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Literatur - Rezension
(Anm.d.Erf.: Der Artikel stammt von der WB-Redaktion aus der Zeitschrift "Wegbegleiter" vom Juli 1998, Nr. 4, III. Jahrgang, S. 188 ff.)

Buchbesprechung: BEAT IMHOF, Die Liebe leben

BEAT IMHOF, Die Liebe leben. Grüne Reihe Lebens- und Zeitfragen, Heft 3. Verlag Martin Weber, Schutterwald, 56 S., brosch., DM/sFr 5,-. Nur erhältlich über den Verlag Martin Weber, Fabrikstr. 1, D-77746 Schutterwald

Die Liebe leben - im Zusammenhang mit Religion und Spiritualität mag man spontan an jenen elementaren Bereich denken, den man "christliche Nächstenliebe" zu nennen pflegt. Belange der Geschlechtlichkeit werden in diesem Kontext leider nur allzu oft ausgeklammert - als ob beides nicht miteinander vereinbar wäre.
DR. IMHOF behandelt in seiner flüssig geschriebenen Schrift Die Liebe leben beide Aspekte mit der Sensitivität und langjährigen Erfahrung des Psychologen, derer dieses für den einen oder anderen Leser vielleicht problematische Thema bedarf.
"Wenn wir über die Liebe nachdenken, stossen wir auf eine Menge Missverständnisse, die sich im Verlauf der Zeit um diesen vielfach missbrauchten Begriff angehäuft haben", schreibt IMHOF gleich auf S. 1. Ja, was ist das nun, Liebe? Der Psychologe IMHOF schreibt (S. 3).- "Unter der Wirkung des Sympathie- und Polaritätsgesetzes suchen wir im geliebten Menschen zumeist uns selbst und unsere eigene Verwirklichung. Es geht um das Sich-Finden im anderen, ja sogar um die Projektionen der eigenen unerkannten Seeleneigenschaften auf den Partner, den wir zum Spiegelbild eigener Wunschvorstellungen machen, die sich häufig genug als unecht und trügerisch erweisen." Ist aber mit diesen ernüchternd klingenden Zeilen alles gesagt? Wo bleibt jene abgrundtiefe Romantik, der die Weltliteratur und Musik Werke von unsterblicher Schönheit verdankt? Der Autor zitiert weiter unten sogleich GEORG JÜNGER: "Wir alle träumen davon, einen Menschen zu finden, der ganz eins ist mit uns. Weder erfüllt sich der Traum, noch wird er vergebens geträumt; wer ihn nicht geträumt, hat von der Liebe nie etwas begriffen."
Die Schnittstelle von spiritueller und geschlechtlicher, romantischer Liebe im idealen Sinn finden wir in einem Zitat von KAHLIL GIBRAN beschrieben (S. 5): "Eine solche Liebe besitzt nicht, noch wird sie besessen, weil Liebe sich selbst genügt. Sie gibt nichts als sich selbst und nimmt nichts, ausser von sich selbst." Doch ist das, wie wir alle wissen, wesentlich leichter gesagt als getan. Doch bevor man richtig handelt, muss man richtig fühlen und verstehen können - und bei der Lektüre von Die Liebe leben stellt sich so manche unbezahlbare Erkenntnis ein, auch durch das bei IMHOF nie enden wollende, wahrhaftige Bombardement von tiefgründigen Zitaten.
Das Heft 3 der Grünen Reihe Lebens- und Zeitfragen ist in folgende Themen gegliedert: Liebe ist anders / Mut zum Lieben / Stufen der Liebe / Liebe in Zweisamkeit / Mut zur Zärtlichkeit / Geborgenheit als Bedürfnis / Vertrauen ist alles / Partnerschaft als Weg / Liebe im Alter. Letzteres immer noch ein absolutes Tabuthema.
Wer die Vorträge und Bücher BEAT IMHOFs kennt, der weiss, dass bei ihm auch der ihm eigene preussisch-trockene Humor nicht zu kurz kommt. So schreibt er auf S. 8: "Von jeder dritten Partnerschaft lässt sich heute sagen: Einst trafen sich ihre Augen, dann ihre Lippen, jetzt ihre Rechtsanwälte."
Alles in allem darf gesagt werden, dass es sich bei Die Liebe leben um eine fesselnde kleine Schrift handelt, die für Lebens- und Liebesanfänger wie für reifere, aber lernbereite Liebende geschrieben ist. Mögen IMHOFs Gedanken und Anregungen für möglichst viele das werden, als was sie gedacht sind: ein Kompass durch die Klippen jener geheimnisvollen Gemütsregung, vor der auch Alter und Erfahrung kein zuverlässiger "Schutz" bieten.

WB-Redaktion


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Letzte Änderung am 11. Februar 2005