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Parapsychologie - Erfahrungsbericht

Erfahrungsbericht von Dr. G. Reissenberger, erschienen in der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr. 3/2001, S. 94+95.

Der 'Gelbe Engel'

Sie kamen aus Polen. Elisabeth, unser guter Engel, der die 95-jährige Mutter liebevoll und mit viel Geduld bis zu ihrem Wechsel in eine andere Dimension begleitet hatte, brachte ihren frisch verheirateten Sohn Konstantin und dessen verliebte junge Frau Katharina mit. Die beiden sollten sieben Tage ihrer Flitterwochen auf Einladung eines Onkels in Zürich verbringen. Und Katharinas Vater hatte dazu seinen fast neuen Honda zur Verfügung gestellt. Schon um 5 Uhr morgens waren sie aus Danzig abgereist, aber erst gegen 21 Uhr läutete bei mir das Telefon: „Wir sind da, auf der Xantener Strasse“.
Also schwang ich mich schnell auf mein Fahrrad – ich wohne ja nur zwei Querstrassen weiter. Nach kaum fünf Minuten war ich auf der Xantener Strasse. Das Tor zur dortigen Garageneinfahrt war geöffnet und quer über dem Bürgersteig, mit den Vorderrädern schon etwas auf der Abfahrt, stand ein fast neuer Honda Civic mit polnischem Kennzeichen. Als Elisabeth mich sah, stieg sie aus dem Wagen, und wir umarmten uns herzlich. Einen Menschen, der so etwas Liebes ausstrahlt wie diese Frau, nehme ich gerne in meine Arme. Konstantin, der den Wagen gefahren hatte, stieg ebenfalls aus, um mich zu begrüssen – ihn kannte ich schon von einem früheren Besuch her. Und dann kam auch ein liebes, zartes blondes Persönchen auf mich zu: die jung verheiratete Frau, die ich noch nicht kannte.
Und da passierte es ...
Der Fluch der Technik im hochmodernen Honda machte es möglich dass nach Zufallen aller vier Türen diese sich automatisch verriegelten - und beide Schlüssel waren im Fahrzeug geblieben, der eine im Zündschloss, der zweite in einem Rucksack auf dem linken Hintersitz!
Was nun? Wer kann helfen? Jetzt war guter Rat im wahrsten Sinne des Wortes teuer geworden, wie wir gleich erfahren sollten.
Wir gingen ins Haus – ohne Gepäck, denn absolut alles war im Auto eingesperrt. Ich suchte im Branchenbuch nach einem Honda-Reparaturdienst. Unter der ersten Nummer meldete sich keiner, bei der zweiten nahm eine freundliche Dame den Hörer ab. Ja, sie könne einen Fahrer schicken, der versuchen könne, das Fahrzeug trotz Zentralverriegelung und Alarmanlage zu öffnen. Kostenpunkt: 150,- DM plus 16% Mehrwertsteuer, keine Garantie, und mögliche Beschädigungen des Fahrzeuges seien nicht auszuschliessen. Die junge Frau schluckte – wenn das ihr Vater, dem der Honda ja gehörte, wüsste ... Und ich bedauerte die beiden glücklich Verliebten, die aus ihrer polnischer Reisekasse für das Öffnen ihres Autos den Gegenwert eines Monatsgehaltes bezahlen sollten. Nein, das darf nicht sein. Ich fragte die nette Honda-Dame, ob es denn eine preiswertere Möglichkeit gebe? Ja, ich solle es doch beim ADAC versuchen, der tut so etwas kostenlos. Das war ein Lichtblick! Seit über 30 Jahren bin ich da Mitglied, das müsste funktionieren, und dazu vielleicht sogar kostenlos! Sofort suchte ich im Telefonbuch den ADAC heraus. Die leicht zu merkende Nummer 0180 und siebenmal die Zwei werde ich sicher längere Zeit nicht vergessen. Es meldete sich die ADAC-Zentrale und versprach, mir einen Fahrer des Kölner Pannendienstes zu schicken. Sie notierte meine Telefonnummer, fand mich in ihrem Computer – meine Mitgliedskarte hatte ich natürlich nicht bei mir – und wir sollten auf den Rückruf des Kölner Pannendienstes warten. Voller Hoffnung setzten wir uns in das Wohnzimmer, dessen geöffnete Balkontür den Blick auf die Strasse freigab, und warteten auf den Rückruf.
Es dauerte ziemlich lange, bis wir auf der gegenüberliegenden Strassenseite einen gelben Wagen mit der schwarzen Aufschrift ADAC erkannten. Nanu, es hatte doch keiner angerufen?
Wir gingen hinunter, und es stellte sich heraus, dass meine Telefonnummer falsch durchgegeben worden war. Nun, wir freuten uns, dass der Fachmann da war, und dieser begann auch gleich mit hölzernen und aufblasbaren Spreizwerkzeugen den Raum zwischen Fensterscheibe und Blechwand so weit zu öffnen, dass er mit einem langen, an beiden Enden gebogenen Stahldraht hinein langen und nach einem Ansatzpunkt suchen konnte, über den er den Verriegelungshebel anzuheben und damit zu öffnen hoffte. Aber vergeblich. Die hohe Diebstahlrate im Europa nach der Wende hatte es mit sich gebracht, dass ernsthafte Autokonstrukteure gegen unkonventionelle Öffnungsversuche der Türen sich so einiges haben einfallen lassen! Sehr zu unserem augenblicklichen Leidwesen: die Metallplatte vor dem Verriegelungsmechanismus vereitelte jeden Versuch, an diesen selbst heran zu kommen! Der gute Mann vom ADAC musste schliesslich nach mehr als vierzig Minuten vergeblichen Bemühens aufgeben. Auch er tat mir leid wie jeder Fachmann, der helfen will und doch kein Erfolgserlebnis für sich buchen kann. Sein letzter Rat war, das grosse Fenster einzuschlagen, den Rucksack heraus zu nehmen und mit dem darin befindlichen Schlüssel die Wagentüre zu öffnen.
Unsere arme Katharina war dem Weinen nahe; wenn das ihr Vater wüsste ...
Der ADAC-Mann war auch bereit, gegen Unterschrift das grosse Fenster einzuschlagen. Auf meinen Hinweis, durch das kleine, festsitzende dreieckige Fenster dahinter könne man den Rucksack doch auch erreichen, meinte er, sicher ist sicher, denn an den Rändern des einzuschlagenden kleinen Fensters könnte man sich schwer verletzen, wenn man die Hand bis zum Arm durchstecke. Mir schwebte ein Handtuch vor, mit dem man den Arm ja doch einwickeln könne, und für meine armen Polen geisterte in meinem Hinterkopf dazu die Erwägung, das kleine, fest sitzende Fenster sei doch gewiss in der Neuanschaffung und Montage wesentlich billiger als das grosse Kurbelfenster. Aber beides würde sicher mehr als 150,- DM plus 16 % Mehrwertsteuer kosten. So entschloss ich mich ad hoc für die Honda-Leute, bedankte mich beim erfolglosen ADAC-Mann und unterschrieb seinen Bericht.
Niedergeschlagen folgten mir meine polnischen Freunde zurück in die Wohnung, wo ich erneut die nette Honda-Dame anrief. Unterdessen war es schon etwa 22.30 Uhr geworden. In welcher Verfassung sich die polnischen Deutschlandtouristen mit Schweizer Ziel befanden, die ja seit 5 Uhr morgens unterwegs waren, kann man sich leicht vorstellen. Und dazu die trüben Aussichten mit dem Verlust von DM 150,- oder mehr. Ja, und leider wurden diese Befürchtungen mehr als bestätigt. Die nette Honda-Dame schlug vor, den Wagen am nächsten Morgen abzuschleppen und dann in der Werkstatt zu versuchen, das Fenster fachmännisch einschlagen zu lassen, wenn es auf unkonventionellem Wege auch nicht geöffnet werden könne. Schöne Aussichten, denn mit Abschleppen, Fenster einschlagen – oder auch nicht – und dann Fenster erneuern wären es dann summa summarum etwa drei polnische Monatsgehälter geworden!
Ich dankte der Dame – und sagte, ich werde morgen anrufen. Ich hatte nämlich plötzlich eine grossartige Idee: Ich hole selbst von daheim einen grossen, schweren Hammer und mehrere Zangen, um nach dem selbst durchgeführten Vandalenakt – natürlich am kleinen Fenster! -- die Splitter aus dem Dichtungsgummi entfernen zu können, wir holen den Rucksack und aus diesem den Schlüssel heraus, leeren den Wagen und fahren ihn in die dunkle, tief gelegene Einfahrt, wo er dann über Nacht sicher und von Dieben unbemerkt stehen kann. Dadurch wird das Abschleppen erspart, und die Gäste kommen noch diese Nacht zu ihren Schlafanzügen!
Meine grossartige Idee erntete gedämpften Beifall, und schon schwang ich mich auf das Fahrrad und fuhr die zwei Querstrassen zurück zu meiner Wohnung. Aus meiner eigenen Garage holte ich einen schweren Hammer und mehrere Zangen – und da fiel mir ein, dass die armen Polen in der seit mehreren Wochen unbewohnten Wohnung auf der Xantener Strasse ja nichts zu essen hatten. Schnell ging ich hoch in unsere Küche, packte Brot, Butter, Tomaten und Paprika in die Plastiktüte zum Einbruchwerkzeug, und schon düste ich per Fahrrad zurück zur Xantener Strasse.
In der Wohnung warteten die todmüden Gäste auf mich, ich nickte ihnen optimistisch zu und ging mit Konstantin und dem grossen Hammer hinunter zum armen Honda. Die junge Frau weinte fast – wenn das ihr Vater wüsste ...
Ja, der Mensch denkt (und macht viele Dummheiten) und Gott lenkt. Und diese göttliche Führung sollte ich gleich darauf – wie schon so viele Male in meinem Leben – wieder einmal erfahren dürfen.
Das Haus auf der Xantener Strasse ist ein Eckhaus, und davor steht eine Ampelanlage. Als Konstantin und ich mit dem grossen Hammer aus dem Haus traten, stand vor der roten Ampel ein kleiner gelber Abschleppwagen mit der schwarzen Aufschrift ADAC. Das rechte Fenster offen. Einer Momenteingabe folgend trat ich zu dieser späten Stunde an das offene Autofenster und fragte den Fahrer, ob er uns nicht helfen könne, den Honda ...
Oh ja, er werde es versuchen, sagte der gute Mann, fuhr seinen gelben Abschleppwagen zur Seite und brachte fast das gleiche „Einbruchswerkzeug“ wie sein gelber Vorgänger. Nach dem ebenfalls vergeblichen Versuch an der Fahrertüre sagt er lakonisch: „Dann müsste es an der Hintertüre gehen, denn die hat keine elektrischen Fensterheber, dies Fenster öffne ich an seiner Kurbel.“ Und das Wunder geschah: nach weniger als fünf Minuten war das Fenster herunter gekurbelt, der Rucksack gab seinen Schlüssel her, mit diesem wurde die Vordertüre geöffnet und so weiter und so fort.
„Sie sind ein wahrer gelber Engel“ sagte ich zu dem ADAC-Mann, und Konstantin holte in seiner Freude zwei Flaschen besten polnischen Biers aus dem nun geöffneten Honda, wofür sich der „Gelbe Engel“ herzlich bedankte.
Mir wurde sofort bewusst: Hätte ich nicht Käse, Brot, Tomaten und Paprika zusätzlich aus meiner Wohnung geholt, wäre ich mindestens fünf Minuten eher auf der Xantener Strasse gewesen und hätte den wahren rettenden Engel nie an der Ampel angetroffen.
Zu Elisabeth sagte ich noch: „Das junge Paar ist sichtlich froh über so glückliche ,Zufälle' – wir beide wissen es besser ...“
Dies ist eine wahre Geschichte und hat sich zugetragen in Köln am 9. Juli 1999.

Dr. G. Reissenberger


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"