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Biographie

Gespräch mit Rudolf Passian, erschienen in der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr. 2/2006, S. 30-39.

Rudolf Passian rehabilitiert

Ein mögliches Interview von T. Frey (WB)

(Red.: Die nachfolgenden Lebenserinnerungen basieren auf gemeinsamen Gesprächen und wurden von Herrn Passian zusammengestellt. – T.F.)

WB: Herr Passian, aus Ihren Publikationen ist erkennbar, dass Sie durch Kriegserleben, Heimatvertreibung [Schlesien] und unschuldig erlittener Strafgefangenschaft zum Gott- und Wahrheitssucher wurden. Darf ich fragen, wie es zu Ihrer Strafgefangenschaft kam? Von wem wurde sie veranlasst und was war der Grund?
RP: Es war im Jahre 1948. Nach der Heimatvertreibung befand ich mich mit den verbliebenen Angehörigen in der sowjetischen Besatzungszone, dem Gebiet der späteren DDR. Naiverweise glaubte ich damals an die von den Siegermächten gebrachte Demokratie. Deshalb dachte ich nicht im entferntesten daran, dass es verboten sein könnte, unter den Heimatvertriebenen Unterschriften zu sammeln für eine Eingabe an die UNO mit dem Ersuchen, das Vertriebenenproblem wohlwollend behandeln und eine mögliche Rückführung in Erwägung ziehen zu wollen.

WB: Das ist doch kein Verbrechen.
RP: Gewiss nicht, aber das Demokratieverständnis der Sowjets war eben ein anderes. Und als man bei meiner Verhaftung einen Zettel mit Witzen fand, unter denen sich ein paar politische befanden, so wurde mir das als "Antisowjetpropaganda" angelastet. Nach schlimmen Monaten nächtlicher Verhöre erfolgte dann meine Verurteilung zu 25 Jahren Zwangsarbeit. Neben dem Erschiessen war dies damals die Höchststrafe. 24 Jahre war ich erst alt.

WB: Wie war Ihnen zumute, als dieses Urteil fiel?
Auch die Verurteilung durch ein Militärtribunal geschah des Nachts. Es gab weder eine Verbindung zur Aussenwelt, noch die Möglichkeit der Verteidigung. Es gab nur Ungewissheit, irrsinnigen Hunger, verzweifeltes Hoffen und Bangen. Zuletzt auch vor dem Tribunal wollte man nur Geständnisse hören. Immerhin liess man die völlig haltlose Anklage wegen angeblicher Spionage fallen.
Wie mir nach der Urteilsverkündung zumute war, ist schwer zu beschreiben. Es war, wie wenn man plötzlich keine Vergangenheit mehr hätte und man in totaler Finsternis stünde.

WB: Was folgte dann?
RP: Lieber Herr Frey, ich spreche nur sehr ungern über jenes schreckliche Erleben. Zudem möchte ich mich nicht als Held aufspielen. Anderen erging es weit schlimmer. Zehntausende überlebten es nicht.

WB: Darf ich dennoch fragen, wie es weiterging?
RP: Die nächste Station, per nächtlicher Bahnfahrt im vernagelten Viehwaggon, war ein so genanntes Schweigelager. Das waren zumeist ehemalige deutsche KZs, die nach Kriegsende sogleich wieder und wahllos gefüllt wurden. Von diesen Sammellagern, die von der Aussenwelt hermetisch abgeschlossen waren, (sogar von der späteren Gründung zweier deutscher Staaten erfuhren wir nur gerüchteweise), gingen die Massentransporte in die Hölle des "Archipel GULAG". Meine Beinamputation bewahrte mich davor. Was übrigens von meinem 1940 gestorbenen Vater, während einer nachtodlichen Manifestation im Jahre 1946, angedeutet worden war.

WB: Interessant. Und wie erging es Ihnen in dem Lager, und wo befand es sich?
RP: Es war das KGB-Speziallager Nr. 4 in Bautzen / Sachsen. (Bilder) Eine Zuchthausanlage, konzipiert für 1200 Häftlinge, damals vollgepfropft mit bis zu 7000 Menschen, auch Frauen. Alle Fenster waren verbarrikadiert, man sah nur einen kleinen Streifen des Himmels. Ein-Mann-Zellen waren mit vier und mehr Personen belegt. Bewegungsmöglichkeit Null. Die Holzpritschen übereinander, für Tisch oder Schemel kein Platz. Sommers wie winters ein oder zwei schmutzige Wolldecken. In einer Ecke der stinkende Notdurftkübel aus Holz. Der Tod hielt reiche Ernte. Jede Nacht wurden Tote abtransportiert und auf dem sogenannten Karnickelberg verscharrt. Mit reichlich Chlorkalk. Als man diese Massengräber später fand, wurden sie den Nazis zugeschrieben.

WB: Wie waren sonst die Haftbedingungen? Ging das Hungern weiter?
RP: Ja, das besserte sich erst, nachdem 1950 das Lager unter Aufsicht der DDR-Polizei gestellt worden war. Unterlagen über die Gründe unserer Inhaftierung bekamen sie nicht. Wir galten einfach als Kriegs- und Naziverbrecher. Unsere grosse Hoffnung auf eine korrekte Überprüfung unserer Urteile und Freilassung Unschuldiger (etwa 90 Prozent), erfüllten sich leider nicht. Das führte zu Aufständen am 13. und 31. März 1950, die brutal niedergeknüppelt wurden. Überall Blut! Es war entsetzlich! In gewaltigen Sprechchören riefen wir nach dem Roten Kreuz. Aber es tat sich nichts, obwohl man im Westen informiert war.

WB: Hatten Sie speziell auch persönlich zu leiden?
RP: Zwei Jahre verschärfte und ein Jahr "normale" Einzelhaft sind nicht spurlos an mir vorüber gegangen. Einmal sperrte man mich drei Wochen lang in einen regelrechten Raubtierkäfig, den so genannten Karzer. Das Fenster war mit weisser Farbe zugepinselt. Ich sah nur kleine Ameisen, die am inneren Fenstersims hin und her liefen. Mit Selbstgesprächen, Luftschlösserbauen und Singen verbrachte ich die schneckenlangsam dahinkriechende Zeit. Oft sang ich das Wolgalied aus Lehars "Zarewitsch", „Hast Du da droben vergessen auf mich?“ Und da, wo es heisst "Ich sitz' im goldnen Käfig drin", sang ich "im gelben Käfig", denn der aus gelben Backsteinen errichtete Zuchthauskomplex ist noch heute als "Gelbes Elend" berüchtigt.
Neben dem Freiheitsentzug litt ich besonders unter dem Mangel an geistiger Betätigung. Jahrelang nichts zu lesen, keine Schreibmöglichkeiten. Bis dahin hatte ich nicht gewusst, dass Hunger nach geistiger Nahrung ebenso schmerzhaft empfunden werden kann, wie physischer Hunger. Als wir, nach Jahren, erstmals etwas zu lesen bekamen, war dies ein herrliches Gefühl!

WB: Und wann kamen Sie frei?
RP: Überraschend nahmen die Russen 1954 eine grosse Entlassungsaktion vor. Nachts. Alle meine Freunde durften gehen, ich blieb zurück. Da habe ich geheult "wie ein Schlosshund", wie man so sagt. War direkt froh über meine Einzelhaft, ich wollte mit meinen Gedanken allein sein. Ein Jahr danach, im Mai 1955, schlug auch mir endlich die Stunde der Freiheit. Es war höchste Zeit, denn es hatte mich eine typische Lagerkrankheit gepackt, die zumeist das Ende signalisierte. Auf der Holzpritsche liegend, sagte ich zu einem Kameraden aus Westdeutschland: „Wenn es einen Gott gibt, so müsste er sehen, wie es mir jetzt geht“. „Ja,“ erwiderte er, „Das müsste er sehen“. Zwei Tage später kam ich frei. Wobei ich kurz davor noch zu Spitzeldiensten verpflichtet wurde! Durch meine Flucht nach Westdeutschland entzog ich mich dieser Zumutung.

WB: Herr Passian, Sie sind heute parapsychologischer Forscher von internationalem Ruf. Wie kam es dazu? Hat dies irgendwie mit Ihrer damaligen Leidenszeit zu tun?
RP: Ja. Durch die ständige Konfrontation mit dem Tode bewegte viele von uns die bohrende Frage: Was geschieht eigentlich beim Sterben? Ist der gefürchtete Tod gleichzusetzen mit dem absoluten Ende unserer Persönlichkeit oder geht es dann irgendwie weiter? Die mitgefangenen Vertreter der Amtskirchen, auch Seelsorger anderer Glaubensgemeinschaften, wussten selber nichts, obwohl sie für solche Fragen ja von Berufs wegen zuständig sind. Da nahm ich mir vor, für den Fall, dass ich die Freiheit erlebe, mich auf die Suche zu begeben nach vernünftigen Antworten auf die Sinnfragen unseres Lebens. Und so stiess ich auf jene Grenzforschung, die man Parapsychologie nennt.

WB: Sehr gut. Aber wie kam es zu Ihrer so späten Rehabilitation durch die Russen?
RP: Nun, ich war nicht wenig überrascht, als ich vor kurzem erfuhr, dass dem deutschen Aussenministerium bereits seit dem Jahre 2002 meine Rehabilitationsurkunde vorliegt. Ausgestellt von der Militär-Hauptstaatsanwalt-schaft der Russischen Föderation in Moskau. Man teilte mir mit, dass die damalige Verfolgungsmassnahme gegen mich für unrechtmässig erklärt worden sei.

WB: Nach mehr als 50 Jahren! Wie war und ist Ihnen nach dem Empfang dieser Nachricht zumute?
RP: Ja, Herr Frey, das ist ein eigenartiges Gefühl. Zwar empfinde ich eine Art Genugtuung, aber das entschädigt nicht die verlorenen Jahre, wiegt all das durchgemachte Leid und Elend nicht auf, und stellt auch die angeschlagene Gesundheit nicht wieder her.

WB: Bekommen Sie von Russland eine Entschädigung irgendwelcher Art?
RP: Nein.

WB: Herr Passian, ist das Fazit, welches Sie aus der Summe Ihres Erlebens und Erleidens ziehen, eher positiver Natur oder ausschliesslich negativ? Verspüren Sie Hass gegen diejenigen, die Ihnen dieses Schicksal bereiteten?
RP: Lieber Herr Frey, wer wirklich gelitten hat, und bei alledem sein Gottvertrauen nicht verlor, der sollte das Hassen verlernt haben. Ich habe allen vergeben. Christus musste viel mehr Unrecht und Leid erdulden als unsereiner, und auch er verzieh. Das sollte uns Vorbild sein. Nur so findet man wieder zu seinem inneren Gleichgewicht. Im übrigen besteht die Bilanz all der bitteren Erfahrungen nicht nur aus negativen Aspekten. Es sind auch bedeutsame positive Faktoren da, z.B., dass ich lernte dankbar zu sein, und zu schätzen, was anderen selbstverständlich dünken mag. Ferner gelangte ich zu einer christlich-spiritualistisch fundierten und erfahrungswissenschaftlich untermauerten Lebens- und Weltanschauung, die auch die Welten jenseits der Wahrnehmungsfähigkeit unserer sehr begrenzten Sinne nicht ausklammert. Und da ich nicht mehr auf blindes Glaubenmüssen angewiesen bin, sondern weiss, dass der so sehr gefürchtete Tod kein Ende unserer Existenz bedeutet, sondern lediglich eine Wende in unseren Lebensbedingungen, so bin ich in der glücklichen Lage, solchen Mitmenschen, die verzweifelt um einen lieben Abgeschiedenen trauern, einen weit wirksameren Trost vermitteln zu können als ein Dutzend Theologie-Professoren zusammen im Stande wären.

WB: Noch eine Frage: Entsprach später Ihr Leben im freien Westen Ihren vormaligen Hoffnungen und Vorstellungen?
RP: Nun, in der BRD war bereits das Wirtschaftswunder im Gange. Die Freude am neuen Leben in Freiheit wurde leider nicht nur durch langanhaltende gesundheitliche Haftfolgen getrübt, sondern auch durch Schwierigkeiten bei der beruflichen Wiedereingliederung. Es war sehr mühsam. Hinzu kam, und kommt noch jetzt, die schändliche Benachteiligung der Opfer des Stalinismus und der deutschen Zwangsarbeiter/innen, im Vergleich zur Betreuung der Opfer des Faschismus. Da gelten offenbar nur letztere als Menschen. Aber wer auf dieser Welt, in dieser gottlosen Menschheit, Gerechtigkeit erwartet, der sollte folglich auch an den Osterhasen glauben.

WB: Das klingt bitter.
RP: Das ist es auch. Aber es gibt ja eine höhere Gerechtigkeit, und die unterliegt keinen Einflussnahmen. Aber ich möchte dieses Interview nicht mit Negativem ausklingen lassen. Denn alles in allem verdanke ich dem mir aufgezwungenen Status eines Schwerverbrechers, im Endeffekt, auch sehr viel Positives. Denn jene schrecklichen Jahre, die noch heute mein Traumleben belasten, formten schliesslich meinen Charakter und führten mich später zum Erkennen meiner Lebensaufgabe, nämlich geistiger Wegweiser zu sein da, wo es gewünscht wird. Auch auf materieller Ebene, so gut es eben geht und wo es angebracht erscheint. Mir war ja auch schon öfters geholfen worden von Menschen, die ich nie kennenlernte!

WB: Deshalb also Ihre zeitweiligen Hilfsaktionen, beispielsweise in Brasilien?
RP: Ja. Dort ging es um die Errichtung einer kleinen Krankenstation für Indianer, südlich des Amazonas. Das war schwierig und abenteuerlich.
Seit drei Jahren läuft ein Kinderhilfswerk in Blumenau, in Südbrasilien. Es war und ist jedoch stets mein getreuer Freundeskreis plus mir persönlich unbekannten Mitwanderer, von denen die erforderlichen Geldmittel kommen. Allein hätte ich es nicht vermocht. Mögen alle Beteiligten gesegnet sein!

Darf ich, Herr Frey, noch etwas anfügen? Es ist für mich sehr wesentlich.

WB: Bitte, gern.
RP: Ich möchte nicht verschweigen, dass mich der Himmel für alle erlittene Unbill überaus reichlich entschädigt. Wie erwähnt, sang ich damals in jenem Raubtierkäfig oft das bekannte Lied vom Soldat am Wolgastrand. Das beginnt doch mit den Worten „Allein, wieder allein“. Und im Refrain heisst es: „Du hast im Himmel viel Englein bei dir, schick' doch einen davon auch zu mir!“
Nun, für mich wurde dieses Märchen wahr. Seit vielen Jahren erlebe ich das Glück, eine wunderbare Frau zur Seite zu haben. Mit ihr darf ich jetzt einen wunderschönen irdischen Lebensabend verbringen. Gott sei Dank!

WB: Herr Passian, vielen Dank für dieses interessante Gespräch, und weiterhin alles Gute! Mögen Sie, gemeinsam mit Ihrer Gattin, noch vielen Menschen Wegweiser zum Licht sein können!


Bilder
Gedenkstätte Bautzen (Sachsen)
Bild 1: Die heutige Gedenkstätte in Bautzen (Sachsen)

Bautzener Gebäudekomplex 'Gelbes Elend'
Bild 2: Der Bautzener Gebäudekomplex 'Gelbes Elend'

Blick aus Bautzener Zelle auf 'Freigang'-Hof
Bild 3: Blick aus einer Bautzener Zelle auf den "Freigang"-Hof


Verhaftet...

Die Pritsche, ein Schemel,
der Tisch und ein Schrank
sind stumme Gesellen ...
Nur selten vernehme ich dumpf einen Klang
aus anderen Zellen ...

Die Quälerei hört scheinbar nie wieder auf –
was nutzen Beschwerden!
Seit Wochen schon wart' ich vergeblich darauf,
vernommen zu werden.

Und kommt nachts der Posten,
fängt zitternd das Herz
an, schneller zu schlagen –
Geht's jetzt zum Erschiessen? –
Der angstvolle Schmerz ist kaum zu ertragen.

Wird jemals der Wahrheit
belebendes Licht
das Dunkel durchdringen? –
Ach, möchte doch endlich
ein Gottesgericht
Erlösung mir bringen!

(Rudolf Passian, 1948)


Sechs Jahre Haft

Sechs Jahre Haft –
in dieser Zeit
ward mancher Tag zur Ewigkeit –
Sechs Jahre Elend, hart und schwer,
voll Bitternis und freudenleer.

Sechs Jahre Nacht –
die Lieben fern,
als einz'ges Licht der Hoffnungsstern.
Sechs Jahre lang ein wundes Herz,
zernagt von bitt'rem Sehnsuchtsschmerz.

Sechs Jahre lang in Not und Leid,
zum Hohn von Recht und Menschlichkeit!
Sechs Jahre rechtlos und verbannt
im eignen deutschen Vaterland!

Sechs Jahre Schmach –
bar jeder Schuld,
in ohnmächtiger Ungeduld...
Sechs Jahre Hunger., wenig Brot –
Sechs Jahre rings umher der Tod.

Sechs Jahre Warten –
unverzagt,
dass endlich doch ein Morgen tagt,
wo unseres Schöpfers hohe Macht
das Recht zu neuem Sieg gebracht!

(Rudolf Passian, 1954)

Zwei Gedichte, aus dem Gedächtnis niedergeschrieben, denn es gab keine Schreibmöglichkeiten. Das erste Gedicht stammt aus der zermürbenden Untersuchungshaft 1948, das zweite entstand 1954 nach sechs Jahren Haft.


Kommentar

(Red.: Die Lebenserinnerungen von Herrn Passian können als Zeitzeugnis gelten. Wie viele (auch unserer WB-LeserInnen) haben im – für uns Jüngere unvorstellbaren – 2. Weltkrieg Schreckliches erlitten? Natürlich haben die Deutschen diesen Weltkrieg begonnen, gründlich, schlimm geführt und zum Glück vollständig verloren. Alle – vor allem die Deutschen selbst – waren froh, als dieser unselige Krieg endete. Was jedoch von den nachfolgenden "Sieger"-Mächten (v. a. der Sowjet-Union) an Massenvertreibungen, Zwangsrekrutierungen von "Arbeitskräften", Zwangsarbeit, Enteignungen, Willkür und Schlimmerem (Massenvergewaltigungen, Folter) in deren eingenommenen Gebieten stattfanden, kann sich aus heutiger Sicht durchaus mit den grausamen NS-Methoden messen. Ein halber Kontinent, d.h. alle von den Sowjets "befreiten" Länder, wurde systematisch geplündert, alles für den eigenen "Aufbau Ost" (Sibirien) abtransportiert, was nicht niet- und nagelfest war. Die Übergriffe konzentrierten sich gegen die Deutschen, denn sie hatten ja den Krieg angefangen, verloren und sollten jetzt für ihre "Sünden" büssen, in jeder Art, sozusagen "legitim", als Abarbeitung der Kriegsschuld. Ob dieses Vergeltungsrecht "gerecht" in christlichem Sinne ist? Aber die Sowjets waren ja nicht mal offiziell christlich, also war Vergeltungsrecht völlig in Ordnung. Die Sowjet-Union musste immer alle Völker ihres Vielvölkerstaates unterdrücken, sonst hätte sie nicht überlebt. Das zeigte sich nach 1985 deutlich. Kaum war ein weniger "grausamer" Gorbatschow im Amt, zerbröckelte das Zwangsgebilde Sowjet-Union.
Das Gefängnis Bautzen diente während der ganzen Zeit des SED-Regimes in der DDR weiter als Gefängnis für politische Häftlinge; die meisten nach normalen rechtstaatlichen Gesetzesmasstäben unschuldig. Viele waren wegen Fluchtgefahr oder gescheiterter Fluchtversuche inhaftiert. Von Bautzen aus betrieb die DDR in den 1970er und 1980er-Jahren einen schwungvollen Handel mit solchen Gefangenen. Gegen hohe Geldbeträge konnte die BRD der DDR diese "Häftlinge" abkaufen. In Bautzen wurden bestimmte Gefangene wie Handelsware zwischengelagert. Natürlich musste die DDR dann auch dafür sorgen, dass die "Geld-Schatulle" Bautzen immer schön voll war.
Herr Passian musste selbst lernen zu verzeihen. Nun kam nach 60 Jahren die Rehabilitierung! Eine früher erfolgte Entschuldigung hätte bei der Verarbeitung bestimmt geholfen, aber nach 60 (!) Jahren? Man stelle sich die Bürokratie vor, die solches fertigbringt! "Humor ist, wenn man trotzdem lacht."

Das Verzeihen hat viele psychologische Vorteile. Es ermöglicht z. B. den tieferen Zugang zum "Gegner", das Verständnis seiner Handlungsweise und damit eine Verbesserung der Strategie, mit ihm (trotz Widrigkeiten) positiv zu kooperieren. Verzeihen hilft also, das "Gegenüber" besser zu verstehen. Wer verbittert, lässt sich vom Wesentlichen ablenken! Bei einigen Menschen tritt das Gegenteil ein. Sie beginnen, klarer zu verstehen, was vor sich geht! Hier auf Erden geht es ja oft grausam zu und her, was auch höchst lehrreich für den ist, der's fassen kann! Man vergleiche Hrn. Passians Erfahrungen mit dem langjährigen "Archipel Gulag"-Erlebnis des Alexander Solschenizyn (z.B. in "Licht wirft keinen Schatten" von A. Risi). Ohne Verzeihen ist gerade bei erschütternden Erlebnissen keine echte Verarbeitung möglich.

Nachgedanke: Könnten Sie sich den heutigen so entschiedenen, trotzdem abgeklärten parapsychologischen Forscher R. Passian vorstellen ohne dieses Leben? Eher nicht... vielleicht war es nötig? Jedenfalls zu was gut! – T.F.)


[ Anm.d.Erf.: Siehe auch Artikel "Ein Gottsucher aus dem 'Gelben Elend'" über das Lebensschicksal von R. Passian. ]


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"