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Geisteswissenschaft - Philosophie / Psychologie
(Anm.d.Erf.: Der Artikel stammt von Dr. Beat Imhof aus der Zeitschrift "Wegbegleiter" vom November 1997, Nr. 6, II. Jahrgang, S. 263 ff.)

Was heisst positiv Denken?

Vor einiger Zeit fragte mich eine Frau am Telefon, was sie wohl tun könne, nachdem sie ständig von Mitmenschen hintergangen und schlechtgemacht werde, und wie sie sich dagegen wehren solle. Sie unterliess es aber nicht, mir zu versichern, dass sie positiv denke und auf dem esoterischen Weg sei. Nun, ich gab dieser Ratsuchenden zu verstehen, dass sie am besten gar nichts unternehme nach dem japanischen Sprichwort: "Ein echter Samurai siegt, ohne zu kämpfen." Geschehenlassen und zulassen, ohne sich zu wehren, ist oft die bessere Art positiven Denkens, als stets mit gleicher Münze heimzuzahlen. Die Stunde der Wahrheit kommt früher oder später für jeden. Sich so zu verhalten, ist gewiss nicht einfach, aber es ist bestimmt der Schlüssel zu einem ruhigen und friedvolleren Leben.
Wer positiv denken will, der sollte auch positiv reden, positiv handeln und positiv leben. Sonst ist das ganze Gerede vom "Positiven Denken" doch nichts weiter als leeres Getue und Geschwätz. Positiv denken heisst freilich nicht, sich selber etwas vormachen, einem "Tischlein-deck-dich-Denken" frönen, untätig an Wunder glauben und Illusionen nachjagen. Positiv denken heisst nicht, so tun, als würden wir in der besten aller Welten leben, heisst auch nicht, die Augen verschliessen vor Leid, Krankheit und Elend in dieser Welt. Positiv denken heisst nicht, Schweres leicht nehmen, heisst auch nicht, echte Trauer mit einem erzwungenen Lächeln überspielen, heisst auch nicht, Angst und Sorge verdrängen. Damit würden wir uns selber belügen.
Positiv denken heisst vielmehr, dem Leben, so wie es ist, geradewegs ins Angesicht sehen und wissen, dass alles in dieser Welt einen doppelgesichtigen Januskopf trägt, also eine Lichtseite und eine Schattenseite hat. Positiv denken heisst, sich in Gedanken unentwegt auf die Sonnenseite des Lebens stellen und versuchen, allem Geschehen einen guten Sinn abzugewinnen. Positiv denken heisst, an den guten Sinn eines jeden Geschehens glauben. Wir beachten doch allzusehr nur das Vordergründige und Naheliegende. Das Sinnvolle liegt zumeist im Verborgenen, so wie die Saat in der Ackerfurche. Es braucht seine Zeit, bis das keimende Leben sich regt. Deshalb heisst positiv denken auch: Geduld haben und an den guten Ausgang der Dinge glauben, voller Zuversicht und Hoffnung. Positiv denken heisst vor allem: in sich und um sich eine wohlwollende und liebende Einstellung allen Wesen gegenüber entwickeln. Denn auf die Dauer bringt nur dies jene innere Zufriedenheit und jenes Glücksgefühl, nach dem wir uns alle sehnen. Äussere Erfolge sind nicht von Dauer, wenn nicht zuerst die inneren Voraussetzungen hierfür geschaffen werden.
Vor einigen Jahren begegnete mir in einem Kurs ein Mann, der sich nach meinem Vortrag zu Wort meldete und erklärte, seit gut zehn Jahren habe er nun getreu und gewissenhaft versucht, eine positive Einstellung zu gewinnen, indem er jeden Morgen und jeden Abend zwanzig Mal die bekannte Suggestionsformel laut vor sich hin sprach: "Es geht mir jeden Tag in jeder Hinsicht immer besser und besser." Nun aber habe er diese Erfolgsübung aufgegeben, denn sie habe ihm doch nichts gebracht. Recht enttäuscht fügte er bei: "Ich habe immer noch den gleichen Arbeitsplatz, den gleichen Lohn, die gleiche Wohnung, und meine Frau kocht nicht besser." [Fussnote ausgelassen]
Nun, etwas Gutes, falsch oder schlecht angewandt, kann geradezu das Gegenteil bewirken. Statt sich zu fragen: "Was bringt mir das?" wäre es sinnvoller zu fragen: Was bringe ich dabei ein? Was kann ich dazu beitragen, dass es mit dem Arbeitsplatz, dem Lohn, mit der Wohnung und mit der Kochkunst meiner Frau besser stimmt? Solange ich den Erfolg lediglich von aussen erwarte, warte ich umsonst. Hätte jener Kursteilnehmer sich bei seiner täglichen suggestiven Übung lebhaft vorgestellt, wie es ihm in seinem eigenen Denken und Fühlen am gleichen Arbeitsplatz, beim gleichen Lohn, in der gleichen Wohnung und bei gleicher Kost tatsächlich von Tag zu Tag besser geht, er wäre bestimmt schrittweise zufriedener, einsatzfreudiger und umgänglicher geworden. Und eines Tages wäre vielleicht sein Chef zu ihm gekommen und hätte ihm gesagt: "Seit längerer Zeit habe ich Sie beobachtet, und ich stelle fest, dass Sie sich in den letzten Jahren zum Positiven entwickelt haben. Ich bin mit Ihren Leistungen und mit Ihrem Verhalten wirklich zufrieden. Daher habe ich beschlossen, Sie auf Beginn des kommenden Jahres zu befördern." Nun wird jener Mann einen besseren Arbeitsplatz erhalten, sein Gehalt wird steigen, jetzt mag er sich eine bessere Wohnung leisten, und seiner Frau wird er ein grösseres Haushaltsgeld geben können, damit sie besser kochen kann.
Das Positive, der Erfolg, das Glück ist immer da. Wir müssen ihm aber das Tor zu unserer Seele öffnen, denn dort allein kann es sich verwirklichen. Die Türe zum Lebenserfolg und zum Lebensglück geht stets nach innen auf!
Als eine Art Wegleitung hierzu empfehle ich, die nachstehenden "Zehn Regeln zu positiver Aufbauarbeit" zu beachten und zu befolgen: [ Im Original sind die folgenden Regeln kursiv geschrieben. ]

1. Denke immer und überall, dass alles was ist, an sich gut ist. Nur dessen Missbrauch ist schädlich und verwerflich. Glaube deshalb an das Gute im Menschen und in der Welt, und versuche dieses zu mehren durch eigenes Gutsein. Sage Dir immer wieder: In den Augen der Guten ist auch die Welt gut.

2. Mache Dir den Gedanken zu eigen: Alles wird gut für den, der das Gute will. Bemühe Dich daher, überall das Gute, Edle und Schöne zu schaffen, indem Du es Dir vorstellst, anstrebst und willst.

3. Widerfährt Dir etwas Unangenehmes, Widerwärtiges oder Erschwerendes, denke jeweils mit gutem Vertauen auf die Sinnhaftigkeit jeden Geschehens: Wer weiss, wozu das gut ist.

4. Nimm Dir jeden Tag vor, wenigstens einem Lebewesen in der ganzen Welt eine stille Freude zu bereiten. Das kann eine Pflanze, ein Tier, aber auch ein Mensch sein. Und Du wirst beglückt erfahren: die Freude, die Du anderen schenkst, kehrt in Dein eigenes Herz zurück

5. Achte und befolge stets die Mahnung: Was du nicht willst, das man dir antut, das füge auch keinem anderen zu; was Du aber von den anderen erwartest, das tue zuerst selber.

6. Mache Dir in allen Lebenslagen den Grundsatz zu eigen: Nicht mitzuhassen, sondern mitzulieben bin ich da. Jedes kleinste Licht von Güte, Menschlichkeit und Wohlwollen ist stärker als die grösste Finsternis, verursacht durch böswilliges und negatives Denken.

7. Sei bestrebt, sonnenseitig zu leben, und wisse, dass ausnahmslos alles seine zwei Seiten hat. Wo Licht ist, ist immer auch Schatten. Stelle Dich unentwegt auf die Licht- und Sonnenseite des Lebens und bejahe freudig die bevorzugte Stellung, die Dir auf diese Weise zukommt. Sollte das Leben aber in diesem oder jenem Bereich zu Dir nein sagen, dann sage auch zu diesem Nein ja.

8. Durch Dein Denken schaffst Du selber jene inneren Bedingungen, in denen Du lebst, denn so, wie Du denkst, so bist Du. Nach dem Gesetz: "Gleiches zieht Gleiches an" bist Du selber verantwortlich, ob Dir Gutes oder Böses geschieht, denn was zu Dir gehört, das kommt dir zu.

9. Sei dankbar für alles, was du bist und hast, und nimm dies nicht als selbstverständlich oder zufällig hin. Du hast ehemals Dein Schicksal freiwillig gewählt, also steh jetzt zu Deiner Wahl und erkenne darin den Weg zu Deiner geistigen Entwicklung. Sei zufrieden mit Deinem Geschick und Leben nach dem Grundsatz: Wenn man nicht hat, was man liebt, muss man lieben, was man hat.

10. Nimm also Dein Leben, wie es ist, und trachte danach, das Beste aus ihm zu machen. Erliege aber nicht der Illusion, Du wärst hier auf dieser Erde, um es Dir möglichst leicht und schön zu machen, denn dann hättest Du Dich im Planeten geirrt. Unser Leben ist kein Aufenthalt in einem Lustgarten oder Vergnügungspark. Vielmehr befinden wir uns hier in einer Lernschule. Nur wer sich bemüht um sein Weiterkommen und die gestellten Prüfungen besteht, der kann von Klasse zu Klasse höhersteigen und zur geistigen Reife gelangen. Die anderen werden sitzenbleiben und müssen wiederholen. Bemühe Dich also um eine positive Einstellung allen Anforderungen des Schicksals gegenüber, denn nur durch diese kommst Du wirklich voran.

Dr. Beat Imhof


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Letzte Änderung am 29. Juli 2000