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Grenzwissenschaften, Nahtod-Forschung

Artikel von Thomas Faltin (Stuttgarter Zeitung) und Claus Speer (Arbeitskreises Origenes), erschienen in der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr. 3/2005, S. 60-67.

Wunderbare Landschaften jenseits des Tunnels

Nach einer Nahtoderfahrung sind Menschen oft davon überzeugt, dass die Seele weiterleben wird. –
Die Forschung tut sich mit Erklärungen schwer.

Von Thomas Faltin, aus der Stuttgarter Zeitung vom 30. Juli 2005

Aus dem dunklen Nichtsein des Komas heraus war Nada Eberhart plötzlich erwacht. Sie schwebte zwei Meter über ihrem Körper und sah sich selbst elend und blass im Krankenbett liegen. Ihr erster Gedanke, der ihr damals im November 1995 in der Heidelberger Uniklinik durch den Kopf schoss, war dieser: „Jetzt also sterbe ich.“ Dann erfasste ein Sog jenen Teil von ihr, der da fliegen konnte, Zeit und Raum verloren all ihre Bedeutung, und sie wurde durch einen Tunnel in ein unendlich beglückendes Licht hineingezogen. Noch heute, zehn Jahre nach dem Erlebnis, ergreift ein inneres Feuer die 51-jährige Pforzheimerin, wenn sie von der ersten ihrer zwei Nahtoderfahrungen nach einer Hirnblutung erzählt: „Ich wurde eins mit dem Licht, und plötzlich wusste ich über alles Bescheid.“

Tunnel, Licht, Glückseligkeit – diese Motive sind mittlerweile fast Teil eines Alltagswissens über das Sterben geworden, seit der amerikanische Arzt Raymond Moody im Jahr 1975 die ersten Berichte von Nahtoderfahrungen veröffentlichte. Seither erliegen auch in Deutschland immer mehr Menschen der Faszination der Nahtoderfahrungen – vielleicht, weil viele auf der Suche nach Sinn sind und sich die "Berichte aus dem Jenseits" leicht in ein esoterisches Weltbild einbauen lassen. Vielleicht aber auch, weil manche Zeugnisse selbst mit wissenschaftlichen Argumenten bisher nicht zu entkräften sind. Dabei liegen sechzig grosse Studien mit 3000 Fällen vor.

Die Wirklichkeit der Nahtoderfahrungen ist jedoch kompliziert. Das beginnt damit, dass die Menschen nicht einmal annähernd dasselbe erlebten: Vielmehr wandeln sich Nahtoderfahrungen stark, in historischer wie kultureller Perspektive. Im europäischen Mittelalter zum Beispiel herrschten laut den Berichten aus Klöstern Visionen der Hölle und des Letzten Gerichtes vor. Hieronymus Boschs Gemälde legen eindrücklich Zeugnis von diesen vom Schrecken geprägten Jenseitsvorstellungen ab. Dagegen wird sich ein Buddhist heute in einem Garten mit Lotusblüten wiederfinden, während der Mitteleuropäer eine herrliche Berglandschaft betritt Klar ist: die Kultur und das eigene Denken prägen die Bilder einer Nahtoderfahrung.

Viele Betroffene berichten von einem Gefühl der Ruhe

Der Konstanzer Soziologe Hubert Knoblauch will sogar festgestellt haben, dass selbst Ost- und Westdeutsche Unterschiedliches erleben: Während Westdeutsche häufiger von einer "himmlischen Welt" berichteten, fühlten sich Ostdeutsche öfter elend und sahen seltener das goldene Licht. Sowieso ist dies ein bisher ungeklärtes Phänomen: Etwa ein Zehntel aller Rückkehrer schauten in ihrer Nahtoderfahrung keineswegs das "Paradies", sondern wurden gegen ihren Willen ins Dunkle geschleppt, von Dämonen heimgesucht, in ewige Verzweiflung gestürzt. Der Tod als schönstes Erlebnis – es ist nicht garantiert.

Trotz dieser Abweichungen sind die meisten Forscher überzeugt, dass es letztlich eine gemeinsame Grundstruktur der Nahtoderfahrungen gibt. Die kulturell bedingten Bilder seien die Sprache des Erlebten, die Inhalte aber gehörten einer universellen Erfahrung an. Diese Universalität ist so eine der Besonderheiten der Nahtoderfahrungen: Während Träume eine gewisse Beliebigkeit besitzen, tauchen bei Nahtoderfahrungen immer dieselben Elemente auf, auch wenn der einzelne "Grenzgänger" nicht alle Elemente erlebt.

Der Psychiater Schröter-Kunhardt, der in Deutschland als führender Nahtodforscher gilt, hat 230 Fälle ausgewertet und festgestellt, dass das „Gefühl der Ruhe, des Friedens und des Wohlbefindens“ am häufigsten auftritt. 89 Prozent aller Menschen mit einer Nahtoderfahrung berichten davon. Immerhin drei Viertel haben das helle Licht wahrgenommen; 61 Prozent sahen sich selbst ausserhalb ihres Körpers; die Hälfte hat auch einen Tunnel passiert. Häufig betreten die Menschen nach dem Tunnel eine wunderschöne Landschaft, wo sie verstorbenen Verwandten oder geistigen Lehrern begegnen.

Weniger oft läuft bei den Menschen ein Lebensfilm ab – meist ist er dann mit einer "unendlich objektiven" Bewertung des eigenen Lebens verbunden: „Jeder ist im Tod sein eigener Richter“, glaubt Nada Eberhart, „und man spürt die Schmerzen, die man anderen zugefügt hat.“ Gemeinsam ist vielen Nahtoderfahrungen auch, dass die Menschen gegen ihren Willen zurück ins Leben müssen: Das Gefühl des Friedens sei so schön, dass man leicht sein altes Leben zurücklassen könne, sagen viele. Dennoch kommen viele Menschen zurück, wie auch Nada Eberhart. „Ich konnte meinen kleinen Sohn doch nicht alleine lassen“, sagt sie. Andere geben an, sie seien von Verwandten oder einer höheren Macht zurückgeschickt worden mit den Worten: „Du hast noch eine Aufgabe im Leben.“
Überhaupt ist dies das zweite Faszinosum der Nahtoderfahrungen: Die Menschen erleben sie als absolut real und lehnen jede rein diesseitige Erklärung vehement ab. Und die Wirkung der Erlebnisse ist oft so stark, dass die Rückkehrer ihr Leben verändern. Mehr als achtzig Prozent, sagt selbst der skeptische Hubert Knoblauch, entwickeln die Überzeugung, dass ihr Leben wertvoll sei. Die Mehrheit ist anschliessend auch von der Existenz übersinnlicher Mächte überzeugt. Und viele beginnen, sich sozial zu engagieren.

Auch den ehemaligen Bundeswehroffizier Alois Serwaty, der sich selbst als "Kopfmensch" bezeichnet, hat sein Nahtoderlebnis nicht kalt gelassen. Er sagt: „Es wird bei allen eine leise Schwingung der Seele sichtbar.“ Das geht häufig so weit, dass die Menschen die Angst vor dem Tod ganz verlieren. Nada Eberhart beispielsweise ist seither überzeugt, dass es ein Leben nach dem Tod gibt – aus diesem Vertrauen zieht sie ihre Lebenskraft: „Ich weiss, dass mir im Grunde nichts passieren kann.“ Die 51-Jährige hat sich nach ihren zwei Erlebnissen von einer überzeugten Atheistin zur gläubigen Frau gewandelt.

Solche Auslegungen gehen vielen Nahtodforschern aber viel zu weit. Denn es gibt eine zentrale Beobachtung, die gegen die Annahme spricht, dass die Menschen ins Jenseits geblickt hätten: Nach Knoblauchs Untersuchung dürften nur zwei Drittel der befragten Menschen in realer Lebensgefahr gewesen sein. Tatsächlich kommen Nahtoderfahrungen auch bei grossem Stress oder in tiefer Meditation vor. Mittlerweile haben Mediziner sogar herausgefunden, dass die elektrische Stimulierung des Temporallappens im Gehirn zu Nahtoderlebnissen führen kann. Sitzt dort also das finale Programm, das in Krisen abgespult wird, um dem Menschen Schmerz und auch Angst zu nehmen – ein psychologischer Trick des Gehirns, eine Täuschung der Seele im vermeintlichen Angesicht des Todes?

So lautet tatsächlich eine jener Theorien, die von rein diesseitigen und deshalb irgendwann auch erklärbaren Prozessen im Gehirn ausgehen. Neben dieser psychologischen Erklärung gibt es mehrere Ansätze, die auf den Erkenntnissen von Biochemie und Neurochirurgie beruhen. So könnten Endorphine in kritischer Lage ausgeschüttet werden und das Glücksgefühl der Menschen erzeugen. Daneben vermuten manche Mediziner, dass ein Mangel an Sauerstoff im Gehirn, wie er in lebensbedrohlichen Situationen fast immer vorkommt, der Auslöser sein könnte.

Tatsächlich sind laut Knoblauch schon in den 1940er Jahren psychiatrischen Patienten Sauerstoff-Kohlendioxid-Mischungen verabreicht worden, woraufhin diese Menschen Lichter gesehen und die Erfahrung der Ausserkörperlichkeit gemacht haben. „Das Ergebnis ist für alle, die Nahtoderfahrungen für etwas Besonderes hielten, desillusionierend“, resümiert Knoblauch. Nahtoderfahrungen könnten also nichts anderes sein als ein letztes Aufbäumen der Neuronen.

Und dennoch lassen sich einige Beobachtungen rein wissenschaftlich nicht erklären – vor allem die übersinnlich anmutenden Berichte vieler Betroffener. Sie erzählen davon, wie sie Orte aufgesucht und Gegenstände gesehen haben, die selbst ein euphorisiertes Gehirn schlicht nicht wahrnehmen konnte. So hat Alois Serwaty während einer Herzkatheteruntersuchung seinen Körper verlassen, und dabei ist ihm kurioserweise das Typenschild eines medizinischen Gerätes aufgefallen. Nach der Operation sprach er den Arzt darauf an: „Mir wurde bestätigt, dass es für den Patienten unmöglich gewesen sei, dieses Gerät während des Eingriffes zu sehen.“

Auch eine Frau, die während der Geburt des dritten Kindes fast gestorben wäre, berichtet Unglaubliches: Sie sei zu ihren zwei Kindern "gegangen" und habe sie gefragt, ob sie sie alleine lassen könne – ein Sohn befand sich 400 Kilometer entfernt in einem Ferienheim an der Nordsee. Später konnte die Frau zur Verblüffung ihres Sohnes exakt beschreiben, wo er im Moment ihres "Todes" sass und wie man auf sein Zimmer gelangte. Dabei war sie nie zuvor in diesem Heim gewesen.

Gewissermassen als Mittler zwischen naturwissenschaftlicher und religiöser Erklärung hat Michael Schröter-Kunhardt deshalb seine Theorie einer "Simulation des Jenseits" aufgestellt. Der Psychiater ist überzeugt, dass Nahtoderfahrungen rein diesseitige Prozesse im Gehirn sind. Doch die Inhalte verwiesen auf jene andere Welt hinter der Schwelle des Todes: „Der Glaube an ein Leben nach dem Tod ist biologisch programmiert“, sagt er. Der Mensch hat seiner Ansicht nach also nicht die Religion erfunden, um das Wissen um den Tod erträglicher zu machen, sondern die Religion sei von Anfang an im Menschen angelegt gewesen. Schröter-Kunhardt sieht so „Grund zur Euphorie“ für alle Menschen. Allerdings warnt der Psychiater davor, die Nahtoderfahrungen als direkte Wirklichkeit zu begreifen, wie es viele Betroffene tun würden: Er jedenfalls könne sich nicht vorstellen, dass alle Menschen nach dem Tod für immer im seligen göttlichen Licht aufgingen – ein Mörder könne doch nicht ebenso erlöst werden wie ein Heiliger. Doch mit solchen Spekulationen verlässt Michael Schröter-Kunhardt, der Mitglied der Neuapostolischen Kirche ist, wissentlich die Ebene des Forschers und vermittelt seine Sicht als Christ. Es könne für ihn eher sein, dass der Mensch im Sterben seinem göttlichen Anteil begegne und ihm offenbart werde, was er hätte erreichen können. Dann aber sinke jeder auf sein früheres Niveau zurück: „Es gibt nicht für jeden ein Happy End.“

Eine ähnliche Position nehmen auch viele Theologen ein, wie Werner Thiede, der lange die Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen in Stuttgart geleitet hat. Seiner Meinung nach sei ein Leben nach dem Tod damit zwar nicht bewiesen, aber die Hoffnung darauf könne ernst genommen werden: „Es ist ein Ahnen und Erspüren, was sein wird; es ist ein Schimmer durch den Vorhang.“ Als Christ kann er aber auch nicht glauben, dass die Seele direkt Vollendung erreiche. Doch „Gott fängt die Seele auf“.

Den Gegenpart zu den diesseitigen Interpretationsansätzen bilden viele spirituell-esoterische Philosophien: Für sie ist mit den Nahtodberichten bewiesen, dass der Tod nur der Übergang in eine andere, höhere Sphäre ist – so wie die Raupe irgendwann ihren Kokon verlässt und zum Schmetterling wird. Diese Spiritualisten leiten teilweise aus den Nahtoderfahrungen eigene Heilslehren ab. An vorderster Stelle stand dabei die 2004 verstorbene Elisabeth Kübler-Ross, die in den sechziger Jahren die moderne Sterbeforschung begründet hatte, sich aber in späteren Jahren ganz der Esoterik zuwandte. Für Kübler-Ross waren die Nahtoderfahrungen schlicht der seit Jahrtausenden gesuchte Beweis für die Existenz des einzigen Gottes.

Doch letztlich ist beim heutigen Stand der Forschung nur eines bewiesen: dass fast nichts Definitives über die Bedeutung der Nahtoderfahrungen gesagt werden kann – dabei dürften nach Knoblauchs Schätzungen allein in Deutschland 3,3 Millionen Menschen ein solches Erlebnis gehabt haben. Doch trotz oder gerade wegen dieser fehlenden Beweise folgen viele Menschen Kübler-Ross' Lehren, weil sie sich nach Gewissheit sehnen – oder weil sie, wie Nada Eberhart, Gewissheit haben. Auch Alois Serwaty lässt sein Erlebnis nicht mehr los; er gründete 2004 eine Gruppe, die den Dialog zwischen Wissenschaft und Betroffenen fördern will.

Auch er ist überzeugt: „Es liegt eine Riesensprengkraft in diesen Erfahrungen.“ Denn wenn eines Tages bewiesen wäre, dass es ein Leben nach dem Tod gäbe, dann würde sich die Welt von Grund auf verändern. Die Urangst vor dem Tod wäre verschwunden. Niemand könnte mehr Böses tun, ohne die Folgen zu fürchten. Jeder Verzweifelte könnte hoffen, zumindest im Jenseits Gerechtigkeit zu erhalten. Und Menschen, die um ihre Liebsten trauern, könnten sich auf ein Wiedersehen freuen – die alten Grundsätze der Weltreligionen wären eine Tatsache. Diesen revolutionären Schritt vom Glauben zum Wissen erträumen sich viele. Doch vermutlich wird man ihn nie vollziehen.

Kommt man dem Rätsel im Aufwachraum auf die Spur?

Dennoch plädiert Michael Schröter-Kunhardt dafür, die Forschung zu intensivieren, weil hier der Schlüssel zur Deutung des Menschen liegen könne. Eine Möglichkeit, den Schleier ein wenig beiseite zu schieben, könnte für Schröter-Kunhardt sein, über längere Zeit in der Aufwachstation einer grossen Klinik alle Patienten nach eventuellen Nahtoderfahrungen zu befragen – zunächst übersinnlich erscheinende Erlebnisse in der Ausserkörperlichkeit könnten dann sofort auf ihre Richtigkeit hin geprüft werden. Bisher stösst Schröter-Kunhardt mit seinem Forschungsvorhaben aber auf Ablehnung: Viele Ärzte wollten sich nicht mit dem Thema beschäftigen, weil die Berichte nicht in ihr materialistisches Weltbild passten.

In Grossbritannien dagegen hat man jetzt in einem Operationssaal auf eine Lampe Zahlen geschrieben, die nur von oben zu lesen sind. Könnte ein Patient die Zahlen nennen, wäre bewiesen, dass sein Geist unter der Decke geschwebt haben muss. Doch Alois Serwaty ist skeptisch: „Das Bewusstsein lässt sich nicht lenken. Es wäre purer Zufall, wenn sich jemand die Zahlen merken würde.“

Weiterführende Literatur findet sich unter www.netzwerk-nahtoderfahrung.de

Alois Serwaty: „Ewiges Glück“

„Bei einer Herzkatheteruntersuchung fühlte ich mich plötzlich ausserhalb meines Körpers halbhoch im Raum schweben und beobachtete die Bemühungen der Ärzte. Zunächst war aber Verwirrung in mir. ‚Bist du nun tot, oder was ist passiert?' Diese Verwirrung wich jedoch bald einer grossen Gelassenheit. Das Gefühl, den eigenen Körper abgelegt zu haben, war ungeheuer befriedigend. Ich fühlte mich ruhig, befreit, zufrieden und zutiefst glücklich und wünschte mir diesen Zustand bis in alle Ewigkeit. Plötzlich hatte ich den Eindruck, wieder 'auf dem Boden' in meinem Körper zu sein. Dies bereitete mir einiges Unbehagen. Wenig später trat der Zustand des Friedens erneut ein. Ich erinnere mich, den Körper erneut wie einen Mantel abgelegt zu haben und über allem geschwebt zu sein. Dabei war ich nicht körperlos, sondern ein anderer, leichterer, 'geistiger' Körper hatte von mir Besitz ergriffen. Ich war überzeugt, weiterzuleben, wie auch immer. Als ich wieder erwacht war, mass ich dem Erlebnis zunächst keine grosse Bedeutung bei. Später informierte mich der Arzt aber, dass es Komplikationen gegeben habe, nämlich zweimaliges Herzkammerflimmern.“

Nada Eberhart: „Hülle aus Licht“

„Es war etwa drei Monate nach meinem ersten Nahtoderlebnis: Ich stand mit sehr hohem Blutdruck auf, und mir war sehr schlecht. Eine Freundin sollte mich abholen, doch plötzlich brach ich im Haus zusammen. Ich schwebte zuerst unter der Decke, dann über dem Haus – und dann war ich bei meiner Freundin zu Hause, die sich gerade ankleidete. Danach fand ich mich bei meinem jüngeren Sohn im Klassenzimmer wieder, und wir unterhielten uns, ohne zu sprechen. Er hat gesagt: ,Guck, Mutti, ich bin da' – das war damals ein häufiger Spruch von ihm. Als Nächstes spürte ich einen Sog, der mich durch einen Tunnel zog, und ich begegnete dem Licht, das mich wie eine Schutzhülle umgab. Ein Gefühl erfüllte mich, das man mit irdischen Worten nicht beschreiben kann. Da waren auch wunderschöne Töne und Stimmen, und im Licht sah ich einige Gestalten, die mir gut waren. – Irgendwann aber traf meine Freundin bei mir ein und schüttelte mich. Ich wachte auf, und der herbeigerufene Notarzt wollte mich in eine Klinik einweisen. Aber mir ging es gut: Mein Hausarzt bestätigte, dass ich einen ganz niedrigen Blutdruck und einen ganz ruhigen Herzschlag hatte.“


Leserbrief des Arbeitskreises Origenes an den Autor Thomas Faltin

Von Claus Speer

Zu Ihrem Artikel möchte ich Ihnen gratulieren. Sie haben die heute vorherrschende Palette von Einstellungen zu den Nahtoderfahrungen sowohl seitens der Betroffenen selbst, als auch seitens derjenigen, die sich darüber Gedanken machen, umfassend und ausgewogen dargestellt. Sie haben auch die Widersprüchlichkeit zwischen den Erfahrungsberichten und deren Bewertungen nicht künstlich zu glätten versucht. Eine davon möchte ich besonders herausheben. Aus naturwissenschaftlicher Sicht wird versucht, alle Nahtoderfahrungen als rein hirnphysiologische Vorgänge zu interpretieren, ohne eine Erklärung dafür bieten zu können, wie Frau Eberharts zu den detailreichen Informationen über die Wohnung ihres Sohnes kommt, die sie nie gesehen hat oder Herr Servaty das Typenschild eines technischen Gerätes im OP-Saal korrekt wiedergeben konnte, obwohl er es mit menschlichen Augen nie gesehen hatte.

Ein weiterer Punkt ist der Versuch, Nahtoderfahrungen christlich zu deuten. Leider sind auch bei Ihnen die weitverbreiteten Berührungsängste mit dem Wort Esoterik ein wenig zu spüren. Um eine Antwort zu finden, genügt es aber auch, auf den ersten grossen Theologen der Christenheit zurückzugreifen. Origenes von Alexandrien (185-254) lehrte, dass alle menschlichen Seelen ursprünglich Bewohner der Lichtwelten waren, sich in die dortigen Regeln nicht einordnen wollten und sich nach und nach eigene Welten schufen. Ihre Abtrennung vom Urlicht ergab immer hässlichere und düstere Welten. Die Erde samt aller Sonnen und Galaxien ist ein von Gott geschaffener Schulungsbereich, in der die Seelen,  je nach deren Fortschritt, durch wenige oder auch viele Inkarnationen als Mensch, die nötige Reife wieder erlangen können, in die Lichtwelten zurückzukehren.

Alle mir bekannten Berichte über Nahtoderfahrungen, auch die ungewöhnlichsten, passen wie Puzzlestücke in dieses grosse Bild. Das Pikante daran ist, dass die Kirche dieses Bild im Konzil von Konstantinopel 553 zur Irrlehre erklärt und seither Origenes offiziell nicht mehr rehabilitiert hat. 

So bin ich wie Herr Servaty überzeugt, dass in der weiteren Beschäftigung mit Nahtoderfahrungen eine grosse Sprengkraft steckt, die in der Lage ist, sowohl das materialistisch-naturwissenschaftliche als auch das konservativ-christliche Weltbild aufzubrechen und auf ein neues und wieder (!) gemeinsames Fundament zu stellen.

Nochmals vielen Dank für den Artikel, der hoffentlich viele Leser berührt hat. (...)
Mit freundliche Grüssen, Arbeitskreis Origenes, Claus Speer
Website: www.origenes.de

(Red.: Auf der oben angegebenen Website sind auch andere lesenswerte Beiträge zur Nahtod-Diskussion zu finden. – T.F.)


(Red.: Lesen Sie auch den Kommentar von mir zu diesen Beiträgen.– T.F.)


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"