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Religion - Erfahrungsberichte

Erfahrungsbericht von R. Passmoser, erschienen in der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr. 2/2003, S. 55-58.

Die breite Lichtstrasse

Eine Erfahrung in Todesnähe

von R. Passmoser

Ich hatte vor Jahren eine schwere Operation mitzumachen. Es war an einem Freitag vormittags, als ich auf dem Operationstisch lag. Ich wurde während der Operation, die sehr lange dauerte, wach und hörte im selben Moment den Arzt sagen: "Da wird alles umsonst sein, die bringen wir nicht durch!" Gleich darauf spürte ich, dass man mir etwas aufs Gesicht legte. Erst am anderen Tag nachmittags 2 Uhr wurde ich bewusst wach und war der Meinung, es sei noch Freitag. 14 Tage später war eine Nachoperation nötig, die unvorhergesehene Komplikationen brachte, so dass ich im Sterben lag. In diesem Zustande hatte ich folgendes Erlebnis:

Ich sah plötzlich den Tod auf mein Bett zukommen, welcher mich aufforderte, mitzugehen. Vor Schreck und Aufregung schrie ich, er möge mich doch hier lassen, ich will nicht mit ihm gehen; worauf er meine Bettdecke wegzog. Ich wehrte mich mit aller Kraft dagegen, wurde aber auf einmal schwach und fühlte, wie mich der Tod aus dem Bette zog. Er trug mich jetzt durch eine arge kalte Finsternis, worin es furchterregend und grauenhaft aussah. Ich wusste nicht, wohin der Weg ging und schrie immer wieder, er möge mich doch auslassen, mein Mann und meine Kinder brauchten mich ja noch, ich wolle nicht mit. Es war ein schrecklicher Kampf.

Da, auf einmal kam es mir vor, als wenn ein schönes, engelhaftes, strahlendes Wesen mich dem Tode entrisse. Es wurde nach und nach heller, wärmer und schöner um mich, und ich konnte nun feststellen, dass ich jetzt ganz allein im hellsten Sonnenlichte nach oben schwebte.

Das war unbeschreiblich herrlich, als ich so voller Glück und Seligkeit durch den Weltenraum flog. Ich freute mich, dem Sensenmann entronnen zu sein, und konnte nach Belieben im Weltall herumschweben – so kam es mir vor! Da wurde ich auf einmal mitten auf eine Wiese gestellt, die mit den schönsten Blumen übersät war. Ich betrachtete sie neugierig, freute mich, so etwas Schönes zu sehen, konnte mir aber nicht erklären, woher diese Blumen kamen. Wo bin ich denn eigentlich?, dachte ich jetzt.

Da bemerkte ich einen schmalen Serpentinenweg, der aufwärts führte und dem ich folgte. Rechts und links war er von herrlichen Blumensträuchern und Bäumen eingesäumt. Ich sah eigenartig schöne Vögel und Tiere, die mir ebenfalls unbekannt waren. Langsam ging es weiter, immer höher und höher. Ein in allen Farben schillerndes Vögelchen flog von Ast zu Ast, begleitete mich und zwitscherte, als wenn es mir etwas erzählen wollte, als wenn es mir zurufe: "Geh nur mit, geh nur mit, immer höher, immer höher, es wird noch viel schöner!" Ich wurde durch dieses Vögelchen immer wieder von meinen Gedanken "Wo bin ich?" abgelenkt.
So kam ich soweit, bis plötzlich der schmale Weg aufhörte und vor mir ein grosses, herrliches Licht sichtbar wurde, das mich zuerst blendete. Erst nach und nach konnte ich richtig hinsehen und fühlte eine angenehme Wärme. Nun bemerkte ich, dass eine grosse, breite Lichtstrasse weiterging, und je weiter und höher diese aufwärts strebte, um so kräftiger waren die Lichtstrahlen, die nach allen Seiten ausströmten.

Ich kann in Worten nicht erklären, wie grossartig dieses unendliche Licht war. Auf einmal waren wieder die Gedanken da: "Wo bin ich?" Ich schaute um mich, bemerkte, dass ich vollkommen allein war, sah nichts als Licht und wieder Licht, kein menschliches Wesen, keine Blumen, keine Tiere, keine Vögel, nichts mehr war zu sehen. Ein banges Gefühl stieg in meinem Herzen auf, ich wurde ganz traurig, ja es kamen bereits Tränen und damit wieder der Gedanke: "Wo bin ich, bin ich gestorben oder lebe ich noch?"

Während dieser Gedanken ging ein starkes Zucken durch meinen Körper, so, als wenn ein Gummibändchen von mir weg zur Erde hinunterginge, als wenn ich dadurch noch mit derselben verbunden und nicht ganz frei sei, obwohl ich mich genau erinnerte, nach oben geschwebt zu sein und wusste, dass mich der Tod mitgenommen und mich weit von der Erde fortgebracht hatte. Jawohl, das wusste ich bestimmt, aber ebenso bestimmt kam mir blitzartig zum Bewusstsein, dass ich doch noch lebe, aber mein Leben an einem dünnen Faden hing.

Gleich darauf überfiel mich eine verzweifelte Angst, denn ich wollte doch wieder zu meinen Lieben zurück, ich wollte nicht sterben. Dabei schaute ich sehnsuchtsvoll zu dieser herrlichen, breiten Lichtstrasse empor und rief dann mit lauter Stimme: "Lieber Gott, wenn mich mein Mann und meine Kinder auf der Erde noch brauchen, dann bitte ich DICH, lass mich wieder umkehren. Wenn sie mich aber nicht mehr brauchen, dann bitte ich DICH, lass mich die schöne breite Lichtstrasse weiter gehen, immer höher, zu DIR, MEIN GOTT!"

Da kam ein schönes, strahlendes durchsichtiges Lichtwesen auf mich zugeschwebt, das mir so lieblich zulächelte, dass ich vor Freude weinte. Nun stand der schöne Engel neben mir, nahm mich in seine Arme und schwebte mit mir abwärts bis zu der Wiese, auf welcher ich beim Heraufschweben plötzlich gestanden hatte. Als ich dies feststellte, sah ich gerade noch, wie das schöne Lichtwesen, ohne ein Wort gesprochen zu haben, mir zuwinkte und wieder nach oben entschwand. Als ich dann wieder so allein dastand, kamen mir abermals die Tränen, und eine grosse Traurigkeit überfiel mich, denn nun wäre ich beinahe lieber hier oben geblieben, als wieder auf die Erde hinuntergekommen.

Ein abermaliges starkes Zucken machte sich bemerkbar, es zog mich etwas nach unten. Ich schwebte wieder durch den Weltenraum, und auf einmal kam es mir vor, als wenn ich in mein Bett geschlüpft wäre. Gleich darauf wurde ich wach, schaute erstaunt um mich, sah die Krankenschwester an meinem Bette sitzen, die mich unvermittelt fragte: "Wo sind Sie denn gewesen?" Ich dachte angestrengt nach und fing zu weinen an, aber diesmal vor Freude, weil ich wieder hatte umkehren dürfen. Im selben Augenblick rollte das ganze Erlebnis, wie eben geschildert, wie auf einem Filmband nochmals vor mir ab, und es war mir klar, dass ich in die "andere Welt" hatte blicken dürfen, dass ich umkehren durfte und dass ich nun wieder gesund würde, denn meine Familie brauchte mich noch.

Die Krankenschwester erzählte mir dann, als ich wieder hergestellt war, dass sie die ganze Zeit während meines geistigen Erlebens an meinem Bett gesessen hatte und dass ich all meine Gedanken laut ausgesprochen habe; nur fand sie nicht den richtigen Zusammenhang, den ich ihr dann selbst erklärte. Sie sagte weiter, sie habe so etwas während ihrer langjährigen Krankenpflege noch nie erlebt. Es sei alles, was sie durch mich gehört habe, so schön gewesen, dass ihr fortwährend die Tränen gekommen seien.

Als ich mich dann von meinem Arzt, der die Operation vorgenommen hatte, verabschiedete und mich bedanken wollte, sagte dieser zu mir: "Dass Sie durchgekommen sind, meine liebe Frau, begreife ich bis heute noch nicht, da muss ein Wunder geschehen sein! Sie haben in erster Linie dem Herrgott zu danken, dann ihrem grossen Willen, denn so habe ich noch keine Kranke kämpfen sehen wie Sie. Und ganz zuletzt erst komme ich dran!" Ich war über diese Worte erschüttert, dankte dessen ungeachtet nochmals meinem Arzt und wünschte ihm weiterhin recht gute Erfolge.

Am Abend, als ich wieder in meinem eigenen Bette lag, konnte ich erst in aller Stille meinem himmlischen Vater danken und hatte dabei nur den einen Wunsch, dass, wenn ER mich einstens abberufen wird, ER mich dann die breite Lichtstrasse – ohne durch die schreckliche Finsternis wandern zu müssen – sofort betreten lässt.


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"