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Bücher
(Anm.d.Erf.: Die Buchbesprechung stammt von der WB-Redaktion aus der Zeitschrift "Wegbegleiter" vom November 1997, Nr. 6, II. Jahrgang, S. 302 ff.)

Das Buch von Robert Kehl: 'Die Zeit ist reif für ein effizientes Völkerrecht'

Robert Kehl: "Die Zeit ist reif für ein effizientes Völkerrecht", Broschüre, 60 S., Hrsg. und Bezugsstelle: Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit, 1, Rue Varembé, Postfach 28, 1211 Genf, ISBN 3-952-107-0

Bei der vorliegenden Broschüre handelt es sich nicht um parapsychologische Literatur. Der Schweizer Rechtsanwalt Dr. jur. Robert Kehl, Jahrgang 1914, wendet sich mit seiner Schrift konsequent gegen den Krieg als Ausdruck politischer Machtbesessenheit. Dabei geht es ihm nicht um "Humanisierung" des Krieges, sondern um ein völkerrechtliches Verbot. "Naturkatastrophen, wie schwere Erdbeben, können zwar in den Auswirkungen ähnlich schlimm sein. Aber sie waren bis jetzt vorwiegend höhere Gewalt, auf Naturgesetze zurückzuführen, schicksalhafte Ereignisse. Heute werden sie zunehmend durch Einwirken des homo sapiens ausgelöst. Was aber im Krieg geschieht, auf den Schlachtfeldern, in denen Menschen von Mitmenschen geschlachtet werden, muss deshalb als noch viel grauenhafter empfunden werden, weil hier Brüder gegen Brüder in unsäglicher Blindwütigkeit einander niedermetzeln." (S. 9 -10) "Vielleicht hilft es, wenn wir uns vorstellen, der Friedhof für diese (Kriegs-) Toten hätte eine Ausdehnung von ca. 6800 Quadratkilometer oder wäre 43mal so gross wie das Fürstentum Liechtenstein! Und dann ist es gut, zu bedenken, was für eine entsetzliche Not bei jedem Toten und also bei 60 Millionen Menschen und deren Familien bestanden hat." (S. 11)
Dr. Kehl belässt es allerdings nicht beim Protestieren gegen die unvorstellbare Barbarei des Kriegsgeschehens, sondern begibt sich auf die Suche nach Ursachen für eine solche moralische Rückständigkeit, die einen Massenmord, wie ihn jeder Krieg darstellt, als legitimes und nicht strafbares "Konfliktlösungsmittel" toleriert. Er streift die Geschichte des Krieges und entdeckt dabei mythologische Wurzeln: stets waren es als Kriegsgötter personifizierte Wesenheiten, die den Völkern vorstanden und zu Sippenschlachten animierten. Heute werden diese "göttlichen Wesen" von unseren Staatsoberhäuptern abgelöst, welche den Soldaten zum für das Vaterland sterbenden Helden erklären und die Schlacht zum heiligen Akt. "Diese Tabuisierung, Sakralisierung und Mythologisierung des Krieges und der Kriegsherren und all dessen, was mit Militär und Krieg zu tun hat, muss überwunden, der Krieg entmythologisiert werden." (S. 25)
Als Scheinregelungen und Lippenbekenntnisse bezeichnet der Autor die Völkerbundssatzungen und die UNO-Charta und lässt in einem Zitat den spanischen Schriftsteller und Diplomaten Salvador de Madariaga y Rojo zu Wort kommen: "Die Schwäche der UNO beruht auf der Tatsache, dass ein Vegetarier-Verein nicht erfolgreich wirken kann, wenn einige der einflussreichsten Mitglieder des Vorstandes Metzger sind." (S. 34) So schlägt Dr. Kehl eine Demokratisierung der UNO-Struktur vor: Mitglieder der Voll- und Generalversammlung der UNO müssen von den Bürgern der betreffenden Länder demokratisch gewählt werden.
Schliesslich macht Dr. Kehl einige handfeste Vorschläge zu einer Reform der UNO in Form von 10 Artikeln, die an die aktuellen Artikel der Charta angelehnt sind. Darin geht es ihm z. B. um Einschränkung der Autonomie von Einzelstaaten im Kriegsfalle (Art. 1), um ein von der UNO erlassenes Föderationsgesetz zur Kontrolle über Produktion und Besitz von Waffen und anderem Kriegsmaterial (Art. 2), über die UNO als eine Art Föderativstaat mit eigenen Gewalten (Art. 6), etc.
Den Vertretern der Auffassung, Spiritualität führe zu Weltfremdheit und halte den Bürger von politischem Engagement ab, sei übrigens gesagt, dass es sich beim Verfasser dieser radikalen Forderungen um einen Idealisten handelt, der seine ethische und damit politische Motivation und Menschlichkeit aus einer zutiefst spirituellen Weltschau gewann. Es stimmt eben nicht, dass Religion "Opium fürs Volk" ist und die Eigenverantwortlichkeit des Menschen in der Vertröstung auf ein besseres, jenseitiges Leben lähmen muss!

WB-Redaktion


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Letzte Änderung am 11. Februar 2005