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Geisteswissenschaften - Religion - Spirit(ual)ismus
(Anm.d.Erf.: Das folgende Portrait stammt aus der Zeitschrift "Wegbegleiter" vom März 1998, Nr. 2, III. Jahrgang, S. 53 ff)

William T. Stead (1849 -1912)

- LEBEN UND STERBEN -

red. - Der vorliegende Beitrag erschien kurz nach dem Untergang der TITANIC im Zentralblatt für Okkultismus, Vl. Jahrg., 1912, S. 29-36 unter dem Titel Zum Tode WILLIAM T. STEAD's. Passend zum Rummel um diese von den Medien erneut ausgeschlachtete Katastrophe, wollen wir an einen Mann erinnern, von dem in diesem Zusammenhang leider nie die Rede ist.

WILLIAM T. STEAD erblickte im Jahre 1849 in Embleton in der englischen Grafschaft Northumberland als Sohn eines Geistlichen der Independenten-Kirche das Licht der Welt. Mit 14 Jahren verliess er die Schule und trat in der nahegelegenen Hafenstadt Newcastle-on-Tyne als Lehrling in ein Geschäft ein. Aber schon hier im kaufmännischen Beruf regten sich seine literarischen Neigungen. Der junge STEAD sandte dann und wann an The Northern Echos, das Hauptblatt des Bezirks, Artikel ein, die dieses abdruckte. Die Folge davon war, dass er schon mit 24 Jahren zum Chefredakteur dieses Blattes ernannt wurde. Im Jahre 1880 wurde STEAD von JOHN MORLEY (jetzt LORD MORLEY OF BLACKBURN), dem Herausgeber der Pall Mall Gazette, in die Redaktion dieses Londoner Blattes berufen, dessen Leitung er später ganz übernehmen musste, als MORLEY seine politische Laufbahn antrat, die einen so glänzenden Verlauf nehmen sollte. 1890 verliess STEAD die Pall Mall Gazette und gründete die illustrierte Monatsschrift Review of Reviews, die bald einen grossen Leserkreis gewann und ihm eine bedeutende Rente abwarf.

Stead und der Spiritualismus

Ausser dieser Monatsschrift gab Stead in den Jahren 1893 - 1897 unter Assistenz der bekannten psychischen Forscherin Miss GOODRICH FREER die Vierteljahrsschrift Borderland heraus, die das ganze weite Gebiet der modernen psychischen Forschung umfasste und daneben auch die Probleme der Theosophie behandelte. Obwohl STEAD selbst sich der theosophischen Bewegung niemals angeschlossen hat, stand er doch mit den Führern dieser Bewegung stets in den freundschaftlichsten Beziehungen. Mit diesem Borderland konnte er nun freilich nicht durchdringen. Die Zeit war für ein solches Unternehmen noch nicht reif und er musste es trotz des riesigen Erfolges der darin enthaltenen Briefe von Julia wieder aufgeben. Diese Briefe von Julia waren bekanntlich eine Frucht seiner eigenen mediumistischen Veranlagung und sie waren es auch, die ihn im Jahre 1909 dazu bestimmten, das Büro Julia (Fussnote 1) zu gründen, ein Unternehmen, das ihn jährlich circa Mk. 15'000 gekostet haben soll. Mit Hohn und Spott übergoss damals die skeptische Welt dieses unerhört kühne Unternehmen. Aber STEAD liess sich nicht einschüchtern, er wusste, was er tat.
STEAD fand trotz seiner aufreibenden journalistischen Tätigkeit noch Zeit, im Laufe der Jahre eine längere Reihe von grösseren Arbeiten zu veröffentlichen, unter denen wohl die im Jahre 1885 herausgegebene Schrift: Maiden Tribute of modern Babylon die verdienstvollste gewesen sein dürfte, obwohl sie ihm viel Feindschaft und einige Wochen Gefängnis eingetragen hat. Endlich ist noch daran zu erinnern, dass STEAD einer der rührigsten Vorkämpfer der Friedens-Idee gewesen ist.
Dies ist in wenigen Strichen das äussere Lebensbild dieses - ich darf ihn wohl so nennen - Helden der Feder ohne Furcht und Tadel.
"Sein Edelmut, der hohe Grad seiner Intelligenz" - so schildert ihn einer seiner zahlreichen Freunde - "trieben ihn beständig dazu an, sich für alles zu interessieren, was in dieser Welt vorgeht und ausserdem auch noch für alles, was die jenseitige Welt betrifft. In dieser ausserordentlichen Vielseitigkeit seiner Interessen lag das nahezu einzigartige seiner Persönlichkeit."

Stimmen zum Tod des angesehenen Journalisten

Man braucht nur irgendeine englische Zeitschrift vom April oder Mai des Jahres 1912 in die Hand zu nehmen, um auf ähnliche Äusserungen zu stossen, wie sie in den hier angeführten Worten zum Ausdruck kommen.
Begeisterte Nachrufe, die dem dahingegangenen Pionier des Spiritualismus gelten, füllen heute die Spalten des Londoner Light, des Hauptorgans der britischen Spiritualisten. Unter den zahlreichen Gesinnungsgenossen STEAD's, die in den mir vorliegenden Nummern vom 27. April, 4., 11. und 18. Mai 1912 des Light ihre warme Anhänglichkeit an den verstorbenen Führer zum Ausdruck bringen, findet sich auch ein Name, der gewiss manchem Leser des Zentralblattes bekannt ist. Es ist dies der Name VOUT PETERS. Der Träger dieses Namens gehörte eine Zeit lang zu jener Gruppe von Sensitiven, die der Betrieb des Büro Julia erforderte. Als er dort ausschied, ging er auf Reisen, auf denen er auch nach Deutschland kam, wo er sich durch seine psychometrischen Fähigkeiten einen gewissen Ruf verschafft hat. Dieser VOUT PETERS schreibt in seinem an STEAD gerichteten Nachruf unter anderem Folgendes (Fussnote 2): "Das Ende der irdischen Laufbahn unseres Freundes kam, wie er oft gesagt hat, dass es kommen werde, plötzlich. Niemals hat STEAD erwartet, dass er in seinem Bett sterben werde. Ich bin sicher, dass er anderen geholfen hat, mutig und furchtlos dem Tod entgegenzublicken. Welch eine ungeheuere Summe von Arbeit hat dieser Mann in seinem Leben geleistet, welchen Einfluss hat er in der ganzen Kulturwelt ausgeübt! Sein lichtvolles Wesen, sein mutiger Optimismus, seine beispiellose Kühnheit wirkten inspirierend auf alle, die ihn kannten. Mit seiner kraftvollen Feder griff er alles an, was ihm schlecht dünkte, wobei es natürlich nicht ausbleiben konnte, dass er sich viele Feinde machte. Denn kleine Geister begriffen ihn nicht... Wir werden die irdische Gegenwart und den unerschrockenen Mut unseres Freundes W. T. STEAD vermissen, aber wir können nicht glauben, dass er nun ein träges, beschauliches Dasein führen wird. Stets war er ein Mann der Arbeit und wird es zweifellos auch jetzt bleiben. Zweifellos wird er auch jetzt, sobald er den mit dem Austritt aus dem Körper verknüpften Schock überwunden haben wird, der Sache weiter dienen, die ihm hier so sehr am Herzen lag."

Angebliche Mitteilungen STEADs zum Untergang der TITANIC

Die hier wiedergegebenen Worte eines ehemaligen Mitarbeiters STEAD'S leiten uns nun wie von selbst zu den im Light veröffentlichten Mitteilungen hinüber, die sich auf seine letzten Augenblicke an Bord der TITANIC und auf die näheren Umstände seines Todes beziehen. Diese Mitteilungen stammen nun aber nicht, wie der Leser natürlich vermuten wird, von Mitreisenden her, die sich von dem sinkenden Schiff gerettet und von der CARPATHIA aufgenommen wurden, sondern es handelt sich vielmehr hier um Mitteilungen, die wenigstens dem Anschein nach von STEAD selbst ausgegangen sind, und zwar nicht von dem lebenden, sondern von dem durch die Pforten des Todes bereits hindurchgeschrittenen STEAD. Diese Mitteilungen sind kurze Zeit nach der Katastrophe der TITANIC den Londoner Freunden des Dahingeschiedenen auf mediumistischem Wege zugegangen.
Ich darf wohl annehmen, dass sich unter den Lesern dieser Zeilen auch solche befinden, die gleich so manchem hervorragenden Forscher der Gegenwart, wie SIR OLIVER LODGE, DR. JAMES HYSLOP, DR. ALFRED R. WALLACE usw., es längst aufgegeben haben, an der Möglichkeit eines Verkehrs mit Verstorbenen zu zweifeln. Für diese Leser wenigstens werden die hier folgenden postmortalen Äusserungen STEAD'S gewiss Interesse haben. Denjenigen Lesern aber, die gewohnt sind, an solche mediumistischen Kundgebungen mit der schärfsten Kritik heranzutreten, die in ihnen nichts weiter erblicken als die Erzeugnisse einer subliminalen Bewusstseins-Tätigkeit des betreffenden Mediums, denen bleibt es ja unbenommen, auch im vorliegenden Fall diese Hypothese heranzuziehen, wenn ihnen diese besser dünkt. Doch zuvor noch etwas anderes.
Wer, wie STEAD von sich behauptet hat, mit der übersinnlichen Welt in Verbindung zu stehen, der, sollte man meinen, wird doch von dieser Seite her gewarnt werden, wenn er im Begriff steht, sich in Lebensgefahr zu begeben. Es scheint nun, dass STEAD nicht gewarnt war, denn sonst hätte er doch das Unglücksschiff nicht bestiegen. Viele werden sich wohl bei der Nachricht, dass sich unter den Opfern der Katastrophe auch der geistergläubige STEAD befände, vermutlich gesagt haben: Da sieht man, wie wenig diesem Mann sein jahrelanger Glaube an Geister geholfen hat. Warum haben ihn denn seine vermeintlichen Geister nicht vor einem so schrecklichen Ende bewahrt? Alles nur kindischer Aberglaube, weiter nichts!
Kann man sich denn aber für einen Mann von dieser Eigenart einen schöneren Tod, einen passenderen Abschluss seines Lebensdramas denken? Passt dieser Abschluss nicht vollständig zu der Rolle, die er als Vorkämpfer einer Geistesbewegung gespielt hat, für die der Tod seine Schrecken verloren hat? Und wie steht es denn mit der vermissten Warnung? STEAD war, als er in Southampton den Dampfer betrat, der ihn zu dem New Yorker Friedens-Kongress hinüberbringen sollte, bei dem er sprechen wollte, von der Ahnung erfüllt, dass ihm etwas Ungewöhnliches bevorstehe. Denn einer der letzten Briefe, die er vor der Abfahrt an Bord der TITANIC schrieb, enthält folgende Worte (Fussnote 3): "Ich gehe nach Amerika, um dort eine Rede zu halten, aber ich habe dabei ein Gefühl, wie wenn mir etwas bevorstünde, wie wenn mir irgend eine wichtige Arbeit zufallen sollte. Was es sein wird, das weiss ich nicht. Ich warte auf meinen Marschbefehl in der sicheren Annahme, dass Der, der mich berufen hat, mir Seinen Willen und Sein Geheiss zur rechten Zeit kund tun wird". Dies war die Stimmung, in der STEAD seine letzte Reise angetreten hat.
Was nun die erwähnten Mitteilungen anbelangt, die der englische Spiritualismus "Messages", zu deutsch Botschaften nennt, so sind dies in der Tat wenigstens dem Anscheine nach Botschaften von Verstorbenen. Ich sage: dem Anscheine nach. Denn der Inhalt und die ganze Fassung dieser Botschaften erwecken häufig den Eindruck, wie wenn sie von ganz bestimmten Verstorbenen ausgingen. Häufig, nicht immer. Denn manchmal scheinen sie vom Unterbewusstsein des Mediums auszugehen, ein anderes Mal eine Mischung von verschiedenen Einflüssen zu sein. Sehen wir uns nun einmal eine solche Botschaft an, die den Eindruck erweckt, wie wenn sie von dem dahingeschiedenen STEAD ausginge. Am Abend des 21. April 1912 - also genau eine Woche nach dem Untergang der TITANIC - kam in einer Spiritualisten-Versammlung im Norden Londons durch die Hand eines weiblichen Mediums eine solche Botschaft zustande, die mit dem Namen STEAD beginnt und dann fortfährt (Fussnote 4): "Ich bin nicht unter den Wellen, ich bin hier und freue mich, hier mit so vielen alten Freunden zusammenzutreffen. Obwohl ich gewarnt war vor der Reise, weiss ich nun, dass es eine ganz bestimmte Mission war, die ich an Bord der Titanic zu erfüllen hatte. Und diese Mission habe ich auch erfüllt. Es war allerdings sehr schwer, den Menschen begreiflich zu machen, dass sie zur nächsten Welt übergegangen seien.... "
Der Verfasser des betreffenden Artikels im Light - H. BLACKWELL - knüpft hieran die Bemerkung: Hand und Unterarm des Mediums seien nachher, nachdem die Botschaft niedergeschrieben war, noch über eine Stunde lang ganz steif und unbeweglich gewesen - eine Erscheinung, die BLACKWELL auf den Zustand zurückführt, in dem sich STEAD's Körper bei seinem Tod befunden haben dürfte. Der Artikel fährt dann fort: Drei Tage später wurde STEAD während einer in einem andern Teil von London abgehaltenen Privatsitzung von zwei Hellsehern gesehen. Er hatte diesmal mehr Kraft zur Verfügung, und da er sich hier nur von persönlichen Freunden umgeben sah, so nahm seine Botschaft, die diesmal durch den Mund des Mediums kam, einen besonders warmen Ton an. Sie lautete.- "Ich entbiete Euch allen in Liebe meinen Gruss! Ich freue mich sehr, unter Euch zu sein. Ich bin ganz frei. Also bitte, betrübt Euch meinetwegen nicht. Denn ich bin Euch ja so nahe und es würde mir dies nur schaden. Gott sei Dank, dass alles vorüber ist. Ich hatte nicht zu leiden, befand mich im Gegenteil in einer so begeisterten Stimmung wie niemals im Leben. Ich fühlte einen richtigen geistigen Impuls. Das Verlassen meines Körpers spürte ich gar nicht. Wie leicht ist es doch! Ich entsinne mich, vom Deck hinab ins Wasser gesprungen zu sein. Als ich dann im Wasser lag, kam mir dies kaum zum Bewusstsein. Ich erinnere mich nur, dass ich blind um mich gegriffen habe, wobei mir etwas in die Hände kam. Aber ich hatte keine Leiden zu erdulden. Nach einigen Augenblicken der Betäubung hatte ich das Gefühl, frei zu sein, sah mich aber umgeben von Zuständen, die das Herz des stärksten Mannes erbeben gemacht hätten. In meinen Ohren ertönte noch immer der Refrain.- 'Näher mein Gott zu Dir'. Ja, das war ja das Lied, das ich selbst vorgeschlagen hatte und das infolgedessen in den letzten Augenblicken an Bord gespielt wurde. Ach, diese armen Seelen, die keine Ahnung davon hatten, wo sie sich befanden. Ich suchte sofort, ihnen zu Hilfe zu kommen. Es war eine schwere Arbeit für mich und ich stehe unter dem Eindruck, dass ich hier ein sehr tätiges Leben zu führen haben werde. - Ich möchte Euch allen noch für die viele Hilfe danken, die Ihr mir habt zukommen lassen, seit ich aus meinem Körper heraus bin.... Ich kann nicht mehr sagen und möchte nur noch an Mr. BLACKWELL die Bitte richten, dass man mich so bald wie möglich photographiert". Soweit STEAD. Dann kam der junge BRAILEY an die Reihe mit einer Botschaft. Es ist dies ein ehemaliges Mitglied der Musikkapelle an Bord, die in den letzten Augenblicken das von STEAD erwähnte Lied gespielt hat. Seine Botschaft lautete:
"Ich bin BRAILEY. Ich bin so glücklich, bei Euch zu sein. Ich danke Gott, dass ich schon vorher von diesen Dingen etwas erfahren hatte (Fussnote 5). Unser geliebter Mr. STEAD sprach an Bord mit vielen Leuten häufig über diese Dinge. Bei einigen Damen schien seine natürliche Art und Weise, in der er von den Geistern sprach, Schrecken zu erregen. Er ging sehr spät schlafen. Es geschah auf seine Veranlassung, dass wir, kurz ehe das Schiff unterging, das Lied.- 'Näher mein Gott zu Dir' anstimmten. Eigentliche Leiden blieben uns erspart, nur Kälte hatten wir einige Augenblicke lang zu erdulden. Es war gegen den Wunsch meines Vaters, dass ich diese Fahrt mitmachte, allein ich dachte, die Reise wäre für mich förderlich. Aber ich muss mich jetzt verabschieden. Gott segne Euch. Bitte lasst meinen Vater wissen, was Ihr von mir gehört habt ".
Es folgten dann einige Worte, die anscheinend vom Kapitän SMITH der TITANIC herrührten, worin dieser seine Dankbarkeit gegen STEAD ausdrückte, der als der Erste ihm auf der andern Seite beigestanden sei. Zum Schluss ergriff einer der jenseitigen Führer dieses Zirkels das Wort, indem er allen Opfern dieser schrecklichen Tragödie seine tiefste Sympathie aussprach. In bezug auf STEAD sagte er: "Es war niemand an Bord des Schiffs, der die Aufgabe erfüllen konnte, die er dort zu erfüllen hatte. Was für Euch einen Verlust bedeutet, ist für uns ein grosser Gewinn. Denn er hat schon sehr viel vollbracht, seit er bei uns ist." Soviel hier über diese im Light veröffentlichten mediumistischen Kundgebungen.

Zur Identitäts- und Autentitätsfrage mediumistischer Durchgaben

Es ist hier nicht der Ort, um auf die Frage näher einzugehen, ob sich derartige mediumistische Äusserungen, seien es gesprochene oder geschriebene, überhaupt dazu verwerten lassen oder nicht, um aus ihnen einen sicheren Schluss zu ziehen in bezug auf das Schicksal der menschlichen Persönlichkeit nach dem Verlust ihres physischen Körpers. Was sich über diese Frage nach dem heutigen Stand der Forschung sagen lässt, all das findet der, der sich mit diesem verwickelten Problem eingehender befassen will, in den fortlaufenden Veröffentlichungen der verschiedenen Gesellschaften für psychische Forschung in beinahe unerschöpflicher Fülle zusammengestellt (Fussnote 6).
Und ich möchte dieses Studium allen jenen Lesern dieser Zeitschrift angelegentlichst empfehlen, die sich nicht dazu entschliessen können, der artige Äusserungen, wie sie oben wiedergegeben wurden, als wirklich beweiskräftig für ein Fortleben nach dem Tode anzuerkennen. Diejenigen Leser aber, die gleich mir nicht geneigt sind, an solchen Äusserungen eine peinlich genaue psychologische Analyse vorzunehmen, die es statt dessen vorziehen, sie einfach in dem Sinne aufzufassen, in dem sie ihrem Inhalt nach aufgefasst sein wollen, diese werden nicht umhin können, aus obigen Botschaften den Schluss zu ziehen, dass STEAD offenbar vom Schicksal dazu ausersehen war, bei dieser Schiffskatastrophe - wie schon mehrfach angedeutet wurde - eine eminent wichtige Aufgabe zu erfüllen. Die Aufgabe nämlich, seine Mitreisenden durch seine reichen Erfahrungen auf "übersinnlichem" Gebiet auf den kommenden Tod vorzubereiten und ihnen dann, nachdem sie mit ihm die Pforte des Todes durchschritten hatten, die Augen zu öffnen für die sie nun umgebende übersinnliche Welt. Dies ist meines Erachtens der tiefere Sinn all dieser Botschaften. Dies also war die "wichtige Arbeit, die ihm zufallen sollte" und die ihm schon damals dunkel vorschwebte, als er den oben wiedergegebenen, kurz vor der Abfahrt der TITANIC verfassten Brief ahnungsvoll niederschrieb. Und wahrhaftig! Wenn man STEAD's ganzes Leben und Wirken überblickt, dann wird man wohl bekennen müssen, dass - wie schon oben hervorgehoben wurde - eigentlich kein anderer Tod diesem Leben einen seiner so würdigen, so durchaus zu ihm passenden Abschluss bereitet hätte als gerade dieser so ergreifende Abgang von der Lebensbühne, der STEAD beschieden war.

Ludwig Deinhard


Fussnote 1: Auf Anregung von STEAD'S verstorbener Freundin JULIA AMES gründete der bekannte Pionier des Spiritualismus eine nach ihr benannte "Vermittlungsstelle" zwischen Diesseits und Jenseits, in dem verschiedene Sensitive und Medien tätig waren. (red.)
Fussnote 2: Vergl. Light vom 4. Mai 1912, Seite 213.
Fussnote 3: Vergl. Light vom 4. Mai 1912, S. 207.
Fussnote 4: Vergl. Light vom 11. Mai 1912, S. 226.
Fussnote 5: Dieser junge Musiker war der Sohn von RONALD BRAILEY, eines bekannten Londoner Mediums.
Fussnote 6: (red.) - Das gilt leider fast nur für parapsychologische Forschungsberichte aus der damaligen Zeit. Besonders die alten Periodica der englischen und amerikanischen Society for Psychical Research (SPR & ASPR) sind heute noch eine unübertroffene Fundgrube parapsychologischen Wissens.


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Letzte Änderung am 11. Februar 2005