Antwort: Der Untertitel diese Buches lautet: "Bericht einer aussergewöhnlichen Nah-Todeserfahrung", mit einem Vorwort von Dr. Melvin Morse. Das machte mich neugierig, zumal wir Dr. Morse ausgezeichnete Mitteilungen in Bezug auf Nah-Todeserlebnisse verdanken: "Zum Licht. Was wir von Kindern lernen können, die dem Tod nahe waren" (Goldmann-Taschenbuch 12553) und "Verwandelt vom Licht. Über die transformierende Wirkung von Nah-Todeserfahrungen" (Knaur-Taschenbuch 86064).
Mein persönlicher Eindruck vom Buch der Frau Eadie ist sehr positiv, wiewohl mir die Aussergewöhnlichkeit ihres Berichtes nicht recht einleuchten will und ich wundere mich, dass Dr. Morse ihn so aussergewöhnlich findet. Positiv zu bewerten ist vor allem, dass der Gottglaube Frau Eadies durch ihre NTE unerschütterlich wurde und sie in ihrem Buch ein klares Bekenntnis für Christus ablegt.
Einzelne Aussagen sind freilich dazu angetan, die Weisung "Prüfet alles, und behalte das Gute" auch hier zu befolgen, so wie das bei der Beurteilung von medial empfangenen Mitteilungen unbedingt erforderlich ist. Frau Lehners Vermutung dürfte zutreffen, dass - wenn das NTE lange zurückliegt - sich unbewusst auch Eigenes in die Erinnerung mischen kann.
Andererseits können die Belehrungen durchaus so gegeben worden sein, aber so, wie viele der NTEler die erlebte Lichtgestalt als Jesus oder gar als Gott selbst empfinden, könnte es auch bei Frau Eadie gewesen sein. Sollte jene Lichtgestalt sich jedoch selber als "Gottvater" bezeichnet haben, so läge hier praktisch. dasselbe Phänomen wie bei den zahlreichen "Vatermedien" vor, die sich als auserwählte Werkzeuge Jesu oder Gottes empfinden.
Prinzipiell kommt es ja darauf an, was im einzelnen gesagt, und wie es dargeboten wird, in spürbarer Liebe oder etwa im Befehlston, ob in schwülstig-frommen Wortkaskaden mit zig Wiederholungen oder hochintellektuell, aber gemütlos (Seth, Vyvamus etc.) oder in Worten von schlichter Klarheit (Buch Emanuel, "Geist, Kraft, Stoff"). Frau Eadies Beweggründe zur Veröffentlichung ihres Erlebens sind zweifellos über jeden Verdacht der persönlichen Wichtigtuerei erhaben; dennoch wird sie es hoffentlich verstehen, dass viele ihrer Angaben reine Glaubenssache sind und nicht als unfehlbar aufgefasst werden können. So mutet es z. B. sehr kindlich an, Adam und Eva als historische Personen aufzufassen, und dass Eva unbedingt ein Kind hätte haben wollen (S. 125). Die Behauptung, die gesamte Menschheit in ihren rassischen Unterschiedlichkeiten stamme von einem Elternpaar ab, dürfte einer ernsthaften Erwägung ebensowenig wert sein wie der primitiv-materialistische Darwinismus. Aber, wie gesagt: In Glaubensdingen sollte jeder nach eigener Facon selig werden dürfen. Deswegen streiten zu wollen, ist unfruchtbar, denn "der Wissende streitet nicht, und wer streitet, weiss nichts".
R. P. [Rudolf Passian]
Letzte Änderung am 13. Mai 2000