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Religion - Christentum
Der Artikel stammt von Martin Weber aus der Zeitschrift "Wegbegleiter", Nr. 2/2001, S. 66.
Anmerkungen des Erfassers stehen in []-Klammern

Gottgewolltes Leiden?

Die Geschichte von Tanja

Im Grunde war Tanja eine liebenswerte Person. Jederzeit stellte sie sich im Alltag vor ihre Kinder (ja, sie kämpfte bisweilen wie eine Löwin für sie), hatte dabei stets den Haushalt im Griff und verfügte zudem über eine beachtliche Intelligenz, gekoppelt mit gutem Einfühlungsvermögen.
Als ihre Kinder der Reihe nach das Elternhaus verliessen und ins eigene Leben traten, stellten sich bei Tanja zunächst kaum wahrnehmbare Veränderungen ein, die anfangs durch Streitigkeiten mit ihren Kindern gekennzeichnet waren. Später dann eskalierten diese Auseinandersetzungen fast immer, wenn es um Glaube oder Religion ging. Tanja begann verstärkt, ihr ganzes Leben um diese Punkte kreisen zu lassen, wobei sie einen gewissen Realitätsverlust in Kauf zu nehmen schien.

Religiöse Schwärmerei

Die Begegnungen mit den Kindern wurden zunehmend seltener, und schliesslich brach der Kontakt der Reihe nach mit allen Kindern bis auf einen Sohn. Tanja strahlte zu dieser Zeit eine gewisse Verbitterung aus und litt offensichtlich, wie ihrer Mimik unschwer zu entnehmen war. Sie ging sehr oft in die Kirche und brachte ihren Kindern gegenüber wiederholt das Beispiel von Hiob, „dem auch alles genommen wurde“. Jede noch so gutgemeinte Kritik wurde ausgeschlagen, auch von aussen kommende Hinweise oder Ratschläge abgelehnt. Insbesondere jede Aktivität, die nicht kirchlichen Segen besass, wurde rigoros verworfen bis hin zur Bezeichnung mit Worten wie „Hölle“, „teuflisch“ usw. Sogar Männer der Kirche selbst fielen diesen harten Beurteilungen zum Opfer, wobei sich im Laufe der Zeit der Verdacht erhärtete, dass nicht die kirchliche Autorität, sondern die innere Überzeugung von Tanja zum Massstab herangezogen wurde. Sie selbst schien dies jedoch nicht zu bemerken. Körperlich war Tanja immer noch robust und von gutem Gesundheitszustand, keines ihrer Kinder starb oder war schwer krank oder irgendwie verunfallt.
Sie begann, ihr zuhause mit lkonen, Kerzen und allerlei Gegenständen auszustatten. Ihren Kindern schrieb sie Briefe voller Vorwürfe, später dann vermehrt Kunstkarten, die zuletzt ausschliesslich religiöse Motive hatten. Sie reiste u.a. nach Medjugorje und verzichtete verstärkt auf die verstandesmässigen Aspekte bestimmter Vorgänge. Eine vernünftige Diskussion mit ihren Kindern fand kaum noch statt, ihr früher so präziser Verstand trat in den Hintergrund, die mystische Erfahrung nach vorne (oder: der Wunsch danach).

Leiden für die Welt

Eines Tages nun erhielten die Kinder zu Weihnachten eine Karte von Tanja mit einem kopierten Einlegeblatt. Darauf befand sich ein Text, der wie folgt lautete (sinngemäss wiedergegeben): „Tanja, mein geliebtes Kind, deine Leiden sind nicht umsonst, sondern werden Segen über alle bringen, die dir nahe stehen. Sorge dich nicht, immer bin ich bei dir, ich, die Treue, die Milde, die dich liebt.“ Offensichtlich handelte es sich um eine an Tanja gerichtete Botschaft von Maria, der Mutter Jesu.
Warum Tanja diesen Text an ihre Kinder sandte, ist hier von untergeordneter Bedeutung. Für uns ist wichtiger, dem biblischen Grundsatz „Prüfet alles, das Gute behaltet!“ zu folgen, um die Quelle des Textes zu lokalisieren. Dabei fällt zunächst auf, dass der Text die Haltung von Tanja bestärkt und ihr Leiden als gut oder sogar heilsbringend kennzeichnet. Aus der Vorgeschichte wird deutlich, dass Tanja an einem bestimmten Punkt ihres Lebens begann, das Leid zu suchen (wiederholte Hinweise auf Hiob). Hier nun fand sie Bestätigung und Ermutigung, weiterhin zu leiden. Diese Botschaft konnte sie ohne Schwierigkeiten akzeptieren und gab sie sogar an ihre Kinder weiter. Des weiteren scheint nun durch diese Botschaft ein Ende ihres Leidens nicht mehr absehbar, es sei denn, durch eine weitere Botschaft, da ja Leiden auf ihr nahestehende Menschen Segen herabruft. Sollte sie daher aufhören zu leiden, würde sie auch den Segen beenden, was natürlich nicht in ihrem Sinne ist. Und schliesslich hat ja auch Jesus für die Menschen gelitten – die Bestätigung für Tanja ist umfassend.
Aber ist diese Botschaft wirklich von „Maria“? Beinhaltet sie auch Gutes, von dem die Bibel sagt, dass wir es behalten sollen? Kann unter diesen Umständen je wieder ein normales Verhältnis zu Kindern und Enkeln hergestellt werden?

Martin Weber


(Anm.v. Martin Weber: Dieser Fall ist authentisch, daher wurden Name und Ort von der Redaktion geändert. )
Dieser Beitrag wurde als Frage an die Leser formuliert.


Reaktionen der LeserInnen

Gottgewolltes Leiden?

Unter dieser Überschrift veröffentlichten wir in der letzten Wegbegleiter-Ausgabe [Nr.2/2001] die authentische Lebensgeschichte von Tanja (Name von der Redaktion geändert), die nach dem Weggang ihrer erwachsenen Kinder eine immer stärkere werdende (scheinbar) katholische Religiösität entwickelte – so weit, dass sie sich auch mit ihren Kindern überwarf und sich selbst mit Hiob verglich. Dies wurde zu guter Letzt sogar von einer (angeblichen) Maria-Botschaft an sie bestätigt, in der es hiess, ihr Leiden sei nicht umsonst, sondern bringe Segen über alle, die ihr nahestünden. Diese Botschaft sandte die Mutter dann zu Weihnachten an all ihre Kinder. Diese Geschichte warf viele Fragen auf. Nachfolgend eine Auswahl aus den Leserbriefen, die uns zu diesem Thema erreichten:

Zu Ihrer Publikumsfrage: Gottgewolltes Leiden. Je mehr heute Botschaften von „Maria“ verbreitet werden, desto fragwürdiger erscheint die Quelle. Auch wenn die sogenannte Mutter Jesu über ihr Leben erzählt, ist Zurückhaltung angebracht.
Gerda Möser, D-Coburg

Bei dieser Mutter, die das Leiden suchte und weiterhin glaubt darin zu verbleiben, um ihr Seelenheil zu finden, fällt vor allem auf, dass ihre Glaubensüberzeugung als fanatisch einzuordnen ist. Sie möchte diese also ihren Kindern überstülpen und riskiert darüber Streit und Trennung. Auch die Briefe voller Vorwürfe gehen in diese Richtung. Dies alles zeugt auf keinen Fall von der „Gottesliebe“, wie sie von Christus an alle Menschen vermittelt wurde. Die Botschaft von Maria, der Mutter Jesu, würde ich als nicht echt akzeptieren. Niemals würde Maria diese Mutter in ihrer verbohrten fanatischen Haltung noch bestärken. Diese Tanja achtet nicht den freien Willen wie es Gott vorgeschrieben hat für alle seine Kinder. Sie belastet sich selbst, wenn sie nicht um Vergebung bittet und selbst nicht vergeben kann. Dies ist vor Gott das Allerwichtigste, um mit sich in Reine zu kommen.
Elke Ruf, D-Adelberg

Wie kann ein Gott der Liebe wollen, dass ich leide? Dies habe ich mit meinem freien Willen – und damit mit meiner Verantwortung – selbst verursacht! Immer wenn ich leide, habe ich den Weg der Freude verlassen. Also frage ich mich – wem nutzt es, dass ich leide? Also, Ursache erforschen, wann und warum bin ich aus der Freude gegangen, wie komme ich wieder in die Freude? Im Kleinsten wird viel gegeben, und sei es nur ein Sonnenstrahl im richtigen Moment.
Leiden für die Welt? NEIN! (siehe oben) Die Welt braucht liebevolle Energie, Leid gibt es genug. Auch Jesus litt nicht für uns. Er wurde ermordet! Er kam, um uns die Nächstenliebe vorzuleben! Die Liebe, die bedingungslose, grenzenlose Liebe Aber: mit beiden Beinen auf dieser Erde bleiben und bewusst in beiden Welten leben.
Irmgard Hilgers, D-Mönchengladbach

Eltern sollten ihre erwachsenen Kinder frohen Herzens loslassen und deren individuelle Wege mit konstruktiven Gedanken begleiten. (Ich weiss wovon ich sprechen, denn ich bin in einer vergleichbaren Situation).
Insbesondere eine Mutter hat jetzt die willkommene Chance zum Beginn einer neuen Lebensphase, die für sie ein spiritueller Erkenntnisweg und kein Leidensweg darstellen sollte. Menschen, die sich darum bemühen, erkennt man an ihrer Freundlichkeit, Gelassenheit, Toleranz, Friedfertigkeit, Weisheit, kurz: an ihrer positiven Ausstrahlung. Die günstigen Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit sind unverkennbar.
Nachdem Jesus sein Erlösungswerk vollbracht hat, gibt es kein gottgewolltes Leiden mehr. Die Herkunft der „Botschaft“ könnte ich mir folgendermassen erklären: Entweder ist sie das Produkt von Tanjas Fantasie und Illusion (Elementale, die sich manifestieren), oder es handelt sich um Einflüsterungen aus niederen Geistesebenen.
Diese „Botschaft“ kann nicht aus einer höheren Geistesebene kommen, da sie Tanjas destruktive Einstellung nur verstärkt. So werden die Fronten zwischen ihr und ihren Kindern noch verhärtet, und diese wehren sich zu Recht gegen die Vorwürfe und das Aufoktroyieren von Schuldgefühlen.
Letztlich aber schadet sich Tanja selbst am meisten, denn mit ihrer dogmatischen, starrköpfigen Haltung wird sie sich einmal in der Astralwelt sehr schwer tun, wo Lernbereitschaft und Offenheit für neue spirituelle Erkenntnisse wichtig sind. (...)
Es drängt mich noch Ihnen mitzuteilen, dass der WEGbegleiter eine grosse Bereicherung für mich darstellt, wofür ich Ihnen herzlich danke. Besonders freue ich mich, dass auch Armin Risi, dessen Bücher ich grösstenteils kenne, in Ihrem Verlag mitarbeitet.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Mitarbeitern weiterhin Erfolg und den Segen aus der geistigen Welt.
Gerda Gerster, D-Freiburg

Mein spontanes Empfinden war: Die Art der Schilderung dieser Geschichte ist typisch „Mann“. Typisch nachfolgende Generation – verstandesbetonte Perspektive also!
Um nicht zu sagen, kritisch, an der lieblosen Grenzen. (Betone: Grenze! Es ist immerhin guter Wille spürbar, diese Frau und weitgehend alleingelassene Mutter zu verstehen.)
Ist hier nicht geschildert, was das unzählige Male erlebte Wort „mutterseelenallein“ begreiflich machen könnte?
Keine Rede von einem Partner, der gemeinsam mit dieser Frau die Kinder ins Erwachsenleben führt und nach und nach dorthin entlässt, ihr Schicksal also teilt! Wer weiss was ihr schicksalhaft von männlicher Seite an Enttäuschungen und Verständnislosigkeit passiert sein mag, dass sie von seiten ihrer Kinder so sehr etwas mehr Verständnis erhofft hat?
Ihrer Veranlagung nach dürfte sie wohl ein religiöser Mensch sein, der auch keinen Hehl daraus macht, aber auch nicht begreifen will, dass das bei den nachfolgenden Generationen allgemein nicht mehr „in“ ist. Sie versucht – das ist ihr Fehler – alles, um Verständnis zu wecken, rastet möglicherweise auch mal aus, weil es ausbleibt. Die Schere wird grösser und grösser, ihre vermutliche innere Not und Verzweiflung auch. Sie flüchtet sich in kirchlich-religiösen Halt, intensiviert ihr Beten um Hilfe. Als katholische Christin ist es für sie naheliegend, sich an die „Gottesmutter“ zu wenden. Und nun scheint sie eine Antwort zu bekommen. Warum eigentlich nicht? Das geschah zu allen Zeiten und geschieht auch heute noch. Ich kenne selbst solche Bespiele.
Niemand kann wirklich wissen, wie ein anderer sein Leben fühlt. Mag sein, dass Selbstmitleid – es soll auch bei Männern vorkommen – eine gewisse Rolle spielt, wenn Tanja sich mit Hiob vergleicht. Und dem wurde ja auch geholfen letzten Endes. Und vermutlich fehlten auch gewisse Voraussetzungen in ihrem Leben, um an Menschen (und Bücher) heranzukommen. [...]
Else Marx, D-Raisting


[ Anmerkung des Erfassers: Nachfolgend meine persönliche Meinung zum Thema:

Die Kernfrage lautet: Ist Leiden gottgewollt oder sogar gottgefällig? Diese Frage führt direkt zu anderen wichtigen Fragen: Warum lässt Gott das viele Leiden in der Welt zu? Was ist der Sinn des 'Bösen' in der Welt? Warum gibt es das 'Böse' überhaupt? Wie ist das Leiden mit der postulierten Liebe Gottes zu Seinen Geschöpfen vereinbar?
An diesen Fragen 'ver-zweifeln' viele Gläubige und sie dienen den Ungläubigen/Unwissenden als starkes Argument gegen einen liebenden Gott, ja gegen die Existenz Gottes überhaupt. Auch mir waren diese Fragen ein grosser Stein des Anstosses.
Bei der Suche nach Antworten auf obige Fragen stiess ich auf Menschen, Bücher und Artikel, bei/in denen ich sinnvolle Antworten auf diese Fragen erhielt. Diese Homesite (Internet-Seiten) entstand zu dem Zweck die (vorläufigen) Ergebnisse meiner Suche auch anderen Menschen zugänglich zu machen. Wer die empfohlenen Bücher und Artikel aufmerksam (mit möglichst wenig Vorurteilen) durcharbeitet, der kann Gewissheit erlangen, dass Gott uns wahrhaft liebt und dass das Leiden der Geschöpfe sinnvoll ist, ja sogar ein wichtiger Teil dieser göttlichen Liebe ist. Das mag verrückt klingen, ist es bei tieferem Nachdenken aber nicht.
Für mich ist Leid die Auswirkung des freien Willens der unvollkommenen Geschöpfe nach Abwendung von Gott und Ablehnung Seiner liebevollen Führung. Die Liebe Gottes zu Seinen Geschöpfen ist ohne den freien Willen nicht vorstellbar. Wenn Gott Seine Geschöpfe ohne freien Willen geschaffen hätte, ihnen jede Möglichkeit genommen hätte, sich u.U. freiwillig von Ihm abzuwenden zu können und dann an dieser Abwendung zu leiden, dann hätte Er geistig unfreie Wesen geschaffen, Sklaven, unfähig der individuellen Entwicklung. Dann wäre Gott ein selbstzufriedener 'Sklavenhalter', umgeben von Ihm mechanisch ergebenen zwangsseligen Geschöpfen. Diese Vorstellung ist schauderhaft und wäre mit wahrer Liebe unvereinbar. Leid kann also bei der Ausübung des freien Willens der Geschöpfe entstehen und zeigt uns deutlich, dass wir zu Gott umkehren, uns Ihm wieder zuwenden sollen. Leid ist not-wendig, wäre aber nicht nötig gewesen, wenn wir als noch sehr unvollkommene Wesen auf Gott gehört hätten und uns weiter hätten von Ihm führen lassen. Es war unser eigener Entscheid, den seligen Zustand zu verlassen, aus der göttlichen Schule auszusteigen und eigene Wege (ohne entsprechende Schulung) auszuprobieren, was der uns gegebene freie Wille zuliess (zulassen musste). So gerieten wir in tiefere Welten, wo das Leiden infolge der Gottabwendung unser ständiger Begleiter wurde.
Vielleicht kann ich es anhand der Beziehung zwischen Eltern (Gott) und Kindern (Geschöpfe) besser erklären: Eltern können versuchen, ihre Kinder vor Übel zu bewahren, aber zum Guten zwingen, das sollten und können sie nicht. Eltern können manchmal nicht verhindern, dass Kinder sich (trotzig) von ihnen abwenden, ihre eigenen Vorstellungen ausleben. Wenn Eltern ihre Kinder zum Guten zwingen wollen, dann erreichen sie meist das Gegenteil, nämlich Hass und Steigerung der Abwendung. Manchmal müssen Eltern ihren unerwachsenen (unvollkommenen) Kindern dabei zusehen, wie diese Fehler begehen, daran leiden und unglücklich sind. Eltern müssen (wie Gott) dann geduldig, voller Trauer zusehen, wie Leid entsteht und können (dürfen) es nicht gänzlich verhindern. Eltern können erst wieder helfen, wenn die Kinder sich freiwillig, geschult durch das Leiden, ihnen erneut zuwenden. Dann nehmen gute Eltern die Kinder voller Liebe wieder auf und helfen ihnen, wo und wie sie können. Wer dieses tief durchdenkt, der wird Gottes 'Schweigen' und Sein Zulassen von Leiden besser verstehen.
Die höchsten Gesetze Gottes sind: Gottes Liebe zu Seinen Geschöpfen, die Solidarität der Geister und der freie Wille Seiner Geschöpfe. Wer gegen diese Gesetze verstösst, der gerät in den Zustand des Leidens und produziert solches. Das mag hart erscheinen, ist aber nicht hartherzig. Es ist alles so eingerichtet, dass uns geholfen wird, sobald wir einsichtig werden. Gemessen an der Ewigkeit unserer Existenz ist die Phase des Irrtums (Abwendung von Gott und Verstoss gegen die göttlichen Gesetze und als Folge davon das Leiden) sehr kurz und wird uns nach erfolgreicher Umkehr (Heimkehr) nicht mehr schlimm vorkommen. Das Leiden ist äusserst heilsam, ja sogar Gnade. Es verhindert, dass wir immer weiter von Gott wegdriften und in diesem Zustand verharren. Leiden macht uns auf unsere Fehler aufmerksam und verhindert noch Schlimmeres, nämlich Stagnation in der Gottferne. Wer die Konsequenzen von fehlerhaftem Verhalten praktisch am eigenen Leib erfahren hat, der wird dauerhaft davon geheilt, sich zukünftig fehlerhaft zu verhalten. Leiden ist nicht Strafe, sondern Therapie! Gott wird sich über unsere Heimkehr besonders freuen und uns (Seine verlorenen Söhne und Töchter) liebevoll in die Arme nehmen. Dies ist der tiefere Sinn des biblischen Gleichnisses vom verlorenen Sohn. Christus wollte uns diese Liebe Gottes zu Seinen Geschöpfen verkünden. Doch wir konnten es nicht fassen. Können wir's jetzt endlich fassen? Gott liebt uns und will nicht, dass wir leiden, aber er kann und darf es nicht gänzlich verhindern, weil wir einen freien Willen haben (müssen). Diesen hat Er uns gegeben, weil Er uns wahrhaft liebt! Liebe gedeiht nur, wenn man dem geliebten Geschöpf den freien Willen zur individuellen Entwicklung lässt. Der wahrlich Liebende lässt dem Geliebten Raum zur eigenen Lebensgestaltung. Wenn sich der Geliebte abwendet, dann muss man das respektieren, sonst liebt man nicht richtig. Unter Zwang kann Liebe nicht gedeihen.
Beim Nachforschen über das Thema Leiden bin ich auf den Begriff Karma/Dharma gestossen. Dieses aus dem indischen Kulturraum stammende Religionsthema ist v.a. unter Christen sehr umstritten. Armin Risi ist in seinem Buch: "Gott und die Götter" (Govinda Verlag Neuhausen 1995, ISBN 3-906347-30-3) näher auf dieses Thema eingegangen. Wer sich mit der indischen Religion (u.a. dem Buddhismus) befasst, sollte dieses Buch unbedingt lesen. Kurz gesagt: Leiden kann Folge von vergangenen Handlungen sein, die gottgesetzwidrig waren. Der Esoteriker würde sagen: Actio = Reactio. Aber ohne das tiefere Verständnis der umfassenden Liebe Gottes, kann die Karma-Lehre leicht missverstanden werden und zu einem 'Auge-um-Auge-Zahn-um-Zahn'-Verständnis führen. Wahre Einsicht, aufrichtige Reue und Liebe zu Gott und Seinen Geschöpfen (den Mitgeistern, siehe Solidarität der Geister) lässt jede noch so schwere Karma-Last schnell schwinden. Die gute Geisterwelt hilft jedem, der auch nur die winzigste Einsicht oder Reue zeigt, der sich Gott (wieder) zuwendet. In diesem Zusammenhang muss der Wert des gegenseitigen Verzeihens betont werden. "Und vergib uns unsere Schuld, (so) wie auch wir vergeben unseren Schuldigern." Das heisst, wenn wir vergeben, verzeihen können, dann kann uns auch Gott vergeben und verzeihen. Motto: "Du sollst (sollen, nicht müssen!) Gott lieben, deinen Nächsten und auch dich selbst." Gott ist kein kleinlicher Sündenverwalter, der jede Schuld bis aufs Letzte einfordert. Er ist zwar gerecht, aber nicht hartherzig dabei. Mit einer guten Tat, besonders, wenn sie uns schwer fällt, können unzählige schlechte Taten aufgewogen ('getilgt') werden, insbesondere die Sünden, welche mit mangelhaftem Wissensstand begangen wurden. Gott hat uns unvollkommen geschaffen, damit wir uns individuell entwickeln können. Deshalb weiss er um die Möglichkeit des Fehlens und wird nicht kleinlich sein, bei der Bewertung dieser Fehler. Im Jenseits erwartet uns kein Strafgericht Gottes, sondern die Freude und/oder die Last des eigenen Gewissens. Wer grosse Belohnung für den rechten Glauben erwartet, dürfte enttäuscht werden. Es zählen vor allem unsere (Liebes-)Taten oder deren Fehlen. Wir selbst sind unsere eigenen Richter. Schon hier leiden wir unter den eigenen Fehlern (Sünden), die wir ständig begehen. Nach dem Tod, wenn unser moralisches Gewissen anders arbeitet und unser Gedächtnis umfassender wird, dann kann das (geistige) Leid sehr stark werden, aber auch die Freude über Erreichtes. Das Leid kann als Strafe missverstanden werden, ist jedoch Therapie. Was wir als grössten Fehler empfinden werden, ist mangelnde Liebe zu Gott und zu den Mitgeschöpfen. Des weiteren können wir stark leiden unter Stagnation, dem Nichterfüllen der Lebens-Mission oder der Nicht-Nutzung gegebener Entwicklungsmöglichkeiten. Zentrale Ursache für Leid ist immer mangelnde Liebe, vor allem zu Gott!
Übrigens: In den indischen Veden sind folgende Hindernisse auf dem Weg zu Gott aufgeführt: Falsch verstandene Tugend (z.B. Ausübung von Zwang zur Herbeiführung des Guten in der Welt!, gewisse Formen von Hochmut), Leidenschaft (z.B. schädliche Gefühle, Genussucht, Egoismus) und Unwissenheit (z.B. mangelhafter Lernwille). Das Nichtbeachten dieser Punkte kann auch zu Leiden führen. Es lohnt sich, näher darüber nachzudenken!
In "Geist-Kraft-Stoff" sind folgende Punkte als Ursache des Geisterfalls (der Entfernung von Gott) und dem damit verbundenen Leiden erwähnt: Hochmut, Sinnlichkeit und Ungehorsam. Hochmut ist klar. Sinnlichkeit meint den Missbrauch der eigenen Schöpfungskraft und Ungehorsam meint die Weigerung zu lernen, d.h. Gottes Willen richtig verstehen zu lernen sowie den Missbrauch des eigenen freien Willens. Die ergänzenden Nachträge zu Geist-Kraft-Stoff führen hier weiter.
Ich weiss, dass das ganze Thema extrem heikel ist und dass obige Aussagen leicht missverstanden werden können. Es geht hier um zentrale Fragen der Religion. Ich habe wahrscheinlich nicht die richtigen Worte gefunden. Besser und ausführlicher hat es Friedrich Funcke in seinem Buch "Christentum als Weltanschauung und Lebenskunst" erklärt. Auch die "Kundgebungen des Geistes Emanuel Band 1 und 2" sind äusserst hilfreich zum besseren Verständnis der Thematik.

Allen, die jetzt gerade leiden, rufe ich zu: Glaubt an die Liebe und Weisheit Gottes, der das Leid nicht will, aber zulassen muss zu unserem Besten. Ihr werdet den Sinn eueres Leidens einmal begreifen und dann auch akzeptieren können. Die Zeit des Leids wird vergleichsweise schnell vorübergehen. Wenn ihr euer Leid annehmt, ohne allzu grosse Verbitterung durchsteht, dann wird es gewandelt in Reife, Wissen und Fortschritt auf dem Weg zurück zu Gott. Ihr werdet lernen, die Liebe Gottes auch im Leid zu spüren und zu empfinden. Einmal wird alles gut werden! Dann werdet ihr beim Zurückschauen weise lächeln und das erfahrene Leid sogar zu schätzen wissen. Gott, ich danke Dir für die geweihte Not!

Thomas Frey, CH-Gebenstorf ]


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"