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Bücher
(Anm.d.Erf.: Die Buchbesprechung stammt aus der Zeitschrift "Wegbegleiter" vom Sept./Okt. 1999, Nr. 5, IV. Jahrgang, S. 347 ff.
Anmerkungen des Erfassers stehen in []-Klammern.)

Dr. jur. Robert Kehl, "Der Wandel im religiösen Denken"

Dr. jur. Robert KEHL, "Der Wandel im religiösen Denken". Band 1: Kirchenreform und Vergangenheitsbewältigung. 390 Seiten, Karlsruhe 1998 (ISBN 3-00-002393-3), DM/SFr 36,-. Zu beziehen bei Buchhandlung Orell-Füssli, Füsslistr. 4, 8001 Zürich [oder bei Frau Pia Oberacker, Amtshausstr. 3, D-76227 Karlsruhe.]

Dr. Robert Kehl gehört nicht nur zu den bekanntesten Schweizer Juristen (u.a. Oberrichter am Obergericht des Kantons Zürich, 10 Jahre Lehrbeauftragter an der Uni Zürich für den Bereich Eherecht, Verfasser juristischer Fach- und Lehrbücher), sondern erwarb sich einen fundierten Ruf auch als Religionswissenschaftler. Er ist Autor religionsphilosophischer, sexualethischer und völkerrechtlicher Schriften sowie eines Standardwerkes über würdiges Sterben und Sterbehilfe.
Kehl hat sich mit Religionsgeschichte, speziell der christlichen, gründlich befasst. Seine über Jahre erschienene Schriftenreihe "Universelle Religion" stellt dies zur Genüge unter Beweis. Im vorliegenden Buch sind die aussagekräftigsten seiner Arbeiten zusammengefasst: "Die Wahrheit über die Bibel"; "Jesus, der grösste Betrogene aller Zeiten?"; "Die Geheimnisse der Kirche"; "Ein sonderbarer Heiliger Geist - Die ersten fünf ökumenischen Konzilien" u.a. mehr.
Dem Autor geht es nicht ums Kritisieren um jeden Preis, wie dies z.B. bei Karlheinz DESCHNER offenkundig ist. Dr. Kehl geht es spürbar um echte Religion und um eine wahrhafte, d.h. gründliche Kirchenreform; eine längst überfällige Reform, die das Aufzeigen vergangener Fehlentwicklungen nicht scheut und die Konsequenzen daraus zieht.
Trotz der zunehmenden Kirchenaustritte trifft es nämlich keineswegs zu, dass "der moderne Mensch" nicht mehr religiös sei. Das religiöse Denken des modernen Menschen hat sich - soweit nicht bloss Gleichgültigkeit vorliegt - nur wesentlich verändert. Er ist immer weniger bereit, all das, was von den Kanzeln verkündet wird, gut- und blindgläubig als unumstössliche Wahrheit hinzunehmen.
Für den in seinem Gottglauben gefestigten Menschen ist Robert Kehls Buch nicht gedacht und auch nicht empfehlenswert, zumal die wenigsten zu unterscheiden wissen zwischen Kirche und Religion: "Kirche" stellt lediglich eine Organisationsform Gleichgesinnter dar, deren Funktionäre irrende und mit Unzulänglichkeiten behaftete Menschen sind. Zudem kann man Theologie studieren, Religion hingegen nicht; sie ist nicht erlernbar, sondern nur erfahrbar.

Damit aber der skeptische "moderne" Mensch dem Gedanken einer religiösen Erfahrbarkeit überhaupt nähertritt, darf man nicht von vornherein mit Bibelsprüchen kommen. Hier dürften Hinweise auf das Weltbild der Parapsychologie und der Kernphysik bessere Denkanstässe geben, ebenso das Bekanntwerden mit der modernen Sterbeforschung. Wer sich mit alledem näher befasst, der wird einen neuen Zugang zur Religion finden, dem Intimsten und Wertvollsten, was der Mensch besitzen kann.

Wer sich solchermassen zu informieren bereit ist, dem vermag auch ein Buch wie das hier besprochene ein Orientierungshelfer zu sein. Es gibt einflussreiche Kreise und Hintergrundmächte, die mit Genugtuung den Niedergang der christlichen Religion bzw. Kirchen und deren Verdrängung durch den Islam beobachten, ja fördern. Begangene Fehler in der Kirchengeschichte beginnen sich jetzt zu rächen. So z.B. die Gleichsetzung des Alten mit dem Neuen Testament. Dr. Kehl hält dies für ein brennendes Problem auch für das neue religiöse Denken, "wie das Alte und das Neue Testament auf einen Nenner gebracht werden konnten, obschon zwischen den beiden Büchern unvereinbare Widersprüche bestehen. Dass die Christen im 1. Jahrhundert das AT zur Grundlage nahmen, ist verständlich. Dass es aber dabei blieb, nachdem sich das NT nach und nach durchgesetzt hatte, ist für das neue Denken des modernen Menschen kein leichtes Problem" (zitiert aus dem Buchprospekt).

Albert SCHWEITZER sagte:
"Die organisierten staatlichen und religiösen Gemeinschaften unserer Zeit sind darauf aus, den Einzelnen dahin zu bringen, dass er seine Überzeugung nicht aus eigenem Denken gewinnt, sondern sich die zu eigen macht, die sie für ihn bereithalten."

Dr. Robert Kehl, der in diesem Jahr seinen 85sten begeht, ist ein Wahrheitssucher par exzellenz. Sein vielseitiges und tiefschürfendes Schaffen verdient Diskussion und breite Anerkennung. Freilich: "Die Wahrheit ist ein bittrer Trank, und wer ihn bringt, hat selten Dank; denn der Menge schwacher Magen kann ihn nur verdünnt vertragen. " R. P. [Rudolf Passian]


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Letzte Änderung am 16. April 2000