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Naturwissenschaften - Religion

"Es hat keinen Sinn, die Grenzen zu verwischen"

Interview aus dem Wissenschaftsmagazin 'Spektrum der Wissenschaft' vom November 1999 und Reaktionen darauf in der Spektrum-Website

Bernulf Kanitschneider über die Beziehung zwischen Religion und Wissenschaft

Im 'Spektrum der Wissenschaft' erschien im November 1999 ein Interview mit Bernulf Kanitschneider über die Beziehung zwischen Religion und Wissenschaft. Herr Professor Dr. Kanitscheider lehrt seit 1974 an der Universität Giessen und verfasste neben rund 140 Aufsätzen zahlreiche Bücher, darunter: "Im Innern der Natur - Philosophie und moderne Physik" (Wissenschaftliche Buchgemeinschaft, Darmstadt 1995).
Das Interview mit Bernulf Kanitscheider stiess auf aussergewöhnlich grosses Interesse bei unserer Leserschaft. Von den vielen Briefen, die zu diesem Thema eingingen, wurden einige im Januarheft 2000 von Spektrum der Wissenschaft veröffentlicht; ebenso ein Kommentar von Professor Kanitscheider. Im nachfolgenden Online-Forum finden Sie Leserbriefe und Reaktion - sowie die Möglichkeit selbst an der Diskussion teilzunehmen. Ihre Beiträge werden direkt online veröffentlicht.

Interview mit Bernulf Kanitscheider über die Beziehung zwischen Religion und Wissenschaft
Spektrum der Wissenschaft: Professor Kanitscheider, sind Sie religiös?
Professor Bernulf Kanitscheider: Nein, ein persönliches religiöses Engagement möchte ich für mich verneinen. Ich kann nur sagen, dass mich die Religion als kulturelles Phänomen immer interessiert hat - nicht nur im christlichen Kontext. Ich habe bereits meine Dissertation über das Verhältnis zwischen östlichen Religionen und westlicher Philosophie geschrieben. Später haben mich dann mehr die theologischen Probleme beschäftigt - aber nicht um ein persönliches Engagement aufzubauen, sondern weil ich meine, dass dies ein Phänomen der Kultur ist, an dem man nicht vorbeigehen kann.
Spektrum: In dem Spektrum der Wissenschaft-Artikel November 1999 "Naturwissenschaftler und Religion in Amerika" (Seite 74) wird berichtet, dass etwa vierzig Prozent der US-Wissenschaftler sich als religiös bezeichnen. Wie schätzen Sie die Situation hier in Deutschland ein?
Kanitscheider: Wenn ich mir unsere Situation von hier aus anschaue - das ist natürlich schwierig - würde ich schätzen, dass man unter fünf Hochschulwissenschaftlern aus dem engeren Bereich der Geisteswissenschaften und der Philosophie einen findet, der praktizierend und emotional überzeugt gläubig ist, aber wohl nicht mehr. Das hängt zum Teil natürlich mit den Orientierungen in der Philosophie selbst zusammen.
Spektrum: Inwiefern?
Kanitscheider: Jemand, der ein dezidiert wissenschaftstheoretisches Verständnis von Philosophie hat, der sich ex professio mit Logik, Semantik, Struktur der Sprache befasst, wird natürlich kritischer gegenüber der Sprache der Theologie und Religion sein als jemand, der sich der Existenzanalyse verpflichtet fühlt oder über einen Philosophen arbeitet, der schon auf der Wende zur Religion steht, wie etwa Karl Jaspers.
Spektrum: Gerade in den letzten Jahren ist das Interesse an einer Annäherung zwischen Wissenschaft und Religion, vor allem in den USA, wieder gewachsen. Wieso ist diese Welle jetzt plötzlich aufgekommen?
Kanitscheider: Das hängt mit einem Erstarken der fundamentalistischen Strömungen zusammen, einer kompensierenden Bewegung zu der allgemeinen Unsicherheit, die ihrerseits vielleicht auch mit der Globalisierung zusammenhängt. Ich konnte das kürzlich auf einer Konferenz über Ludwig Wittgenstein feststellen. Dort war eine ganze Plenarveranstaltung speziell dem Kontakt zwischen Metaphysik und Naturalismus gewidmet. Ich selbst hielt einen Vortrag zur Rolle der sogenannten Feinabstimmung in der Kosmologie. Da hatte ich einen Kontrahenten, einen Theologen aus den USA. Der versuchte die Position zu verteidigen, dass die Feinabstimmung beim Urknall theologisch begründet werden müsse.
Spektrum: Diese Themen erinnern an die alte Lückenbüsser-Theologie.
Kanitscheider: So ist es. Die meisten Theologen bemühen sich in ihren Argumentationen, diese "God of the Gaps"-Strategie zu vermeiden. Ich glaube, sie kommen nicht umhin einzusehen, dass ganz wenige Stellen verbleiben, wo überhaupt ein Ansatzpunkt für eine supernaturalistische Interpretation des Universums noch denkbar ist.
Spektrum: Es sind vor allem drei Punkte, wo Theologen gerne einhaken: Urknall, Entstehung des Lebens und des Geistes. Daran entzündet sich häufig das Metaphysische.
Kanitscheider: Mir scheint die Situation in der Kosmologie und an den beiden anderen Nahtstellen recht ähnlich zu sein. In der Geschichte der Natur hat man es mit einem Quasikontinuum von Stufen wachsender Komplexität in der Entwicklung zu tun. Es ist doch seltsam, wenn man etwa den Begriff der Selbstorganisation auf die Entstehung des Planetensystems anwendet, wenn man also darüber spricht, wie sich langsam aus der Urmaterie durch elektrische Entladungen immer komplexere Systeme und Moleküle gebildet haben. Und da soll es nun irgendwo auf diesem Weg eine Diskontinuität geben, die mit naturalistischen Beschreibungsmitteln auf einmal nicht mehr überbrückbar sein soll. Manche Theologen glauben immer noch, dass da, wo es kompliziert wird und wo noch nicht alles bekannt ist, eine Stelle finden zu können - etwa da, wo man annimmt, dass dort ein höheres Seelenleben stattfindet -, an der nur eine supernaturalistische Beschreibung weiterhelfen kann.
Spektrum: Oft wird auch das Argument vorgebracht, dass sowohl Wissenschaft als auch Religion letztendlich auf unbeweisbaren Grundlagen beruhen.
Kanitscheider: Diejenigen, die auf eine Versöhnung von Religion und Wissenschaft abzielen, benutzen gerne dieses axiomatische Argument: "Jeder muss von irgendetwas ausgehen, das er nicht beweisen kann." Da muss man sich jedoch darüber klar sein, dass die axiomatische Basis in den beiden Fällen einen verschiedenen Status hat. Wir sind in der Wissenschaft davon überzeugt - Karl Popper hat dies in grosser Eindringlichkeit gelehrt -, dass kein Satz, auch kein empirischer Satz immun ist gegen Revision. Diese prinzipielle Kritisierbarkeit betrifft nicht nur den theoretischen Überbau, sondern selbstverständlich auch die empirische Basis, also sämtliche Beobachtungen oder Messungen.
Spektrum: Ist das in der christlichen Theologie anders?
Kanitscheider: Total anders. Revidierbarkeit gilt nicht für die Grundannahmen der Religion. Diese gehen nun mal davon aus, dass die heiligen Schriften nicht veränderungsfähig sind. Kein Theologe kann also in das ursprüngliche Material eingreifen. Einzig zulässig ist Hermeneutik, also die Neuinterpretation aller Sätze der heiligen Schriften. Dadurch kommt zwar durch die semantische Hintertür indirekt eine gewisse Revidierbarkeit hinein. Allerdings gilt offiziell immer noch das Prinzip der Unfehlbarkeit: Die Schrift kann nicht irren.
Die Sätze, die von den Verfassern der Bibel stammen, gelten als "inspiriert", gehen also auf eine höhere Instanz zurück. Und niemand hat das Recht, den Zusammenhang zwischen der supernaturalen Macht und denen, die die heiligen Texte aufgeschrieben haben, in Frage zu stellen - eine Situation, die in der Wissenschaft nicht existiert.
Spektrum: Ist das der Unterschied zwischen Dogmatismus und Skeptizismus?
Kanitscheider: Ja. Ich würde nur sagen, dass das Wort "Dogma" in der Theologie erst dann benutzt wird, wenn es um die Interpretation der Heiligen Schrift geht. Eigentlich geht es bei der Theologie um den Unterschied von theoretischer und empirischer Basis. Man könnte ja sagen, dass die heiligen Schriften die empirische Basis sind, ähnlich den Beobachtungen in der Wissenschaft. Doch diese Parallele wäre falsch. Jeder Satz, jeder Beobachtungssatz in der Wissenschaft kann als falsch erkannt werden. Das gibt es in den Religionen nicht. Hier gilt das Prinzip der Offenbarung.
Spektrum: Was ist nun für Sie der Unterschied zwischen Religion und Wissenschaft?
Kanitscheider: Religion basiert auf einer aussersinnlichen Wahrnehmung des einzelnen und auf einem Vertrauen in frühere Erkenntnisse von vertrauenswürdigen Personen. Denen glaubt man in einer Art Urvertrauen. Dieser Glaubensakt selber ist empirisch nicht mehr zu rechtfertigen. Man ist davon einfach überzeugt, dass Gott mit Moses gesprochen hat, dass Christus Sohn Gottes war, der eine über das menschliche Wissen hinausgehende Verbindung mit dem höchsten Wesen hatte, selber eine Inkarnation dieses höchsten Wissens war.
In der Wissenschaft gilt die Überzeugung, und das ist eben grundsätzlich anders, dass nichts, absolut nichts sicher ist und wir niemals bei der Erklärung der Welt auf etwas Ausserweltliches Bezug nehmen dürfen.
Spektrum: Wie kann man da überhaupt von einer Komplementarität reden - Wissenschaft und Religion als zwei Kulturaktivitäten, die erst zusammen die Gesamtheit des Menschseins umfassen?
Kanitscheider: Die Methodik ist völlig verschieden, gerade im Punkt der Vorläufigkeit des Wissens, vor allem wenn man das metaphysische sowie das ethische Wissen betrachtet. Man muss ja immer bedenken, dass die Religion nicht nur den metaphysischen Komplex, sondern auch einen ganzen Kanon von Verhaltensregeln umfasst.
Im normativen Bereich sind wir in der Wissenschaft natürlich völlig anderer Meinung! Bewertungen ergeben sich - nach naturalistischer Auffassung - aufgrund von bestimmten emotiven Reaktionen unserer emotionalen Zentren. In uns haben wir ein Bewertungssystem, das sogenannte limbische System. Die Biologen können uns sagen, wie das zustande kommt und dass das einen evolutionsbiologischen Sinn hat, warum das da ist, wo es im Tierreich auftaucht.
Aufgrund unserer emotiven Zentren reagieren wir auf Handlungen und bewerten sie. Unsere Einstellungen zu bestimmten Handlungen - die wir als positiv oder negativ qualifizieren - beruhen auf Reaktionsweisen dieses limbischen Systems. Wir können uns im Kollektiv dann darauf einigen, auf diese emotiven Reaktionen die Vernunft anzuwenden und sie zu einem Kodex von Verhaltensnormen bündeln, der unser Sozialsystem reguliert.
Spektrum: Wäre also eine Ethik denkbar, die sich nicht aus einer Religion ableitet?
Kanitscheider: Sicherlich. Denn dieser Kodex beruht allein auf innerweltlichen Prinzipien, auf zum Teil naturalen Vorgegebenheiten, auf biologischen Kodierungen und auf Konventionen. Das sieht mit religiösem Ethos betrachtet natürlich vollkommen anders aus. Die ethischen Prinzipien kommen dort von aussen, als Forderungen eines höheren, ausserweltlichen Wesen. Dessen Regeln sind weder vorläufig noch disponibel.
Spektrum: Die Annäherung zwischen Wissenschaft und Religion wäre dann eigentlich nur ein Schein?
Kanitscheider: Ich denke, da ist sehr viel Wunschdenken dabei. Man möchte zu einem freundschaftlichen Verhältnis mit den Kollegen kommen, man möchte die intellektuellen Spannungen gerne überbrückt haben, die vielleicht unangenehm sind, oder mit den Mitgliedern der theologischen Fakultät in gutem Einvernehmen leben. Was man ja meines Erachtens trotzdem kann. Man möchte sich jedoch auch auf der intellektuellen Ebene arrangieren. Dieses Arrangieren - darauf hat schon Freud in seiner "Zukunft einer Illusion" hingewiesen - ist eigentlich eine schiefe Angelegenheit.
Spektrum: Sie meinen also, die Grenzen sollten klargelegt werden?
Kanitscheider: Genau. Es bringt doch nichts, die Unterschiede zu verwischen. Manche neigen aus psychologischen Gründen dazu, die Probleme unter den Teppich zu kehren, weil sie die intellektuellen Spannungen nicht aushalten. Das halte ich für keine gute Strategie. Die sachlichen Antagonismen kann man nicht aus der Welt schaffen.
Spektrum: Nochmal zurück zum Thema der Feinabstimmung im Urknall. Es gibt ja viele kontingente, also scheinbar zufällige Strukturen des Kosmos, etwa die Werte der Fundamentalkonstanten. Alle kontingenten Strukturen sind ja nicht erklärt durch die Physik. Man hat kein dynamisches Gesetz, das sie zwangsläufig festlegt. Ist da wieder Raum für die Metaphysik?
Kanitscheider: Zu jedem Zeitpunkt war die Physik strukturell eingeteilt in zwei grundsätzlich verschiedene Teile: in den dynamischen und in den kontingenten. Zu jedem Zeitpunkt konnte man einen bestimmten Teil der Phänomene durch Gesetze erklären, und der andere Teil blieb einfach übrig als Anfangsbedingung oder freier Parameter. Die Physiker bemühen sich, den Gesetzes-Teil immer weiter auszudehnen. Der ganze Kampf um die einheitlichen Theorien, den ja schon Einstein begonnen hat und der immer noch mit grosser Intensität weitergeführt wird, ist dieser Versuch einer Reduktion von Kontingenz. Diese Situation ist grundsätzlich nicht überwindbar, ein Rest von Kontingenz wird bleiben.
Spektrum: Manche werfen den Physikern vor, sie könnten ja nicht einmal die Frage beantworten, warum es überhaupt etwas gebe - anstatt nichts.
Kanitscheider: Diese berühmte und geheimnisvolle Frage, die schon Martin Heidegger aufgeworfen hat, warum denn überhaupt etwas ist und nicht vielmehr nichts, das ist sicher die letzte Frage der Kontingenz. Sie ist aber aufgrund der logischen Struktur einer Erklärung gar nicht lösbar - aber nicht, weil da ein letztes Mysterium dahintersteckt. Ein Erklärung kann immer nur etwas mit etwas anderem verknüpfen, aber niemals etwas mit nichts. Also gibt es auf diese Frage keine Antwort.
Spektrum: Was halten sie von Frank J. Tipler, der in seinem Buch "Die Physik der Unsterblichkeit" etwa behauptet, dass Theologie entweder Unsinn oder ein Teilgebiet der Physik ist?
Kanitscheider: Na ja, Tipler hat einfach den Bereich der Transzendenz, den Bereich der Überwelt neu definiert. In Anlehnung an Teilhard de Chardin zieht er keine grundsätzliche Grenze zwischen Materie und Geist, wie es traditionell in der Theologie gemacht wird.
Dort ist Gott ja der ganz andere, er ist nicht materiell, er ist nicht räumlich, nicht zeitlich, er wird ja im wesentlichen negativ bestimmt. Tipler dagegen geht aus von einer materialistischen Basis und spekuliert nun, dass sich Intelligenz und Geist von seinem Träger entkoppeln können.
Spektrum: ...eine Art Pantheismus?
Kanitscheider: Pantheismus würde ich das nicht nennen. Denn ein Pantheist wie Baruch de Spinoza sagt deus sive natura. Er identifiziert einfach die Naturgesetze, die Strukturen des Universums, mit Gott, aber er entmaterialisiert es nicht. Der Pantheismus ist, wie schon Arthur Schopenhauer gesagt hat, ein frommer Atheismus, der die Naturgesetze noch einmal verherrlicht. Tipler möchte mehr - eine Art von Entmaterialisierung. Aber wir haben bisher keinerlei Hinweis darauf, dass so etwas möglich ist.
Spektrum: Würden sie sagen, dass ein religiöser Wissenschaftler noch ein seriöser Wissenschaftler sein kann?
Kanitscheider: Im heuristischen Kontext kann Religion durchaus etwas Vernünftiges sein, das wissen wir zum Beispiel von Johannes Kepler. Er war davon überzeugt, dass seine Wissenschaft eine Entfaltung, eine Klarlegung der Grossartigkeit der Schöpfung ist, und dass er die Geheimnisse der Welt gefunden hat. In so einem Fall kann Religion in der Heuristik, in der Motivation durchaus etwas Vernünftiges sein. Das ist natürlich kein systematisches Argument.
Spektrum: Und ein heutiger Wissenschaftler?
Kanitscheider: Ein heutiger Wissenschaftler hat als Motivation eher die funktionale Neugierde.
Spektrum: Unter heutigen Wissenschaftlern scheint der Agnostizismus die sozusagen politisch korrekte Haltung zu sein: Die Existenz Gottes ist nicht beweisbar, also trennt man die Sphären, und jeder macht seine Sache.
Kanitscheider: Nach meiner philosophischen Auffasssung ist das nicht ganz ehrlich. Der Agnostizismus ist ja höchstens psychologisch etwas leichter verdaubar, man hält sich aus der Sache heraus.
Der Agnostizismus entspricht aber nicht der üblichen Methodologie. Wenn man in der Naturwissenschaft unsicher ist, ob ein bestimmtes Objekt X existiert, dann forstet man alle theoretischen und empirischen Momente durch, die dafür sprechen und prüft die Frage: Gibt es Indikatoren dafür, dass X existiert? Wenn danach nichts übrigbleibt, man kein empirisches Moment gefunden, auch kein Theorem, dass dafür spricht, dann sagt man nicht, es liege eine Patt-Situation vor: Es sei genauso wahrscheinlich, dass dieses X existiert, wie dass es nicht existiert. Sondern, wenn man ehrlich ist, sagt man: Es gibt zwar die logische Möglichkeit, dass X existiert, aber nach all dem, was wir wissen, existiert X nicht.
Spektrum: Würden Sie also sagen, ein konsequenter Atheismus wäre ehrlicher als ein Agnostizismus?
Kanitscheider: Ja. Methodisch gehen wir in der Wissenschaft genauso vor.
Spektrum: So wie es jetzt Probleme der Naturwissenschaft gibt, auf die sich die Theologen stürzen, gibt es ja auch umgekehrt Probleme innerhalb der Religion, auf die sich manche Naturwissenschaftler stürzen: etwa das Theodizee-Problem. Hat so ein Problem Bedeutung für die Naturwissenschaft?
Kanitscheider: Im naturalistischen Kontext löst sich das Problem auf, da existiert es überhaupt nicht. Wie ist es möglich, dass ein gerechter, liebender Gott das Übel und vor allem unverschuldetes Leid in der Welt zulässt? Im naturalistischen Kontext ist das eine Sache der statistischen Verteilung. Es gibt einfach den Zufall, und manche Menschen haben im Laufe ihres Lebens sehr viel Leid zu ertragen, weil sie zufällig in Unglückssituationen geraten. Da gibt es kein Rechtfertigungsproblem. Für einen Atheisten ist das Theodizee-Problem einfach nicht existent.
Das Theodizee-Problem existiert erst dann, wenn man annimmt, dass ein ausserweltliches Wesen mit bestimmten Eigenschaften das Ganze in Gang gesetzt hat, es überwacht, als letzte Instanz auch die Ethiknormen gesetzt hat für die moralische Verantwortlichkeit.
Spektrum: Halten sie denn eine rationale Begründung der Theologie überhaupt für möglich?
Kanitscheider: Eigentlich nein. Was uns in der christlichen Glaubenslehre bis heute an zentralen Begriffen angeboten wird, sind rational nicht rekonstruierbare oder logische widersprüchliche Konstrukte. Nehmen Sie etwa den Gottesbegriff, die Heilige Dreifaltigkeit, den Sündenfall oder den Status Jesu als Gott und Mensch. Das sind doch zentrale Begriffe. Aber immer, wenn man ihre Widersprüchlichkeit blosslegt, dann heisst es: "Das ist ein Mysterium." Man sehe nur nach im aktuell gültigen Katechismus der katholischen Kirche, Nummer 237 - Ende der Debatte.
Natürlich man kann nicht ausschliessen, dass einem zukünftigen Theologen noch besonders raffinierte Argumente einfallen, die über alles hinausgehen, was Theologen in den letzten zweitausend Jahren gefunden haben.
Spektrum: Es gibt eine Diskussion zu Gott und Cyberspace - das Internet gewissermassen als säkularisierter Gott. Im Internet wird auf Knopfdruck überall das Weltwissen verfügbar; es ist unzerstörbar, ausser die Menschheit rottet sich völlig aus. Das Internet bekommt dadurch beinah metaphysische Qualitäten: Allgegenwart, Allwissenheit, Unsterblichkeit. Ist das Internet der neue Weltgeist?
Kanitscheider: Ich kann mir ja vorstellen, dass viele das Vakuum, das die skeptische Bewegung in ihnen hinterlassen hat, in einer bestimmten Weise füllen möchten. Ich finde das auch nicht schlimm. Vielleicht ist es besser, dass das religiöse Vakuum durch den Cyberspace gefüllt wird als durch Lehren irgendwelcher Sekten. Ich möchte jedoch warnen, nun die Cyber-Analogie zu verwenden, um den alten Leib-Seele-Dualismus wieder zu beleben.
Bei der Unterscheidung von Hardware und Software wird ja sehr oft eine quasidualistische Analogie gezogen: Der neue Geist, das ist gleichsam die Software, die Materie hingegen die Hardware. So ist es ja de facto nicht. Die Information wird ja gelegentlich als ein ontologischer Newcomer angesehen. Früher hat man Materie und Energie gehabt, jetzt kommt die Information dazu. Aber es ist immer noch ein Faktum, und das gilt auch in der Computerwelt, dass Information auf irgendeinem materiellen Träger sitzen muss. Niemand hat je ein Stück reine Information gesehen.
Spektrum: Dient nun die Computerwelt als Gottersatz?
Kanitscheider: Zumindest glaube ich, dass man nicht sagen kann, dass die Computerwelt eine Wiederbelebung einer Art platonischen Ontologie darstellt. Ich glaube, dass ist nur eine Sache der Komplexität. Ich halte es für etwas sehr Schönes, wenn wir auf dieser Erdoberfläche jetzt nicht mehr so isoliert sind und alle miteinander kommunizieren können. Kommunikation ist etwas, das vielleicht einen gewissen Ersatz auch für die metaphysische Verarmung bieten kann, die wir durch das Abschneiden der Transzendenz erfahren haben. Statt im Gebet zu Gott zu sprechen, unterhalten wir uns mit vielen Menschen. Das kann durchaus ein emotionaler Ersatz sein.
Wir müssen ja sowieso - ich nenne das die "Psychotherapie der Transzendenzreduktion" - als säkulare Menschen irgendwie damit umgehen, dass die Bindekraft der Kirchen verloren geht. Unser emotionales Bedürfnis in diese Richtung stirbt damit ja nicht ab. Und es wäre doch eine schöne Wendung, wenn wir uns statt mit nicht sichtbaren, nachweisbaren Göttern jetzt mit den Mitmenschen unterhalten. Säkulare Philosophen wie Epikur, den ich sehr schätze, würden sagen, das ist eine sehr vernünftige Wendung: statt sich der Illusion der Götter hinzugeben lieber die Freundschaft mit den Menschen zu pflegen.
Spektrum: Professor Kanitscheider, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Es fragten Reinhard Breuer, Spektrum der Wissenschaft, und Alexander Pawlak, Physiker und freier Wissenschaftsjournalist


Reaktionen auf das Interview mit Professor Kanitscheider

[Anm.d.Erf.: Die Beiträge sind chronologisch geordnet. Die nicht datierten Beiträge liegen zeitlich zwischen den datierten.]

24. Februar 2000
Als Reaktion auf den Beitrag von: Schmed Milan.
eine ganz einfache frage... die hauptthese aller religionen lautet: es muss alles doch irgendwo her kommen. ja wenn es so ist; wo kommt denn dann gott her??? serdar genc, student, osnabrück

Was ich zu diesem Thema noch loswerden wollte. Zur so oft angeführten Bibel: Im Laufe der Zeit musste die Bibel immer wieder neu interpretiert werden, weil sie mit wissenschaftlichen Erkenntnissen im Widerspruch stand und steht.Zunächst waren sämtliche Beiträge wörtlich zu nehmen.Dann waren sie im übertragenen Sinne zu sehen.Nebenbei entpuppte sich manches ganz einfach als Unsinn oder als Trivialitäten. Tatsächlich lassen sich viele Geschichten ganz unterschiedlich auslegen. Was aber hat dann die Bibel noch für eine Aussagekraft? Ein anderer Punt: Soweit mir bekannt bestehen sämtliche Religionen auf der Trennung von Geist und Körper. Sicher, einen beruhigenden Aspekt besitzt diese Ansicht. Aber wie kann man nach einer kritischen Auseinandersetzung mit diesem Problem noch davon überzeugt sein. Ständig werden wir doch daran erinnert wie abhängig der Geist von der Physis ist. Wieso sonst sollten chemische Medikamente gegen Depressionen helfen oder Alkohol die Denkfähigkeit beeinträchtigen, wenn nicht der Geist das Produkt chemischer Prozesse im Gehirn ist? Noch ein Sprung: Es geht in einigen Leserbriefen darum, die Existenz eines Gottes zu widerlegen. Doch weshalb sollte ich mir die Mühe machen etwas zu widerlegen, für dessen Existenz nicht einmal das geringste Anzeichen vorhanden ist. Soll der christliche Gott nicht ein Gott des alltäglichen Lebens sein? Doch wieso schreitet er nicht ein, wenn alltäglich Unrecht geschieht? Aus welchem Grund lässt er den Menschen die Erde zerstören? "Macht euch die Erde Untertan"? Ist Gott nicht in Wahrheit der Teufel? Kann es auf diese Fragen nicht nur eine Antwort geben? Louise Lemoine, Studentin, Aachen

Ich finde, der Mensch kann beweisen, dass es den einen allmächtigen Gott gibt! NEIN, nach dem Lesen eines Buches weiss ich es! Wer immer das neue bahnbrechende Buch von Tahir Ahmad ( Revelation, Rationality and Truth ) gelesen hat, wird nach der Lektüre nicht mehr sagen können, dass er nicht an Gott glaubt. Zumindestens wird er seine Ansicht über dieses Thema neu überdenken müssen. Durch die lektüre habe ich unwiderlegbare Beweise für die Existenz Gottes gefunden, von denen ich vorher nicht zu träumen gewagt habe. Der Autor beweist auf wunderbare Weise, dass Glaube und Vernunft nicht getrennt werden dürfen. Denn alles im Universum, und damit besonders die Wissenschaft,ist vom Gott erschaffen worden, damit man Ihn erkennt. Also muss der Glaube an Gott mit jeder neuen Entdeckung in der Wissenschaft stärker werden. Genauso ist es. Berlinmal@yahoo.de Asif Malik, Wirtschaftsstudent, Berlin

Das Gehirn ist ein Baum ...
Das Gehirn ist verästelt wie ein Baum, der Äste in der Luft und Wurzeln im Boden hat. Zwischen beiden Seiten findet ein Austausch üeber den Kreislauf der Natur statt. Das was wir wahrnehmen ist sozusagen das Grosshirn und das was wir tun ist das Kleinhirn. Nur dadurch, dass wir Dinge tun, können wir auch wahrnehmen. So wie wir Luft atmen, Wasser trinken und Nahrung essen, so ist der Glaube, also das nicht wissen, unser Drang nach mehr Wissen. Geistige Fotosynthese :-) Sven Sven C. Dack, Student, Darmstadt

Wohl wahr: "Christentum ist keine Religion"
Herr Schreiner, Nummer 27, hat treffend Karl Barth zitiert, der in einem Gedicht auch einmal das Wesen des Menschen beschrieb, indem er u. a. sagte: "... Er führt immer den Glauben und das Evangelium im Munde, wo es gelten würde, ein Stück gesunden Menschenverstand zur Sprache zu bringen; und immer vernünftelt er, wo man sich und andere in die Hände Gottes befehlen dürfte und sollte - dieser grundverkehrte Mensch, den Gott der Herr doch liebt wie seinen eigenen Sohn Jesus Christus, den er für uns in den Tod gegeben hat, damit alles wieder seine Richtigkeit habe." Religion sind in der Tat vom Menschen geschaffene Dinge, die dieser braucht, um seinen Glauben zu bestätigen bzw. Einfluss zu nehmen auf sich und seine Umwelt. Jede Religion, verlangt besondere Werke, um 'gerettet' zu werden. Nur das Christentum nicht ! Hier hat Gott durch seinen Sohn 'alles erledigt', so dass wir 'nur noch' den Glauben zu haben brauchen, es anzunehmen und IHN für uns sorgen zu lassen. Welche Beweise für seine Existenz braucht man noch (ich zitiere aus 'Und die anderen Religionen ?', Werner Gitt, Christliche Literatur Verbreitung, Bielefeld, Seite 24 ff.): 1. Der Kolibri bewegt sich vorwärts, rückwärts, seitwärts und senkrecht von oben nach unten, mit bis zu 80 Schlägen/Sekunde, was um 60 % über der gängigen Wechselstromfrequenz liegt. Er atmet 250mal pro Minute und sein Herz schlägt in dieser Zeit über tausendmal. 2. Das menschliche Herz schlägt 100.000mal an einem Tag und 2,5 milliardenmal in 70 Jahren. Dabei hätte es einen Wolkenkratzer mit Blut gefüllt. In dem dichten Netz von 2500 km Arterien, Venen und Kapillaren - = Strecke Paris nach Moskau - werden alle Teile des Körpers mit Blut versorgt. Hier ist die wartungsfreie Pumpe erfunden, die ohne Ersatzteile (im allg.) ein Leben lang arbeitet. 3. Die höchste bekannte Speicherdichte kommt in jeder lebendigen Zelle vor. Ein 16 Megabit-Chip kann etwa 700 Schreibmaschinenseiten aufnehmen. Im menschlichen DNS-Faden liesse sich die 1400fache Informationsmenge unterbringen. Da kann man nur staunend vor der Schöpfung - uns selbst ! - stehen und fragen, welche 'Beweise' soll Gott noch bringen, damit wir an IHN glauben ?? Und das das keine 'Evolution' ist/sein kann hat selbst der Schöpfer der Theorie, Herr Darwin , anerkannt. Freundliche Gtrüsse und Gottes Segen für 'jeden' Leser. Michael Richter michael@michaelrichtermarketing.de Michael Richter, internationaler Marketing- und Vertriebsberater, Daugendorf

Ich glaube es war Voltaire der sagte: "Religion ist die Droge einfacher Menschen". Ich glaube wenn Voltaire einfach sagte, dann bezog er sich auf intellektuell eifach. Wenn ich dass so Wiedergebe, dann mochte ich mich nicht lustig machen uber Menschen die Religion als einen wichtigen teil ihrer Existenz betrachten. Die moralischen und menschlichen Botschaften die Menschen wie Jesus, Budda und Mohamed hinterlassen haben, sind sehr wertvoll fur den Fortbestand der Menscheit und sollten beachted werden. Wie auch immer, der ganze religiose Hokus Pokus den wir heute, immer noch unseren Kindern beibringen (den ich hier nicht Aufzahlen mochte als emaliger katholischer Christ), sollte mit religiosen Aussagen oder Botschaften ersetzt werden, die von aufgklarten und modernen Menschen akzeptiert werden konnen. Wahrscheinlich ist da der asiatische Budismus mit seinem religiosen Vorstellungen einer modernen Religion am nachsten. Wie auch immer, es konnte naturlich sein, dass wir in einer anderen Energieform nach unserem Tode weiter existieren. Die Qualitat dieser neuen Existenz konnte von unserem jetzigen moralischem Leben abhangen. Nach der einfachen Formel: Ehrlich+Moralisch+Gebildet usw (Konstante Verbesserung an unserem logischen Verstand und unserer emotionalen Intelligenz muss unerlasslich sein)= bedeuted hohere potentiale seelische und geistige Energie Die potentiale Grosse dieser seelischen und geistigen Energie, konnte dann nach unserem Tode, dass was Christen heute Paradies bezeichnen, unsere neue Existenz oder unseren neuen Lebenszustand definieren. Ich hoffe, ich habe euch alle nicht total verwirrt. Michael Prazeus, Project Manager IT&T, Melbourne Australien

Religion ist eine evolutionäre Begleiterscheinung ??? Lieber Huy To, Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Du widerlegst deinen eigenen Gedanken aber wieder selbst: "Der Thronfolger heisst Kapital. Geld und Macht sind die erstrebenswerte Eigenschaften in der heutigen Welt und sie waren es schon immer gewesen". Ich denke dass Religion ein Bedürfnis der meisten Menschen ist, mit der Komplexität und den Enttäuschungen des Lebens fertig zu werden. Erschreckend ist für mich die Erkenntnis, dass gerade an-Religion-interessierte und (oder) sehr intelligente Menschen leider keinen ausgeprägten Fortpflanzungsdrang haben, womit viele Phenomene in unserer (modernen?)Gesellschaft (Irrationalität, Dummheit, Esoterikboom etc...etc...)erklärbar werden. Einen "Sinn" des Lebens gibt es leider nicht, es gibt nur das phantastische "Wunder" des Lebens.(Antworten an Ed.Ahnen@Justice.Etat.Lu erwünscht) Religion ist eine evolutionäre Begleiterscheinung Aus dem Nichts kommend und dahin wieder verschwindend versucht der Mensch für sich einen Sinn zu finden. Schwer ist es sich vorzustellen, dass der Mensch nur ein Mensch, ein Lebewesen ist, der um seine Existenzberechtigung kämpft. Jeder Halm, der kommen mag, ist einer mehr. Dazu zählt auch die Religion. In meinen Augen einer der vielen kulturellen Erfindungen, die er sich selbstredend selbst erschuf, wie das Feuer und die Verfassung, um das eigene Überleben zu sichern. Leider hat die Religion, nachdem sie nicht die Welt erklären konnte und seit tausenden von Jahren nicht zu einer Stabilität in der Menschheit führte, ebenso wenig als evolutionär komparative Eigenschaft (Säkuläre Personen haben normalerweise kein Nachwuchs) als sozio-kulturelles Produkt ausgedient. Der Thronfolger heisst Kapital. Geld und Macht sind die erstrebenswerte Eigenschaften in der heutigen Welt und sie waren es schon immer gewesen. Zum theistischen Existenzbeweis: Man kann keine Institution wie die Bibel als Referenz auf eine andere Institution wie Gott zu benutzen. Dieses käme der Formel x = y gleich, daraus folgend x = ja zu setzen. Huy To, Wirtschaftsinformatik-Student, Münster Ed AHNEN, Luxemburg

Christentum ist keine Religion (ich zitiere hier die Formulierung des ev. Theologen Karl Barth)sondern eine Verheissung = ein Versprechen mit historisch begründeten Belegen, die diese Verheissung untermauern. Die Belege sind: Jesus von Nazareth, seine Botschaft (Bergpredigt etc.), sein Anspruch (Gott + Mensch s. Johannesevangelium) und seine Taten (Kreuzigung + Auferstehung) als Beweis der Korrespondenz von Wort und Tat. Sowohl Kreuzigung wie Auferstehung Jesu sind historisch gut belegt (soweit geschichtliche Fakten eben hart sind),siehe hierzu u.a.die Arbeiten von Josh McDowell. Das ist das Zentrum, die Auferstehung als singuläres Ereignis in der Menschheitsgeschichte. Als christlicher Glaube der aus diesen historischen Ereignissen auf die Vertrauenswürdigkeit von Gottes Zusagen und Geboten (Bibel) insgesamt schliesst, geht dieser Glaube über das faktisch überprüfbare hinaus, aber epistemologisch nur so weit wie z.B. ein bestimmter Typ von argementierbaren induktiven Schlüssen. Wir brauchen Gott also nicht als Lückenbüsser irgendwo einschmuggeln, er hat seine Karten offen auf den Tisch gelegt. Ich würde meine das das Christentum also einen rationalen Diskurs nicht zu fürchten braucht, nur sollte er fair geführt werden, und nicht z.B. indem man Sinn- und Verifikationskriterien aus der Frühzeit der analytischen Philosophie (Physikalismus etc.)verwendet,oder ein relativ simples Modell von Naturwissenschaft zum Kriterium der Rationalität macht. Die Abgrenzungsscharmützel zwischen Religion/Wissenschaft treffen auch s.o. das Christentum eigentlich nur peripher, nebenbei ist dieses Scharmützel irgendwie die Wiederauflage eines Streites um das Abgrenzungskriterium von Wissenschaft/Nichtwissenschaft im Wiener Kreis. Diese Debatte wurde nie wirklich zu einem Ergebnis geführt. Quine hat dazu dann eine Arbeit geschrieben, in dem er diese Debatte als nicht gewinnbar von Seiten der analytischen Philosophie gezeigt hat (leider weiss ich den Titel dieser Arbeit jetzt nicht) mit freundlichen Gruessen Schreiner Karl, Netzwerkadministrator, Wien

Die Suche nach der grundlegenden Wahrheit "Es hat keinen Sinn, die Grenzen zu verwischen", dies wird auch aus einigen Beiträgen von Diskussionsteilnehmern deutlich. Zu sehr unterscheiden sich typische Vertreter beider Seiten darin, wie sie Lebenseinflüsse wahrnehmen und verarbeiten. Wissenschaftler, auf der Suche nach der grundlegenden Wahrheit, sind auf emotionslose, sachlich - objektive Logik angewiesen. Bei religiösen Menschen überwiegt eher die emotionale Eigenschaft, was sie zugegebenermassen in der Argumentation benachteiligt, da sich Emotionen viel schwerer in Worte fassen lassen als z.B. eine logische Struktur. Hinzu kommt eine sehr persönliche Beziehung des Gläubigen zur Religion. Der Glaube schenkt Lebensfreude, einen Sinn und baut psychisch auf, etwas, dass man nur ungern aufgibt und daher auch gegen Argumente vehement verteidigt. Meiner Meinung nach kann man Religion nur "erfahren", wenn man sich ihr hingibt und seine Kritikfähigkeit einschränkt. Das ist nicht abwertend gemeint. Diejenigen, die das können, werden auf diese Art und Weise ein erfülltes Leben führen. Wer aber das Leben und die uns umgebende Welt nicht einfach hinnehmen kann, fragt sich "Warum ist das so? Warum nicht anders? Welcher Plan, welcher Sinn liegt allem zu Grunde?" Es ist der Anfang der Philosophie und Wissenschaft. Mit welcher Geisteshaltung würden wir heute leben, hätten Arbeiten dieser Fachrichtung nicht über Jahrhunderte zu ihrer Entwicklung beigetragen? Dennoch finde ich es sehr interessant, sich wissenschaftlich mit dem Glauben zu beschäftigen, auch ,wie in diesem Online - Forum, in Form eines Gespräches zwischen Vertretern der Wissenschaft und der Religion. Wenn es darum geht Gottes Existenz oder Nichtexistenz zu beweisen, müsste man erst einmal eine gemeinsame Basis schaffen, also definieren, was Gott eigentlich ist. Die besten logischen Schlussfolgerungen wären irrelevant, stünden keine klaren Anfangsbedingungen fest. Das Hauptproblem der Diskussion über Gott ist, dass fast jeder Diskussionsteilnehmer eine etwas andere Vorstellung von Gott hat, und man über zu wenig gemeinsame Grundlagen verfügt, um nicht zwangsläufig aneinander vorbeizureden. Mein Vorschlag ist, Begriffe, die man mit Gott assoziieren kann, in die Diskussion einzufügen. Bei "Gott" denke ich persönlich an verallgemeinerte Bedeutungen von Bewusstsein, Leben, Natur und der Existenz im Ganzen. Das sind wohl Bezeichnungen, zu denen die meisten Teilnehmer über eine ähnliche Vorstellungsgrundlage verfügen, oder die sich zumindest einfacher erklären lassen. Jeder Glaubensangehörige gleich welcher Religion kann sich überlegen, ob für ihn persönlich Gott nicht ein Teil dieser Begriffe darstellt, wenn nicht sogar seine Gesamtheit, und für Wissenschaftler rückt Gott damit in den Bereich messbarer Grössen vor. Herr Professor Dr. Kanitscheider, Sie werden jetzt wohl die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Ich danke Ihnen trotzdem für die Erkenntnisse, die ich Ihren Beiträgen entnehmen durfte. Über Tips und Informationsquellen zu diesem Thema an tripple.r@gmx.de würde ich mich sehr freuen. Für die wenigen, die dieses Buch noch nicht kennen, möchte ich es doch noch empfehlen: "Eine kurze Geschichte der Zeit" von Stephen W. Hawking, erschienen im Rowohlt Verlag Ralf Robert Rehberg, Lippstadt Ralf Robert Rehberg, Selbständig, Lippstadt

Keine Chance für einen Gott? 1. Wenn ich Herr Kanitscheider recht verstehe, vertritt er die Auffassung: Ein fehlender Nachweis Gottes sollte ehrlicherweise die Annahme einer Nichtexistenz Gottes nach sich ziehen. Er zieht eine Parallele zur naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise, die Objekte ignoriere, für die man kein empirisches Moment gefunden habe. Naturwissenschaftlich erfassbar sind jedoch nur wiederholbare Phänomene im kontrollierten Experiment und in Messsituationen, die mit solchen Experimenten vergleichbar sind. Wie auch immer der Inhalt des Begriffs gewählt wird, scheint es eine Übereinkunft zu geben, dass sich nicht experimentell kontrollieren und erfassen lässt. Ein , der sich nachweisen liesse, wäre kein mehr. definiert sich also gerade aus dieser Nicht-Erfassbarkeit und Nicht-Verfügbarkeit. Damit ist alles, was man nennen könnte, der positiven naturwissenschaftlichen Erkenntnis entzogen. Der Existenzbegriff ist ein prinzipiell anderer. 2. Herr Kanitschneider scheint es als Manko zu empfinden, dass sich quasi negativ definiert. Eine negative Darstellung der Art "Gott hat diese und jene Eigenschaft nicht" ist aufgrund der oben angedeuteten Gottesdefinition die angemessene, wenn man scharfe Aussagen treffen möchte. Gerade in diesem Punkt haben Natur- und Geisteswissenschaft wesentliches geleistet. Durch wachsende menschliche Erkenntnis wurde eine Vielzahl von Gottesbildern ausgeschieden. Widerlegte Gottesbilder sind allerdings noch lange kein widerlegter : Unter unendlich vielen Gottesbildern bleiben auch nach diesem Ausschlussverfahren noch unendlich viele übrig. Theologie und Naturwissenschaft sind doch keine völlig getrennten Bereiche. Wissenschaftler sollten die Konsequenzen ihres Wissens klarstellen; sie betreiben de facto Theologie. 3. Eine Überlegung zum Schluss: Wie sollte ein Wesen, das weit über unserem Erkenntnishorizont steht, ein Wesen, das sich unserer Verfügbarkeit entzieht, Kontakt mit uns aufnehmen? Wenn es regelmässig und wiederholbar agiert, wird dieser Teil seiner Existenz in eine Schublade naturwissenschaftlichen Denkens als "Regel" einsortiert. Agiert es individuell unwiederholbar, bleibt die Erfahrung mit ihm eine Einzelerfahrung und man muss sie als "Offenbarung" kennzeichnen, die unter Naturwissenschaftlern suspekt ist. Keine Chance für einen Gott? K.Bratengeier@t-online.de Dr. Klaus Bratengeier, Physiker, Würzburg

Eindeutige Beweise wird es vielleicht nie geben Man kann noch so viel diskutieren und vermuten, eine Gewissheit kann nicht gegeben sein. Was jedoch gefährlich wird, ist, als Atheist auch soziale Werte wie "Nächstenliebe" und allgemein soziales Verhalten in Frage zu stellen. Das Recht des Stärkeren schien schon immer in der Welt zu dominieren, aber nur mit einer gesunden Mischung aus Egoismus und Selbstlosigkeit scheint der Mensch die Weiterentwicklung seiner Art am besten zu sichern. Und ist es nicht schon phantastisch genug zu sehen, was wir Menschen alles erreichen können ? Welche wunderbare Ordnung die Natur enthält ? Die Natur scheint auf ein Ziel zuzusteuern. Die Frage ist letztendlich immer die gleiche: Denkt die Natur sich dieses Ziel selbst aus, oder ein Gott, ist die Natur Gott, ist dies alles Zufall oder bilden wir uns alles nur ein ? Dies hat von jeher die Philosophie beschäftigt und bis heute (und vielleicht nie) können wir die Natur wirklich erklären. An Gott kann man nun mal nur glauben, man kann nicht wissen, dass es ihn gibt. Man kann auch wohl kaum beweisen, dass irgendjemand z.B. die Jesusgeschichte nur erfunden hat, um einem System namens Kirche Macht zu bescheren. Und selbst wenn: Würde das die Existenz eines Gottes wirklich in Frage stellen, wo die Menschen schon seit Urzeiten lange vor Beginn des Christentums an Götter glaubten ? Weswegen brauchen wir überhaupt Glauben ? Wenn es keinen Gott gibt, wieso verspüren wir dann das Bedürfnis nach Glauben ? Aus Angst vor dem Nichts, aus Verlustangst der eigenen Eltern oder als Ersatz für die fehlende Macht Einzelner über andere ? Auch die Psychologie weiss hier nur, was sie nicht weiss. Es bleibt Vermutung... Gewiss ist jedoch, dass noch viele wissenschaftliche Erkenntnisse die Menschheit voranbringen werden (oder zurück ?), die uns vielleicht überraschen werden. Vielleicht wäre es interessanter erstmal zu erforschen, ob es ein Leben nach dem Tode überhaupt gibt. Dies könnte auch ein Schlüssel zu Glaubensfragen darstellen. Nico Dilbeck, Student, Frankfurt

Religion ist eine evolutionäre Begleiterscheinung
Aus dem Nichts kommend und dahin wieder verschwindend versucht der Mensch für sich einen Sinn zu finden. Schwer ist es sich vorzustellen, dass der Mensch nur ein Mensch, ein Lebewesen ist, der um seine Existenzberechtigung kämpft. Jeder Halm, der kommen mag, ist einer mehr. Dazu zählt auch die Religion. In meinen Augen einer der vielen kulturellen Erfindungen, die er sich selbstredend selbst erschuf, wie das Feuer und die Verfassung, um das eigene Überleben zu sichern. Leider hat die Religion, nachdem sie nicht die Welt erklären konnte und seit tausenden von Jahren nicht zu einer Stabilität in der Menschheit führte, ebenso wenig als evolutionär komparative Eigenschaft (Säkuläre Personen haben normalerweise kein Nachwuchs) als sozio-kulturelles Produkt ausgedient. Der Thronfolger heisst Kapital. Geld und Macht sind die erstrebenswerte Eigenschaften in der heutigen Welt und sie waren es schon immer gewesen. Zum theistischen Existenzbeweis: Man kann keine Institution wie die Bibel als Referenz auf eine andere Institution wie Gott zu benutzen. Dieses käme der Formel x = y gleich, daraus folgend x = ja zu setzen. Huy To, Wirtschaftsinformatik-Student, Münster

Wer zweifelt denn da ? Nur ein paar Bemerkungen, denn das 'Handbuch des Lebens', auch Bibel genannt, hat alle Antworten bereit. Ansonsten bitte ich Herrn Kranitscheider auch z. B. um Kontakt zu seinem Kollegen Prof. Gitt, Direktor der Physikalisch-Technischen Anstalt, Braunschweig, oder dessen Buch 'Fragen, die immer wieder gestellt werden'. 1. Antwort Kranitscheider: ... GOTT unverschuldetes Leid auf dieser Welt zulässt ... Bibel - und meine 'erfahrene !!' Meinung aus Römer 1.28:"Und wie sie es nicht für gut befanden, Gott in der Erkenntnis festzuhalten, hat Gott sie dahingegeben in einen verworfenen Sinn, zu tun was sich nicht geziemt: erfüllt mit aller Ungerechtigkeitz, Bosheit, ..."u.v.a.m. 2. Antwort Kranitschreider: ...rational nicht konstruierbare ... Konstrukte. Falsch, denn: Die Beweise, dass die Worte der Bibel zum Untergang der verschiedensten Städte richtig sind, ist in vielen Büchern, die von Ausgrabungen berichten, sind Legion. 3. Antwort Kranitscheider: ... dieser Glaubensakt ist empirisch nicht mehr zu rechtfertigen ... Meine Antwort: Ich habe seit meiner Umkehr zu Gott im Jahre 1993, mit 45 Jahren, einige Jahre hinter mir, in denen Gott jedes Jahr mehrfach bewiesen hat, dass er um uns 'individuell' bemüht ist und uns durch seinen Heiligen Geist führt. Das betraf alle Bereiche meines Lebens und Gott hat mir jedes mal vorher gesagt, was passieren wird. "Sogar klar nachvollziehbar in Zahlen !" Wie kann/muss man dann nicht glauben !? 4. Zum Nachdenken - natürlich ALLES ZU BELEGEN !!: a) Darwin hat auf seinem Totenbett den HERRN um Vergebung gebeten, dass er viele Leute verwirrt hat. Zitat: "... es war doch nur eine Theorie ..." b) Heinrich Heine - der vorher gottlose Spötter - schrieb 1851: ...Gedichte, die nur halbwegs Anzüglichkeiten gegen Gott enthielten, habe ich mit ängstlichem Eifer den Flammen überliefert. Es ist besser, dass die Verse brennen als der Versemacher ... c) Napoleon fragte einmal einen Adjutanten nach einem Beweis für die Richtigkeit der Bibel. Der sagte:"Die Juden", Sire. Tatsächlich kann man die Bibel daran prüfen. Es ist klar vorhergesagt, dass die Juden nach Israel zurückkehren werden - was seit Jahren in unglaublichen Zahlen passiert ! d) Für die, die sich nicht klar sind, empfehle ich Hebräer 9, 27: "Und wie es den Menschen bestimmt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht ..." Mehr >> Bibel oder ich ! mailto:michael@michaelrichter-marketing.de Michael Richter, Unternehmensberater, Daugendorf

Existiert Gott in der modernen Philosophie?
Im Rahmen des studium generale fanden an der Fachhochschule Furtwangen zwei Vorträge statt mit den Themen "Das Gehirn-Geist Problem in philosophischer und systemtheoretischer Sicht" (Prof. Janzing) und "Das Gehirn-Geist Problem in philosophischer Sicht".Wurde im ersten Vortrag die Existenz Gottes geleugnet, so kam sie zumindest in Ansätzen im Zweiten zur Geltung. Ich finde, dass auch mit rein naturwissenschaftlichen Erkenntnissen Grenzen anerkannt werden müssen, die es auch Natuewissenschaftlern leichter machen könnten, die Existenz Gottes zu akzeptieren. Bernhard Kuhn, Sozialpädagoge/Theologe, Furtwangen

Beweis für Gott, Religion und Wissenschaft
Den Beweise für Gott liegt nicht in den unkläreliche Dinge, sondern gerade die Dinge sind es, die Wissenschaft jetzt erklären können. Die Schwierigkeit ist, dass manche Menschen die Tatsache anders interpretieren will, als sie eingentlich sind, so entsteht die Evolutionstheorie, eine Artikel von <> zeigt es. siehe in folgende Links nach: http://www.wissenschaft.de/bdw/high/98-03/neander3.html Das ist nur eine Beispiel von vielen. Um Gott zu bewiesen, muss man auch die richtige Methode anwenden, weil man da jemand untersuchen will, der höhe als wir selbst ist und uns in allen Hinsicht überlegen ist. z.B. man kann Gott nicht so studieren, wie wir eine neu Tierart studieren würden. Und hier kommt die Unterschied zwischen Religion und Wissenschaft, und es kommt auch darauf an, welche Religion und welche Wissenschaft Gott beweisen will. Wenn wir etwas über die Menschen von eine hohe alte Kultur wissen möchte, gibt es zwei wege, die Ausgrabung von ihre Bauwerke und Handwerke sagt etwas über sie aus, und die Überlieferung und Ihr Schriften sagt etwas über sie aus. Bei den Beweise für Gott, spielt den natur Wissenschaft die Rolle der Ausgrabung von gottes Bauwerke-die Universum, das Leben, die Gesetz usw.. Und die Religionen sollen die Schriften und Offenbarungen überprüfen und studieren. Es gibt so viele Religionen, wer hat die Schriften, so wohl die Bibel als auch andere, die behauptet hat, von Gott gekommen zu sein, am besten studiert und überprüft? Meine Meinung nach ist die Zeugen Jehovas. Wenn Du das nicht glaubst, sollst du mal mit denen reden. Aber wer schliesslich an Gott glaubt oder nicht, hangt auch von seine Denkweise und Einstellung ab. Glauben hat nicht mit Ungewissheit zu tun, sondern im gegenteil, ohne Glauben würde die Menschen nicht auf den Mond fliegen. Die Wissenschaft brauchen somit viele Glauben! Die Zweifel ist nur den Weg, um die Richtige Glauben zu finden, und sie mit den falsche zu unterscheiden. Um den Wahrheit zu finden, muss man ehrlich sein, ehrlich zu Dich selbst, aber auch ehrlich zu anderen, und ehrlich gesagt, ich bin auch ein Zeugen Jehovas, und ich bin ein Ausländer, deshalb entschuldige bitte für die spracheliche Fehlern, die ich hier gemacht habe. liu qiang, Student, Aachen

Als Reaktion auf den Beitrag von: Roland Behringer . Erkenntnisse gewinnen
Jenseits des Verstandes Herr Behringer schreibt: .... ein Mensch .. Erkenntnisse gewinnen kann, die nicht vom Verstand vermittelt werden können... Wenn vom intuitiven Handeln abgesehen wird, ist obige Aussage sehr kritisch zu sehen! Wissenschaftliche Erkenntnisse können hier nicht gemeint sein, sind es also religiöse Erkenntnisse? Über eine wissenschaftliche Aussage, die wie folgt begründet wird: Günter Faes, Techniker, Dormagen

8. Januar 2000
Gläubige und Ungläubige
Ob jemand glaubt oder nicht, ist für mich eine Frage der persönlichen Philosophie. Bezüglich der Religion formulierte KANT: Was darf ich hoffen? Es ist sicher schwer sich damit abzufinden, dass der Mensch nicht der Mittelpunkt des Universums ist, sondern (meiner Meinung nach) nur ein Lebewesen das zufälligerweise denken kann und über Bewusstsein verfügt. Problematisch, wenn nicht gar gefährlich, wird es, wenn der intolerante Glaube seinen Gegenüber mit der Mittelvergabe zum Glauben - ich drücke es mal wie folgt aus - drängen möchte! Die abolute Variante sehen wir ja weiterhin in z. B. Bosnien..... Können denn nicht "Gläubige" und "Ungläubige" einfach gegenseitige Toleranz üben? Leider ist zu beobachten, dass der "Gläubige" mit dem Begriff Toleranz Probleme hat (vor der Haustür, Bosnien, Indonesien, usw.). Auch die Kommentare zum Interview mit Prof. Kanitscheider zeigen dies. Und zum Schluss: Was hat der Glaube in der Wissenschaft zu suchen? Günter Faes, Techniker der Fachrichtung Chemie, 41542 Dormagen

Welcher Beweis ? Wer will denn überhaupt die Möglichkeit einer religiösen Erkenntnis beweisen ? Religion ist ein Glaube und per Definition nicht wissenschaftlichen Ursprungs, denn was bewiesen ist, ist kein Glaube mehr, sondern Gewissheit (Haben Sie nicht auch als Kind voller Angst gebetet: "Bitte lieber Gott zeig dich mir, damit ich an dich glauben kann"?) Was die Wissenschaft anbetrifft, besteht sie aus sehr vielen verschieden Disziplinen, die alle zum Ziel haben mehr Wissen anzusammeln, das heisst mehr Erkenntnis von dieser, unserer Welt. Jeder Wissenschaftler hat erst einmal den ehrlichen Wunsch zu erfahren was denn nun wirklich ist und wie es funktioniert. Dass hier harte und weiche Wissenschaften (z.b. Physik und Psychologie) aufeinandertreffen und sich gegenseitig Unwissen(schaftlichkeit)vorwerfen ist sehr bedauerlich aber leider nicht zu vermeiden. Von dem Moment an wo ein wissenschaftliches Fach nur noch Behauptungen aufstellt, die niemand mehr anzweifeln darf, ohne sich als Ignorant abstempeln zu lassen, und wo die "Wissenschaftler" sich weigern jede andere wissenschaftliche Disziplin im Detail zu lernen, dann ist das Ende dieser Disziplin (oder zumindest eines Teils davon) nahe, oder zumindest wahrscheinlich (siehe Sokal + Bricmont im Internet). Ich habe den Eindruck dass Ihr Leserbrief(mail) leider in der typischen Form einer solchen (Nicht)Wissenschaft abgefasst ist und am Ende leider nichts aussagt. AHNEN Edy, Luxemburg

Strikte Trennung von Religion und Wissenschaft
Ich bin der Meinung dass Religion und Wissenschaft auf jeden Fall getrennt werden sollten. Die Religion wird immer wieder an Grenzen stossen, an denen sie mit der Wissenschaft in Konflikt gerät (früher runde Erde, heute Urknall). Ich habe volles Verständnis wenn Menschen in dieser komplexen Welt, irgend einem Glauben anhängen. Dieses Bedürfnis sollte aber nicht in Konflikt mit den Wissenschaften geraten. Vor allem junge Menschen fühlen sich sehr betrogen, wenn ihr Glaube im späteren Leben dann von der Wissenschaft in Frage gestellt wird. Es müsste meiner Meinung nach möglich sein, einen Glauben zu haben, der nicht immer wieder mit der Wissenschaft in Konflikt gerät. Dieses Problem ist absolut zu trennen vom Problem der Moral und der Ethik, das für mich immer in engem Zusammenhang mit der Religion stand. Als ich älter wurde und die Religion, wie wir sie kannten (christlich-katholisch), nicht mehr mit meinen Überzeugungen und meinem Wissen übereinstimmte, musste ich neue Gründe suchen, warum meine Moral die richtige sein sollte. Heute sagen viele Leute: "Nimm es dir oder ein anderer nimmt es" oder "Du wärst schön blöd wenn du deinen Vorteil nicht nutzen würdest". Ich habe leider nicht die nötige Zeit um diesen Universalgesetzen dauernd zu folgen. Ich denke auch dass eine solche Attitüde nur dann von Nutzen ist, wenn nicht alle Leute ihr folgen. Ich glaube dass unsere westliche Gesellschaft ein Beweis dafür ist, dass die christliche Moral (tue Gutes etc.) für fast alle von Vorteil ist, wogegen Neid, Missgunst, Übervorteilung, Habgier, Krieg, Folter etc. fast allen Menschen schaden. Ich glaube dass diese Rechnung auch ohne Biologie aufgeht. Ich glaube aber dass eine in sich nicht wiedersprüchliche Theorie, warum die christliche Moral (nicht die Religion) besser ist als andere Formen des Zusammenlebens ist, erst (ge)(er)funden werden muss. Die meisten Leute glauben nicht mehr an das Christentum als solches, und die Angst dass unsere Moral und Ethik langsam verfällt ist nicht aus der Luft gegriffen. Eine solche Theorie wäre aber unbedingt von Nöten. Es gibt viel Bücher darüber aber ich habe leider nur eins gefunden das teilweise dieser Anforderung gerecht wird: "Die Biologie der Tugend". Was das Thema angeht dass "kein Satz oder physikalisches Gesetz immun ist gegen Revision" (nach Popper ?): Vielleicht habe ich Popper falsch verstanden, aber ich glaube er spricht von der prinzipiellen Falsifierbarkeit, das heisst, dass ein Gesetz oder Satz prinzipiell revidiert werden kann, aber nicht muss. Ich glaube es gibt viel Sätze die immun sind gegen Revision: z.b. "Nicht alle Katzen sind grau" oder "Es ist trocken oder nass". Viele Sätze beziehen sich ja auf einen bestimmten Gegenstand in einer bestimmten Zeit und sind nachher nicht mehr revidierbar. Ich füge das nur an weil viele Leute denken, dass eine Theorie wissenschaftlich ist, wenn sie falzifierbar ist. Ich glaube Popper meinte das genau umgekehrt: Eine Theorie ist nicht wissenschaftlich wenn sie nicht falsifierbar ist. Das wird meiner Meinung nach oft falsch verstanden. Darum ist eine Theorie die falzifierbar ist nicht automatisch auch Wissenschaft. Dagegen ist die Religion durch ihre Unangreifbarkeit leider nicht falzifierbar, also auch nicht wissenschaftlich, und deshalb auch nicht mit Wissenschaft vereinbar; so dass ich die Überlegung mit dem Satz abschliessen kann mit dem sie begonnen hat: "dass Religion und Wissenschaft auf jeden Fall getrennt werden sollten". E-mail: Ed.Ahnen@Justice.Etat.Lu AHNEN Edy, Gerichtsschreiber (leider kein Doktor), Luxemburg

Innere Ethik und Information
Die Definition einer "inneren Ethik" allein durch die Bewertungsgabe des limbischen Systems zu beschreiben ist ein wenig kurz gedacht - Religiöse Ethik soll ja geradezu über diese hinauszielen und den Steinzeitmenschen, der wir ja nochimmer sind ein Zusammenleben ermöglichen. Deshalb sehe ich eine Ethik eher getragen von der Notwendigkeit eines möglichst effektiven Zusammenlebens, wobei der lachse Ausdruck der "Effektivität" eben die verschiedenen Auslegungen der Ethik begründed. Abschliessend möchte ich noch die witzige Bemerkung der "freien Information" : "Niemand hat je Information gesehen" kommentieren. Man ist ja aufgrund der Analogie der Körperlosigkeit der Seele und der Information versucht diese gleichzusetzen, weshalb letztere gerade eine solche Popularität erreicht hat. Der signifikannte Unterschied ist jedoch, dass Information das Produkt physikalischer Phänomene ist, auch wenn sie sich eine gänzlich andere materielle Basis findet. Boris Povazay, Physiker, Wien

Theorie und Experiment
Bei der Diskussion, die auf diesen Seiten zu lesen ist, finde ich besonders erstaunlich, dass Herr Kanitschneider die Lehre des Christentums wohl am besten kennt, unter den Diskussionsteilnehmern, obwohl er erklaertermassen nicht glaeubig ist. Ich selbst bin Christ und Physiker. Aus dieser Perspektive moechte ich einen Impuls geben: Waehrend meines ganzen Studiums und bereits in der Schule reichte die Theorie, die Mathematik niemals aus, um mich von einem Sachverhalt zu ueberzeugen. Immer musste zur Theorie das Experiment treten. Dies scheint mir ein Allgemeingut zu sein, da Experimente in den Studienplaenen einen herausragenden Platz einnehmen. So denke ich auch bei der Theorie des Christentums. Die Theorie ist gut und schoen, aber wie kann ich die Konsequenzen nachvollziehen? Die Theorie sagt zum Beispiel ( Altes Testament, Sprueche Salomos Kapitel 1 Vers 7) "Die Furcht Gottes ist der Anfang der Erkenntnis" Das bedeutet, wer Gott in Ehrfurcht begegnet wird beginnen zu erkennen, und nicht nur plausibel vermuten, wer dies hingegen nicht tut, wird nichts erkennen. Das kann sich in der Praxis etwa so auswirken, dass man sich mit irgendeinem ernstgemeinten Gebet an Gott wendet, und fuer ein Antworten sensibel bleibt.(Beispiel: Jesus, wenn es dich wirklich gibt und du wirklich an mir interessiert bist, wie die Bibel sagt, dann bitte ich dich mir zu offenbaren, so dass ich eindeutig ueberzeugt werde.) Ich selbst habe ein derartiges Experiment durchgefuehrt und kenne Menschen, die es ebenfalls durchgefuehrt haben, mit positivem Ergebnis. Ich finde, ein ehrlicher Wissenschaftler sollte daher dieses Ergebnis zur Kenntnis nehmen, und kann daher nicht mehr behaupten:"nach allem was wir wissen existiert Gott nicht". Martin Krause, Diplom-Physiker, Heidelberg

Prof. Kanitscheider kommentiert die Leserreaktionen auf sein Interview Unter den Leserzuschriften
Zuerst möchte ich jene beantworten, die mit klaren, kritischen Einwänden die erkenntnistheoretische Basis meiner Analyse von Wissenschaft und Religion erschüttern möchten. Emotionale Appelle, die sich auf persönliche, intuitive Weise artikulieren, sind nicht philosophisch diskurssfähig. Jeder Dialog muss auf gemeinsamen Regeln von Logik, Grammatik, Semantik und Methodik des Argumentierens basieren. Auch in einem Gespräch über das Verhältnis von Religion und Naturwissenschaft muss klar sein, unter welchen objektivierbaren Bedingungen ein Dialogpartner Unrecht hat. Jedem Menschen ist es unbenommen, seinen Glauben aus jedem Argumentationszusammenhang herauszunehmen und die Glaubensinhalte einfach als vorrationale Entscheidung zu setzen. Wenn der Gläubige sich jedoch auf ein Reflexionsgespräch einlässt, muss er bestimmte Rationalitäts-Standards einhalten, sonst kommt einfach keine intellektuelle Auseinandersetzung zustande, sondern es bleibt bei einem Austausch von emotiven Bekenntnissen. Viele Leser haben ihre religiösen Erfahrungen ins Feld geführt. In der gedanklichen Durchdringung sollte jedoch jeder die Überlegung anstellen, ob es sich dabei nicht doch um ein rein mentales Geschehen aus der Vorstellungswelt handelt ohne irgendeine ontologische Repräsentation. Schon Voltaire hat den emotionalen Fideismus von Pascal, das sogenannte Denken mit dem Herzen, mit den Worten kritisiert: "Das Interesse und Engagement an einer Sache ist kein Beweis für dessen Existenz." Eine spirituelle Erfahrung ist kein Garant dafür, dass es sich nicht doch um eine Illusion handelt. Die Möglichkeit, dass eine religiöse Evidenz eine Evidenztäuschung darstellt, einfach zu ignorieren, ist ein Kennzeichen von Irrationalität. Eine Reihe von Lesern waren mit meiner Forderung nach rationaler Rekonstruierbarkeit zentraler Glaubensinhalte unzufrieden. Wenn man jedoch an der Frage der Kompatibilität von Naturwissenschaft und Religion interessiert ist, braucht man für diesen Vergleich ein Minimum an stabiler Semantik für die religiösen Schlüsselterme. Gerade der hohe Bedeutungsspielraum, den man z.B. bei der Verwendung des Ausdrucks eines "transzendenten, höchsten Wesens" vorfindet, macht die Auseinandersetzung fast unmöglich. Die Schwammigkeit in der Bedeutung theologischer Begriffe nährt sehr oft die skeptische Haltung von Wissenschaftlern. Auch vom glaubensimmanenten Standpunkt kann es nicht völlig einerlei sein, was man unter einem Vorgang wie der Auferstehung, unter der Doppelnatur Christi, unter der Trinität oder unter der Erbsünde versteht. Ein Sprachgebilde, das ein undurchdringliches semantisches Mysterium darstellt, kann niemand rechtens für wahr oder falsch halten. Rationale Theologen haben dies auch erkannt und sich um Rekonstruktion bemüht (vgl. z.B. J. Ratzingers soziokulturelle Umdeutung der Erbsünde in: Einführung in das Christentum, Seite 202) Es scheint einfach nicht bekannt zu sein, dass, zumindest aus katholischer Sicht, die in den kanonischen Schriften enthaltenen Aussagen irrtumsfreie Wahrheit darstellen, weil sie auf göttliche Inspiration zurückgehen (Constitutio Dogmatica de Divina Revelatione, Kap. III, Art 11). Das Prinzip der Inerranz steht aber in unaufhebbarem Gegensatz zur methodischen Haltung aller wissenschaftstheoretischen Schulen. Sicherheit der Erkenntnis ist weder in der Naturwissenschaft noch in der Mathematik gewährleistet. Dies ist keine dogmatische Gegenposition, wie ein Leser meinte, sondern es hat einfach noch niemand ein Beispiel für absolut sicheres Wissen über die Welt oder auch über unsere Ideen gefunden. Auch das Prinzip der Fallibilität aller Erkenntnis ist kritisierbar! Viele Leser gehen in ihren, von zweifelsohne legitimen Wunschvorstellungen geleiteten Gegenansätzen von zu voreiligen Voraussetzungen aus. Postuliert man transzendente Welten einfach, kann es zu einer Kontroverse über den Gegensatz von Theismus und Naturalismus gar nicht mehr kommen. Der Skeptiker bezieht stets die abwartende Haltung, dass der Theist ihm gute Gründe für die Überschreitung des Naturalismus gibt, jener Auffassung, wonach das raumzeitliche materiale Universum alles ist, was existiert. Somit existiert -keine symmetrische Argumentationssituation zwischen Naturalismus und -Supernaturalismus. Der Verteidiger der umfassenderen Ontologie trägt die Begründungslast für diese Überschreitung. Ein Leser möchte den Gedanken der Komplementarität wieder auf das Verhältnis von Naturwissenschaft und Religion anwenden, um eine Versöhnung beider Bereiche zu etablieren. Nun ist leider nur in der Quantenphysik Bohrs Idee mit einem klaren Inhalt verbunden. Dort können wir die Raum-Zeit-Darstellung und die Forderung der Kausalität als komplementäre, aber einander ausschliessende Züge der physikalischen Beobachtungen auffassen. Der Spielraum bei den Beschreibungen ist dann durch die Heisenberg-Relation geregelt. Bei der Übertragung auf andere Bereiche wie Biologie, Psychologie und gar auf die Erkenntnistheorie verschwimmt der ursprüngliche Sinn der Komplementaritäts-Idee völlig. Es lässt sich durch nichts begründen, dass dieses duale Prinzip von raumzeitlicher und kausaler Beschreibung auf den Erkenntnisvorgang verlagert werden kann. Warum soll es ausgerechnet zwei sich ergänzende Erkenntnisweisen der Realität geben und nicht weitere Ansätze? Auf welche Gesetzesrelation stützt sich das logische Verhältnis des religiösen und empirischen Zuganges zur Wirklichkeit? Wie soll die gegenseitige "Ergänzung" beider Informationsarten erfolgen, u.a. hinsichtlich der semantischen Differenz beider Aussageformen? Angesichts dieser ungelösten Fragen sollte man von einem vorschnellen naiven Gebrauch der Komplementarität -ausserhalb der Physik Abstand nehmen. Diejenigen, die auf die praktische Zweckmässigkeit religiöser Aussagen verweisen, möchte ich auf das Gebiet der Biologie der Religion hinweisen. Die Hartnäckigkeit, mit der sich religiöse Überzeugungen auch in einer ratiomorphen wissenschaftlich-technischen Welt, trotz mehrerer Jahrhunderte intellektueller Aufklärung, halten, lässt sich verstehen, wenn man bedenkt, dass das gezielte Verzerren von Realität z.B. durch faktisch gar nicht begründete transzendente Erwartungen einen überlebensförderlichen Optimismus darstellt, der zwar nicht die Wahrheit, aber den Selektionsvorteil einer psychischen Kräftigung für sich verbuchen kann. Selbst wenn also die Religion nur eine Placebo-Funktion besitzt, erscheint durch ihre biologische Verankerung gesichert, dass auch in Zukunft, trotz wachsender Erklärungsleistung der Naturwissenschaft, das Faszinosum der Transzendenz erhalten bleibt. Prof. Dr. Bernulf Kanitscheider, Giessen

20. Dezember 1999
Blickwinkel westlicher Psychologie
Bei Religion geht es schlicht um ein Thema, das jenseits der Rationalität liegt. Genauso, wie man Sinneserfahrungen zwar rational erforschen und beschreiben, aber nicht ersetzen kann, kann man zwar intellektuell über seelische Prozesse reden, sie aber nicht dadurch erfahren. Warum wurde kein Wort verloren über die reichlich vorhandenen Ansätze, eine Brücke zwischen den beiden Dimensionen Religion und Wissenschaft zu schlagen? Hier nur drei Beispiele: Der tibetische Mönch Chögyam Trunkpa beleuchtete den Buddhismus tibetischer Prägung aus dem Blickwinkel westlicher Psychologie. Der Dalai Lama ist seit Jahrzehnten um eine Annäherung auf philosophischer Basis bemüht. Yeshi Donden versuchte, tibetisches Heilwissen und westliche Medizin zusammenzuführen. Michael Gansera, Dortmund

Sammelsurium abgehalfterter Themen
Was Kanitscheider über die Theologie und ihre Kompetenz im interdisziplinären Dialog sagt, ist durchsetzt von Halbwahrheiten und von Halbwissen. Auch das Sammelsurium der angerissenen und durchweg kurzschlüssig abgehalfterten Themen führt den Leser von einer Enttäuschung zur nächsten. Das Pantheon erlauchter Namen von Kepler über Einstein bis Wittgenstein fungiert wie eine gut ausstaffierte Bühne, auf der dann allerdings ohne Tiefgang an irgendeiner Stelle höchst durchschnittliches Bauerntheater aufgeführt wird.
Nein, hier wurde entschieden zu leichtes Spiel getrieben! Es ist wie beim Stabhochsprung. Die Latte liegt bei sechs Metern, der Sportsmann springt berührungsfrei bei vier Metern darunter her und meint, er habe nicht gerissen. Prof. Dr. Ulrich Lüke, Paderborn

Metawissenschaftliche Aussage
Die Gesetzesartigkeit der Natur ist als Bedingung der Möglichkeit von Naturwissenschaft und von Naturerfahrung überhaupt kein im eigentlichen Sinn empirischer Satz, sondern als Voraussetzung von Naturwissenschaft eine metawissenschaftliche Aussage, die innerhalb des empirischen Verfahrens nicht begründet werden kann. Die Argumentation Kanitscheiders wird in ihrer Beschränkung auf die wissenschaftsmethodische Ebene den metawissenschaftlichen Aspekten religiöser Deutungen von Wissenschaft nicht gerecht. Diese metaphysischen Deutungen hat er selbst einmal als legitim anerkannt, soweit sie die logische Vereinbarkeit des metaphysischen Kontexts mit den physikalischen Gegebenheiten berücksichtigten und als Deutungen erkennbar blieben. Seine Erklärung des gleichbleibenden Anteils von circa 40 Prozent gläubiger Wissenschaftler in den USA über mehrere Jahrzehnte mit begrifflicher Unklarheit, mangelnder methodischer Reflexion und einem Erstarken fundamentalistischer Strömungen erscheint mir als Ertrag einer Auswertung des verfügbaren empirischen Materials zur Religiosität im Unternehmen Wissenschaft reichlich unbefriedigend und wenig überzeugend. Dr. Johannes Knöppler, Altrip

Kann Naturwissenschaft Sinn stiften? Ich halte die Frage nach der Beweisbarkeit Gottes mit Hilfe der Naturwissenschaften für überflüssig und kann deshalb Herrn Kanitscheider nur beipflichten, wenn er die Grenzen zwischen Naturwissenschaften und Religion nicht verwischt sehen möchte. Aber man kann noch genauer werden: Jeder Wissenschaftler, der einen solchen Versuch unternimmt, muss sich fragen lassen, was er eigentlich will. Will er Gott beweisen oder zeigen, dass Gott durch ihn spricht und seine Forschungsergebnisse der Beweis sind? Aber warum sich hierüber Gedanken machen? Religionen artikulieren Werte, stiften Sinn im Leben des Menschen. Kann die Naturwissenschaft Sinn stiften? Nicht, wenn sie wertfrei bleiben möchte. Verletzt sie diese Bedingung, ist sie keine Wissenschaft mehr im wissenschaftlichen Sinn, sondern würde sich zum Erfüllungsgehilfen einer übergeordneten Idee machen und sich damit gleichsam in Widerspruch zu ihren eigenen Bedingungen setzen. Der subjektive, manchmal auch objektive Wert einer Tätigkeit oder einer beobachteten Entwicklung ist eben nicht der ihr immanente Zweck, sondern der metaphysische Sinn, wie er sich dem Betrachter offenbart. Bernhard Keim, München

Widersprüche mangels Kenntnisse
Bernulf Kanitscheider beleidigt uns, wenn er so tut, als verwechselten wir die Aussagen der Bibel mit wissenschaftlichen Protokollaussagen, die wir dann allerdings - weil sie in der Bibel stehen - für nicht widerlegbar hielten. So sieht das die katholische und die von den evangelischen Landeskirchen verantwortete Theologie unserer Tage keineswegs. Die Bibel enthält durchaus Aussagen im Geist heutiger Naturwissenschaft, aber voller Widersprüche, z.B. dass die Lebewesen (auf Gottes Befehl) von der Erde hervorgebracht wurden, und nur eine Zeile weiter, dass sie Art nach Art (von Gott) geformt wurden. (Gen. 1,24-25). Das kann von den Gelehrten des 5. Jhd. v. Chr., die diesen Text zusammengestellt haben, nicht so gemeint gewesen sein, dass beide Theorien zusammen wahr sind, denn sie widersprechen sich; es war vielmehr so, dass man die Frage mit den damaligen Mitteln nicht entscheiden konnte und darum beide Theorien in den heiligen Text aufnahm. Gespräche über Religionsgrenzen hinweg gehören zum Schwierigsten, was Menschen überhaupt anstellen, immer kommt dabei scheinbar fester Grund ins Schwimmen, und man weiss nicht, wo man neuen Halt finden soll. Darum sind solche Gespräche auch so spannend. Dr. Karl Vörckel, Grünberg-Queckborn

Jenseits des Verstandes
Übersehen wird die eigentlich banale Tatsache, dass auch Naturwissenschaftler Menschen und nicht auf die "reine Vernunft" reduziert sind. Viele Naturwissenschaftler sind so stark mit ihrem Verstand identifiziert, dass sie glauben, soweit wie ihr Verstand reicht ihr theoretisch mögliches Erkennen von "Wahrheit"; ihr "Sein", was anderes gibt es nicht. Dass ein Mensch, und im Prinzip jeder Mensch, Erkenntnisse gewinnen kann, die nicht vom Verstand vermittelt werden können, wird in oft entschiedener Weise abgelehnt. Roland Behringer, München

20. Dezember 1999
Zweckmässigkeit ist oberstes Kriterium
Die glasklare Logik und beinharte Begrifflichkeit, mit der Kanitscheider die von ihm so genannte Religion attackiert, ist zu bewundern. Alleine ist zu kritisieren, dass die Attacke an der Realität des Glaubens, insbesondere des der Naturwissenschaftler, vorbeigeht. Kanitscheider meint, dass eine Grundannahme der Religion sei, ihre heiligen Schriften seien nicht veränderungsfähig. Das mag ein Dogma der Theologie sein, stabiler zwar als bisher jedes physikalische Weltbild, doch hat es per se mit dem Glauben an Gott nichts zu tun. Im Gegenteil wird sich unter den gebildeten Gläubigen eine Mehrheit zur gegenteiligen Überzeugung bekennen. Diese und weitere Stellen aus Kanitscheiders Worten geben Anlass zu der Vermutung, dass er die Grenze zwischen Religion und Religionswissenschaft nicht scharf genug zieht - er spricht von der ersten und meint die zweite. Der Interviewte ist der Ansicht, aus der Unbeweisbarkeit Gottes müsse für den ehrlichen Wissenschaftler folgen, seine Existenz nach bestem Wissen zu verneinen. Ehrlichkeit aber ist kein Begriff der Logik, sondern des Ethos - und damit einer logischen Auseinandersetzung mit Religion nicht angemessen. Tatsächlich ist auch der umgekehrte Schluss logisch genauso richtig oder falsch. Die wissenschaftliche Methode besteht nicht darin, eine Theorie zu verwerfen, weil man keine Beweise für sie findet. Oberstes Kriterium für die Beibehaltung einer Theorie ist vielmehr ihre Zweckmässigkeit, also etwa die Qualität ihrer Vorhersage. Das ist z.B. der Grund, die Bahnen von Erdsatelliten mit Hilfe der Newtonschen Gravitationstheorie zu berechnen - obwohl wir genau wissen, dass sie nur einen Grenzfall der allgemeinen Relativitätstheorie darstellt und in sich falsch ist. Prof. Dr. Peter A. Henning, Karlsruhe

Seelischer Ursprung der Konflikte
Der intellektuell Redliche wird die Grenzen naturwissenschaftlicher Erkenntnis akzeptieren und auch in seiner Psyche abgeklärt sein, denn allzuoft entstammen die Konflikte aus seelischer Unreife. Jesus hat keine Konflikte mit der Naturwissenschaft gehabt, aber mit Menschen, die mit ihrem unreflektierten Machtgehabe andere bekämpfen und ihn selbst ans Kreuz schlugen. Viele der Konflikte zwischen Wissenschaft und Religion haben ihren Ursprung im seelischen und zwischenmenschlichen Bereich. Bislang hat keine naturwissenschaftliche Erkenntnis an der Existenz Gottes rütteln können und umgekehrt hat auch kein redlicher Christ naturwissenschaftliche Erkenntnisse verleugnet. Rolf Waldeck, Waben

Verhältnis von Auto zu Autofahrer
Grundlage der zwei Artikel war die Wiederholung einer Untersuchung aus den zwanziger Jahren in den USA. Was durch die Beschränkung auf die damaligen Fragen nicht in das Blickfeld kommen konnte, sind neue Weltbildentwürfe, die unter dem Einfluss des Buddhismus im Westen entstanden sind. Auch auf der wissenschaftlichen Seite gibt es vielversprechende Ansätze, die geeignet sind, die Kluft zwischen Wissenschaft und den Religionen einmal auf eine ehrliche Weise zu überbrücken. John C. Eccles hat als Gehirnforscher ein Modell vorgelegt, in dem Gehirn und Geist zwei verschiedene Einheiten sind und im Verhältnis stehen wie etwa Auto zu Autofahrer. Der Psychologe Jan Stevenson konnte Erinnerungen von Kindern als reale Begebenheiten aus früheren Leben verifizieren. Beide Untersuchungen unterstützen ein Weltbild, wie es im frühen Christentum bereits durch den Kirchenvater Origenes (186-264) in Alexandrien gelehrt wurde. Claus Speer, Heilbronn

20. Dezember 1999
Jeder ist parteiisch
Das Problem bei dem Dialog zwischen Religion und Naturwissenschaften ist, dass die von Wissenschaftlern so geschätzte Position des unbeteiligten Beobachters unmöglich ist. Sobald jemand zu diesem Thema etwas aussagt, ist er parteiisch und seine Grundhaltung präjudiziert die Aussage, die er treffen wird. Prof. Kanitscheider irrt, wenn er behauptet, dass Naturwissenschaften prinzipiell kritisierbar sind, denn auch sie haben ihre grundlegenden Dogmen, ohne die Naturwissenschaft aufhört Naturwissenschaft zu sein. Dieses sind die Elemente der wissenschaftlichen Methodik, also Objektivierbarkeit, Anwendung von mathematischer Logik, Nachprüfbarkeit und Wiederholbarkeit. Erst auf der Basis und im Rahmen dieser Dogmen werden die Aussagen kritisierbar, während die Grundannahmen der Wissenschaft nicht veränderungsfähig sind. Die Basis von Religion, nämlich die Offenbarungen, sind es ebenfalls nicht. Allerdings reichen die Grundannahmen der Religion häufig nicht aus, um zu einer einheitlichen und gemeinsam akzeptierten Vorstellungswelt zu gelangen, was dann zu Spaltungen führen kann, indem die Gruppen der Offenbarung noch weitere Aussagen hinzufügen. Dr. Thomas Millack, Taunusstein


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"