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Parapsychologie

Von Prof. Dr. rer. nat. Werner Schiebeler aus der Zeitschrift "Wegbegleiter", Nr. 1 / 2001, S. 11 ff
Anmerkungen des Erfassers stehen in [ ]-Klammern.

Schachspiel mit einem Verstorbenen

Bei der Erörterung der Möglichkeit des menschlichen Fortlebens nach dem irdischen Tod, stellt sich immer die Frage, was denn eigentlich den materiellen Tod überleben könnte, so dass man überhaupt von einem Weiterleben sprechen kann. Der irdische Körper besteht jedenfalls nicht fort. Was aber weiterbestehen müsste, sind die Persönlichkeitsstruktur, die wesentlichen im irdischen Leben erworbenen Informationen, das Wissen, die Veranlagungen und geistigen Fähigkeiten, das sog. Ich des verstorbenen Menschen. Dafür sind als „Beweismaterial“ besonders geeignet die mediale Übermittlung seiner speziellen Kenntnisse oder künstlerischen Fähigkeiten, die auf einen ganz bestimmten verstorbenen Menschen schliessen lassen. Versuche in dieser Richtung wurden ab 1901 von verstorbenen und irdisch lebenden Mitgliedern der britischen Society for Psychical Research (S.P.R.) unternommen, die unter dem Namen „Kreuzkoresspondenzen“ bekannt wurden (3, S. 183 ff). In die gleiche Richtung zielen die Durchgaben verstorbener sehr bedeutender Komponisten durch das englische Medium Rosemary Brown (3, S. 212 ff).
Als Beispiel aus neuer Zeit berichte ich ein Geschehen, das sich von 1985 bis 1993 abgespielt hat. Es liefert einen sehr starken Beweis für das persönliche Überleben eines bestimmten Menschen, der bis 1951 auf dieser Erde gelebt hat. Bei solch einem Nachweis besteht immer die Schwierigkeit, auf welche Art ein Verstorbener seine Weiterexistenz und seine Identität überhaupt nachweisen kann. Da er körperlich hier auf Erden nicht mehr ständig in Erscheinung treten kann, lassen sich dazu nur der Fortbestand seines Gedächtnisses, seines Wissens und geistigen Könnens und die Darbietung seiner Persönlichkeitsstruktur verwenden.
Zum geistigen Können gehören neben wissenschaftlichen und künstlerischen Fähigkeiten mit ihren persönlichen Ausprägungen auch die Kunst hervorragenden Schachspiels. Durch letzteres sowie durch zahlreiche detaillierte, jedoch nur mit Mühe überprüfbare Angaben aus seinem Leben, stellte der 1951 verstorbene ehemalige ungarische Schachgrossmeister Géza Mároczy (geb. 1870, Bild 1 + 2) sein Weiterleben unter Beweis. Dabei handelt es sich um folgendes: Der mir seit langem persönlich bekannte Schweizer Dr. Wolfgang Eisenbeiss ist sowohl am Schachspiel als auch an Fragen der Parapsychologie und des Fortlebens nach dem Tode sehr interessiert. Er lernte vor einigen Jahren einen schreibmedial veranlagten deutschen Musiker und Komponisten namens Robert Rollans (geb. 29.1.1914, gest. 2.3.1993, Bild 4) kennen. Dieser konnte Verbindung mit verstorbenen Menschen aufnehmen und deren Mitteilungen durch seine Hand, die paranormal angesteuert wurde, niederschreiben.
Géza Mároczy (1870 - 1951) Géza Mároczy (1870 - 1951)
Bild 1 + 2: Géza Mároczy (1870 - 1951)

Der Plan einer 'medialen' Schachpartie

Dr. Eisenbeiss verfolgte nun den Gedanken, ob es nicht möglich sein könnte, über das Medium Rollans, das selbst nicht Schachspieler war und zunächst nicht einmal die Schachfiguren richtig aufstellen konnte, eine Fernschachpartie zwischen einem verstorbenen Schachgrossmeister und einem noch auf Erden lebenden Grossmeister zu veranstalten. Wenn das gelingen würde und ein Spiel von hohem Niveau herauskäme, würde das den Beweis dafür liefern, dass nicht das Medium selbst – bewusst oder unbewusst – als Schachspieler angesehen werden kann. Der Ablauf des Spiels und die dabei möglicherweise zutage tretenden Feinheiten und Mitteilungen bisher unbekannter Art könnten dann einen ,,Identitätsbeweis“ erbringen.
Dr. Eisenbeiss übergab Robert Rollans eine Liste von einem Dutzend verstorbener bedeutender Schachgrossmeister mit der Bitte und dem Auftrag, über die jenseitigen Verbindungen zu erkunden, ob nicht einer von ihnen zu finden und dann auch bereit wäre, gegen einen irdischen Schachgrossmeister eine Fernschachpartie zu spielen.
Von Rollans' jenseitigen Führungsgeistern wurde der 1951 verstorbene ungarische Schachgrossmeister Géza Mároczy ausfindig gemacht, der sich zu diesem Spiel bereit erklärte. Am 15. Juni 1985 schrieb Rollans medial im Auftrag seiner jenseitigen Freunde:

„Unser Lieber!
Wir warten schon auf Deinen Anfang. Jetzt endlich konnten wir den Geza Maroczy mitbringen. Weil es am Anfang ist, sind zwei von uns dabei. Wir werden vermitteln. Aber zuerst wird er persönlich versuchen zu schreiben mit Deiner Hand. Und da ist er. (und auf ungarisch folgt noch) Ich bin Maroczy Géza. Ich grüsse Sie.“
(Bild 3)
Handschrift von Géza Mároczy (1870 - 1951)
Bild 3: Mediale Schrift durch die Hand von R. Rollans zu Beginn der Schachpartie mit dem jenseitigen Géza Mároczy am 15. Juni 1985.

Victor Kortschnoi spielt gegen 'Géza Mároczy'

Als irdischen Gegner seines jenseitigen Schachspielers gelang es Eisenbeiss, den russischen Grossmeister Viktor Kortschnoi (Bild 5 + 6) zu gewinnen. Dieser lebte seit geraumer Zeit in der Schweiz. Zweimal (1978 und 1981) war er bei der Schachweltmeisterschaft der Herausforderer des Russen Karpow. Letzterer war allerdings der Gewinner dieser Weltmeisterschaften. (Fussnote 5)
Die Fernschachpartie Mároczy gegen Kortschnoi begann 1985. Sie lief so ab, dass in der Wohnung des Mediums Rollans ständig ein kleines Steck-Schachspiel mit dem jeweiligen Spielstand aufgestellt war. An diesem Schachbrett orientierte sich der jenseitige Géza Mároczy, überlegte seine Züge und teilte sie durch die Hand des Mediums schriftlich mit. Letzteres leitete die Mitteilung an Dr. Eisenbeiss in St. Gallen weiter, der seinerseits Viktor Kortschnoi davon in Kenntnis setzte. Kortschnoi wiederum übermittelte seinen neuen Zug an Eisenbeiss, der die Mitteilung darüber an Rollans weiterleitete. Dieser führte den Zug dann physisch auf seinem Schachbrett durch und setzte dadurch den Geist Mároczy in Kenntnis. Dieser konnte nun einen neuen Zug überlegen, und der Ablauf begann von neuem. Da sowohl Kortschnoi als auch Rollans beruflich sehr beschäftigt waren, zog sich die Abwicklung eines Zuges oft wochen- und monatelang hin. Rollans und Kortschnoi kannten sich nicht, hatten sich noch nie gesehen und hatten keine unmittelbare Verbindung miteinander.

Dr. Eisenbeiss schildert das Geschehen mit folgenden Worten (1, S. 21):

"Als Parapsychologe mit besonderem Forschungsgebiet der Frage nach einem nachtodlichen Leben befasste ich mich seit Jahren mit dem Gedanken, eine Schachpartie zwischen einem lebenden und einem verstorbenen Grossmeister zu inszenieren. Einer Anregung des Urner Zahnarztes Dr. Waldhorn ist es zu danken, dass ich endlich versuchte, das Experiment in die Tat umzusetzen. Es ging und geht mir darum, das Überleben des Todes mit Hilfe von Rahmenbedingungen, die wissenschaftlichen Kriterien genügen, indizienmässig zu beweisen. Als Mittler oder Medium stand mir Robert Rollans, 71, unentgeltlich zur Verfügung. Schon vor Jahren hatte ich die schreibmediale Begabung dieses deutschen Musikers böhmischer Abstammung mit positivem Ergebnis geprüft. Rollans, der von Schach nichts versteht, bekam den Auftrag, im Jenseits aus einer Gruppe verstorbener Grossmeister einen Gegner für Kortschnoi zu suchen. Kortschnoi selbst hatte vorgängig seine Teilnahme am Experiment freundlicherweise ebenfalls unentgeltlich zugesagt.
Rollans 'fand' schliesslich Géza Mároczy, der sich mit Freude bereit erklärte, die Partie zu spielen, nachdem seine Schutz- und Führungsgeister ihre Einwilligung gegeben hatten, dies in dem Bestreben, die Menschen sollten sich doch mit der Tatsache eines nachtodlichen Lebens vermehrt auseinandersetzen.
Auf mein Ersuchen hin gab Mároczy eine sich über 40 Seiten hinziehende, teils sehr detaillierte Schilderung seines Lebens. Basierend darauf habe ich 39 Fragen erstellt, die der ungarische Historiker Laszlo Sebestyew in über 70 Stunden Arbeit beantworten konnte (freilich habe ich ihm den 'Background' verschwiegen und gab vor, eine Arbeit über Mároczy zu schreiben). Dabei haben ihm Mároczys noch lebende Kinder – heute beide über 80 Jahre alt – massgeblich geholfen. Das Erstaunliche: Die Antworten decken sich im Kern alle mit Mároczys Bericht. Die Differenzen im Unwesentlichen sprechen für die Echtheit des Vorganges, also widerlegen etwa den Einwand, das Medium hätte Mároczys Schilderung dessen noch lebenden Kindern abgezapft.

Die Erinnerung an Romih

Über das Medium liess ich Mároczy fragen, ob er sich an eine Partie mit einem gewissen Romi erinnern könne. Ich hatte nämlich aus Mároczys Laufbahn eine Partie herausgesucht, die er mit einem völlig unbedeutenden Gegner gespielt hatte, die aber andererseits ein Juwel mit einem Schlüsselzug aufwies. Da war die Partie gegen Romi, gespielt 1930 in San Remo, genau das richtige. Die für Mároczy mit Weiss hoffnungslose Stellung:

Weiss: Kh2, Dh6, Te1, Tg6, Bauern a2, e7, f4, g2, h3
Schwarz: Ke8, Db2, Td2, Th8, Lc8, Bauern a7, b7, c6

Auch Turniersieger Aljechin glaubte, Mároczy (Weiss) sei verloren, aber dann folgte sein einmaliger studienhafter 41. Zug (Mároczy gewann mit 41. Dh5!). Doch hören wir, wie sich Mároczy noch zu erinnern vermag, wobei vor allem auch jene Details zu würdigen sind, die kaum mehr einem lebenden Menschen bekannt sein dürften. Mároczy macht zunächst darauf aufmerksam, dass sich Romi mit einem 'h' am Ende geschrieben habe. 'Ich hatte einen Jugendfreund namens Romih (Fussnote 1), der mich damals besiegte. Ich habe ihn sehr verehrt, in der Folge aber nicht mehr gesehen. Doch Jahrzehnte später, beim Turnier in San Remo von 1930 – wer taucht da überraschend auf? Es ist mein alter Freund Romih. Und so ergab es sich, dass ich mit ihm eines der spannendsten Spiele meiner Laufbahn spielte. Es waren Momente, wo nicht nur jene, die die Partie verfolgten, mich aufgegeben hatten, sondern auch ich, der ich immer ein Optimist war, hielt mich für verloren. Aber letztlich hatte ich einen guten Einfall und blieb Sieger. Mit 60 Jahren habe ich damals Revanche genommen für eine in der Jugendzeit gegen Romih verlorene Partie. Schliesslich wurde ich nur Neunter in diesem Turnier, das von Aljechin gewonnen wurde, während mein Freund Romih Sechzehnter und Letzter wurde...' Und all dies bringt der Jenseitige durch die Hand des Mediums zu Papier, durch ein Medium, das weder von Schach noch der Schachgeschichte einen Deut versteht.
Es entspricht dem Wunsch Mároczys, dass schon vor Ende der Partie mit Kortschnoi über das laufende Experiment berichtet wird (Fussnote 2). Der bisherige Verlauf, wobei gleich jetzt festzuhalten ist, dass die Qualität der Partie vom Standpunkt des Experimentes aus von untergeordneter Bedeutung ist, stellt sich folgendermassen dar:

Die Schachpartie

Mároczy (gest. 1951) – Kortschnoi
Französisch

1. e4 e6 2. d4 d5 3. Sc3 Lb4 4. e5 c5 5. a3 Lxc3+
6. bxc3 Se7 7. Dg4 cxd4 8. Dxg7 Tg8 9. Dxh7 Dc7
10. Kd1 dxc3 11. Sf3 Sbc6 12. Lb5 Ld7 13. Lxc6 Lxc6
14. Lg5 d4 15. Lxe7 Kxe7 16. Dh4+ Ke8 17. Ke2 Lxf3+
18. gxf3 Dxe5+ 19. De4 Dxe4+ 20. fxe4 f6 21. Tad1 e5
22. Td3 Kf7 23. Tg3 Tg6 24. Thg1 Tag8 25. a4 Txg3
26. fxg3 b6 27. h4 a6.

Nach Abschluss der Partie werde ich das ganze Geschehen – von dem hier freilich nur ein Fragment erscheint – ausführlich darstellen und einer kritischen Würdigung unterziehen.
Dr. W. Eisenbeiss."

Der damals letzte 27. Zug fand im September 1987 statt. Es trat dann eine längere Pause ein, die darin ihren Grund hatte, dass das Medium Rollans zunächst umzog und dann aus beruflichen Gründen sich ausserhalb seines Wohnortes aufhielt.
Kortschnois Kommentar zu dem damaligen Teil der Partie, den er gegenüber der Züricher "Sonntags Zeitung" vom 13.9.1987 äusserte, war folgender: "Ich gewann anfangs einen Bauern und dachte, das Spiel sei schnell vorbei. Vor allem in der Eröffnungsphase offenbarte Mároczy Schwächen. Er spielt altmodisch. Ich muss aber gestehen, dass meine letzten Züge nicht sehr überzeugend waren. Ich bin nicht mehr sicher, ob ich die Partie gewinnen kann. Die Fehler aus der Eröffnungsphase hat Mároczy mittlerweile durch ein starkes Endspiel kompensiert. Beim Endspiel zeigt sich die Begabung eines Spielers, und mein Gegner spielt sehr gut."
Danach war die Partie weitergegangen und war am 1. August 1991 bis zum 43. Zug gediehen. Dr. Eisenbeiss gibt die Züge folgendermassen an:

28. g4 b5 29. axb5 axb5 30. Kd3 Kg6 31. Tf1 Th8
32. Th1 Th7 33. Ke2 Ta7 34. Kd3 Ta2 35. Tf1 b4
36. h5+ Kg5 37. Tf5+ Kxg4 38. h6 b3 39. h7 Ta8
40. cxb3 Th8 41. Txf6 Txh7 42. Tg6+ Kf4 43. Tf6+

Kortschnoi war mit Schwarz damals am 43. Zug. Eisenbeiss sagt dazu: "Die Stellung zeigt bei näherem Hinsehen, dass Kortschnoi deutlich besser steht. Er hat im Turmendspiel einen Turm und drei Bauern, Mároczy dagegen einen Turm und zwei Bauern. Ich rechne damit, dass die Partie in wenigen Zügen zu Ende geht, will aber dem Geschehen in keiner Weise vorgreifen. Eine ausführliche Analyse nach Abschluss der Partie wird dann den ganzen Spielverlauf aufzeigen."
Die weiteren Züge waren:

43. Tf6+ Kg3 44. Tf1 Th2 45. Td1 Kf3 46. Tf1+ Tf2 47. Txf2+ Kxf2

Mároczy hat das Spiel im 48. Zug am 11. Februar 1993 verloren gegeben. Er hatte bei diesem möglichen Zug ausser dem König noch zwei Bauern, Kortschnoi dagegen ausser dem König drei Bauern (siehe Bild 7) mit der Sicherheit, einen von ihnen sehr bald gegen eine Dame einwechseln zu können. Damit hätte er das Spiel gewonnen gehabt. So hat diese "jenseitige" Schachpartie, begonnen am 11. Juni 1985, genau sieben Jahre und acht Monate gedauert. Zugleich stellte das Ende der Schachpartie auch das Lebensende des Mediums Robert Rollans dar. Wenige Tage später hat ihn der Tod am 2. März 1993 von dieser Erde hinweggenommen. (Fussnote 4)
Endstellung des Schachspiels
Bild 7: Schlussstellung nach dem 47. Zug von Schwarz (aus: Schwäbische Zeitung, Nr. 255 v. 4.11.2000)

Das Medium Robert Rollans

Robert Rollans ist am 29. Januar 1914 als Sohn eines deutschen Arztes in Campina, Bezirk Prakova, Bezirk 21, Bukarest geboren. Er besuchte eine Musikhochschule und arbeitete als Komponist. Im Zweiten Weltkrieg war er beim rumänischen Militär eingesetzt. 1971 übersiedelte er mit einem Touristen-Visum nach Deutschland.
Ich selbst habe das Medium am 29. Juli 1988 in seiner Wohnung in Niedersachsen in Bad Pyrmont besucht und über seine Empfindungen beim medialen Jenseitsverkehr und bei den Übermittlungen von Géza Mározcy bezüglich des Schachspiels gegen Viktor Kortschnoi befragt. Er hat mir folgendes geantwortet:
„Bei meinem medialen Jenseitsverkehr treten zwei Zustände auf:
Der erste ist der der Halbtrance, an den ich gewöhnt bin, bei dem ich hinterher nichts mehr weiss und wo Mároczy das Schreiben durch meine Hand übernimmt und seine Gedanken zu Papier bringt. Das ist meistens der Fall, und daran habe ich mich seit Jahren gewöhnt.
Der andere Zustand aber ist neu und ist erstmals während des Schachspiels aufgetreten. Er besteht darin, dass Mároczy verschiedene Varianten seiner möglichen Züge bei dem Schachspiel überlegt. Er ruft mich dann innerlich an und zeigt mir die verschiedenen Möglichkeiten, die ich normalerweise überhaupt nicht verstehen würde, da ich in meinem Leben nie Schach gespielt habe. Ich sitze dann vor dem materiellen Schachbrett, und Mároczy zeigt mir geistig, wie er die Figuren bewegen könnte. Meine Empfindung ist dann die eines klaren Verständnisses für die Überlegungen Mároczys, bei denen er mir seine Züge und die möglichen Gegenzüge Kortschnois erläutert. Ich habe in diesem Fall das Gefühl grösster Einsicht, Erleuchtung und Leichtigkeit, als ob ich ein grosser Schachspieler wäre. Diese Empfindungen dauern die Minuten, während der mir Mároczy seine Überlegungen erläutert.
Wenn er mich dann wieder verlassen hat, sitze ich konsterniert vor dem Schachbrett und verstehe das ganze Spiel und die Züge Mároczys überhaupt nicht mehr. Ich weiss auch nicht mehr, was mir Mároczy im einzelnen gesagt hat. Zurück bleibt mir nur die Erinnerung, dass ich kurz zuvor noch alles mit grosser Leichtigkeit verstanden habe.
Für den Fortgang des Schachspiels ruft mich Mároczy telepathisch an und schreibt durch meine Hand die Buchstaben-Zahlenkombination auf, zwischen denen eine Figur bewegt werden soll. Das gebe ich dann an Dr. Eisenbeiss weiter, entweder schriftlich oder telefonisch.
Wenn es sich nicht um das Schachspiel handelt, kann es vorkommen, dass ich medial drei bis fünf Stunden ununterbrochen bis zu zwölf Seiten DIN A4 pro Stunde mit Text über die verschiedensten Themen schreibe. Ich kann dabei meine jenseitigen Informanten aber nie sehen, auch nicht paranormal.
Manche Informanten, z.B. mein Vater, schreiben in ihrer eigenen, von meiner abweichenden Handschrift.
Robert Rollans (1914 - 1993)
Bild 4: Robert Rollans (geb. 29.1.1914, gest. 2.3.1993) am 27.7.1988 in seiner Wohnung in Bad Pyrmont

Die Entwicklung von Rollans Medialität

Meine Medialität trat zum ersten Mal im Alter von 33 Jahren in Erscheinung. Damals nahm mein sieben Jahre jüngerer und inzwischen verstorbener Bruder an spiritistischen Sitzungen teil, die ein medial veranlagter Mathematik-Professor abhielt. Mein Bruder nahm mich einmal zu solch einer Sitzung mit. Ich glaubte zwar nicht an derartige Dinge, aber aus Neugier begleitete ich ihn. Es waren damals etwa zwölf Personen zugegen, die dem sogenannten Glasrücken beiwohnten, bei welchem durch das Medium, den Mathematik-Professor, ein kleines Glas auf einer Alphabet-Tafel hinundhergeschoben wurde. Das Medium konnte über jeden der Teilnehmer gewisse Durchgaben liefern. Als ich an der Reihe war, erfolgte die Mitteilung: 'Wir wissen, dass du ein 'Ave Maria' komponierst. Was du aber bislang hervorgebracht hast, ist nicht genügend. So kleine 'Ave Marias' haben auch schon die grössten Komponisten geschrieben. Es hat keinen Sinn, dass du ein derartiges noch dazuschreibst, weil es auf keinen Fall besser als die anderen sein kann. Wir raten dir, aus deinem bislang kleinen 'Ave Maria' ein grosses zu machen, geeignet für grosses Orchester mit einer bedeutenden Opernsängerin. So etwas fehlt bislang.'
In diesem Augenblick habe ich meine Meinung über den Tod, das Jenseits und das Leben nach dem Tod völlig geändert. Dazu veranlasste mich die Tatsache, dass kein irdischer Mensch ausser mir, auch meine Eltern nicht, wusste, dass ich ein 'Ave Maria' komponierte. Damals wurde mir klar, dass sich eine fremde Kraft eingeschaltet hatte und dass es ein jenseitiges Leben gibt. Telepathie schloss ich aus, da ich in diesen Momenten voller Angst auf diesen Vorgang konzentriert gewesen bin und ausserdem keine Ahnung hatte, dass mein 'Ave Maria' nicht bestens war und ich ein anderes komponieren sollte.
Ich habe dann noch an zwei oder drei weiteren Sitzungen bei dem Professor teilgenommen.
Etwa ein halbes Jahr später wollte ich spät in der Nacht noch einen Brief schreiben. Mit einem Bleistift in der Hand sass ich vor dem Blatt Papier und wollte mit dem Schreiben beginnen. Da spürte ich, wie eine fremde Kraft sich meiner Hand bemächtigte und zu schreiben begann. Ich brachte folgende Worte zu Papier: 'Hab keine Angst, ich bin es, Dein Bruder Robi.' Dieser war acht Jahre zuvor als ganz junger Arzt verstorben. Durch seine von meiner Hand hervorgebrachte Mitteilung war ich tief beeindruckt, wurde aber auch ausserordentlich mit Angst erfüllt, weil ich bis dahin nicht wusste, dass man auch medial schreiben kann. Der mediale Mathematik-Professor übte ja nur das Glasrücken aus. Ich von mir aus hätte es aus lauter Angst nie gewagt, etwa medial schreiben zu wollen. Mein Bruder beruhigte mich aber und schrieb: 'Denk an nichts, und lass Deine Hand frei.' Dann übernahm er das Kommando über meine Hand und schrieb weiter: 'Ich bin Dein verstorbener Bruder und werde Dir viele Dinge von uns und der jenseitigen Welt mitteilen. Du musst oft zum Schreiben vorbereitet sein, und wir werden Dir dann vieles von oben berichten.'
Das war der Anfang meiner medialen Tätigkeit, die für mich mit einem grossen Schock und grosser Angst begann, da ich von Natur aus ein ängstlicher Mensch bin. Später aber verschwand das Angstgefühl völlig, als in der Folgezeit drei verstorbene Ärzte, ein sehr bedeutender Historiker und Linguist namens Hasdeu und seine in jungen Jahren verstorbene Tochter, die in Paris gelebt hat und dichterisch sehr begabt war, mit mir in Verbindung traten. Später, nach seinem Tod, kam dann auch mein Vater hinzu, der ebenfalls Arzt war. Viele und bedeutsame mediale Mitteilungen habe ich in der Zwischenzeit erhalten.“
Robert Rollans hat mir seinerzeit bei meinem Besuch in seiner Wohnung am Klavier auch das von ihm komponierte Ave Maria vorgespielt. Ich habe es damals auf Tonband aufgenommen und es bei Vorträgen über Mároczy und das Schachspiel öffentlich vorgeführt.

Die Motive des 'Géza Mároczy'

Mároczy hat sich gegenüber seinem Medium über die Motive seiner Beteiligung am Fernschachspiel am 10. Juli 1988 in seinem etwas ungarisch gefärbten Deutsch in folgender Weise geäussert:
"Ich war und bin zur Verfügung Eurer Unternehmung mit dieser seltsamen Schachpartie aus zwei Gründen:
Erstens, weil ich auch etwas tun möchte, um der auf der Erde lebenden Menschheit eine grosse Hilfe zu leisten, damit sie endlich überzeugt wird, dass der Tod nicht alles beendet, sondern sich der Geist von dem karnalen (fleischlichen) Körper löst und zu uns oben in eine neue Welt kommt, wo weiterhin das Leben des Individuums sich manifestiert in einer neuen unbekannten Dimension.
Zweitens, als ungarischer Patriot will ich ein bisschen die Augen der Welt in die Richtung meines geliebten Ungarn lenken. Die beiden Sachen haben mich überzeugt, an diesem Spiel zu partizipieren mit dem Gedanken, dass ich allen einen Dienst leiste. Und schaut mal her, was für ein kümmerliches Resultat: Wo sind die gescheiten Köpfe meiner Mitbürger, die, anstatt unsere Bemühungen zu begrüssen, schmeissen sie Euch, indirekt auch mich selbst, mit Steinen und blöden Unterstellungen? Wo sind die feinen ungarischen Leute, die ihre Besucher herzlich und mit grosszügiger Gastlichkeit empfangen und sie nicht einfach vor der Türe stehen lassen, wie es jetzt bei Euch der Fall war? Wo ist die bekannte ungarische Gastfreundlichkeit geblieben? Erstaunlich!"
Mit den letzten Worten spielt Mároczy auf folgendes an: Anfang Juli 1988 reiste Dr. Eisenbeiss nach Budapest, um dort weitere Erkundigungen über das irdische Leben von Géza Mároczy einzuziehen. Diese Auskünfte benötigte er, um die medialen Angaben von Mároczy überprüfen zu können. Unter anderem wollte er auch die beiden noch lebenden Kinder (ein Sohn und eine Tochter) von Mároczy aufsuchen. Als er sich jedoch telefonisch bei ihnen anzumelden versuchte, lehnten sie es ab, ihn zu empfangen. Sie hatten inzwischen durch Zeitungsberichte erfahren, um was es ging. Mit dieser spiritistischen Geschichte aber wollten sie nichts zu tun haben.

Schlussbemerkungen

Zu dem irdischen Leben von Mároczy ist noch zu sagen, dass er als junger Mann zwei Jahre am Polytechnikum in Zürich studierte, der heutigen Eidgenössischen Technischen Hochschule. Von daher konnte er also Deutsch. Danach beendete er sein Ingenieurstudium in Budapest. Anschliessend war er Mittelschulprofessor für Mathematik und Geometrie, dann Rechnungsrat für eine Versicherungsgesellschaft. Das Schachspiel hat er im Gegensatz zu anderen Schachgrossmeistern nie im Hauptberuf ausgeübt. Es war für ihn kein Broterwerb.
Dieses Beispiel zeigt, wie stark die Indizien- oder Erfahrungsbeweise für das persönliche geistige Fortleben eines bestimmten Menschen sein können. Die Animisten, die alles vom Unterbewusstsein des Mediums her erklären wollen, kommen doch in grosse Schwierigkeiten, wenn sie glaubhaft machen wollen, dass ein Musiker, der nie Schach gespielt hat, gegen einen Grossmeister mit einem anspruchsvollen Schachspiel antreten kann. Und woher konnte er als irdischer Mensch Einzelheiten aus Mároczys Leben erfahren, die auch Dr. Eisenbeiss erst mühsam in Erfahrung bringen musste? Die üblichste Reaktion ist, dass man derartige Fälle einfach nicht zur Kenntnis nimmt. Dann existieren sie auch nicht.

[ Werner Schiebeler ]


Fussnoten:
Fussnote 1: Herr Dr. Eisenbeiss las diesen Artikel freundlicherweise vor der Veröffentlichung durch und präzisierte hier: Romih war gebürtiger Slowene, liess sich später aber in Italien nieder und strich dort das unitalienisch wirkende h am Schluss seines Namens. Seither hiess er nur noch Romi. Nur ein Jugendfreund wie Maróczy kann also das nebensächliche Detail mit dem früheren h im Namen dieses unbekannt gebliebenen Schachspielers kennen. )

Fussnote 2: Maróczy teilte dabei allerdings schon vor der Partie mit, dass er sich nur geringe Chancen einräume, weil er „ziemlich aus der Übung“ gekommen sei. Nachdem er seinen Körper verlassen hatte, war das Schachspiel offensichtlich keine Priorität mehr für ihn, obwohl seine damalige Fähigkeit immer noch vorhanden ist, wie aus seiner Partie gegen Kortschnoi glaubhaft hervorgeht.

Fussnote 3: Dr. Eisenbeiss erkannte hierin nachträglich den tieferen Sinn eines Satzes, den Robert Rollans zu Beginn der Partie empfangen hatte, den damals aber noch niemand in seiner ganzen Konsequenz zu verstehen vermochte: „... und Du, lieber Robert, wirst diese Partie bis zu ihrem Abschluss begleiten.“ Herr Eisenbeiss fühlt sich hier an das Bibelwort erinnert, dass niemand sein Leben aus eigener Kraft verlängern kann (Mt 6,27), dass Gott aber einem Menschen zusätzliche Zeit schenken kann, wenn dies für eine bestimmte gottgewollte Aufgabe erforderlich ist (siehe 2 Kön 20,5-6).

Fussnote 4: Dr. Eisenbeiss erkannte hierin nachträglich den tieferen Sinn eines Satzes, den Robert Rollans zu Beginn der Partie empfangen hatte, den damals aber noch niemand in seiner ganzen Konsequenz zu verstehen vermochte: „... und Du, lieber Robert, wirst diese Partie bis zu ihrem Abschluss begleiten.“ Herr Eisenbeiss fühlt sich hier an das Bibelwort erinnert, dass niemand sein Leben aus eigener Kraft verlängern kann (Mt 6,27), dass Gott aber einem Menschen zusätzliche Zeit schenken kann, wenn dies für eine bestimmte gottgewollte Aufgabe erforderlich ist (siehe 2 Kön 20,5-6).

[Fussnote 5: Viktor Kortschnoj, geboren am 23.3.1931 in Leningrad, seit 1976 schweizerischer Grossmeister, ist seit über vier Jahrzehnten einer der weltbesten Spieler. Er kehrte nach seinem Sieg beim IBM -Turnier in Amsterdam 1976 nicht wieder in seine Heimatstadt, ins damalige Leningrad, zurück, sondern beantragte in den Niederlanden politisches Asyl und liess sich 1977 schliesslich in der Schweiz nieder.
Kortschnoj wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, erlernte mit sechs Jahren von seinem Vater die Schachregeln, beschäftigte sich aber erst gegen Ende des Zweiten Weltkrieges intensiv mit dem Spiel. Kortschnoj verfügt neben seiner Naturbegabung über einen aussergewöhnlichen Kampfgeist und ist in vielerlei Hinsicht ein Phänomen:
Schon 1959 gehörte er zu den besten Spielern der Welt – vier Jahrzehnte später, also im Alter von 68 Jahren, war er auf Rang 17 der Weltrangliste zu finden. Der von Anatoly Karpov beanspruchte Rekord für die meisten Turniererfolge gebührt möglicherweise Kortschnoj – angefangen mit der 1947 in Leningrad errungenen UdSSR - Jugendmeisterschaft bis heute (u.v.a. Turnieren siegte Kortschnoj z.B. auch im Mai 1999 in Arnhem) hat Kortschnoj nahezu 4000 Partien gespielt und ungezählte Turnier- und Wettkampferfolge gesammelt.
Von jeher nennt man ihn deswegen respektvoll "Viktor den Schrecklichen" oder neuerdings auch den "Wunderopa" (Dr. Helmut Pfleger). Immer wieder qualifizierte sich Kortschnoj für Kandidatenwettkämpfe, zweimal auch für ein WM-Finale. Weltmeister wurde er aber nie.
Kortschnoj galt als bester Verteidigungsspieler der Welt. Sein Stil lässt sich nur schwerlich in ein bekanntes Schema einordnen. Selbst mit den schwarzen Figuren spielt er "giftig". Er meidet jede Verflachung und Dogmatisierung des Spiels. Jede Partie spielt er mit äusserster physischer und psychischer Anstrengung. Seine Schwäche liegt in der schlechten Einteilung der Bedenkzeit. Aber selbst in hochgradiger Zeitnot verschärft er oft die Partie.
Quelle: Freddy's Schachseite, Internet http://www.schachgeschichte.de/chess/index1.htm v. 3.7.2000]
Victor Kortschnoi Victor Kortschnoi
Bild 5 + 6: Victor Kortschnoi, geboren 1931, russischer Schachgrossmeister, jetzt in der Schweiz lebend


Literaturangaben
(1) Eisenbeiss, Wolfgang: „Die ungewöhnlichste Schachpartie“, Die Schachwoche, Nr. 38 vom 24.99.1987, S. 21

(2) Eisenbeiss, Wolfgang: „Geisterschach mit Viktor Kortschnoi“, Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen 11/1987, S. 325

(3) Schiebeler, Werner: „Der Tod, die Brücke zu neuem Leben“, Wersch Verlag, 3. Aufl., Ravensburg 1999



Kommentar von Armin Risi

Geza Maróczy (1870 - 1951) – Viktor Kortschnoi
Mediale Fernschachpartie 1985 - 1993

1. e2-e4 e7-e6 Dieser scheinbar zurückhaltende Zug wird „französische Eröffnung“ genannt. Im Standardbuch Das moderne Schachlehrbuch schreibt der Autor, Rudolf Teschner: „Schon immer haben hervorragende Meister Französisch zu ihrer Lieblingsverteidigung erkoren, von Geza Maróczy über Stahlberg bis Botwinnik, Uhlmann und Kortschnoi.“ In der Ehrenliste werden sowohl Maróczy als auch Kortschnoi namentlich erwähnt, und nun begegnen sich beide Experten auf ungewöhnliche Weise in einer gemeinsamen Schachpartie. Wie sich schon bald zeigen wird, hat der zeitgenössische Spieler in seinen theoretischen Kenntnissen einen Vorsprung, der auf den über fünfzig Jahren Forschung beruht, die dem Verstorbenen nicht bekannt sind. In den jenseitigen Welten bekommt man anscheinend die Entwicklungen in der irdischen Welt nicht automatisch mit.

2. d2-d4 d7-d5 3. Sb1-c3 Lf8-b4 4. e4-e5 c7-c5 5. a2-a3 Lb4xc3+ 6. b2xc3 Sf8-e7 Bisher spielten beide bereits bekannte Zugfolgen, die jedoch nur den geschulten Spielern bekannt sind.

7. Dd1-g4 Wenn Viktor Kortschnoj später kommentiert, sein Gegenüber spiele etwas altmodisch, so meint er damit nicht etwa, dass dieser einen langweiligen oder verstaubten Stil habe. Im Gegenteil, altmodisch bezieht sich hier auf den romantischen Husarenstil des frühen Angriffs, wie z.B. dieser aggressive Damenzug. Früher antwortete Schwarz darauf meist mit der kurzen Rochade oder mit Sf5, worauf der Bauer auf g7 gedeckt ist und sich ein scharfer Kampf entwickelt. Aber neuerdings kennt Schwarz eine Fortsetzung, die zwar riskant, aber auch sehr vielversprechend ist, wie langjährige Analysen gezeigt haben:

7. ... c5xd4 Schwarz deckt den Bauern auf g7 nicht, sondern lässt die Dame eindringen, um durch diesen Raumgewinn einen sofortigen Gegenangriff zu starten.

8. Dg4xg7 Th8-g8 9. Dg7xh7 Dd8-c7 Diesen feinen, sehr starken Zug scheint der lang verstorbene Meister in seinem Repertoire nicht gekannt zu haben. Schwarz hat kurzfristig einen Bauern geopfert, aber kann ihn jederzeit auf e5 oder c3 zurückerobern. Und schon ist Weiss in Verlegenheit, denn es droht Dc3+ mit Turmgewinn auf a1. Will er den Bc3 mit Lc1-b2 decken, schlägt Schwarz einfach mit dem Bauern auf c3, gefolgt von Dxe5+, was Schwarz einen Plusbauern mit Angriff verschafft. Weiss erkennt seine bedrängte Lage sofort und findet einen Verteidigungszug, der ein offenes Eingeständnis der Eröffnungsschwäche ist, aber alle Drohungen vorerst behebt. Ein unerfahrener Spieler hätte diesen Zug nie gefunden und hätte vielleicht ehrgeizig weiter auf Angriff geblasen und versucht, mit Sg1-e2 den Materialvorteil festzuhalten. Aber darauf würde Schwarz mit Sbc6, cxd4 Sxd4, Sxd4? Dc3+ bereits einen entscheidenden Vorteil erlangen. Auch alle anderen Fortsetzungen hätten Kortschnoi die Möglichkeit gegeben, seine gefürchtete taktische Fähigkeit voll auszuspielen. Maróczy will nicht vorzeitig unter die Räder kommen und wählt wohlweislich die Defensive.

10. Ke1-d1 d4xc3 11. Sg1-f3 Sb8-c6 12. Lf1-b5 Lc8-d7 13. Lb5xc6 Ld7xc6 14. Lc1-g5 Schwarz bedrohte den Bg2 und hält auch den Be5 unter Beschuss. Weiss versucht, den schwarzen Positionsvorteil durch Figurenabtausch abzuschwächen. Aber Kortschnoi findet eine starke Fortsetzung, die ihm einen Materialgewinn einbringt.

14. ... d5-d4 15. Lg5xe7 Ke8xe7 16. Dh7-h4+ Ke7-e8 17. Kd1-e2 Lc6xf3+ 18. g2xf3 Dc7xe5+ 19. Dh4-e4 De5xe4+ 20. f3xe4 Der schwarze Angriff ist verebbt, aber auf Kosten eines Minusbauern. Weiss hofft, mit seinen beiden Türmen und dem Freibauern auf der h-Linie Gegenspiel zu finden, um vielleicht ein Remis zu erlangen.

20. ... f7-f6 21. Ta1-d1 e6-e5 22. Td1-d3 Ke8-f7 23. Td3-g3 Tg8-g6 24. Th1-g1 Ta8-g8 25. a3-a4 Tg6xg3 26. f2xg3 b7-b6 27. h2-h4 An dieser Stelle schrieb Viktor Kortschnoi an Dr. Eisenbeiss: „Ich muss zugeben, dass meine letzten Züge nicht sehr überzeugend waren. Ich bin jetzt nicht mehr sicher, ob ich das Spiel noch gewinnen kann.“

27. ... a7-a6 28. g3-g4 b6-b5 29. a4xb5 a6xb5 30. Ke2-d3 Kf7-g6 31. Tg1-f1 Tg8-h8 32. Tf1-h1 Th8-h7 33. Kd3-e2 Th7-a7 34. Ke2-d3 Ta7-a2 35. Th1-f1 b5-b4 36. h4-h5+ Mit einem präzisen Spiel hat der Fastweltmeister Kortschnoi wieder deutlich die Oberhand gewonnen. Wenn Weiss nicht einfach abwarten will, muss er seine Bauern vorstossen. Aber auch dagegen hat Kortschnoi bereits seine Gegenzüge vorausberechnet.

37. ... Kg6-g5 37. Tf1-f5+ Kg5xg4 38. h5-h6 b4-b3 39. h6-h7 Ta2-a8 40. c2xb3 Ta8-h8 41. Tf5xf6 Th8xh7 42. Tf6-g6+ Kg4-f4 43. Tg6-f6+ Kf4-g3 44. Tf6-f1 Th7-h2 45. Tf1-d1 Kg3-f3 46. Td1-f1+ Th2-f2 47. Tf1xf2+ Kf3xf2 An dieser Stelle kam aus dem Jenseits die Kapitulation. Maróczy sah natürlich, dass keine Hoffnung mehr bestand, irgendwie ein Remis zu erlangen. Auf den letzten verzweifelten Versuch, b3-b4, entgegnet Schwarz einfach Kf2-e1. Wenn nun 49. b5, dann kann Weiss auf b8 zwar noch die Dame reinholen, aber zu spät. Währenddessen spielt Schwarz 49. ... Kd1, gefolgt von c3-c2-c1D und Dc3matt. Wenn 49. Kc2, dann Ke2, b5 d3+, Kxc3 d2, b6 d1D, b7 und Schwarz gewinnt leicht, z.B. Dc1+, Kb4 Db2+ und Dxb7

Fazit: Durch einen Mangel an neuster theoretischer Kenntnis kam Weiss bereits in der Eröffnung in Nachteil, behielt aber die Nerven und konnte, trotz der Spitzenstärke seines Gegners, bis in die letzte Phase des Endspiels durchhalten. Diese Fähigkeit sowie die richtige Einschätzung des Gegners (und der eigenen Lage) zeigen die hohe Qualität des jenseitigen Spielers, die einem Grossmeister wie Geza Maróczy entspricht.

[ Armin Risi ]


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"