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Gesellschaft - Fleischkonsum

Bericht von Renato Pichler/'Vegi*info' Nr. 38/2005, erschienen in der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr. 2/2006, S. 54-59.

Fleischkonsum ist keine Privatsache mehr

Bericht von Renato Pichler aus der Zeitschrift "Vegi•info" Nr. 38, 2005

(Red.: WB-Leserin R.-M. Peter (CH) hat mir folgenden Beitrag zugesandt als Reaktion auf Artikel "Mythos Tierversuch", WB 3/2005, S. 32. – T.F.)

Einleitung

Die eigene Ernährung wird als eine sehr private Angelegenheit angesehen. Oft müssen Vegetarier hören: Es sei ja schon in Ordnung, dass sie kein Fleisch essen, aber nur so lange, wie sie nicht versuchten, andere auch davon zu überzeugen. Viele Vegetarier sind mittlerweile sogar selbst dieser Meinung. Das renommierte World-Watch-Institut (bekannt durch den jährlichen Bericht "Zur Lage der Welt") ist allerdings ganz anderer Ansicht.

In seinem Magazin veröffentlichte das World-Watch-Institut aus Washington einen Artikel unter folgendem Titel: "FLEISCH – Nun ist es nicht (mehr) persönlich! Ob du es willst oder nicht, der Fleischkonsum wird zu einem Problem für alle Menschen auf diesem Planeten." Wie in all seinen anderen Publikationen geht das Institut hierbei, nicht auf ethische oder moralische Argumente ein, sondern zeigt die ökologischen Folgen für die Umwelt durch den Fleischkonsum auf. Und diese sind erschütternd. Hier eine kurze Zusammenfassung der in diesem Artikel angesprochenen Themen:

Waldrodungen

In Zentralamerika wurden innerhalb der vergangenen 40 Jahre 40 Prozent des gesamten Regenwaldes gerodet bzw. abgebrannt, hauptsächlich um Weideland zu erhalten oder Futtermittel anzubauen. Dennoch konnte damit der zunehmenden weltweiten Nachfrage nach Fleisch nicht entsprochen werden. Deshalb wurde zusätzlich die Fischerei in den Weltmeeren so stark forciert, dass nun auch hier die Grenzen erreicht sind und sich die Fischbestände nicht mehr erholen können.

Vernichtung von Grasland

Bisons, Antilopen und andere Tiere, welche auf Weidegebiete angewiesen sind, werden durch Rinderherden immer mehr verdrängt. Für die Rinderherden werden einheitliche Weiden geschaffen (Gras-Monokulturen), denen die natürliche Vielfalt der Pflanzenwelt fehlt. Die Rinder selbst haben eine zerstörerische Auswirkung auf den Boden. Im Gegensatz zu Antilopen müssen sie täglich zu den Wasserstellen gehen, und komprimieren so den Boden durch ihr schwereres Gewicht zusätzlich.
Der Kot von Antilopen ist kompakt und kugelförmig. Der Stickstoff wird darin festgehalten und düngt so nachhaltig den Boden. Rinder hingegen haben einen sehr feuchten Kot, der sich flach auf dem Boden ausbreitet und durch die Hitze einen Grossteil des Stickstoffes verdunsten lässt. Dabei entsteht Ammoniak, welches zusätzlich die Atmosphäre belastet.
Damit wird dem Boden ein wertvoller Nährstoff entzogen und die Atmosphäre mit Ammoniak angereichert, das später als saurer Regen woanders wieder auf die Erde fällt.

Wasserverschwendung

Die Versorgung mit genügend Wasser wird in vielen Weltregionen zu einem immer grösseren Problem. Am meisten des kostbaren Wassers wird für die Produktion von Fleisch benötigt. Diese Aussage wird im Artikel des World-Watch-Institutes mit eindrücklichen Zahlen aus verschiedenen Quellen unterstrichen:
Bei einer typischen amerikanischen Ernährungsweise werden für die Herstellung der Nahrungsmittel für eine Person pro Tag 15'900 Liter Wasser benötigt. Bei einer veganen Ernährung macht dies nur 1'140 Liter pro Tag aus, also rund 14-mal weniger! Für Entwicklungsländer, die sich oft in eher trockenen Gebieten befinden, ist dieser Unterschied besonders gravierend: Um das Mehl für einen Laib Brot herzustellen, werden rund 550 Liter Wasser benötigt. Im Gegensatz dazu werden bereits für 100 Gramm Rindfleisch 7'000 Liter Wasser verbraucht.
In Kalifornien wurde berechnet, dass das Wasser zur Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch ausreichen würde, um ein ganzes Jahr lang täglich sieben Minuten zu duschen. Gerade ökologisch denkende Menschen kann man schnell davon überzeugen, Duschwasser zu sparen, doch ist ihnen selten bewusst, dass durch den Verzicht auf Fleisch viel mehr Wasser gespart werden könnte.

Umweltverschmutzung

Solange nur einzelne Tiere in ihrer natürlichen Umgebung leben, sind deren Exkremente ein wertvoller Dünger für den Boden. Durch die hohe Nachfrage nach Fleisch werden jedoch immer mehr Tiere auf immer kleineren Flächen gehalten. Die Böden können die dabei entstehenden enormen Mengen an tierischen Exkrementen nicht mehr aufnehmen. Dadurch gelangt ein Teil durch Verdunstung in die Luft (Ammoniak) und ein Teil ins Grundwasser (Nitrat). Die Fische in Flüssen und Seen sterben durch diese Überdüngung. Die Überdüngung verursacht eine Explosion des Algenwachstums, welches wiederum den gesamten Sauerstoffvorrat des Gewässers aufbraucht und so alles restliche Leben ersticken lässt. In einem grossen Teil des Golfes von Mexiko ist das Leben dadurch abgetötet worden.
In den USA ist diese Umweltverschmutzung durch die Fleischwirtschaft 130-mal so hoch wie die Verunreinigungen durch die Menschen.

Energieverbrauch

Allein zur Produktion des Rindfleisches, das von einer durchschnittlichen US-amerikanischen Familie in einem Jahr konsumiert wird, benötigt man fast 1'000 Liter Treibstoff.
Um Fleisch mit einem Nährwert von einer Kalorie zu erzeugen, benötigt man rund 28 Kalorien aus Brennstoff, um dieselbe Kalorie aus Getreide zu gewinnen, werden hingegen nur 3,3 Kalorien Brennstoff benötigt. 70% des in den USA produzierten Getreides werden an Tiere (meist Rinder) verfüttert.

Globale Erwärmung

Diese wird durch die Verbrennung von fossilen Treibstoffen gefördert. Wie oben beschrieben, wird sehr viel dieser Treibstoffe benötigt, um Fleisch zu produzieren. Allerdings erzeugen Wiederkäuer auch direkt das Treibhausgas Methan. Methan wirkt sich 23-mal stärker auf die Erwärmung der Atmosphäre aus als Kohlendioxid, das üblicherweise bei einer Verbrennung entsteht.
Eine einzige Milchkuh produziert rund 75 Kilogramm Methangas pro Jahr. Rund 1,3 Milliarden Rinder werden heute weltweit zur Milch- und Fleischproduktion gehalten.

Effizienz der Nahrungsmittelerzeugung

Der grösste Teil der Landfläche, die heute zur Fleischproduktion genutzt wird, könnte viel effizienter zur direkten Herstellung pflanzlicher Lebensmittel genutzt werden (statt Futtermittel zu produzieren oder Tiere darauf weiden zu lassen).
Durch die Verkürzung der Nahrungskette kann man die Nahrungsmittelproduktion viel mehr steigern als durch jeden Dünger. Wenn man Getreide an Tiere verfüttert, anstatt es direkt selbst zu essen, erhält man nur einen Bruchteil der Nahrungsenergie. Man braucht also ein Vielfaches an Land, um Fleisch zu erzeugen, gegenüber der Erzeugung von Brotgetreide oder anderer pflanzlicher Nahrung.
In den USA werden 230'000 Quadratkilometer Land zur Produktion von Heu für Nutztiere beansprucht, aber nur 16'000 Quadratkilometer zur Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel.

Übertragbare Krankheiten

Nur durch hohen Medikamenteneinsatz können die Tiere in den grossen Massentierhaltungen bis zu ihrer Schlachtung überleben. Dadurch werden einerseits die Antibiotika immer weniger wirksam (auch beim Menschen) und andererseits Krankheiten unterdrückt (aber nicht vermieden).
Zum Beispiel enthalten 89% der Hackfleischpasteten in den USA Spuren des gefährlichen E.-coli-Bakterienstammes.
Tierische Fäkalien aus der Fleischproduktion enthalten Krankheitskeime, die über 40 verschiedene Krankheiten übertragen können.
Durch den globalen Fleischmarkt wird Fleisch über die Kontinente hinweg transportiert. Damit erhöht sich auch die Gefahr einer schnellen Ausbreitung von Krankheiten, die irgendwo auf der Welt aufgetreten sind.
Es wird angenommen, dass eine Unterart der Schimpansen in Zentralafrika die Quelle des HIV-Virus sein könnte und dass dieses über das Blut auf Jäger übergegangen sei.

Zivilisationskrankheiten

Es wird immer klarer, dass die meisten der heutigen gesundheitlichen Probleme in den Industriestaaten nicht genetisch bedingt sind, sondern von Umweltfaktoren abhängen. Ein Faktor ist dabei die Ernährung, welche jede Person selbst ändern kann bzw. könnte.
Wissenschaftliche Daten zeigen, dass das Risiko, an einer der folgenden Krankheiten zu erkranken, durch die vegetarische Ernährung stark gesenkt werden kann: Übergewicht, arterielle Erkrankungen, koronare Herzkrankheiten, Bluthochdruck, Diabetes, einige Arten von Krebs.

Verlust der Artenvielfalt

Durch immer grössere Monokulturen zur Futtermittelproduktion und die Verdrängung von wild lebenden Tieren durch die wenigen Nutztierrassen verkleinert sich automatisch die Artenvielfalt. Natürlich wird dies durch das Abholzen der Regenwälder für die Fleischproduktion noch verstärkt. Hinzu kommt in den letzten Jahren die Jagd auf so genanntes "Bushmeat": Fleisch aus den Urwäldern. Damit ist vor allem Affenfleisch gemeint, das nicht etwa zur Ernährung armer Bevölkerungsteile, sondern zum Verkauf an Fleischesser gewonnen wird. Dies führt zur Dezimierung der sowieso schon stark bedrohten Gorillas, Bonobos und anderer Arten.
Die Gier nach Fleisch drängt bereits in die entlegensten Gebiete der Welt.

Im letzten Abschnitt des 20-seitigen Artikels des World-Watch-Institutes wird Albert Einstein zitiert: „Nichts wird die Gesundheit der Menschen und die Chance auf ein Überleben auf der Erde so steigern wie der Schritt zur vegetarischen Ernährung.“ Ob Einstein schon damals die enormen Auswirkungen der heutigen Fleischproduktion vorausgesehen hat?

Renato Pichler



Zum selben Thema gibt es auch eine Schrift der SVV [Schweizerische Vereinigung für Vegetarismus]: "Die wirtschaftlichen und ökologischen Folgen der fleischorientierten Ernährungsweise." Sie kann kostenlos bei der SVV bezogen oder im Internet gelesen werden: www.vegetarismus.ch
Die Zeitschrift "Vegi•info" ist erhältlich bei SVV, Bahnhofstr. 52, CH-9315 Neukirch-Egnach; Büro: Renato Pichler, Tel.: 0041 (0)71 477 33 77, Fax: (0)71 477 33 78, eMail: svv@vegetarismus.ch; Abo-Preis: SFr. 20.-/Jahr (4 Ausgaben).



(Red.: Leserin R. K. aus D-München bat mich, folgende unterstützenswerte Tierschutz-Organisationen zu nennen, von deren seriöser Arbeit sie überzeugt ist. Hier die Liste der Adressen:

1. Animal Angels e. V., Rehlingstrasse 16a, D-79100 Freiburg, Tel: 0049 (0) 761 70 436 0, Fax: 0049 (0) 761 70 436 29, eMail: info@animal-angels.de, Website: www.animal-angels.de, Bankverbindung Deutschland: Volksbank Freiburg, BLZ 680 900 00, Kto. 152 174 13; Bankverbindung Schweiz: Basler Kantonalbank, Kto. 42 165 525 59.
Diese Organisation verfolgt Tiertransporte in ganz Europa und meldet einerseits Verstösse gegen die geltenden Tierschutzgesetze (sowie überhaupt vorhanden) bei den Behörden und engagieren sich für die Verbesserung entsprechender Tierschutzgesetze.

2. Tierhilfe Süd e. V., Deutschland: Konradstr. 12, D-80801 München, Tel: 0049 (0)89 39 77 22, Fax 0049 (0)89 59 99 17 75, eMail: post@tier.at; Österreich: Hinterbergstr. 2, A-3051 St. Christophen, Tel: 0043 (0)27 72 53 764, Fax: 0043 (0)27 72 56 068, Bankverbindung Deutschland: Sparda-Bank München, BLZ: 700 905 00, Kto. 26 26 900, Swift: GENODEF1S04; Bankverbindung Österreich: Raiffeisenbank St. Pölten, Kto. 4 109 229, BLZ 32585, Swift: RLNWATWWOBG
Setzt sich ein für Strassentiere (v. a. Hunde, Katzen) u.a. in Bulgarien, Türkei, Spanien. Engagiert sich auch politisch für Verbesserungen im europäischen Tierschutz.

3. Förderverein Tierhilfe HOFFNUNG (vormals Aurora) – Hilfe für Tiere in Not e. V., Uhlandstr. 20, D-72135 Dettenhausen, Tel: 0049 (0)7157 6 13 41, Fax 0049 (0)7157 6 71 02, eMail: ute.langenkamp@t-online.de, Website: www.tierhilfe-hoffnung.de, Bankverbindung: Kreissparkasse Tübingen, Kto. 2 480 460, BLZ 6 41 500 20
Unterhält u.a. ein riesiges Hundeheim in Rumänien. Laut Recherchen im Internet soll einmal ein Rechtsstreit wegen angeblicher finanzieller Unstimmigkeiten gegen Frau Langenkamp geführt worden sein. Es habe sich jedoch herausgestellt, dass die Anschuldigungen unberechtigt waren. Die Angelegenheit scheint inzwischen bereinigt zu sein.



Leserin R. K. sandte mir ausserdem die Kopie eines Leserbriefes (wahrscheinlich aus einer Zeitschrift für Vegetarismus) zu. Ein Carnetarier [Fleischesser] hatte die Vegetarier angegriffen mit dem Argument, Pflanzen seien auch empfindungsfähige Lebewesen, die man für menschliche Nahrung züchte, "töte" und aufesse. Die Antwort des Vegetariers:
„Es ist natürlich richtig, dass Pflanzen auch Lebewesen sind, denen wir mit Respekt gegenübertreten sollten. Aber viel mehr Pflanzen müssen für die Verwendung als Viehfutter getötet werden, damit wir Fleisch essen können? Für ein grosses Steak auf unserem Teller muss eine Getreidemenge verfüttert werden, mit der sonst 40 Menschen eine Mahlzeit bekämen. Ganz zu schweigen von den Umweltauswirkungen dieser "Fleischwirtschaft", die noch mehr Lebewesen (auch indirekt) tötet.
Aus evolutionstheoretischer Sicht sollte man zuerst nach dem Sinn von Schmerzempfindungen fragen. Diese haben die Funktion, auf schädliche Einflüsse hinzuweisen, bzw. einer externen Schmerzquelle auszuweichen. Pflanzen verfügen nur über sehr geringe Möglichkeiten, auf Umwelteinflüsse zu reagieren. Ihren Standort wechseln können sie überhaupt nicht [stimmt nicht ganz!], insofern wäre die Ausbildung einer Schmerzwahrnehmung, die der von Tieren entspräche, sinnwidrig bzw. disfunktional [nicht nützlich]. Notwendig hierfür wäre das Vorliegen eines geeigneten, zentral organisierten, Nervensystems, das bei Tieren, nicht aber bei Pflanzen nachweisbar ist. [stimmt nicht ganz!] Selbst wer dies nicht akzeptieren kann, sollte zumindest zwischen dem Grad an Leidfähigkeit einer Kuh (die u.a. auch soziale Bedürfnisse kennt) und der eines Kopfsalates unterscheiden. Des Weiteren sollte berücksichtigt werden, dass die "Produktion tierischer Lebensmittel" den vier- bis zwölffachen Kalorien-Einsatz an pflanzlichen Futtermitteln erfordert. “



Pflanzen sind viel empfindlicher, als gemeinhin angenommen wird! Sie haben eine bereits höherentwickelte Seele, sind also "beseelt". – T.F.)


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"