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Hilfswerk - Erfahrungsbericht

Artikel von Rudolf Passian, erschienen in der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr. 2/2004, S. 74-76.

Ein Kind gelobt: "Ich werde armen Kindern helfen!"

Von Rudolf Passian

Ein halbes Jahr vor Kriegsende kam Ursula Richter zur Welt. Ihre Mutter verbarg sie zwei Jahre lang auf dem Dachboden. Dass sie in Anbetracht des Hungers und sonstigen Nöte jener Zeit überhaupt am Leben blieb, grenzt an ein Wunder! "Bin eines von zwölf Kindern", erzählt sie, "und nur mein Bruder Peter und ich haben denselben Vater."

Schliesslich heiratete die Mutter nach Westdeutschland. Dort wurde weiter gehungert. Zwölf Personen auf engstem Raum. Ursula: "Eines Tages kam eine behördliche Kontrolle. Die stellte fest, dass mindestens zwei Personen zuviel in der kleinen Wohnung sind. Meine Mutter zeigte sogleich auf meinen Bruder und mich und sagte: 'Die Beiden könnt Ihr gleich mitnehmen!' – So kamen wir ins Waisenhaus."

Auch dort: Hunger und Lieblosigkeit. Triste Kindheitsjahre folgten. Eines Tages, in ihrem siebenten Lebensjahr, schaute Ursula nachdenklich aus dem Fenster, während ihr der ganze Jammer ihres Daseins zu Bewusstsein kam. Und wie ein Gelöbnis entrang sich ihrem Herzen der heisse Wunsch, später einmal armen Kindern all das zu geben, "was mir gefehlt hat: ausreichend Essen, Liebe, Spielzeug und Anziehsachen. Wann immer ich kleine Kinder sah, fragte ich mich: Haben die wohl satt zu essen? Und oft dachte ich, wie es wohl sein mag, wenn man von der Mutter lieb angefasst wird."

Nach Beendigung einer kaufmännischen Lehre liess Ursula sich zur Krankenschwester ausbilden. Im Oktober 1967 besuchte sie zwei Halbschwestern in Kanada, die ihr die Schiffsreise schenkten. Sie blieb dort, musste aber ihre Ausbildung wiederholen und wurde schliesslich Kinderkrankenschwester.

Auch dies waren harte Jahre, aber ein Paradies gegen früher! Ursula schloss sich einer Kirche an, und während eines Gottesdienstes, am 25. März 1971, geschah etwas Seltsames: Plötzlich vernahm sie deutlich eine Stimme in sich selbst, welche die Frage stellte: "Bist du bereit, mir jetzt zu dienen? In einem anderen Land?" Ursula wusste nicht, wie ihr geschah. Sie sagt: "Es war eine innere Stimme; aber so klar, als ob jemand neben mir sprechen würde. Meine erste Antwort war: 'Nein. Jetzt, wo ich endlich mal Geld verdiene und mir fast alles kaufen kann, was ich möchte?' Dann aber fühlte ich, es war Jesus, der zu mir sprach! Da erinnerte ich mich an mein Versprechen, das ich als Kind einmal gegeben hatte..." Noch gleichentags bekam sie den Besuch eines Ehepaares, welches sie einlud, mit nach Brasilien zu reisen, man wolle dort etwas für Kinder tun.

Das war der Beginn ihrer Lebensaufgabe. Trotz zahlloser Schwierigkeiten gelang es ihr, eine vorbildliche Kindertagesstätte aufzubauen, in der heute – mit 22 Helfern – rund 160 Kinder betreut werden, vom Baby-Alter bis zu 16 Jahren.

"Das Centro Educaçao Amiguinho Feliz" im südbrasilianischen Blumenau ist behördlich als Non-Profit-Institution anerkannt. Von der Stadt Blumenau und dem Bundesland (Santa Catarina) gibt es monatlich geringe Zuschüsse, womit man ständig im Rückstand ist. Zwanzig Prozent der Eltern können nichts zahlen; der Rest, so viel sie können. Als ich von Freunden auf Ursula Richter und ihr Lebenswerk aufmerksam gemacht wurde, war sie mit den Lohnzahlungen 2 ½ Monate im Rückstand. Kredite mussten aufgenommen werden, das Ende schien nahe...

Mein Freundeskreis half
wie so oft schon! Anlässlich meines 80sten bat ich, auf Geschenke zu verzichten und stattdessen die "Kinderhilfe Blumenau" zu unterstützen. So konnte vorerst das Schlimmste abgewendet werden. Aber Hilfe tut weiterhin Not, so lange, bis die Wiederaufnahme behördlicher Zuschüsse in ursprünglicher Höhe erfolgt.

Im Centro beten Gruppen von Kindern wie auch von deren Betreuern täglich zu Gott und den Schutzengeln, auf dass Menschenherzen angerührt und zur Hilfeleistung veranlasst werden mögen. In der Tat geschahen bereits wundersame Dinge: Etliche Freunde spendeten je 1000.- Franken, davon einige anonym! In einem Fall lauteten die Begleitzeilen: "Bitte lassen Sie diesen Betrag der Kinderhilfe Blumenau zukommen. Ein Betrag, den ich gerne spende, da ich weiss, dass er an den richtigen Ort kommt. – Eine glückliche Grossmutter mit lieben Enkeln."

Aber auch wenn jemand "nur" zehn oder zwanzig Euro/Franken zu geben vermag, so kann dies ein spürbares Opfer sein, wenn man mit wenig auskommen muss. So gab eine Rentnerin aus München, mit knapp 700.- Euro Rente, insgesamt (bis Ende Juni dieses Jahres) bereits 270.- für Blumenau!

Traurig jedoch stimmt mich die Tatsache, dass auf den Spendenaufruf im WB 1/04 (S. 61) sich keine 5% der WB-Leser/innen angesprochen fühlten! Gewiss, viele sind karitativ bereits anderweitig engagiert, und Bettelbriefe kommen fast täglich ins Haus; aber wenn man ein Hilfswerk kennt, bei dem man Gewissheit haben kann, dass kein Pfennig für Spesen abgezogen und die Spenden vollumfänglich dem angeführten Zweck zugeleitet werden, so sollte das Echo bei der Leserschaft einer Zeitschrift, wie es unser WEGBEGLEITER ist, doch um einiges stärker sein...

Jeder Spenderin, jedem Spender danke ich mit einem persönlichen Schreiben; die dafür aufgewendete Zeit gereut mich nicht. "In meinem ganzen Leben ist es mir noch nicht passiert", schrieb Frau Ilona H. aus Hagen, "dass sich ein Mensch persönlich für eine Spende bedankt hat." Wie dem auch sein mag: Allen, die geholfen haben oder noch helfen werden, sei ein herz-lichtes "Vergelt's Gott" gewünscht!

Ihr Mitwanderer Rudolf Passian

Spenden (Vermerk "Kinderhilfe Blumenau") können auf folgende Konten eingezahlt werden:
D: R. Passian, CH-Horw, Kto-Nr. 5427.09 Volksbank Rhein-Wehra, D-79702 Bad Säckingen, BLZ 684 900 00.
CH: Freundeskreis R. Passian, Kto-Nr. 20304.01, Raiffeisenbank 6048 Horw, Clearing 81186, Kto-Nr. der Bank 60-4987-2.



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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"