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Religion
(Anm.d.Erf.: Der Artikel stammt von Dr. Beat Imhof aus der Zeitschrift "Wegbegleiter" vom Nov./Dez. 1999, Nr. 6, IV. Jahrgang, S. 402 ff.)

Weihnacht- Nacht der Einweihung

Rund um das alljährliche Weihnachtsfest begegnen wir uralten Symbolen und Riten, die uns immer wieder neu auf vergessene Wahrheiten und Weisheiten hinlenken wollen, um das Weihnachtswunder in uns lebendig zu erhalten.
Wer sich der tieferen Bedeutung dieser Bilder und Sinnbilder bewusst wird, ahnt etwas vom Geheimnis jener geistigen Neugeburt, die in den antiken Einweihungsmysterien jedes Jahr zur Zeit der winterlichen Sonnenwende von Wissenden und Eingeweihten gefeiert wurde.
Der Ursprung des Weihnachtsfestes liegt wohl in den religiösen Feiern zu Ehren der Sonne, die in der längsten Nacht des Jahres um den 2 1. Dezember aus der tiefsten Finsternis heraus wiedergeboren wird. Der neue Sonnenlauf beginnt an diesem Datum symbolisch um Mitternacht, wenn am Osthorizont das Tierkreiszeichen Jungfrau aufgeht. Das neugeborene Sonnenkind wird also aus der Jungfrau geboren. Astrologisch gesehen hat es einen Jungfrau-Aszendenten.
Nach einem vorchristlichen Mythos aus Persien wurde Mithras, der Herr und Lichtgott, am 25. Dezember von einer Jungfrau in einer Felsenhöhle geboren. Hirten waren es, die dem Neugeborenen ihre Geschenke darbrachten. Die alten Germanen feierten schon in grauer Vorzeit das Jul-Fest zu Ehren der wieder erstarkenden Sonne. Ihre Gebräuche und magischen Rituale um das Julsingen, das Julfeuer und das Julbrot sind uns im Sternsingen, im Lichterbaum und im Weihnachtskuchen bis heute erhalten geblieben. Bei den Griechen war es Pan, der Gott der Hirten und Herden, der alljährlich am Tag der Sonnenwende neu geboren wurde. Zur gleichen Zeit feierten die Römer das Fest der unbesiegbaren Sonne, des "Sol invictus".
Die Dunkelheit der längsten Nacht des Jahres als Symbol für die geistige Finsternis der erlösungsbedürftigen Menschheit wird durch die Sonne, Sinnbild göttlicher Kraft, am 21. Dezember überwunden. Die Neugeburt des lichtvollen Gestirns wird den Menschen erst drei Tage danach, also am 25. Dezember offenbar, genau so wie der Neumond auch erst drei Tage nach seiner Konjunktion mit der Sonne am Abendhimmel als zarte Sichel sichtbar wird.
Den drei Tagen des Dunkelmondes entsprach in den Einweihungsmysterien der Ägypter und Griechen jene Zeitdauer, in der die Kandidaten in einem dunklen Raum völlig auf sich selbst gestellt und schlimmen Gefahren und Versuchungen ausgesetzt verbringen mussten, ehe sie vor dem Hierophanten erscheinen durften, der sie dann in das geheime Priesterwissen einführte. Noch heute verbringen in christlichen Ordenshäusern die Novizen und Novizinnen die letzten drei Tage vor ihrer Profess in strenger Klausur.
Diese Symbolik der Drei begegnet uns auch in den drei Weihnachtsmessen, die als Christmesse, als Engelmesse und als Festmesse in katholischen Kirchen gefeiert werden. -
Was den Zeitpunkt der Geburt Christi betrifft, ist aus den Evangelien hierfür kein gültiges Datum zu ermitteln. Es ist recht wahrscheinlich, dass Jesus nicht zur Winterszeit in Bethlehem geboren wurde, denn es war damals nicht üblich, dass in jener Gegend die Hirten so spät im Jahre ihre Herden des nachts noch auf dem Felde weideten. So wurden in den ersten christlichen Jahrhunderten verschiedene Kalenderdaten für die Christgeburt genannt. Klemens von Alexandrien nahm hierfür den 20. Mai an. Vielerorts wurde der 25. März als Geburtstag Christi gefeiert und zwar mit der Begründung, der erste biblische Schöpfungstag müsse bei Frühlingsbeginn am 21. März stattgefunden haben und dementsprechend sei die Sonne, das Christus-Symbol, vier Tage später erschaffen worden. Der armenische Schriftsteller Ananias von Shirah vertrat die Ansicht, Christus sei an einem Sonntag geboren, weil dieser Wochentag der Sonne und damit dem christlichen Sonnen-Gott (Christus sol) genau so entspreche wie dem Ammon der Ägypter, dem Helios der Griechen und dem Apollo der Römer. Eine lateinische Schrift aus dem Jahre 243 bezeichnet den 28. März als den Tag der Geburt Jesu. Andere Chronisten nennen hierfür den 24. oder 25. Tag des ägyptischen Monats Parmuthi, also den 19. oder 20. April nach unserer Zeitrechnung. In einem frühen Text heisst es, Christus sei im 28. Regierungsjahr des Kaisers Augustus am 25. Tag des ägyptischen Monats Pachum zur Welt gekommen, was dem 20. Mai entspricht.
Die Kirchenväter Tertullian und Hieronymus stellten übereinstimmend fest, dass am 7. Tag vor den Kalenden des Januar, also am 25. Dezember, die Inkarnation eines Strahls der göttlichen Sonne in menschlicher Gestalt erschienen sei. Unter der Regierung des Papstes Anastasius (399-401) wurde dann der 25. Dezember nach Zustimmung der Patriarchen von Jerusalem, Alexandrien und Antiochien endgültig zum Weihnachtstag erkoren, womit der 6. Januar die bis dahin bevorzugte Stellung als Tag der Erscheinung des Herrn (Epiphanie) verlor und zum Tag der Drei Könige umbenannt wurde. Die armenisch-gregorianische Kirche feiert noch heute das Weihnachtsfest am 6. Januar.
Mit der Wahl des 25. Dezembers wurde das heidnische Sonnenwendefest in das christliche Weihnachtsfest umgewertet, wobei die alten Symbole des Sonnenmythos der Form nach beibehalten, jedoch mit neuem Sinngehalt bedacht wurden. Christus ist nun die Sonne, die Licht in die Dunkelheit unseres irdischen Daseins bringt. So heisst es im Johannes-Evangelium: "Das Licht kam in die Finsternis". Der Stern von Bethlehem und unsere Weihnachtskerzen wollen bildhaft auf den Gottessohn, das "Licht der Menschen" hindeuten.
Die zwölf Heiligen Nächte zwischen dem 25. Dezember und dem 6. Januar, die bereits im Altertum als Rauhnächte oder Rauchnächte mit allerhand magischem Abwehrzauber in Gestalt von Äpfeln, Nüssen, Mistelzweigen und kleinen Bäumchen begangen wurden, um die dämonischen Mächte der Dunkelheit zu vertreiben, haben eine innere Beziehung zu den zwölf Nächten, welche das Sonnenjahr mit seinen 365 Tagen vom längeren Mondjahr mit seinen 377 Tagen unterscheidet.
Dass in vorchristlicher Zeit der Kalender auch nach Mondperioden berechnet wurde zeigen etwa die hohen Zahlen, mit denen das erreichte Lebensalter von Abraham und Methusalem in der Bibel angegeben werden. Teilen wir die 930 Jahre des Abraham und die 969 Jahre des Methusalem gemäss der Formel 1 Sonnejahr = 13 Mondjahre, so erkennen wir, dass der Stammvater Israels rund 72 und der Urvater Methusalem rund 74 Jahre alt geworden ist (1.Moses 5,21 f).
Nach mythologischer Vorstellung ging das Menschengeschlecht aus der Verbindung der Erdmutter (Gaia) mit dem Himmelsgott (Uranus) hervor. So wie wir von der jungfräulichen Erde sprechen, die vom männlichen Licht- und Sonnegott befruchtet wird, so ist es auch eine gedankliche Notwendigkeit, dass eine jungfräuliche Erdenmutter das vom himmlischen Vatergott empfangene Kind zur Welt bringen soll. Deshalb wird uns in zahlreichen Mythen überliefert, dass der verheissene Sonnengott und Erlöser aus einer Jungfrau geboren wurde.
Im alten Ägypten wurde zur Zeit der Sonnenwende eine Prozession abgehalten, die im Tempel der Göttin Isis endete. Dort trugen Priester ehrfurchtsvoll das Bild des göttlichen Horus-Knaben in der Gestalt eines neugeborenen Kindes herbei. Den anwesenden Gläubigen wurde alsdann verkündet, es sei von der jungfräulichen Mutter ein Kind geboren worden, welches die Welt erretten werde. Beim altsyrischen Astarte-Kult versammelte sich das fromme Volk im Heiligtum der Göttin und erwartete andächtig das Herannahen der Mitternacht. War die Stunde gekommen, eröffnete der Priester, dass die heilige Jungfrau dem göttlichen Kinde Tamuz das Leben geschenkt hat, worauf das betende Volk in den Ruf ausbrach: "Sehet, die Jungfrau Astarte hat geboren, das Licht ist uns erschienen."
Andere Gottessöhne, die der Legende nach ebenfalls von einer Jungfrau zur Welt gebracht wurden, waren Adonis, Dionysos und Hermes. Auch Buddha kann hier eingereiht werden.
Sogar die Namen der jungfräulichen Gottesgebärerinnen sind sich erstaunlich ähnlich. So hiess die Mutter des Hermes Maia, die Mutter des Adonis Myrrha, die Mutter des Buddha war Maya und die Mutter von Jesus hiess Miriam oder Maria. Den Anfangsbuchstaben "M" dieser Namen finden wir nicht nur im astrologischen Symbol des Tierkreiszeichen Jungfrau, sondern ebenso in den weiblichen Wörtern Mater (Mutter), Mare (Meer) und Materia Prima (Urstoff der Schöpfung). Maria, die Mutter Jesu, wird denn auch gerne als "Mutter der Lebendigen" und als "Stern des Meeres" verehrt. Die römische Göttin Maia wurde als Blumen- und Fruchtbarkeitsgöttin gefeiert. Ihr war die Blütezeit des Frühjahres geweiht. Daher stammt der Name des Wonnemonats Mai. Dass die Mutter Jesu mit dieser Frühlingsgöttin symbolisch gleichgestellt wurde, erkennen wir aus ihrem Ehrentitel "Maienkönigin". Der Mai gilt in katholischen Landen als Marienmonat.
Der Stall von Bethlehem, der vermutlich eine Felsenhöhle war, hat seine symbolische Entsprechung ebenfalls in den antiken Götter- und Heldensagen. So wurden die Gottessöhne Mythras, Zeus, Hermes, Apollo, Adonis und Dionysos in einer Höhle, aus einem hohlen Baumstamm oder aus einer Felsengruft geboren. Die Höhle ist hier Symbol für den mütterlichen Schoss. Sogar ganze Völkerstämme, wie die Azteken und die Kabylen , betrachteten die Erdhöhle als ihren magischen Ursprungsort.
Dass diese Geburtssymbolik für die ganze Natur und Kreatur gilt, ersehen wir auch aus der frühesten Umwelt, in die das Christuskind hineingeboren wurde. Die Erd- oder Felsenhöhle steht für das Mineralreich, Heu und Stroh vertreten das Pflanzenreich, Ochs und Esel verkörpern das Tierreich und in Josef und Maria erkennen wir das Menschenreich.
Freilich ist die Höhle nicht nur das Tor zum Leben, sondern auch der Eingang ins Totenreich. Wie die Höhle, so spielt auch die Gruft, das Grab, die Grotte, die Krypta und die Pyramide bei den Initiationsriten antiker Einweihungsfeiern eine bedeutsame Rolle. Hier erlebte der Myste, während er drei Tage und Nächte lang sich in der Abgeschiedenheit eines dunklen Verliesses aufhielt, seinen mystischen Tod, um dann verwandelt wiedergeboren zu werden.
Diese Riten setzten sich später fort in den Aufnahmezeremonien von Orden, Logen und geheimen Bruderschaften. Oft genannt wird in diesem Zusammenhang das alchemistische Wort VITRIOL, das die Anfangsbuchstaben des lateinischen Satzes enthält "Visita Intetiora Terrae, Rectificando Invenies Occultum Lapidem" (Suche das Innere der Erde auf, indem du dich läuterst, findest du den geheimnisvollen Stein). Gemeint ist hier der "Stein der Weisen" der Alchemisten, der ebenso wie der Gral in der Parsifal-Legende oder die Rose der Rosenkreuzer das höhere Selbst im Menschen, der göttliche Funke, das himmlische Licht in uns symbolisiert. Aus esoterischer Sicht heisst daher die Weihnachtsbotschaft: Erkenne dein Selbst und erwache zum wahren Christus-Bewusstsein. Liebe deinen Nächsten wie dein Selbst, dann wird das Licht der göttlichen All-Liebe in die Finsternis unserer Welt leuchten, damit es endlich Tag werde auf unserer Erde.

Ein Weiser wurde von seinen Schülern gefragt: "Wie kann man den Zeitpunkt bestimmen, da die Nacht schwindet und der Tag beginnt? Ist es dann, wenn man von weitem ein Schaf von einem Hund unterscheiden kann?' "Nein, das ist es nicht", sagte der Meister. "Ist es dann, wenn man im dämmrigen Morgengrauen einen Apfelbaum von einem Birnbaum auseinanderhalten kann?". "Auch das ist es nicht" gab der Eingeweihte zurück. "Wann ist es denn?' wollten seine Jünger wissen. "Es ist dann", sagte der Wissende, "wenn ihr in das Angesicht irgend eines Menschen schaut und darin eure Schwester oder euren Bruder erkennt. Dann wird es Tag und die Finsternis schwindet. Solange dies nicht geschieht, ist es Nacht auf unserer Erde."


Ich möchte gerne so sein, wie Gott mich haben will,
weil er mich so behandelt, als wäre ich es schon.
Hannelore Frank



Weihnacht

Wieder weben weisse Flocken
Winterskleid um Wald und Feld;
Wieder künden Weihnachtsglocken
Frohe Botschaft aller Welt. -
Zieht wohl auch in deine Seele,
Kaum verspürt, ein Sehnen ein,
Frei zu sein von Schuld und Fehle,
Frei von Erdennot und Pein? -
Nun, so höre jene Kunde,
Die der Menschheit Fesseln bricht,
Aus des Gottessohnes Grunde,
Aus der Wahrheit reinstem Licht:
"Zage nicht ob deiner Schwächen!
War dein Fehlen noch so gross,
Wähne nicht, dein Gott wird rächen
Um der Rache willen bloss.
Nicht ein Gott der Rache thronet,
Nicht ein Jahve, zornerfüllt. Nein!
Der in den Himmeln wohnet,
Ist ein Vater, gütig, mild.
Bleibst du nur in allem Streben
Deiner Kindschaft dir bewusst,
Wird Er dir die Schuld vergeben
Und dich ziehn an Seine Brust. "
Darum lass dein Herzfrohlocken!
Gottes Liebe ewig wacht!
Die auch künden heut'die Glocken:
Christ geboren! Heil'ge Nacht!

HANS BOGISLAV GRAF VON SCHWERIN


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Letzte Änderung am 22. April 2000