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Parapsychologie - Erfahrungsbericht

Artikel von Rudolf Passian aus der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr 1/2001, S.17+18, erschienen im Verlag Martin Weber, D-77746 Schutterwald
Anmerkungen der Redaktion stehen in [ ]-Klammern.

Ly hat mich zu sich gerufen ...

Die folgende Geschichte einer grossen Liebe mit tragischem Ausgang ist eine wahre Begebenheit. Hugo Streubel hiess der Mann, welcher dem Wiener Emanuel Zihlar seine bemerkenswerte Lebensgeschichte erzählte. Zihlar, ein ehedem bekannter parapsychologischer Forscher, blieb mit Streubel bis zu dessen tragischem Ende in Verbindung. Der Artikel von E. Zihlar wurde von R. Passian überarbeitet.

Suche nach dem Lebenssinn

Streubel war Sohn eines Krämers in Guntramsdorf bei Wien und wuchs als überzeugter Christ heran. Als blutjunger Soldat machte er den Ersten Weltkrieg mit. Er litt sehr unter diesem Wahnwitz und der Missachtung christlicher Liebesgebote. Als die anderen Soldaten merkten, welch frommen Gemütes Streubel war, da bedrängten sie ihn mit unflätigen Redensarten.
Aus dem Kriege zurückgekehrt, fühlte er sich in zunehmendem Masse vereinsamt. Er war seit jeher ein "Träumer" gewesen und sehnte sich danach, die weite Welt kennenzulernen. Vor allem zog es ihn zu sogenannten "primitiven" Völkerschaften, die noch unverdorben blieben von unserer zivilisationsübertünchten Barbarei und die, obwohl auf einer niederen Kulturstufe lebend, noch bessere und festere Ehrbegriffe besassen.
Nur um dem eigenen Lande zu entkommen, trat er in die französische Fremdenlegion ein. Da freilich kam er vom Regen in die Traufe. Fünf Jahre verbrachte er in Afrika und sehnte sich fast zu Tode, von dort wieder wegzukommen.
Schliesslich war es soweit. Seine besorgten Eltern waren glücklich über seine Heimkehr. Doch er selbst fand keine Ruhe. Eine quälende Ruhelosigkeit befiel ihn. Während schlafloser Nächte reifte in ihm der Entschluss, nach Brasilien auszuwandern.

Im Urwald Brasiliens

Nach langer Schiffsreise kam er in Rio an. Doch die Lebensverhältnisse hier enttäuschten ihn. Er fand hier dieselbe Unduldsamkeit der Menschen untereinander und die gleiche Interesselosigkeit am Schicksal des Nächsten wie in Europa. Wozu war er eigentlich hierher geflohen?
Schliesslich schloss Streubel sich einer Gruppe von Männern an, die im Innern Brasiliens eine Kolonie gründen wollten. Bald fanden sie einen geeigneten Platz. Sie rodeten den Wald und bauten sich einfache Hütten.
Aber auch hier fand Streubel nicht den gesuchten und ersehnten Frieden. Ganz allein zog er weiter. Nach wochenlangen anstrengenden Märschen gelangte er zu einem kleinen Indianerstamm. Hier nun fand er den ersehnten Frieden, doch auf ganz andere Weise, als er es sich erträumt hatte ...
Ganz seltsam berührte es ihn, mit welcher Herzlichkeit die "Primitiven" ihn empfingen und Gastfreundschaft anboten. Gemäss ihren Sitten und Gebräuchen nahmen sie ihn in ihre Gemeinschaft auf. Zum ersten Mal seit seiner Jugend fand er sich von Aufrichtigkeit und wahrer Kameradschaft umgeben.
Nun taute seine Seele auf, er wurde froh und heiter. Er war glücklich und zufrieden mit allem, was ihn umgab. Mit seinen Indianern ging er auf die Jagd und durchforschte das Land, brachte ihnen Methoden und Möglichkeiten zur Erleichterung ihrer Lebensweise bei.

Das Wunder der Liebe

Und eines Tages begegnete er Ly, einem lieblichen Indianermädchen. "Sie können es sich nicht vorstellen," sagte er zu Emanuel Zihlar, "was ich. empfand, als dieses Mädchen vor mir stand. Still, wie eine Statue stand sie da. Mit gesenkten Augen. Ihre Brust hob und senkte sich. Das war das einzige äussere Zeichen, dass sie lebte. Dann erhob sie den Blick. Es war wie ein unglaubliches Wunder. Weder Worte, noch Zeichen – ich beherrschte ja damals die Indianersprache noch nicht – waren notwendig. Wir standen einander stumm gegenüber, doch der Kontakt von Seele zu Seele bildete sich in einer mystischen Art und Weise, dass ich innerlich aufjubelte. Ich spürte, es wob sich ein unzerreissbares Band von ihrem Herzen zu meinem. Ich wusste plötzlich, dass ich mit diesem Mädchen eine Einheit bildete, die durch nichts jemals zerstört werden kann."
Schon nächstentags rüstete der ganze Stamm zur Hochzeitsfeierlichkeit. Streubel bekennt: "Ich war glücklich und hatte nur den einen Wunsch: wenn es nur immer so bliebe! Auf unser gemeinsames Glück schien eine goldene Sonne herab. Damals glaubte ich im Himmel zu sein. Es bedurfte keiner Aussprache, keiner langen Erklärung für etwas. Ly schien meine Gedanken zu lesen. Wollte ich etwas Bestimmtes sagen – ich hatte es noch nicht ausgesprochen, schon eilte sie fort und kam bald mit dem Gewünschten zurück." Weiter erzählt Streubel:
"Das Leben bei den Indianern war primitiv, sehr einfach. Doch ich hatte das Gefühl, mit der Natur des Urwaldes eins zu werden. Und dann lernte ich viele Naturgeheimnisse kennen und schätzen, über die zwar jeder Mittelschüler lächeln würde, die aber den Indianern und auch mir heilig und lebenswichtig waren. Ich erkannte bei ihnen, dass die enge Naturverbundenheit etwas sehr Wertvolles ist und dem ergebenen Freund der Naturwesenheiten alles schenkt, was er zu einem vernünftigen Leben braucht."

Der unerwartete Tod von Ly

Es waren einige Jahre vergangen. Da, eines Tages, kam Ly zur gewohnten Stunde vom Beerenpflücken nicht zurück. Streubel wartete die ganze Nacht. Am Morgen begann das ganze Dorf, nach ihr zu suchen. Und sie fanden sie: tot! Der Biss einer Klapperschlange hatte ihrem Leben und damit dem Glück Streubels ein jähes und grausames Ende bereitet. "Ihre toten Augen starrten mich an. Ich versuchte vorsichtig, sie zu schliessen."
"Nach den dortigen Zeremonien wurde ihr Leib bestattet. Durch den Tod wurde ich in das Unheil der Rastlosigkeit zurückgeworfen. Dennoch war ich niemals wieder allein. Ly war und blieb bei mir. Bei Tag und Nacht war sie um mich und blickte mich mit ihren geheimnisvollen Augen an. Sie redete zu mir in einer unhörbaren Sprache. Ich verstand alles. Sie wünschte von mir weiterhin unverbrüchliche Treue. Und ich gelobte es ihr. Doch die Unrast war zu gross. Ich verliess diese lieben und braven Menschen, mit denen ich ein paar Jahre in Freude gelebt hatte."
Streubel wanderte nach Rio zurück. Dort nahm er Gelegenheitsarbeiten an, verfiel jedoch allmählich dem Alkohol, mit dem er seinen Schmerz zu betäuben suchte. Dennoch sparte er sich Geld zusammen, um zu seinen betagten Eltern zurückzukehren.
Inzwischen war der Zweite Weltkrieg ausgebrochen. Das Schiff, das ihn der Heimat zuführen sollte, wurde von den Amerikanern angehalten und kontrolliert. Streubel kam in Gefangenschaft. Dort musste er lange warten, bis man ihm die Heimkehr erlaubte. Dennoch hatte dieser unfreiwillige Aufenthalt ein Gutes: er wurde vom Laster der Trunksucht geheilt.

Das tragische Ende

Auf seinen Waldwanderungen traf Streubel öfters mit Emanuel Zihlar zusammen. Immer wieder erzählte er vom Leben im Urwald und von Ly. Zihlar sagt: "Sein ganzes Sinnen und Denken gehörte dieser Frau, die in seinem Herzen eine ewige Wohnung zu haben schien. Während er sprach und erzählte, war er gefasst und ruhig. Doch wenn er allein war – so berichteten mir die Leute, die in seiner Nähe wohnten –, war er zerfahren und unruhig. Die wenigen Freunde, die er besass, wollten ihn überreden, eine zweite Ehe einzugehen."
Und wie es so kommt: Streubel lernte eine junge Dame kennen, die ihn sehr mochte. Er mag wohl gehofft haben, durch eine Heirat seiner Einsamkeit entfliehen zu können. Doch geben seine letzten Worte zu denken, die Zihlar aus Streubels Munde vernahm: "Lieben kann ich sie nicht, ich kann sie nur hochschätzen und ehren."
Die Hochzeitsvorbereitungen liefen bereits, als die Braut einen Brief per Post erhielt. Der Inhalt lautete: "Heute Nacht ist Ly bei mir erschienen und hat mich zu sich gerufen. Ich muss dem Ruf Folge leisten. Alles, was ich an Geld und anderen Dingen besitze, gehört Dir. Lebe wohl und werde glücklich, wie ich es schon heute sein werde."
Die zutiefst erschrockene Braut verständigte Streubels Nachbarn. Diese brauchten nicht lange zu suchen: sie fanden ihn am Türrahmen seines Gartenhäuschens - erhängt!
Zihlar beschloss seinen Bericht mit den Worten: "Er war dem Rufe seiner toten Frau gefolgt, und ich wünsche es ihm, dass er mit ihr wieder vereint leben möge."

Rudolf Passian


[ Anmerkung der Redaktion: Das Schicksal von Hugo Streubel und seiner Ly wirft aus spiritueller Sicht einige Fragen grundsätzlicher Art auf. Beispielsweise, wie hier der Selbstmord einzuschätzen wäre, ferner das nachtodliche Verhalten von Ly, und ob es sich hier möglicherweise um ein Dualseelen-Paar handelte? In eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen wäre auch die Person der enttäuschten Braut. ]


Reaktionen der LeserInnen
[ Kommentar von Rudolf Passian in WB 2/2001 zu den Leserzuschriften zum Thema „Ly hat mich zu sich gerufen“ aus WB 1/2001 ]

Auf den Erlebnisbericht „Ly hat mich zu. sich gerufen“ gab es ein erfreuliches Echo. Die hier veröffentlichten Zuschriften erfuhren aus Platzgründen eine redaktionelle Kürzung, wofür wir um Verständnis bitten.

Unsere Leserfreundin, Frau D. Orange aus Brienz (CH), schreibt, man könne den Lebenssinn nicht mit einem ruhelosen Leben finden. „Erst wenn (nach Wischert) das ruhelose Herz wie ein Stein auf dem Grund des Wassers ruht, ist das Ziel erreicht. Das war nun leider bei Streubel vom Anfang bis zum bitteren Ende nie der Fall, ausser im ‚Wunder der Liebe'. Es war aber Streubels Schicksal, dass auch das zerrissen wurde.“ Frau Orange meint, es sei wohl nie richtig, Hinterbliebene durch Gelübde zu binden; sie bezweifelt, dass ein ‚sich wiederfinden' in einer besseren Welt durch Freitod erreicht werden könne. „Was aber die neue Braut betrifft, muss man direkt froh für sie sein, dass ihr ruheloser Bräutigam ihr erspart blieb.“
Nach dieser etwas derb anmutenden, aber wohl gar nicht so abwegigen Aussage, schreibt Frau Orange abschliessend: „Ich kannte ein sehr einiges Paar, und als die Frau an Krebs starb, bat sie ihren Mann, doch mit ihr zu kommen. Das lehnte er ab, weil er fühlte, dass er noch wirken müsse. Über eine relativ kurze Spanne Zeit, erfassten ihn dann Kreislaufstörungen, die zu seinem Ende führten, aus voller Tätigkeit heraus. Da hat vielleicht auch die Geliebte ‚gerufen' und sein Kommen erreicht, aber nicht durch Selbstmord! – Rätsel des Lebens und Sterbens, die wir hier nicht lösen; erst vielleicht drüben.“

Herr H. Maiwald aus Lich (D) schreibt: „Ich bin sehr erfreut darüber, dass Sie die Leser zur Stellungnahme aufgefordert haben. Zugleich warte ich voller Ungeduld auf die nächste Ausgabe des WB. Meine persönliche Meinung ist, dass Streubel vermutlich einem dämonischen Wesen verfallen war. Wenn es nämlich eine grosse selbstlose Liebe gewesen wäre, hätte Ly ihn nicht zum Selbstmord aufgefordert, sondern ihn zu einer positiveren Lebenseinstellung ermuntert. Auch könnte ich mir vorstellen, dass eine selbstlos liebende Ly gegen die beabsichtigte (neue) Verbindung keine Einwände erhoben hätte. Sie hätte gesehen, dass für Streubel bei ihrem Tod eine Welt zusammengebrochen ist, da es für niemanden einfach ist, einen geliebten Menschen zu verlieren, und diesen dann durch einen neuen liebevollen Menschen zu ersetzen. Auch existiert auf der Ebene, auf der Ly sich befinden müsste, weder Hass noch Neid noch Missgunst.“
Leserfreund Maiwald bemerkt weiter, dass Seelen, die füreinander bestimmt sind, einander nie Schaden zufügen würden; darum könne Ly ihn nie gerufen haben, sie hätte ja dann seinen gewaltsamen Tod zu verantworten.

Herr Dr. H. Doerner, Bad Kissingen (D) bemerkt: „Streubel ist zweifellos ein sehr labiler Mensch, der im Elternhaus wahrscheinlich wenig Liebe erfuhr und auch als Christ in seiner Religion keine Heimat fand. So konnte er mit der Härte des Daseins nicht fertig werden. Erst in der Harmonie des Indianerstammes fand er zu sich und war damit auch für die Liebe offen, die dann sein Leben bestimmte.“
Auch in der nächsten Dimension, so meint Dr. Doerner ganz richtig, „erreicht man nicht automatisch eine höhere Erkenntnis, sondern bleibt lernfähig. Daher halte ich es für nicht richtig, wenn Ly ihren Geliebten auffordert, Selbstmord zu begehen; also eine Tat, die mit den göttlichen Gesetzen nicht in Einklang steht.“

Bemerkenswert ist auch das E-Mail von Bildhauer F. Werner. „1) Der Freitod hat Streubel mit Sicherheit von seiner geliebten Ly weiter entfernt als ihm lieb war. 2) Sollte Ly medial ihren Geliebten zu sich gerufen haben, so hat sie sich damit ebenfalls vor Gott versündigt. 3) Der Wunsch einer ‚unverbrüchlichen Treue' von Ly ihrem Geliebten gegenüber erinnert mich jedoch mehr an irdische Eifersucht als an Verständnis und Liebe (denn wahre Liebe bindet nicht). 4) Ob es sich hier um ein Dualseelenpaar handelt, vermag ich nicht zu beurteilen, obwohl ich der Meinung bin, dass sich solche Paare gegenseitig helfen sollten in ihrem Vorankommen zu Gott. Allerdings stürzten sich ja auch Dualgeister mit Freuden beim ersten Geisterfall in den Abgrund (natürlich ohne es zunächst zu wissen). 5) Über die zweite Braut steht zu wenig in dem Bericht, doch hoffe ich, dass sie ‚mehr' mit ‚ihrem' Schicksalsschlag anzufangen wusste.“

Den Selbstmord als Problemlösung lehnt auch Leserfreund M. Lutz aus Friesenried (D) ab und meint zur Rolle der enttäuschten Braut: „Vielleicht war sie nur deswegen da, um den verzweifelten Hugo wieder zu einer positiven Entwicklung zu führen. Das ist nicht gelungen.“

Frau M. Lissberg vertritt in diesem Fall eine andere Einstellung zum Freitod: „Gott ist Liebe, er gab uns freien Willen. Nun entscheidet sich jemand aus diesem Willen, wieder zu Gott oder zu jemanden, der bei Gott ist, zurückzukehren; was könnte Gott dagegen haben? Viele, die leiden und künstlich am Leben gehalten werden, würden das gleiche tun, wenn man ihnen helfen würde; diese Helfer werden (jedoch) bestraft. Zigaretten, Alkohol usw. töten auch, aber langsam und straffrei. Sicher hat alles einen Sinn und ist Erfahrung, auch das Schicksal von Ly und Streubel. – Allen Euch: Gottes Segen!“

Leserfreund Dr. B. Kressierer aus Erding (D) tippt bei Ly und Hugo ebenfalls auf ein Dualverhältnis, vermutet jedoch, dass möglicherweise irgendwelche schwarzmagische Rituale von Seiten anderer Indianer zum plötzlichen Tode von Ly führten, weil deren ‚Götter' diese Verbindung nicht guthiessen. „Wir wissen, es gab bei den Naturvölkern schon immer Schlangenbeschwörungen, die durchwegs schwarzmagischen Charakter hatten.“

Frau L. Wischmeier in Lübeck (D) vermutet, dass Ly und Hugo sich schon im Vorleben als Indianer begegneten und der Mann untreu wurde. Nun behütete sie seinen weiteren irdischen Weg. „Wir können nicht beurteilen, wie reif die Indianerin nach ihrem Tode war und wieviel sie an Zukunft voraussehen konnte.“ Frau W. meint wohl, dass Ly, wenn sie ihren Geliebten zu sich rief, nicht gesetzeskonform handelte. „Und so vermute ich, dass sich ihr Wunsch eines neuen engen Beieinanderseins nicht erfüllen konnte; denn wir leben um zu lernen.“

Leserfreund J. Konrad aus Behlingen (D) verweist auf ähnlich gelagerte Fälle im Buch von Dr. Wickland in seinem Buch „30 Jahre unter den Toten“ (Reichl-Verlag, St.Goar, Seite 141-144): „Dr. Wickland berichtet dort von verstorbenen Ehefrauen, die als erdgebundene Geister ihren hinterbliebenen Ehemännern die neue Partnerin nicht gönnten, diese als Eindringlinge in ‚ihre Ehe' betrachteten und sich vorgenommen hatten, die ‚Nebenbuhlerin' zu beseitigen.“ Und weiter: „Das nachtodliche Verhalten von Ly deutet mehr auf Eifersucht, Eigenliebe und gekränkte Eitelkeit hin, und weniger auf wahre Liebe als Beweggrund für ihre Vorgehensweise. Sie konnte es offenbar nicht ertragen, dass Hugo eine neue Bindung eingehen wollte.“ Solche Verhaltensmerkmale seien nur niederen und noch sehr erdgebundenen Geistern eigen, meint J. Konrad.

Herr A. Veigel aus Bayerbach a.d. Rott (D) bringt einen anderen Aspekt in die Diskussion, nämlich Überlegungen im Sinne der systematischen Familientherapie nach Hellinger. „Eine genauere Untersuchung der Herkunftsfamilie Streubels würde Aufschluss über eine weitere, wichtigere Dynamik geben.“

Wie dem auch sein mag, die Zuschriften zeigen die grosse Vielfalt der Aspekte auf, die bei einer Auslotung der Begebenheit „Ly und Hugo Streubel“ Berücksichtigung verdienen. Aus der Sicht meiner gegenwärtigen Erkenntnisstufe möchte ich abschliessend kurz folgendes bemerken:

1) Ob es wirklich die hinübergegangene Ly war, die ihren Freund zum Selbstmord verleitete, können wir nicht mit Sicherheit beurteilen. Wesen auf dämonischer Stufe (was sie selber gewiss nicht war), können nämlich ggf. sowohl die Gestalt als auch die Schrift oder Stimme eines Gestorbenen täuschend nachahmen.
Ferner ist uns die spirituelle Entwicklungsstufe von Ly unbekannt. Als Naturkind mag sie sich ihres nachtodlichen Fehlverhaltens nicht bewusst gewesen sein und war möglicherweise auch unzugänglich für eine Beeinflussung durch ihren (und Streubels) Schutzengel. Ihre grosse Liebe hat sie vermutlich nie als egoistisch empfunden, zumal sie von einem Stammesgenossen wohl kaum jene Wertschätzung und Liebe erfahren haben würde wie von Seiten Streubels.

2) Beim Freitod kommt es anscheinend stets auf das Motiv an. Eine grundsätzliche Verdammung scheint mir vernunftwidrig zu sein, allein schon deshalb, weil die Umstände, die zu solch einer Verzweiflungstat führen, so extrem verschieden sein können. So gibt es (meiner Auffassung nach) durchaus entschuldbare Gründe, wie z.B. bei geistiger Umnachtung, bei sehr starkem jenseitigem Einfluss in Form von Be- oder Umsessenheit (wie im Falle Streubel), oder wenn eine Frau den Freitod vorzieht, anstatt sich von einer entmenschten Soldateska bestialisch zu Tode quälen zu lassen (wie bei der ‚Befreiung' durch die Sowjets hunderttausendfach geschehen), oder wenn ein Schulkind – wie es im damaligen Ostblock geschah – sich lieber umbringt, statt auftragsgemäss die eigenen Eltern zu bespitzeln, und so weiter und so fort.

Kahir schrieb einmal einer Frau, deren Mann wegen unheilbarer Krankheit den Freitod gewählt hatte: „Es ist nicht wahr, dass Selbstmörder von der ‚ewigen Seligkeit' ausgeschlossen sind. Wer solches behauptet, frevelt an der göttlichen Liebe, die über unseren irdischen Begriffen steht wie der Himmel über den höchsten Bergen. Massgebend für die Folgen jedes Selbstmordes ist sein Motiv. Gewiss hat diese Tat immer verzögernde Folgen in der jenseitigen Weiterentwicklung. Allein, trägt denn nur der Täter Schuld an seiner grenzenlosen Unwissenheit? Ist er nicht bloss ein Teil jener Gesamtmenschheit, die sich durch ihre negative Seelenhaltung immer mehr in einen Zustand der vertierten Unwissenheit gestürzt hat, der heute in der Welt seinen Höhepunkt zu erreichen scheint?“

Soweit Kahir. Meines Erachtens ist daher der Zuschrift unserer Leserfreundin H. Stalder aus Kriens (CH) zuzustimmen, welche schrieb: „Den Anspruch auf ewige Treue über den Tod hinaus liess Hugo Streubel nicht mehr zur Ruhe kommen. Leider entschied er sich für den Freitod. Hoffen wir, dass Gottes grosse Liebe und Barmherzigkeit diese Verzweiflungstat mit Vergebung annimmt.“

Rudolf Passian


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"