichtig. Denken und Sein werden als zwei Sphären aufgestellt, die nebeneinander stehen sollen, wie sich auch aus dem (hier von Hegel richtig verwendeten) Wort "Verschiedenheit" ergibt. Das ist unmittelbar widersprüchlich, weil eines sein muss, das beide umfasst, eines, das das Nebeneinanderstehen von Denken und Sein aussprechen kann, für welches dieses somit sein kann. Dieses ist das Denken. Aussagen wie die, dass etwas neben dem Denken stünde (S 36 unten: "eine fertige Welt ausserhalb des Denkens an und für sich vorhanden"), sind unmittelbar widersprüchlich (vgl. Platon, Charmides); in ihnen wird das Denken zu einem Gegenstand gemacht. Es gibt nichts, das neben dem Denken stehen könnte.
Im weiteren Verlauf des achten Absatzes wird festgestellt, dass es, von der Voraussetzung der Trennung von Denken und Sein ausgehend, weder Erkennen noch Handeln gibt. Das Denken kommt in seinem "Empfangen und Formieren des Stoffs" - es stellt sich die Frage, was das hier heissen soll, wenn die beiden Sphären nebeneinander stehen - "nicht über sich hinaus." Sein Empfangen bleibt eine "Modifikation seiner selbst". Es kommt zu keiner Vermittlung zwischen Denken und Gegenstand. Es gibt hier kein Erkennen, keine Übereinstimmung zwischen Denken und Gegenstand. Weiter heisst es, dass "das selbstbewusste Bestimmen ohnedies nur ihm (dem Denken) angehört", was man sowohl auf das Erkennen als auch auf das Handeln beziehen muss. Wenn Denken und Gegenstand verschieden sind, gibt es kein Erkennen und kein Handeln.
Neunter Absatz:
"Diese Ansichten über das Verhältnis des Subjekts und Objekts zueinander drücken die Bestimmungen aus, welche die Natur unseres gewöhnlichen, des erscheinenden Bewusstseins ausmachen."
Es zeigt sich, dass die gewöhnliche (formale) Logik dem erscheinenden Bewusstsein nachhinkt und dieses verabsolutiert. Die formale Logik bringt nur den Hausverstand auf den "Begriff", den abstrakten Begriff, die Vorstellung somit.
Daraus ergibt sich schon, dass eine Logik, wenn sie philosophisch sein soll, nicht formale sein kann. Deswegen sagt Hegel hier, dass das, was er gerade referiert hat, "die Irrtümer, deren durch alle Teile des geistigen und natürlichen Universums durchgeführte Widerlegung die Philosophie ist", sind. Das gilt auch für die Logik dieses gewöhnlichen, erscheinenden Bewusstseins, also für die formale Logik. Die formale Logik wird in der Hegelschen Logik auch durchgeführt widerlegt werden.
Im den folgenden Absätzen (10 ff.) geht Hegel auf philosophiegeschichtliche Erscheinungen ein, zunächst kurz auf die ältere Metaphysik, dann ausführlich auf Kant. Zunächst sieht es so aus, als würde er die alte Metaphysik höher schätzen als die Kantische Philosophie: "Die ältere Metaphysik hatte in dieser Rücksicht einen höheren Begriff von dem Denken, als in der neueren Zeit gang und gäbe geworden ist." Liebrucks bemerkt zu diesem Satz ganz richtig, dass die ältere Metaphysik diesen Begriff nur hatte, sich desselben aber nicht bewusst war. Was war dieser höhere Begriff? Er war die Voraussetzung, dass, wenn wir richtig denken, wir dann zugleich die Dinge erkennen, wie sie an ihnen selbst sind. Was Hegel hier charakterisiert, ist das, was er im "Vorbegriff" der Enzyklopädie als erste Stellung des Gedankens zur Objektivität darstellt, das sogenannte "Denken ohne Arg`", das Dahindenken nach den Regeln, wie sie die formale Logik auflistet. Es wird hier ohne weiteres angenommen, dass es nichts geben kann, das formallogisch richtig, ontologisch aber falsch ist.
Hegel stellt die Sache in diesem Absatz ungleichgewichtig dar, weil er nicht eigens hervorhebt, dass das Dahindenken in der älteren Metaphysik wesentlich ein formallogisches Dahindenken war. Was er hier hervorhebt, ist, dass in der älteren Metaphysik gewusst wurde, dass die Dinge nicht in ihrer Unmittelbarkeit wahr sind, sondern erst als gedachte, was freilich wahr ist. Die Dinge haben ihre Wahrheit nicht als sinnlich wahrgenommene, sondern als gedachte. Nun kommt es aber darauf an, wie sie gedacht werden, und in der älteren Metapysik waren sie eben wesentlich formallogisch gedacht, und insofern war ihre Wahrheit nicht erreicht.
Hegel spricht hier über das "Denken ohne Arg`" ganz ähnlich wie in der Enzyklopädie. Die Dinge und das Denken stimmen überein. Das Denken in seinen immanenten Bestimmungen und die wahrhafte Natur der Dinge sind ein und derselbe Inhalt. Das stimmt zwar, aber es muss auch das Denken danach sein; es kann jedenfalls nicht das formallogische Denken sein, und in diesem "aber" liegt die absolute Berechtigung der Kantischen Philosophie. Kant nämlich streicht das heraus, was Hegel hier verschweigt, indem er bemerkt hat, dass das formallogische Denken eben nicht die wahrhafte Natur der Dinge sein kann. Das formallogische Denken stimmt mit den Dingen nicht überein.
Im elften Absatz kommt Hegel direkt auf Kant (von "reflektierendem Verstand" spricht er häufig in bezug auf Kant, auch auf Fichte) zu sprechen, wenn er sagt, dass sich der reflektierende Verstand der Philosophie bemächtigt hat. Der reflektierende Verstand ist "der abstrahierende und damit trennende Verstand, der in seinen Trennungen beharrt." Der Verstand ist der Schritt vom Sinnlichen zum Abstrakt­Allgemeinen. Wenn wir verständig vorgehen, so sind wir bei den Begriffen als Abstrakta, als solchen, die vom Sinnlichen getrennt sind. "Reflexions-philosophie" ist Verstandesphilosophie, eine contradictio in adjecto.
Die folgenden Formulierungen erinnern an Dinge, die Hegel ganz zu Beginn der ersten Vorrede über die exoterische Lehre der Kantischen Philosophie ausgeführt hat:
"Gegen die Vernunft gekehrt, beträgt er der Verstand sich als gemeiner Menschenverstand und macht seine Ansicht geltend, dass die Wahrheit auf sinnlicher Realität beruhe, dass die Gedanken nur Gedanken seien, in dem Sinne, dass erst die sinnliche Wahrnehmung ihnen Gehalt und Realität gebe, dass die Vernunft, insofern sie an und für sich bleibe, nur Hirngespinste erzeuge. In diesem Verzichttun der Vernunft auf sich selbst geht der Begriff der Wahrheit verloren; sie ist darauf eingeschränkt, nur subjektive Wahrheit, nur die Erscheinung zu erkennen, nur etwas, dem die Natur der Sache selbst nicht entspreche; das Wissen ist zur Meinung zurückgefallen."
Das klingt so, als ob Hegel hier wieder an Kant gedacht hätte; es trifft Kant aber nicht. Hegel hat hier vergessen, dass Kant zwischen "Schein" und "Erscheinung" unterschieden hat, und tut so, als ob das, was bei Kant die "Erscheinung" ist (die prinzipiell-subjektive Wahrheit über den Gegenstand), das wäre, was er als "Schein" (das Schlecht-Subjektive innerhalb der schon erstellten Erscheinungsgegenständlichkeit) bezeichnet. Hegel verwendet die (wider-sprüchliche) Wortzusammenstellung "nur subjektive Wahrheit" öfter in bezug auf Kant und stellt ihn so fälschlicherweise als einen subjektiven Idealisten dar. (Eine "subjektive Wahrheit" kann es nicht geben, weil die Wahrheit Entsprechung von Subjekt und Objekt, bestimmter von Begriff und Wirklichkeit ist.) Das, was Kantisch erkannt werden kann, ist die Erscheinung. Diese Erkenntnis ist allgemein-subjektiv, prinzipiell-subjektiv. Dass das Wissen bei Kant zur Meinung zurückgefallen sein soll, ist sicher falsch. Bei Kant wird über das Erscheinungsmannigfaltige objektiv geurteilt: hier meinen wir nicht nur, sondern wir wissen. Nur unter dieser Voraussetzung kann es Meinungen geben.
Im zwölften Absatz geht Hegel affirmativ auf Kant ein:
"Diese Wendung jedoch, welche das Erkennen nimmt und die als Verlust und Rückschritt erscheint, hat das Tiefere zum Grunde, worauf überhaupt die Erhebung der Vernunft in den höheren Geist der neueren Philosophie beruht. Der Grund jener allgemein gewordenen Vorstellung ist nämlich in der Einsicht von dem notwendigen Widerstreite der Bestimmungen des Verstandes mit sich selbst zu suchen."
Damit sind die Kantischen Antinomien angesprochen. Allerdings sagt Hegel hier, dass die Bestimmungen des Verstandes sich widersprechen, was Kant nicht gesagt hat. Im Verstand selbst findet der Widerspruch nach Kant nicht statt, sondern erst im Rahmen dessen, was bei ihm Vernunft heisst, dort also, wo die Verstandesbestimmungen losgelöst werden von ihrem Bezogensein auf die in der Sinnlichkeit Gegebenes, dort, wo sie ins Unbedingte gesteigert werden. Erst dort - dort allerdings notwendig - tritt nach Kant der Widerspruch auf. Es ist also nicht richtig zu sagen, dass Kant von einem notwendigen Widerstreit der Bestimmungen des Verstandes mit sich selbst gesprochen hätte, d.h. man kann nicht sagen, dass Kant das behauptet hätte. Im Antinomienkapitel spricht Kant vom notwendigen Widerstreit von Bestimmungen der Vernunft miteinander. Andererseits liegt es allerdings in der Konsequenz des Kantischen Gedankengangs, dass die Bestimmungen des Verstandes sich widersprechen. Denn es lässt sich der Verstand nicht gegen die Vernunft festhalten.
"Die schon namhaft gemachte Reflexion ist dies, über das konkrete Unmittelbare hinauszugehen und dasselbe zu bestimmen und zu trennen."
Das kann man allgemein auf verständiges Vorgehen beziehen: der Verstand nimmt die Momente jeder Erfahrung auseinander. Man kann es aber auch bestimmter auf das kritische Unternehmen Kants beziehen, etwa auf die ersten Sätze der Vernunftkritik, in denen Kant sagt, dass wohl alles Wissen mit der Erfahrung anfange (das ist das konkrete Unmittelbare), es aber sein könne, dass diese Erfahrung mehrere Bestandstücke enthalte (hier wird über das konkrete Unmittelbare hinausgegangen, dieses wird getrennt). Das folgende ist schon über mannigfaltige Versuche der Wesenslogik gesprochen: "Aber sie (die Reflexion) muss ebensosehr über diese ihre trennenden Bestimmungen hinausgehen und sie zunächst beziehen." Wenn man Bestimmungen getrennt hat, muss man sie immer auch aufeinander beziehen; sonst sind sie als nebeneinanderstehend aufeinander bezogen, welches die schlechteste Beziehung ist. "Auf dem Standpunkt dieses Beziehens tritt der Widerstreit derselben hervor." Hier kann man sich auch wieder an die Kantischen Antinomien erinnern.
"Dieses Beziehen der Reflexion gehört an sich der Vernunft an." Dieser Satz ist wichtig. Hier muss man das "an sich" betonen. Rein vom Verstand her gesprochen würde es bei der blossen Trennung bleiben. Deswegen sagt Hegel hier, dass das Beziehen, das äusserliche Hinausgehen über die Trennung, der Vernunft angehört, allerdings nur "an sich", also nicht wahrhaft. Dies deshalb, weil das Beziehen selbst verständig, d.h. von der Trennung her, vorgestellt ist. Wir haben einerseits die Getrennten, andererseits werden sie in Beziehung gesetzt; das Einanderseits-Andererseits ist das Aufrechterhalten des Getrenntseins. Das ist das Problem der ganzen Wesenslogik: einerseits haben wir die Relation, andererseits die Relata. Die Relata sind selbständig und zugleich unselbständig: das Eine und das Andere. Es ist hier die Vernunft vom Verstand oder der absolute Unterschied von der Verschiedenheit her gedacht. Dies ist die Definition der Beziehung: Sie ist der absolute Unterschied von der Verschiedenheit her gedacht.
Das folgende ist näher über Kant gesprochen: "...die Erhebung über jene Bestimmungen, die zur Einsicht des Widerstreits derselben gelangt, ist der grosse negative Schritt zum wahrhaften Begriffe der Vernunft."
Dieser negative Schritt besteht eben darin, dass die Verstandesbestimmungen als einander widersprechend, somit als ideell, als unselbständig eingesehen werden. Diese Unselbständigkeit affirmativ ausgedrückt ist die Vernunft. "Aber die nicht durchgeführte Einsicht fällt in den Missverstand, als ob die Vernunft es sei, welche in den Widerspruch mit sich gerate; sie erkennt nicht, dass der Widerspruch eben das Erheben der Vernunft über die Beschränkungen des Verstandes und das Auflösen derselben ist."
Das ist über Kant gesprochen. Bei einer Position kommt es immer darauf an, ob der Verstand sich aufheben kann, ob wir über die endlichen Verstandesbestimmungen hinausgehen können, oder ob diese für sich bestehen bleiben sollen. Sollen die Verstandesbestimmungen für sich bestehen bleiben, dann gerät für diese Position die Vernunft in Widerspruch mit sich. Das ist natürlich bei der Kantischen Philosophie der Fall. In der Kantischen Philosophie sollen die verständigen Bestimmungen der formalen Logik bestehen bleiben. Der Verstand selbst kann sich Kantisch nicht aufheben. Würde man hinter ein Gesetz wie das des zu vermeidenden Widerspruchs zurückgehen, so wäre das formallogisch gleichbedeutend damit, den Verstand zu verlieren. Der Verstand kann sich Kantisch nicht aufheben. Von dieser Position aus kann der Widerspruch nicht affirmativ interpretiert werden. Es ist wichtig einzusehen, dass, wenn die Verstandesbestimmungen für sich fixiert werden, der Widerspruch gerade dort auftritt, wo allein er aufgehoben werden könnte, nämlich in der Vernunft. Unter der Voraussetzung der Selbständigkeit des Verstandes widerspricht sich die Vernunft.
Das folgende ist äusserlich ausgedrückt: "Statt von hier aus den letzten Schritt in die Höhe zu tun, ist die Erkenntnis von dem Unbefriedigenden der Verstandesbestimmungen zu der sinnlichen Existenz zurückgeflohen, an derselben das Feste und Einige zu haben vermeinend." Es ist immer so, dass, wenn wir ein Abstraktum haben, zu diesem sein entgegengesetztes hinzutritt. Den abstrakten Verstandesbestimmungen tritt das abstrakt Sinnliche gegenüber. Wenn wir beim Abstrakt­Allgemeinen bleiben, so steht diesem das Sinnliche gegenüber. Der Verstand ergänzt sich notwendig am Sinnlichen.
Das folgende ist noch näher über Kant gesprochen, und zwar nicht sehr geschickt. Ähnliche Auskünfte finden sich auch in der Phänomenologie.
"Indem aber auf der andern Seite diese Erkenntnis sich als die Erkenntnis nur von Erscheinendem weiss, wird das Unbefriedigende derselben eingestanden, aber zugleich vorausgesetzt, als ob zwar nicht die Dinge an sich, aber doch innerhalb der Sphäre der Erscheinung richtig erkannt würde, als ob dabei gleichsam nur die Art der Gegenstände verschieden wäre und die eine Art, nämlich die Dinge an sich, zwar nicht, aber doch die andere Art, nämlich die Erscheinungen, in die Erkenntnis fielen."
Hier hat Hegel den Unterschied zwischen Schein und Erscheinung bei Kant nicht beachtet. Dieser Vorwurf an Kant geht ins Leere, weil Kant gezeigt hat, dass wir unter der Voraussetzung der formalen Logik nur bei der Erkenntnis von Erscheinungen ankommen können. Kant hat nicht erzählt, dass es zwei Arten von Gegenständen gäbe. Andererseits sind Hegels Ausführungen insofern interessant, als "innerhalb der Sphäre der Erscheinung", in der richtig erkannt werden können soll, dieWidersprüche, die wir ausserhalb derselben haben, auch auftreten. Das wird Hegel im Rahmen der Existenzlogik zeigen. Der letzte Satz dieses Absatzes ist uninteressant, weil bloss polemisch.
Die entscheidende Frage, die sich von dem her, was Hegel hier zum reflektierenden Verstand gesagt hat, stellt, ist die, ob die Verstandesbestimmungen selbst bleiben müssen oder aber sich als Verstandesbestimmungen aufheben. Sind die Bestimmungen der formalen Logik an ihnen selbst unhintergehbar (wie bei Kant) oder nicht? Wenn die Bestimmungen der formalen Logik schlechthin nicht revolutioniert werden können, ist alles, was Kant ableitet, unanfechtbar, auch das, was er zum notwendigen Widerstreit in der Vernunft sagt. Das Inadäquate der Kritik Hegels an Kant an dieser Stelle besteht darin, dass er das nicht berücksichtigt, dass Kant unter der Voraussetzung der formalen Logik versucht hat, das System der Bedingungen abzuleiten, welches erforderlich ist, um überhaupt Objektivität zu erreichen. Was Hegel hier sagt, ist aber (grossteils) richtig, wenn man sieht, dass man hinter diese Voraussetzung zurückgehen muss. Die formale Logik kann nicht an ihr selbst schlechthin gültig bleiben. Wäre Kant ein Metaphysiker, so wäre die Hegelsche Darstellung ganz richtig.
Wichtig ist auch der Zusammenhang zwischen Verstand und sinnlicher Existenz. Ein Abstraktum muss durch sein entgegengesetzes ergänzt werden.
13. Absatz: "Die Kritik der Formen des Verstandes hat das angeführte Resultat gehabt, dass diese Formen keine Anwendung auf die Dinge an sich haben. - Dies kann keinen anderen Sinn haben, als dass diese Formen an ihnen selbst etwas Unwahres sind."
Das ist ein Schluss, der nicht schliesst. Hegel bedenkt hier nicht den Kantischen Begriff vom "Ding an sich", sondern tut so, als hätte Kant gelehrt, dass es zwei Arten von Gegenständen gibt. Der Schluss schliesst nur dann, wenn man voraussetzt, dass es zwei Arten von Gegenständen gibt und die wahren Gegenstände die "Dinge an sich" sind: Wenn die Dinge an sich die wahrhaften Gegenstände sind und die Verstandesbestimmungen nicht auf sie angewandt werden können, dann sind die Formen des Verstandes eben keine wahrhaften Formen. Unter dieser Voraussetzung ist der Schluss richtig, nur ist eben die Voraussetzung falsch.
"Allein indem sie für die subjektive Vernunft und für die Erfahrung als geltend gelassen werden, so hat die Kritik keine Änderung an ihnen selbst bewirkt, sondern lässt sie für das Subjekt in derselben Gestalt, wie sie sonst für das Objekt galten."
Das ist nicht falsch, aber keine Kritik an Kant. Kant hat nicht versucht, die Verstandesbestimmungen zu verändern oder sie in eine andere Gestalt zu bringen, sondern es ging ihm darum, ihren Gebrauch zu rechtfertigen, zu zeigen, unter welchen Voraussetzungen wir mittels Anwendung der Verstandesbestimmungen zur Erkenntnis von Gegenständen kommen.
"Wenn sie aber ungenügend für das Ding an sich sind, so müsste der Verstand, dem sie angehören sollen, noch weniger dieselben sich gefallen lassen und damit vorlieb nehmen wollen. Wenn sie nicht Bestimmungen des Dinges an sich sein können, so können sie noch weniger Bestimmungen des Verstandes sein, dem wenigstens die Würde eines Dings an sich zugestanden werden sollte."
Diesem Satz ist schwerlich Sinn abzugewinnen. Kant hat gerade gezeigt, dass das Ich nicht als Ding an sich aufgefasst werden kann. Dann sagt Hegel zur Zärtlichkeit gegenüber den Dingen bei Kant: "Die Bestimmungen des Endlichen und Unendlichen sind in demselben Widerstreit, es sei, dass sie auf Zeit und Raum, auf die Welt angewendet werden oder dass sie Bestimmungen innerhalb des Geistes (d.h. als subjektive Formen) seien..." Das geht über Kant hinaus. "Wenn unsere Weltvorstellung sich auflöst, indem die Bestimmungen des Unendlichen und Endlichen auf sie übertragen werden (1. Kantische Antinomie), so ist noch mehr der Geist selbst, welcher sie beide in sich enthält, ein in sich selbst Widersprechendes, ein sich Auflösendes. - Es ist nicht die Beschaffenheit des Stoffes oder Gegenstandes, worauf sie angewendet würden oder in dem sie sich befänden, was einen Unterschied ausmachen kann; denn der Gegenstand hat nur durch und nach jenen Bestimmungen den Widerspruch an ihm."
Diese Auskünfte sind freilich wichtig. Was Kant betrifft, so müsste man allerdings seine hierher gehörigen Unterscheidungen (Verstand­Vernunft, regulativ­konstitutiv, in infinitum­in indefinitum) mit aufnehmen; der Sache nach ist das Festgestellte doch richtig. Gedankenbestimmungen können nicht und nie auf irgend etwas angewendet werden, sondern das, worauf sie angewendet werden können, sind immer sie selbst, eben als Inhalt (im Unterschied zu ihnen als Form) dargestellt.
14. Absatz: "Jene Kritik hat also die Formen des objektiven Denkens nur vom Ding entfernt, aber sie im Subjekt gelassen, wie sie sie vorgefunden." Das ist keine Kritik an Kant. Kant ist es nur darum gegangen, die Voraussetzungen dafür aufzuzeigen, dass das subjektive Denken objektives Denken ist.
Wir haben gesagt, dass die formale Logik empiristisch ist. Formallogisch "findet" man alle möglichen Dinge, "sammelt" sie. Aus dieser Sammlung, so Hegels Vorwurf, hat die Kantische Philosophie ihre Formen herausgenommen, anstatt hinter sie zurückzugehen und sie abzuleiten:
"Sie hat dabei nämlich diese Formen nicht an und für sich selbst, nach ihrem eigentümlichen Inhalt betrachtet, sondern sie lemmatisch aus der subjektiven (d.h. formalen) Logik geradezu aufgenommen; so dass [nicht] von einer Ableitung ihrer an ihnen selbst oder auch einer Ableitung derselben als subjektiv­logischer Formen, noch weniger aber von der dialektischen Betrachtung derselben die Rede war."
Dass Kant die Formen des Verstandes einfach aus der formalen Logik aufgenommen hat, ist nicht ganz richtig; das muss gerade Kantisch ein grosses Problem sein. Die Urteilstafel ist nicht einfach der formalen Logik entnommen, obwohl Kant das behauptet. Es kommen in ihr Unterscheidungen vor, die formallogisch keine sind. Das aber sind hauptsächlich Kant-Fragen.
Man kann sagen, dass Hegel in den Absätzen 11 bis 14 den "reflektierenden Verstand" abhandelt, nicht die Transzendentalphilosophie. Wenn man beim Trennen stehenbleiben, kommt es zu den von Hegel hier referierten Widersprüchen.
Der 15. Absatz ist nur in philosophiegeschichtlicher Hinsicht von Interesse. Er spricht über Fichte und Schelling, die über Kant hinausgegangen sind, aber, so Hegel, auf nicht schlechthin adäquate Weise. Wir übergehen diesen Absatz, weil er so allgemein gesprochen ohne Bedeutung ist und man im einzelnen zeigen müsste, wie Fichte und Schelling über Kant hinausgegangen sind und worin der Mangel des transzendentalen Idealismus liegt.
Im sechzehnten Absatz kommt Hegel wieder auf die formale Logik zurück. "Ganz ohne Rücksicht auf metaphysische Bedeutung aber wird dasjenige betrachtet, was gemeinhin unter Logik verstanden wird." Hegels Kritik am Auseinanderfallen von Metaphysik und Logik haben wir schon besprochen. Formale Logik und Abbildtheorie (naiver Realismus) gehen Hand in Hand. Die Betrachtung einer Logik, gleichgültig was für eine Logik das ist, ohne Rücksicht auf metaphysische Bedeutung, ist eine falsche Betrachtung. "Diese Wissenschaft (die Logik), in dem Zustande, worin sie sich noch befindet (auch heute noch), hat freilich keinen Inhalt der Art, wie er als Realität und als eine wahrhafte Sache in dem gewöhnlichen Bewusstsein gilt." Hier ist wieder die formallogische Trennung zwischen Form und Inhalt angesprochen. Eine Logik ohne Inhalt ist nicht, wie Hegel sich oben ausgedrückt hat, ungeschickt, sondern unmöglich. Einen Inhalt hat das Denken immer, häufig freilich einen schlechten.
"Nach dem also, was eine Materie genannt zu werden pflegt, brauchte nicht weit gesucht zu werden; es ist nicht Schuld des Gegenstandes der Logik, wenn sie gehaltlos sein soll, sondern allein der Art, wie derselbe gefasst wird." (S 42) Die Hegelsche Logik hat auch die Formen, die formallogisch auftreten, zum Inhalt. Hier werden sie nicht als gehaltlos betrachtet, als sogenannte blosse Formen.
Im achzehnten Absatz geht Hegel auf die Phänomenologie des Geistes ein. Das ist deswegen wichtig, damit man sieht, dass die Logik nicht nur irgendeine Position ist (was voraussetzte, dass es noch andere Positionen gibt). Es gibt den Standpunkt nicht, von dem aus man die Hegelsche Philosophie als eine Position bezeichnen könnte. Ein entscheidendes Moment ist hier, dass die formale Logik, die kritisiert wird, nicht ausserhalb der Hegelschen Logik steht, sondern ein Moment derselben ist. Das gilt nun nicht nur für die formale Logik insgesamt, sondern für alle Formen des Bewusstseins vor dem rein wissenschaftlichen Bewusstsein. Das ist es, was Hegel durch die Erinnerung an die Phänomenologie hier festhält. Es gibt nicht die Logik und noch etwas daneben.
"Dieser Weg (der Gang des Bewusstseins) geht durch alle Formen des Verhältnisses des Bewusstseins zum Objekte durch und hat den Begriff der Wissenschaft zu seinem Resultate."
Neben diesem Weg gibt es nichts, keine anderen Verhaltensweisen. Man kann sagen, dass die Phänomenologie des Geistes, indem in ihr aufgezeigt wird, dass die Wissenschaft die Wahrheit der anderen Bewusstseinsformen ist, die Begründung der Logik ist. In der Vorrede zur Phänomenologie drückt sich Hegel so aus, dass der Gang derselben notwendig ist, auf dass man nicht "wie aus der Pistole geschossen beginnt", auf dass man nicht einfach eine Position vertritt, neben der es noch viele andere geben könnte. Die Phänomenologie entnimmt die Logik von vornherein dem, eine blosse Position zu sein.
"Dieser Begriff (der Begriff der Wissenschaft) bedarf also (abgesehen davon, dass er innerhalb der Logik selbst hervorgeht) hier keiner Rechtfertigung, weil er sie daselbst erhalten hat; und er ist keiner anderen Rechtfertigung fähig als nur dieser Hervorbringung desselben durch das Bewusstsein, dem sich seine eigenen Gestalten alle in denselben als in die Wahrheit auflösen."
Es ist nicht so, dass die Logik eine bleibende Voraussetzung ausserhalb ihrer hat. Alle Positionen des Bewusstseins sind in den Gang der Phänomenologie aufgenommen. Es bleibt nichts daneben. Es gibt keine anderen Positionen des Bewusstseins.
In der Folge geht Hegel darauf ein, dass sich häufig am Beginn von "wissenschaftlichen" Werken Definitionen finden. In den Verstandeswissenschaften gibt es nur Nominaldefinitionen, die dem Begriff der Definition nicht entsprechen: "Eine Definition, mit der irgendeine Wissenschaft den absoluten Anfang macht, kann nichts anderes enthalten als den bestimmten, regelrechten Ausdruck von demjenigen, was man sich zugegebener- und bekanntermassen unter dem Gegenstande und Zweck der Wissenschaft vorstellt." Das Vorstellen ist hier zu Recht kursiv gedruckt. Was sich irgend jemand vorstellt, ist die Definition einer Sache. Man muss sich hier an das erinnern, was wir zu Begriff und Idee hinsichtlich der Wissenschaft gesagt haben. Der Begriff der Wissenschaft wird erst als Idee erreicht, als gesamte Ableitung und Ausführung derselben (Methodenkapitel).
Im weiteren spricht Hegel aus, dass die Definitionen der Verstandeswissenschaft Nominaldefinitionen sind, obwohl er diesen Ausdruck hier nicht verwendet. Richtig aufgefasst ist die Definition Begriffsbestimmung; eine solche kann nur im System der Philosophie gegeben werden. "Es hört gar nicht auf, dass der eine daher, der andere dorther einen Fall und Instanz beibringt, nach der auch noch etwas mehr und anderes bei diesem und jenem Ausdrucke zu verstehen, in dessen Definition also noch eine nähere oder allgemeinere Bestimmung aufzunehmen und danach auch die Wissenschaft einzurichten sei." Eine Parallele zu dem hier Dargestellten ist das Kapitel "Die Idee des Wahren", in dem Hegel das verstandeswissenschaftliche "Treiben ohne Begriff" darstellt.
Wichtig ist noch der letzte Satz dieses Absatzes: "Bei diesem Verfahren, die Wissenschaft (Verstandeswissenschaft) mit ihrer Definition anzufangen, wird von dem Bedürfnis nicht die Rede, dass die Notwendigkeit ihres Gegenstandes und damit ihrer selbst aufgezeigt würde." In der Philosophie ist es immer notwendig, den Gegenstand selbst, die Notwendigkeit des Gegenstandes zu beweisen.
Im 19. Absatz wird das wiederholt, was vorher schon zur Phänomenologie gesagt wurde:
"Der Begriff der reinen Wissenschaft und seine Deduktion wird in gegenwärtiger Abhandlung also insofern vorausgesetzt, als die Phänomenologie des Geistes nichts anderes als die Deduktion desselben ist."
Zum Verhältnis von Phänomenologie und Logik kann man folgendes sagen: Wenn jemand zur Logik hinzutritt, so ist für ihn diese nur gerechtfertigt, wenn er die Phänomenologie kennt. Wenn er die Logik aber ganz durchstudiert hat, braucht er die Phänomenologie nicht mehr zur Rechtfertigung derselben. In der Logik wird auch der Begriff der reinen Wissenschaft deduziert. Alle Formen, die phänomenologisch, als Erfahrungen des Bewusstseins, vor uns auftreten, treten in der Logik als reine Begriffe auf. Die Logik ist eine Ebene "unter" der Phänomenologie. Wenn in der Phänomenologie von der "sinnlichen Gewissheit" gesprochen wird, so wird in der Logik vom "Sein" gesprochen. Das Zugrundeliegende sind die reinen Gedankenbestimmungen.
"Das absolute Wissen ist die Wahrheit aller Weisen des Bewusstseins, weil, wie jener Gang desselben es hervorbrachte, nur in dem absoluten Wissen die Trennung des Gegenstandes von der Gewissheit seiner selbst vollkommen sich aufgelöst hat und die Wahrheit dieser Gewissheit sowie diese Gewissheit der Wahrheit gleich geworden ist."
Hegel erwähnt hier den Gegensatz zwischen Wahrheit und Gewissheit und hält fest, dass das Resultat der Phänomenologie die Aufhebung der Trennung von Wahrheit (An­sich­Sein) und Gewissheit (Für­das­Bewusstsein­Sein) ist.
20. Absatz: "Die reine Wissenschaft setzt somit die Befreiung von dem Gegensatze des Bewusstseins voraus. Sie enthält den Gedanken, insofern er ebensosehr die Sache an sich selbst ist, oder die Sache an sich selbst, insofern sie ebensosehr der reine Gedanke ist." Die Gedankenbestimmungen stehen nicht dem Sein gegenüber, sondern sie sind die Wahrheit des sinnlich bzw. allgemein als seiend Gegebenen. Es folgen verschiedene Formulierungen für dieselbe Sache:
"Dieses Reich ist die Wahrheit, wie sie ohne Hülle an und für sich selbst ist. Man kann sich deswegen ausdrücken, dass dieser Inhalt die Darstellung Gottes ist, wie er in seinem ewigen Wesen vor der Erschaffung der Natur und eines endlichen Geistes ist." Zweierlei ist hier ausgesprochen:
  1. Im Begriff der Wissenschaft ist die Trennung von Denken und Sache aufgehoben in die Darstellung Gottes.
  2. Logik einerseits und Naturphilosophie und Philosophie des Geistes andererseits sind zu unterscheiden.
In der Logik werden die Bestimmungen des Denkens Gottes für sich betrachtet. An dieser Stelle ist nicht vom geoffenbarten Gott die Rede, und das ganz zu Recht, weil hier "vor der Erschaffung der Natur und eines endlichen Geistes" dabeisteht. In dieser Formulierung ist auch indirekt auf die Geschichte der Offenbarung hingewiesen. Die Logik ist die Darstellung Gottes, und das ist notwendig. Wer Gott zu etwas der Logik Gegenüberstehendem macht, ist Relativist.
Das, was Hegel hier hinsichtlich der Darstellung Gottes, die die Logik ist, sagt, vertritt der Sache nach jede Philosophie. Hegel nennt Anaxagoras:
"Anaxagoras wird als derjenige gepriesen, der zuerst den Gedanken ausgesprochen habe, dass der Nus, der Gedanke, das Prinzip der Welt, dass das Wesen der Welt als der Gedanke zu bestimmen ist."
Das "Wesen der Welt" ist als Gott zu bestimmen. "Der Gedanke" ist nicht abstrakt einer, sondern die vollständige Bewegung der Kategorien, und das ist die Logik. Insofern sagt Anaxagoras hier dasselbe, was Hegel sagt. "Er hat damit den Grund zu einer Intellektualansicht des Universums gelegt, deren reine Gestalt die Logik sein muss. Es ist in ihr nicht um ein Denken über etwas, das für sich ausser dem Denken zugrunde läge, zu tun..." Es gibt nichts neben dem Denken.
Im 22. Absatz hält Hegel fest, dass man sich in der Logik nichts vorstellen, sondern denken soll. Bei einem Begriff hat man sich nichts anderes als den Begriff selbst vorzustellen. Streng genommen gibt es nicht mehrere Begriffe. Die Wortzusammenstellung "andere Begriffe" ist falsch, weil hier der Begriff dinglich, handgreiflich interpretiert wird. Hier kritisiert Hegel an den Platonistikern, dass sie (im Unterschied zu Platon) zwei Arten von Gegenständen aufgestellt haben - auf der einen Seite die sinnlichen Dinge, auf der anderen Seite die Ideen (Nietzsche bezeichnet deren Welt dann als "Hinterwelt"). Demgegenüber weist Hegel darauf hin, dass es die unmittelbare Welt nicht gibt; sie ist nicht selbstständig; sie hat nur von den Begriffen her Sein; ihr Sein ist Anteilhabe an der Idee. Damit hat Hegel Platon referiert. Auch Platon hat freilich nicht behauptet, dass es zwei Welten gäbe:
"Die Platonische Idee ist nichts anderes als das Allgemeine oder bestimmter der Begriff des Gegenstandes."
Wer die Platonischen Ideen als eine zweite Welt ansetzt, stellt die Begriffe nebeneinander und interpretiert sie damit dinglich. Es gilt aber: "...nur in seinem Begriffe hat etwas Wirklichkeit; insofern es von seinem Begriffe verschieden ist, hört es auf, wirklich zu sein, und ist ein Nichtiges." Die Platonischen Ideen sind als Bedingungen der Möglichkeit der sinnlichen Welt aufzufassen.
Die logischen Formen sind nichts nur Subjektives. Hegel beruft sich diesbezüglich auch auf die Vorstellungen der gewöhnlichen Logik: "...es wird nämlich angenommen, dass z.B. Definitionen nicht Bestimmungen enthalten, die nur ins erkennende Subjekt fallen..." Hegel hätte hier auch allgemein sagen können: das nur Subjektive gibt es nicht. Hier aber beruft er sich auf die gewöhnliche Ansicht, dass, wenn etwas definiert wird, es damit objektiv bestimmt sein soll. Dasselbe gilt etwa für das Schliessen. Diese Vorstellungen sind allerdings so gewöhnlich, dass sie von Kant bereits widerlegt wurden. Kant hat ja gezeigt, dass es möglich ist, dass etwas formallogisch richtig, ontologisch aber falsch ist. Um dies auszuschliessen hat Kant seine Transzendentalphilosophie geschrieben.
"Denken ist ein Ausdruck, der die in ihm enthaltene Bestimmung vorzugsweise dem Bewusstsein beilegt. Aber insofern gesagt wird, dass Verstand, dass Vernunft in der gegenständlichen Welt ist, dass der Geist und die Natur allgemeine Gesetze habe, nach welchen ihr Leben und ihre Veränderungen sich machen, so wird zugegeben, dass die Denkbestimmungen ebensosehr objektiven Wert und Existenz haben." Es wurde in der zweiten Vorrede schon darauf hingewiesen, dass das Denken als nicht nur subjektiv, sondern ebensosehr objektiv aufzufassen ist. Die gegenständliche Welt ist vernünftig.
23. Absatz: "Die kritische Philosophie machte zwar bereits die Metaphysik zur Logik, aber sie wie der spätere Idealismus gab, wie vorhin erinnert worden, aus Angst vor dem Objekt den logischen Bestimmungen eine wesentliche subjektive Bedeutung."
Hegel hat es verabsäumt, an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass Kant die objektive Bedeutung (was ist, ist gegenständliches Denken) der logischen Bestimmungen gefasst hat, wobei allerdings festzuhalten ist, dass dem Denken Kantisch die Anschauung an die Seite treten muss. Die "wesentliche subjektive Bedeutung" ergibt sich daraus, dass eben eine schlecht­sub-jektive Logik, nämlich die formale, vorausgesetzt wird. Davon abhängig ist dann auch die Transzendentale Logik. Das folgende sind äusserliche Auskünfte.
24. Absatz: "Kant preist sonst die Logik, nämlich das Aggregat von Bestimmungen und Sätzen, das im gewöhnlichen Sinne Logik heisst, darüber glücklich, dass ihr vor anderen Wissenschaften eine so frühe Vollendung zuteil geworden sei; seit Aristoteles habe sie keinen Rückschritt getan, aber auch keinen Schritt vorwärts, das letztere deswegen, weil sie allem Ansehen nach geschlossen und vollendet zu sein scheine."
Es ist in der Tat so, dass Kant die formale Logik mit Aristoteles als vollendet ansieht; er will sie nicht verändern, sondern er will sie rechtfertigen; er will ihr über ihre subjektive eine gegründet objektive Bedeutung verleihen. Hegel sagt, dass der entgegengesetzte Schluss zu ziehen ist. Wenn die Logik seit Aristoteles keine Änderung erfahren hat, dann ist es Zeit, sie zu verändern. Wichtig ist, dass wieder der Zusammenhang von Logik und Metaphysik hervorgehoben wird: "...so ist daraus eher zu folgern, dass sie um so mehr einer totalen Umarbeitung bedürfe; denn ein zweitausendjähriges Fortarbeiten des Geistes muss ihm ein höheres Bewusstsein über sein Denken und über seine reine Wesenheit in sich selbst verschafft haben." Nur von der Einheit von Logik und Metaphysik her ist der Schluss Hegels von der zweitausendjährigen Unverändertheit der Logik auf die Notwendigkeit ihrer Veränderung korrekt. Wenn man von der Trennung der Disziplinen ausgeht, wie diese bei Aristoteles begründet wird, so ist dieser Schluss nicht zu ziehen. Die Trennung von Logik und Metaphysik ist widersprüchlich, weil sie eine Trennung der Metaphysik selbst ist. Der Hegelsche Schluss ist korrekt, weil es in der Philosophie ein Nebeneinander von Disziplinen nicht gibt und nicht geben kann. So ist es nicht möglich, in der Metaphysik fortzuschreiten, in der Logik aber nicht.

Der Artikel stammt aus dem Internet, Adresse: http://netbase.t0.or.at/~leohemetsberger/Logik/logik1.htm (logik2.htm usw.)


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"