[ Startseite ]  -   [ Wegbegleiter ]  -   [ Zurück ]  -   [ Weiter ]  -   Download -  Kontakt

Religion - Christentum - Reinkarnation

Beitrag von Wilhelm Hagemann, erschienen in der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr. 1/2004, S. 48-51.

Reinkarnation: Antwort auf die Wiedergeburtsfrage

von Wilhelm Hagemann

red. Wir danken Herrn Hagemann für die Überlassung des nachfolgenden Beitrags. Wie immer sind unsere Leser aufgefordert, Meinungen, Ergänzungen und/oder Kommentare hierzu an den Verlag zu senden.

Soll man an die Wiedergeburt glauben? Leben wir öfter als nur einmal? Warum können wir uns nicht an ein früheres Erdenleben erinnern? Gibt uns die Bibel Hinweise auf ein wiederholtes Erdenleben? Warum lehnen die christlichen Kirchen die Reinkarnation ab? Vor allem diese Fragen sollen hier beantwortet werden. Die Meinung, dass das Erdenleben des Menschen in einem einzigen Dasein begrenzt ist, wird vorwiegend im Christentum vertreten. Bei den Gläubigen des Buddhismus und Hinduismus ist die Reinkarnation der Mittelpunkt ihrer Glaubenswelt. Dieser Glaube bestand weltweit schon in vorchristlicher Zeit und war auch im Urchristentum zu finden. Die Vorstellung der Wiederverkörperung ist für viele Menschen aus moralischer und intellektueller Sicht akzeptabler als ein göttliches Schiedsgericht nach einem einzigen Leben. Warum Wiederverkörperung?

Die Anhänger der Wiedergeburtslehre meinen, unser Leben habe keinen Sinn, wenn es nur auf ein paar Jahre des Erdendaseins begrenzt wäre. Sie betrachten die Wiederverkörperung der Seele als eine gute und gerechte Lösung. Wenn wir akzeptieren, dass wir Menschen nicht nur einmal, sondern mehrmals auf Erden leben, werden Schicksalsschläge eines Menschen verständlich.

Bei der Wiederverkörperung hat unsere Seele schon einen langen Entwicklungsgang hinter sich gebracht. Unsere Fehler und Schwächen sind uns nicht als Erbe von unseren Eltern oder durch Zufall in die Wiege gelegt worden, sondern sind das Ergebnis unserer Handlungen im vorhergehenden oder in mehreren vorhergehenden Leben. Mit anderen Worten: In unserem jetzigen Leben ernten wir das, was wir in einem früheren gesät haben. Und der Mensch kann eine Schuld, die er sich in einem Leben aufgeladen hat, im nächsten tilgen. Wiederverkörperung bedeutet, dass der Mensch immer wieder in einem neuen Körper auf Erden erscheint, so lange, bis er das von unserem Schöpfer festgesetzte "Klassenziel" (die höchste Vollendung) erreicht hat.

Seele und Bewusstsein

Ein wichtiges Argument, das von der Wissenschaft gegen die Wiederverkörperung vorgebracht wird, ist die fehlende Erinnerung der Menschen an das frühere Erdenleben. Ausserdem meint die Naturwissenschaft, das Bewusstsein eines Menschen könne nicht in einem anderen Körper wiederaufleben, weil es untrennbar mit dem Gehirn des Menschen zusammenhänge und auch das Gehirn nach dem Tode zu Staub zerfalle. Von den Anhängern der Wiedergeburtslehre wird dieses bestritten. Seit Urzeiten ging man davon aus, dass das menschliche Bewusstsein keine körperliche Eigenschaft ist, sondern eine Eigenschaft der unsterblichen Seele. Bei allen Völkern, auch bei solchen mit einer sehr niedrigen Kulturstufe, ist die Ansicht vertreten, dass die Seele auch nach dem Tode eines Menschen ihre Individualität bewahrt.

Bei den religiös ausgerichteten Menschen besteht weitgehend Einigkeit im Glauben an die Existenz einer unsterblichen Seele. Von den Anhängern der Wiedergeburtslehre wird folgende Meinung vertreten: Die Seele ist ein inkarnierter nicht-materieller Geist, und Geist und Seele bilden eine Einheit im menschlichen Körper. Seele und Geist sind das Nichtmaterielle und Individuelle, das im Menschen wohnt, den Körper belebt und überlebt.

Die nicht-materielle Seele des Menschen wird nicht bei jeder Geburt neu geschaffen, sondern sie besteht schon seit ewigen Zeiten. Die Theologie des Christentums dagegen meint, bei jeder Geburt werde durch das Eingreifen Gottes eine neue Seele geschaffen. Wäre das wirklich so, warum dann die Ungerechtigkeiten bei den Geburten? Weshalb diese Unterschiede: der eine Mensch ist reich, der andere ohne die Möglichkeit eines Strebens nach einer sicheren Existenz; der eine ist hochbegabt gegenüber dem völlig Unbegabten. Weshalb werden neue Seelen in Hungergebiete oder in eine furchtbare Kriegsregion hineingeboren? Wo wäre da die göttliche Gerechtigkeit? Zu dem Unterschied bei den Geburten verweisen die Kirchen oft auf das spätere Leben im "Reich Gottes", das einen Ausgleich für das erlittene Unrecht gebe.

Hinweise in der Bibel

Es gibt einige Stellen in der Bibel, die sich auf die Reinkarnation beziehen. Dass Jesus mit der Reinkarnation vertraut war, geht aus Johannes 9,2 hervor. Die Jünger Jesu wollten wissen, weshalb ein Mensch, den sie im Vorübergehen gesehen hatten, blind auf die Welt gekommen sei, und sie fragten Jesus: "Meister, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren ist?" Nach dieser Frage hielten es die Jünger für möglich, dass der blindgeborene Mann für die in einem früheren Leben begangenen Sünden mit der Blindheit im gegenwärtigen Leben bestraft werden konnte.

Christentum und Reinkarnation

Im Urchristentum gab es überzeugte Anhänger der Reinkarnation. Origenes (ca. 185-254 n.Chr.), einer der gebildetsten der griechischen Kirchenväter, hat die Reinkarnation mit grosser Überzeugung gelehrt. Seit dem 6. Jahrhundert haben die Kirchen damit begonnen, die Reinkarnationslehre auszurotten. Auf den Konzilen von Konstantinopel in den Jahren 543 und 553 wurde die Wiedergeburtslehre für Christen für alle Zeit verboten.

Dennoch hat es im Christentum weiterhin Menschen gegeben, die den Glauben an die Wiedergeburt offen vertreten haben. Zu den mutigsten Männern, die sich öffentlich zum Reinkarnationsglauben bekannten, gehörte der italienische Philosoph Giordano Bruno (1548-1600), ein ehemaliger Dominikanermönch. Er wurde am 17. Februar 1600 unter den Augen des Papstes und in Gegenwart von 50 Kardinälen in Rom auf einem Scheiterhaufen verbrannt, weil er nach siebenjähriger Kerkerhaft sich weigerte, seine philosophischen Lehren zu widerrufen. Er hatte behauptet, der Weltraum sei unendlich und es gebe eine Wiedergeburt des Menschen.

Auch heute noch wird die Reinkarnation von den christlichen Kirchen mit Entschiedenheit abgelehnt. Sie gehen davon aus, dass Gott uns durch seinen Sohn von allen Sünden erlöst habe und deshalb die Reinkarnation mit der christlichen Lehre unvereinbar sei.

Wissenschaftliche Untersuchungen

Professor Dr. Ian Stevenson, ein prominenter amerikanischer Reinkarnationsforscher, hat bisher fast 600 Fälle, die für die Wiederverkörperungshypothese sprechen, registriert und davon rund 200 Fälle erforscht. Er hat hauptsächlich Fälle untersucht, in denen Kinder sich an ein früheres Leben erinnerten. Kinder haben, wie er berichtet, genau den Weg zu ihrem früheren Zuhause beschrieben, ihre früheren Verwandten wiedererkannt und auch über intimste Details aus ihrem früheren Leben berichtet.

Den eindrucksvollsten Beweis, der eine Wiedergeburt nahe legt, sieht Professor Stevenson darin, wenn "angeborene Entstellungen oder Muttermale" vorliegen, die bei den früheren und jetzigen Personen übereinstimmen. Ein Fall, in dem ein Kind behauptete, in seinem früheren Leben durch einen Mord zu Tode gekommen zu sein, war bei der wissenschaftlichen Untersuchung besonders aufschlussreich.

Professor Stevenson hat in seinem Buch "Reinkarnation" (3) 20 Wiedergeburtsfälle, die er persönlich erforscht hat, beschrieben. Er ist der Meinung, dass diese Fälle die Reinkarnation nahe legen, aber nicht beweisen. Ausserdem meinte er, die Wissenschaft werde wahrscheinlich nie zwingende Beweise für die Reinkarnation finden, könne andererseits aber auch nicht beweisen, dass es keine Reinkarnation gibt.

Schlusswort

Es gibt eindeutige Jenseitsmitteilungen zur Wiederverkörperungshypothese in den Büchern von Bernhard Forsboom (1) und Johannes Greber (2). Ich bin der Meinung, dass trotz fehlender wissenschaftlicher Beweise die Wahrscheinlichkeit für die Reinkarnation spricht.


Literatur

(1) FORSBOOM, Bernhard: "Das Buch Emanuel", Drei Eichen Verlag, München 1982

(2) GREBER, Johannes: "Der Verkehr mit der Geisterwelt Gottes, seine Gesetze und sein Zweck, Selbsterlebnisse eines katholischen Geistlichen", USA 1985

(3) STEVENSON, Ian: "Reinkarnation. Der Mensch im Wandel von Tod und Wiedergeburt", Aurum Verlag, Freiburg 1976


[ Startseite ]  -   [ Wegbegleiter ]  -   [ Home ]  -   [ Zurück ]  -   [ Weiter ]  -  Download -  Kontakt

"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"