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Religion - Christentum - Reinkarnation

Reaktionen von Michael Gerloff und J. Konrad zu einem Beitrag von W. Hagemann, erschienen in der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr. 2/2004, S. 53-61.
Anmerkungen des Erfassers stehen in [ ]-Klammern.

Reaktion zum Beitrag "Reinkarnation" von W. Hagemann in WB 1/04

von Michael Gerloff, D-Wangelnstedt

Die Reinkarnation ist wahrscheinlich weder die Regel noch die Ausnahme, sondern erfolgt gemäss göttlicher Gesetze wohl nur nach Bedarf. Anscheinend ist der während eines Menschenlebens erreichte Entwicklungsstand der Seele nach dem Ablegen des materiellen Körpers ausschlaggebend, um eine oder mehrere Reinkarnationen in der Lebensschule des menschlichen Daseins erfolgen zu lassen. Demnach ist das Ziel der Reinkarnation, der Seele eine erneute Lebens(freiheits)probe in einem fleischlichen Körper zu ermöglichen, um sie erneut zu einer Aufnahme höherer Erkenntnisse zu bewegen. Hierbei ist sie dann erneut allen Anfechtungen und Versuchungen des materiellen Lebens ausgesetzt, um somit über den eigenen freien Willen den richtigen oder falschen Lebensweg für sich zu ergründen.

Bereits in den altertümlichen Schriften des Judentums, der Kabbala (1), ist der nachfolgende Hinweis zur Reinkarnation überliefert. Dort heisst es: "Die Seele ist unsterblich, aber sie erreicht das himmlische Glück erst dann, wenn sie vollkommen geworden ist. Und zur Erreichung dieses Ziels, um einen geistig-sittlichen Vervollkommnungsprozess durchzumachen, ist die aufeinanderfolgende Verpflanzung der Seele in mehrere Körper nötig. Der mit einer materiellen Hülle bekleidete Mensch, der jetzt den von der Materie abhängigen Leidenschaften unterworfen ist, soll freiwillig und vollkommen frei seinen ursprünglichen Zustand wiederfinden."

Aus einer weiteren altjüdischen Schrift ergeht eine Warnung an diejenigen, die sich im Streit mit einem Mitmenschen befinden. (Anm. – Es ist mir gegenwärtig leider nicht möglich, diese Textstelle mit einem Quellennachweis zu belegen.) Dort heisst es sinngemäss: "Befindest du dich in einem Streit mit einem Kontrahenten, so halte dich mit allem zurück, was über die Sache hinausgeht. Stirbt dein Streitgegner vor dir, kann dich der Zorn treffen, indem er dir als dein eigen Fleisch und Blut als Nachkomme wiedergeboren wird. Damit sorgst du selbst für das Übel in deinem Haus".

Einen sehr umfangreichen Aufschluss mit befriedigenden Antworten zu Karma und Reinkarnation, der Seelenwanderung, der Weiterreifung einer Seele in der geistigen Welt, der Wiederverkörperung auf stofflicher Ebene und dem von Reinkarnationskritikern immer wieder hervorgehobene Verlust des Rückerinnerungsvermögens, liefert das Gr. Evangelium von Jacob Lorber (2). Von einem interessierten Leser muss sicherlich die Akzeptanz der Quelle vorausgesetzt werden. Jacob Lorber galt als christlicher Mystiker und Prophet; er war ein Schreibknecht Gottes.

Es mag zutreffend sein, dass die christlichen Kirchen die Reinkarnationslehre ablehnen und dabei auf das Erlösungswerk Jesus Christus verweisen, wie es dem Artikel im Wegbegleiter 1/2004, S. 48 zu entnehmen ist. Dieser Verweis christlicher Kirchen auf das Erlösungswerk Jesus Christus setzt jedoch voraus, dass ein Mensch zu Lebzeiten eben genau dieses erbrachte Erlösungswerk auch tatsächlich angenommen hat.

Jeder Mensch muss für sich persönlich ein Glaubensbekenntnis erlangt und die daraus resultierende Heilsgewissheit für sich erfahren haben. Dazu zählt das Erkennen seiner menschlichen und gedanklichen Verfehlungen im Rahmen der Gewissenserforschung, die Busse, oder anders ausgedrückt, die Umkehr, Reue und Neuausrichtung in seinem Sinneswandel, sowie die damit einhergehende Wiedergeburt seines Geistes. Er wird ein anders denkender und handelnder Mensch. Das Festhalten an Jesus Christus im Gebet und Glauben, wird zur neuen Lebensausrichtung, und bildet das Fundament für seine individuelle Seligkeitsstufe.

Was ist aber mit allen anderen Menschen die dieses hohe Ziel, aus welchen Gründen auch immer, zu Lebzeiten nicht erreichen? Könnte es nicht sein, dass hier erneut Gottes Liebe mit Seinem Heils- u. Erlösungsplan greift und den "reuigen Sündern" im Jenseits – sowie den in jungen Jahren verstorbenen Kindern – eine weitere Chance zur Weiterentwicklung ihrer Seele bietet? Könnte es nicht sein, dass genau an dieser Stelle die Reinkarnation ein weiterer Baustein zum Wohle der gestrauchelten Seele im Haushaltsplan Gottes ist?

Aus den Lorber-Evangelien geht hervor "...dass im Seelenbildungsplan die Einfleischung in einen menschlichen Körper die Abkürzung auf einem grossen Seelenvollendungsweg ist", und "...wenn eine (reuige) Seele ihren Zustand erkennt und Gott bittet, noch einmal eine Lebensfreiheitsprobe in der Lebensschule, also in Menschengestalt hier auf Erden, zu absolvieren ... um bei Erfolg einen glücklicheren Seligkeitszustand in der jenseitigen Welt zu erfahren", weshalb sollte sich dann der göttliche Wille der Reinkarnation verschliessen und von vornherein unmöglich machen?

Abschliessend folgt noch eine in der Literatur belegte Textstelle, die sich auf eine angekündigte und im späteren Verlauf der Schilderung eingetretene Inkarnation bezieht. Aus diesem Text resultiert kein wissenschaftlicher Beweis, welcher die Reinkarnationslehre bestätigt. Die akribische Genauigkeit sämtlicher in diesem Buch wiedergegebenen Forschungsergebnisse lassen diese Aussagen in ihrem gesamten Zusammenhang jedoch glaubwürdig erscheinen. Im Zweifelsfall hätte der Verfasser bestimmt auf eine Veröffentlichung dieser Textstellen verzichtet, um nicht seine eigene Glaubwürdigkeit und die seines Buches zu untergraben.

In dem Buch "Die Phantome von Kopenhagen" (3) beschreibt Dr. Hans Gerloff Materialisationsphänomene, die durch das Medium Einer Nielsen hervorgebracht werden. (Anm. i. eigener Sache: Es handelt sich um eine zufällige Namensgleichheit. Eine eigens angestellte Recherche zu einem evtl. bestehenden Verwandtschaftsverhältnis bestätigte sich nicht.) Diese Phantome hat der Verfasser unter sehr strengen wissenschaftlichen Bedingungen erforscht, studiert und veröffentlicht.

Auf Seite 137 wird von einer im Jahr 1918 durchgeführten Materialisationssitzung berichtet, bei der das Mädchen Kate und ein Junge, der sich Bruno nannte, erschienen. Bei dieser und anderen Sitzungen sprach Kate oftmals von ihrer bald kommenden Inkarnation auf Erden. Es tat ihr sehr leid, dass sie die Geisterwelt verlassen sollte, aber wie sie sagte, wäre es doch das Beste für sie, ein neues Erdenleben aufzunehmen.

Ein anwesender Teilnehmer fragte sie, ob sie nicht bei ihm inkarniert werden wolle, er würde froh sein, ein so süsses kleines Mädchen zu bekommen, zumal er sie schon als Geist kennengelernt habe. Kate antwortete, sie glaube nicht, dass sich das machen liesse, und er müsste dann darauf vorbereitet sein, wenn sie käme, dass sie auch Bruno mitbringen würde, denn sie sollten beide als Bruder und Schwester einander durch das Erdenleben folgen. Eines Abends bei einer späteren Sitzung materialisierte sich Kate und kam sehr ernst aus dem Kabinett, und der Leiter des Kreises fragte nach dem Grund. "Ich komme, um Lebewohl zu sagen, in fünf Monaten soll ich bei Einer Nielsen (dem Medium) inkarniert werden", sagte sie. Die anwesenden Sitzungsteilnehmer glaubten diese Aussage nicht und hielten sie für einen Scherz. Darauf liess Kate sie verstehen, dass sie es im Ernst gesagt habe und das es wirklich wahr sei. Dann sagte sie Lebewohl und dematerialisierte sich. Wie sie es gesagt hatte, so geschah es; fünf Monate später bekam die Familie Einer Nielsen ihr Erstgeborenes, ein süsses kleines Mädchen von sechs Pfund, bei der Taufe erhielt sie den Namen Kate. Fast dasselbe wiederholte sich ein Jahr später. Diesmal war es Bruno, der sich in einer Sitzung materialisierte, um von dem Kreis der Sitzungsteilnehmer Abschied zu nehmen, weil er bei Einer Nielsen inkarniert werden sollte. Fünf Monate später stellte sich bei Einer Nielsen der Nachwuchs ein, ein kleiner Junge, der Bruno getauft wurde. Einer Nielsen gab an, nie Zweifel gehabt zu haben, dass es eben dieselben Geisterkinder waren, die in seinem Heim geboren wurden. Er glaubte ihren Charakter von damals zu erkennen, als sie in den Sitzungen erschienen.

Nicht uninteressant ist die auf Seite 216 nachzulesende Aussage des bei den Sitzungen erscheinenden Kontrollgeistes des Mediums Einer Nielsen mit dem Namen Mica. Nach Micas Angabe hat seine letzte Inkarnation 400 Jahre vor Chr. stattgefunden, wo er Priester in einem indischen Kultus war. Jetzt ist er Priester in der geistigen Welt und Lehrer an einer grossen Akademie (Fortbildungsstätten dieser Art werden in der Jenseitsliteratur häufiger beschrieben (4)), wo Einer Nielsen vor seiner jetzigen Inkarnation bereits sein Schüler war. In dem Buch schildert das Medium Einer Nielsen auf S. 165 eine weitere aufschlussreiche Begebenheit zu seiner eigenen Reinkarnation, und die einer noch bevorstehenden eines jenseitigen geistigen Freundes mit dem Namen "Gerhard". Er schreibt folgendes:

Eines Abends sass ich nach einer erlittenen Enttäuschung sehr müde an meinem Schreibtisch, als Mica neben mir stand und sprach: "Diese Nacht will ich Deine Seele freimachen, und zusammen mit mir sollst Du in das Reich der Geister wandern. Da sollst Du Dinge sehen, die Dir erklären werden, warum Du eine so grosse strenge Aufgabe auf Erden hast." Ich ging sofort zu Bett und fiel schnell in Schlaf. Wie lange ich geschlafen habe, weiss ich nicht, plötzlich aber, so erinnere ich mich, sah ich wieder Mica. Ich vergesse nie, was ich jetzt erzählen will. Viele werden sagen, es ist ein Traum gewesen. Aber es war kein Traum, sondern eine wirkliche Befreiung des Geistes (von jetzt an befindet sich Einer Nielsen nicht in einem wachen, sondern in einem somnambulen schlafwachen, tranceähnlichen Zustand, indem sein Geist auf Reisen geht. Um seinen Lebensweg gestärkt fortzusetzen und einen Erlebnisbericht als Zeugnis abzugeben, behält er nach dem Erwachen sein Rückerinnerungsvermögen). Mit unfassbarer Eile fuhren wir durch den Raum, ich sah nichts, empfand nur die Schnelligkeit, bis wir plötzlich hielten und uns auf dem Rasen vor einem grossen Haus befanden. "Dies ist die Universität", sagte Mica, "hier unterweise ich alle, die in ihrem nächsten Erdenleben die Aufgabe als Geistesarbeiter aufnehmen sollen. Du selbst bist mein Schüler in diesem Haus gewesen und hast gewünscht, als Medium hinabzugehen, und auf Deine eigene Bitte wurde ich Dein Führer".

Wir gingen hinein, und nun war es, als würde ein Schleier von meinen Augen genommen: Ich erkannte alles wieder, den Klassenraum, das Wohnzimmer und die Schlafräume, ja sogar einzelne von meinen Kameraden aus jener Zeit kamen mir freudestrahlend entgegen. Einer von ihnen war mein besonders guter Freund gewesen, und als ich inkarniert werden sollte, hatten wir oft davon gesprochen, wie es wohl werden würde, wenn die Erinnerung an unser damaliges Leben vollständig verloren wäre. Und Gerhard, so hiess er, hatte geantwortet: "Ich will in deinen schweren Stunden kommen und Dir unsichtbar zur Seite stehen und das Wort 'Treue' zuflüstern". Mica stand in der ganzen Zeit dabei und sprach: "Gerhard, Du vergisst, von Deinem bald bevorstehenden Erdenleben zu erzählen. Hättest Du nicht Lust, Deinem Freunde etwas davon zu zeigen?" Gerhard war froh und dankte Mica, und dieser führte uns nun beide zur Erde hinab in eine kleine Hütte, wo zwei junge neuvermählte Menschen wohnten. Die Frau war schwanger (es sollten dies die zukünftigen Eltern des Gerhard sein). Als wir da standen und all die Armut beobachteten, sah ich zu Gerhard hin. Er war bleich, sehr bleich, und es schien mir, als hätte er schon begonnen, an den Leib der Mutter geknüpft zu werden. Mica betete, als Gerhard plötzlich schrie: Mica, hilf mir! Mach mich noch eine kurze Weile frei, ich vermag es nicht selbst!"

Langsam entfernten wir uns alle drei. Während wir so gingen, dachte ich an Micas Worte, die er uns in seiner Schule gelehrt hatte: "Der Geist wird an den Leib der Mutter geknüpft, sobald die Frucht beginnt, Leben zu bekommen! Je mehr die Zeit naht, desto schwerer empfindet es der Geist, sich von seinem Ort loszureissen." –

Ja, es war ein schweres Leben, das Gerhard vor sich hatte, und als wir voneinander scheiden mussten, wussten wir, dass wir uns für viele Jahre nicht mehr sehen würden. "Du musst nun wieder zurück", sagte Mica. "Ich habe Dir dieses Erlebnis geschenkt, damit Du Dich froh fühlen sollst statt traurig" (es folgte die Rückführung in den materiellen Körper).

Ergänzend zur vorstehenden Aussage 'Der Geist wird an den Leib der Mutter geknüpft, sobald die Frucht beginnt, Leben zu bekommen...' sei an dieser Stelle zum besseren Verständnis noch ein sehr alter Text einer apokryphen Schrift hinzugefügt. Daraus geht hervor, wann eine Geistseele dem noch im Mutterleib befindlichen Kindskörper beigegeben wird. Es heisst bei Paul Riessler (5):

Da sagte Gott: "Hör, Esdras, mein Geliebter! So wie der Landmann Brotfrucht in die Erde streut, so senkt der Mann auch seinen Samen in des Weibes Land. Im ersten (Schwangerschaftsmonat) ist's noch ganz beisammen; im zweiten krümmt es sich; im dritten wird's behaart; im vierten wachsen Nägel; im fünften nährt es sich von Milch; im sechsten wird es fertig und bekommt die Seele; im siebten wird es völlig ausgestattet; (der achte Monat ist ausgelassen) im neunten öffnen sich des Muttermundes Riegel – es kommt gesund zur Welt".

Eine grundsätzliche Aussage, die bei Abtreibungsbefürwortern und Gegnern gleichermassen für nicht unerheblichen Argumentationszündstoff sorgen dürfte, sofern sie glaubhaft aufgefasst wird.

Weiteren Aufschluss zur Inkarnation und deren Grundlagen, kann jeder Interessierte dem Buch von Dozent Karl Nowotny (6) entnehmen. Das Copyright erlaubt es nicht, innerhalb dieses Rahmens aus dem Buch zu zitieren, weshalb an dieser Stelle lediglich der Literaturhinweis erfolgt.

Das Fazit aus diesen religiösen und parapsychologischen Literaturquellen zur Frage der Reinkarnation möge sich nun jeder Leser/in unter Berücksichtigung anderer Aussagen zu dieser Thematik selbst erschliessen.

Michael Gerloff, D-Wangelnstedt


Quellennachweis:

(1) Julius Nestler, "Kabbala, jüdische Geheimlehre" , 1903, S. 18 u. S. 143

(2) Jacob Lorber, Gr. Evangelium Bd. 6, Kap. 61 u. 65.2, Bd. 8 u. 9 und Dr. Walter Lutz, "Grundfragen des Lebens"

(3) Dr. Hans Gerloff, "Die Phantome von Kopenhagen, Materialisation, Das Medium Einer Nielsen", 1955, S. 137, S. 165 u. S. 216

(4) Josef Schmid, "Reisen in den Mond, in mehrere Sterne u. die Sonne – der Philippine Demuth Bäurle", Göppingen 1920

(5) Paul Riessler, "Altjüdisches Schrifttum", 1927, S. 133

(6) Dozent Karl Nowotny, "Mediale Schriften – Mitteilungen eines Arztes aus dem Jenseits", 1989, Bd. 1, Kap. 3


Reaktion zum Beitrag "Reinkarnation" von W. Hagemann in WB 1/04

von J. Konrad, D-Behlingen

In seinem letzten Absatz weist Herr Hagemann auf die "Jenseitsmitteilungen" hin, welche für die "Wahrscheinlichkeit" der Reinkarnation sprechen. Man sollte dabei aber nicht übersehen, dass es andererseits auch Mitteilungen aus dem Jenseits gibt, in denen das Gegenteil behauptet wird. Offensichtlich herrscht auch unter den Geistwesen in dieser Frage keine einhellige Meinung. Ein krasses Beispiel möchte ich hier anführen. Es zeigt, dass Vorstellungen und Überzeugungen, die man sich auf Erden zu eigen gemacht hat, im "Leben danach" ihre Fortsetzung finden, doch nicht "für immer und ewig". Sie können korrigiert werden, falls der Betreffende bereit ist, sich von anderen Geistern belehren zu lassen. Wir finden den Bericht unter anderen ähnlichen Fällen in dem Buch: "30 Jahre unter den Toten", Seite 431, geschrieben von dem Psychiater C. Wickland, dem seine eigene Frau als Medium diente. Bei Frau Wickland meldete sich eines Tages ein Geistwesen, das nach seinen eigenen Angaben im Erdenleben die berühmte Theosophin H. P. Blavatsky (1831-1891) war. Frau Blavatsky hatte ja, wie man weiss, zeitlebens in Büchern und Vorträgen usw. die "Wahrheit" der Reinkarnation verkündet. Nach ihrem irdischen Ableben wurde sie anscheinend eines Besseren belehrt. Sie fühlte sich dann alsbald gedrängt, für die "Wahrheit" zu zeugen und so den Irrtum, den sie auf Erden verbreitet hatte, wieder gutzumachen. Dieser Widerruf füllt zwei Buchseiten. Wir lesen da unter anderem, dass es zur jenseitigen Weiterentwicklung nicht notwendig ist, abermals Mensch zu werden:

"Die Wiederverkörperungslehre ist eine Irrlehre!!! Ich wollte das zuerst nicht glauben. Die Geister sagten mir hier in der geistigen Welt, dass man sich gar nicht Wiederverkörpern könne. Ich habe dennoch immer wieder versucht zurückzukehren, um Mensch zu werden, aber es ist mir nicht gelungen. Wir können uns nicht Wiederverkörpern. Wir gehen vorwärts, kehren aber nicht wieder zurück. Was sollte man auch noch einmal auf der Erde, nachdem man hier in der Geisterwelt schon Erfahrungen gemacht und Erkenntnisse gewonnen hat, die sich unaufhörlich erweitern. Das irdische Leben ist doch nur eine Vorschule." und "Wenn wir von der geistigen Welt her irdische Erfahrungen machen wollen, glauben Sie, wir müssten uns dazu Wiederverkörpern? Nein, das haben wir nicht nötig." und zum Schluss: "Nein, Wiederverkörperung gibt es nicht! Ich habe daran geglaubt, habe sie gelehrt und war mir dessen sicher, dass ich wiederkommen und als irgendein Mensch noch einmal auf Erden leben würde. Und doch wird das nicht geschehen. Ich kann ja auch hier weit mehr Gutes schaffen. Wenn mich danach verlangt, bei der Bekehrungsarbeit zu helfen oder sonst etwas Gutes zu tun, dann gehe ich hinab in die Erdsphäre, wo sich die Geister in aller Art Elend befinden. Ich predige ihnen und belehre sie und gebe mir alle Mühe, sie aus ihren verkehrten Vorstellungen zu befreien. Darin finde ich eine Aufgabe, die mich befriedigt."

Auch als "Geistwesen" kann man also weiterhin unter die Menschen treten, um noch etwas zu lernen oder versäumte Erfahrungen nachzuholen. Die Befürworter der klassischen Reinkarnations-Theorie befinden sich demnach in einem nicht unerheblichen Irrtum, wenn sie meinen, man könne nur durch Wiedergeburt vorwärts kommen und man werde so oft wieder Mensch, bis man einen Entwicklungsstand erreicht hat, der weitere Inkarnationen überflüssig macht. Ich frage mich, was denn ein erneutes Erdenleben für die Höherentwicklung bringen soll, wenn der Wiedergeborene keine Rückerinnerung hat und keine Ahnung davon, dass er schon öfter da war und weswegen er (wieder) da ist. Wenn er von all dem nichts weiss, dann macht er doch die gleichen Fehler immer wieder und fängt immer wieder bei Null an. Frau Blavatsky, die selbst in gewissem Masse medial war, beteuerte immer wieder, sich an ihre früheren Erdenleben zurückerinnern zu können. Sie war fest davon überzeugt, schon öfter dagewesen zu sein. Im Nachhinein stellte sich dann heraus, dass sie einer Täuschung erlegen war. Wie diese Täuschung zustande kam, beschrieb sie in ihrer "Richtigstellung" mit folgenden Worten:

"Es war mir so, als könnte ich mich weit in meine Vergangenheit zurückerinnern, als hätte ich eine Erinnerung an alle meine vergangenen Leben. Doch darin täuschte ich mich. Erinnerungen an "vergangene Leben" werden durch Geister hervorgerufen, die dem Menschen gedankliche Vorstellungen beibringen, in denen sie ihr eigenes vergangenes Erdenleben darstellen. Ein Geist beeindruckt den Menschen mit den Erfahrungen seiner Erdentage. Diese werden dem Menschen so tief eingeprägt, als hätte er sie selbst erlebt. Man glaubt dann steif und fest, es seien Erinnerungen an die eigene Vergangenheit."

Wie man hier sehen kann, ist es weder richtig noch falsch, wenn manche sensitiven Leute (z.B. die Autorin Sylvia Wallimann) behaupten, sie könnten sich an ihre früheren Leben erinnern. Es wird nur die Ursache solcher Erinnerungen falsch gedeutet. Der Irrtum liegt darin, dass es sich nicht um die eigene Vergangenheit handelt. Nun wird von den Anhängern der Reinkarnations-Idee gesagt, die Frage, warum es den einen gut und den anderen schlecht geht, könne nur mit der Wiedergeburtslehre beantwortet werden und, aufgrund der göttlichen Gerechtigkeit, würden wir im jetzigen Leben das ernten, was wir in früheren Leben gesät haben. Im Klartext hiesse das, die Schicksalsschläge, die wir jetzt erleiden, sind die Folge und ausgleichende Gerechtigkeit für Vergehen, deren wir uns in früheren Leben schuldig gemacht haben. Doch diese Frage lässt sich auch aus der Sicht der christlichen Religion beantworten, ( z.B. Jesus: "Wer mein Jünger sein will, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach"). Denkbar wäre auch, dass wir mit irdischem Leid unsere Urschuld (Erbsünde) büssen, unseren "Abfall" von Gott. Im übrigen muss man ja nach orthodoxer Lehre im Jenseits "auslöffeln", was man sich auf Erden "eingebrockt" hat. Von Läuterungs-Sphären (Fegefeuer) ist da die Rede, in denen die Reumütigen Sünde und Schuld abtragen können.

Es gibt bis jetzt keine festen Beweise, weder für noch gegen die Reinkarnation. Wir befassen uns da also nur mit Spekulationen. Ich könnte mich mit der Vorstellung vertraut machen, dass bloss "Versager", das heisst Kandidaten der "Hölle", als "Gnadenakt Gottes" die Chance bekommen, wieder Mensch zu werden. Solche, für die es keine andere Möglichkeit mehr gibt, ihre Schuld zu tilgen und ihr Versagen rückgängig zu machen. Vorausgesetzt, sie wollen das. Ich glaube nicht, dass sie dazu gezwungen werden.

Aber ist der oder die Wiedergeborene überhaupt noch das selbe Wesen, das es vorher war? Ist es nicht so, dass auch unsere Körperstofflichkeit zu unserer Individualität beiträgt? Auch als Geistwesen haben wir doch Gestalt und Aussehen. Jeder, der uns auf Erden gekannt hat, wird uns im Jenseits wieder erkennen. Die Geister sind doch nicht nur formlose "Bewusstseinspunkte". Auch der Körper nimmt am weiteren Leben teil. Er wird zu einem "überirdischen, geistigen Leib" (1. Kor. 15,44) umgewandelt und mit Geist und Seele zu einer Einheit verschmolzen. Auch nachdem wir unseren Erdenkörper abgelegt haben, bestehen wir noch aus Geist, Seele und Leib. "Die Geistigkeit durchdringt auch den Körper des Menschen, der ein integrierender Bestandteil seiner Person ist, und erobert ihn für die Ewigkeit" schreibt Nikolai Berdiajew in seinem Buch "Geist und Wirklichkeit". In dieser Hinsicht kann es eine wiederholte Einkörperung ohne gleichzeitigen Verlust der persönlichen Individualität nicht geben. Unser Ziel muss es also sein, die Notwendigkeit einer Wiedereinkörperung zu vermeiden und so zu leben, dass wir ohne eine solche unser vorgegebenes Ziel erreichen. Gottes Weisheit kennt bestimmt bessere Mittel und Wege, uns zur Vollkommenheit zu führen, als uns wieder und wieder auf die Erde zu versetzen, wo wir jedesmal wieder von vorne anfangen müssen.


[ Anm.d.Erf.: Der Beitrag, von dem in obigen beiden Reaktionen die Rede ist, lässt sich abrufen unter Beitrag "Reinkarnation" von W. Hagemann im Wegbegleiter 1/2004, S. 48 ]


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"