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Erlebnisbericht

Beitrag von Rudolf Passian/A. Frank, erschienen in der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr. 3/2004, S. 49-51.

Das Wasser vom Muttergottesberg

von A. Frank, gekürzt wiedergegeben von R. Passian

Die Begebenheit spielte in Grulich (Nordböhmen) zu jener Zeit, als noch die grossen Handwebstühle in den niedrigen Holzhäusern standen und die Menschen sich nur kümmerlich ernähren konnten, obwohl sie – ausser sonntags – von früh bis spät am Webstuhl sassen.

Im weiteren Umkreis von Grulich war ein älteres alleinstehendes Ehepaar erkrankt. Sie beteten inbrünstig einen Rosenkranz nach dem andern um Genesung, gelobten eine Wallfahrt und eine Kerze am Muttergottesberg als Dank. Aber der Gebetserfolg liess auf sich warten.

Schliesslich wurde ein achtjähriger Bub beauftragt, Heilwasser vom 15 km entfernten Muttergottesberg zu holen. Man band ein kleines Holzfässchen in ein grosses Tuch, hängte es ihm auf den Rücken und gab ihm als Wegzehrung ein trockenes Stück Schwarzbrot, eine Delikatesse für Handweberkinder der damaligen Zeit. Dazu gab es eindringliche Ermahnungen, sich zu beeilen und vor dem Abend zurück zu sein.

Schon im leeren Zustand drückte das Fässchen auf des Buben Rücken; wie er es wassergefüllt zurückbringen würde, wusste er nicht. Aber seine Eltern duldeten keinen Widerspruch, und so ass er erst einmal sein Brot zur Kräftigung. Dann rief er inbrünstig und halb verzweifelt zu allen bekannten und unbekannten Heiligen um Hilfe.

Auf halbem Wege erreichte ihn ein junger kräftiger Fleischergeselle. Auf dessen Frage, wohin er wolle, gab der Kleine entsprechend Auskunft. "Du bist ein dummer Kerl", sagte der Fleischer, "so weit um Wasser zu laufen! Du wirst froh sein, wenn Du das leere Fass heimbringst, und dann kriegst Du noch Prügel!" Der Geselle empfahl dem Jungen, sich hier ins Gras zu legen, und wenn dann die Sonne langsam tiefer sinkt, das Fässchen hier am Bach mit Wasser zu füllen und dann heimzulaufen. Das Bachwasser sei genau so gut wie jenes vom Muttergottesberg, "und wenn die Leute sich davon Heilung erhoffen, so werden sie auch davon gesund."

Die Worte des Fleischers erschienen dem Buben als unerhörte Gotteslästerung und schrecklicher Betrug! Er wäre lieber gestorben, als auf diesen sündhaften Vorschlag einzugehen. Das sagte er dem Gesellen auch furchtlos ins Gesicht.

Da griff dieser zu einer List. "Na, wenn du schon so weit laufen willst", sagte er begütigend, "so tu's halt. Aber vorher kannst du mit mir noch etwas essen, damit du bei Kräften bleibst." Damit war der Bub gern einverstanden. Man setzte sich an den Strassenrand, und der Geselle packte die Schätze aus, die ihm seine Meisterin als Wegzehrung mitgegeben hatte: sechs dicke Brotschnitten, üppig bestrichen mit Griebenschmalz, dazu noch sechs riesige Brocken gebratenen Hackfleisches! Dem Kleinen verschlug es den Atem! Sowas Gutes hatte er zeitlebens noch nie gesehen!

Langsam und bedächtig packte der Fleischer seine Schätze aus, ebenso gemächlich begann er zu essen und ermahnte auch den Jungen eindringlich, dass er sich beim Essen nur ja Zeit lassen solle, denn er sei so schwere Kost nicht gewohnt, und wenn er hastig esse, bekäme er Magenweh und könne dann nicht mehr weitergehen...

Der Weberbub tat wie geheissen und hörte dabei mit grossem Interesse den Erzählungen seines Wohltäters zu.

Indessen begann die Sonne langsam zu sinken. Plötzlich griff der Geselle nach seiner Taschenuhr und konstatierte, dass es fast halb fünf sei und damit Zeit zum Gehen. Der Junge erschrak, aber sein Gefährte wusste ihn zu beruhigen, füllte ihm am nahen Bach das Fässchen mit Wasser, hängte es ihm um und schärfte ihm strengstes Stillschweigen ein, wegen der zu erwartenden Prügel.

Auf dem Heimweg schrie der Bub natürlich wieder im Stillen zu allen Heiligen um Hilfe, er könne doch gar nichts dafür! – Und die Heiligen sahen das auch ein...

Mit grosser Erleichterung wurde der Bub daheim empfangen, die Kranken tranken überglücklich von dem Wasser und wurden in Stunden gesund! Voller Freude wallfahrteten sie kurz darauf selber zum heiligen Berg und opferten mit tiefempfundenen Dankgebeten die versprochene Kerze...

Auch der Kleine betete dankbar. Mutter Maria hatte ihm den schweren weiten Weg erspart, den Schwindel nicht aufkommen lassen und ihm noch reichlich Essen beschert! Erst als jenes betagte Ehepaar längst gestorben und er selbst verheiratet war, erzählte er die Geschichte von seiner und der beiden Kranken wunderbaren Errettung.


Anmerkungen: Typisch Wunderheilung, werden manche denken. "Dein Glaube hat dir geholfen." Alles Einbildung, die ganze Beterei!

Gemach, würde ich sagen; denn erstens beruht auch das (religiöse) Glaubenkönnen auf Gedanken- und Vorstellungskräften. Es steht experimentell fest, dass unsere Gedanken messbare Energiefelder erzeugen. Mit Gedankenkraft kann man Wasser imprägnieren und das Pflanzenwachstum beeinflussen. Erfahrungsgemäss sind Kindergebete oft wirksamer als jene von Erwachsenen. Somit könnten, zweitens, die innigen Gebete des Buben durchaus zur Folge gehabt haben, dass dem Bachwasser von geistiger Seite heilende Frequenzen zugeführt wurden. Die Glaubenshaltung der Empfänger mag noch verstärkend gewirkt haben. Somit wäre die geschilderte Begebenheit doch nicht bloss eines Schmunzelns, sondern tieferen Nachdenkens wert.

R. Passian


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"