21 Jahre lang arbeitete ARIGO in der Überzeugung, dass sein Körper - während der Trance - vom Geist eines ehemaligen deutschen Militärarztes namens Dr. Adolf Fritz benutzt wurde. Angeblich im 1. Weltkrieg ums Leben gekommen. Ein Identitätsbeweis konnte nie erbracht werden, aber das interessierte die Kranken gar nicht; sie suchten Hilfe, und bei ungezählten Tausenden war das auch wirklich der Fall.
Seit ARIGOs Unfalltod im Jahre 1971 traten noch etliche Medien auf, die den "Dr. FRITZ" zu haben meinten: OSKAR WILDE DE OLIVEIRA SILVA, LUCIA MONTEIRO, der reguläre Arzt EDSON QUEIROZ u. a. mehr. Nahezu zwanzig solcher Heiler registrierte ich. Der in Rio praktizierende Elektroingenieur RUBENS DE FARIAS (42) hält sich für das letzte Medium des "Dr. FRITZ", danach sei dessen Wirken auf der physischen Ebene beendet. Aber ich kenne eine Heilerin in Curitiba, an deren Tür ebenfalls "Dr. FRITZ" steht, und neuerdings MAURICIO, über den ich noch berichten werde. Während meiner kürzlichen Vortragsreise in Brasilien konnte ich folgende Trance-Heiler feststellen:
ANTONIO DA SILVA, genannt DI PATO, der sehr einfach lebt, obwohl er von dem TV-Star SILVIO SANTOS aus Dankbarkeit ein tolles Haus geschenkt bekam. SANTOS, der tägliche Unterhaltungsprogramme allein bestreitet, bekam Probleme mit seiner Stimme. Vergeblich konsultierte er namhafte Ärzte, auch in den USA. ANTONIO half!
Heilungssuchende kommen autobusweise zu ANTONIO. Man muss ein kleines Glas mitbringen, mit einem Stück sauberer Watte in Alkohol. Mit dieser Watte berührt ANTONIO den Körper des Patienten an verschiedenen Stellen. Dann legt er die Watte ins Glas zurück. Aber merkwürdig: Die Watte hat sich verfärbt, sondert Blut, Eiter usw. ab! ANTONIOs Erfolge werden gerühmt. In der Regel muss man jedoch mehrmals zur Behandlung kommen, was für Patienten mit weiter Anreise ein Problem darstellt. Pro Behandlung nimmt der Heiler lediglich drei Real, was drei US-Dollar entspricht. Er verordnet Diät und viele Gebete, speziell die Novene (neun Tage lang), als vorbereitende Unterstützung des Heilungsprozesses.
DR. VALFRIDO, über den ich noch wenig in Erfahrung bringen konnte (in Brasilien wird man mit dem Vornamen angesprochen). Er nimmt angeblich kein Geld und legt ebenfalls grossen Wert auf ernsthaftes Beten. Eine Frau soll er vor der Amputation ihres rechten Beines bewahrt haben.
ENEAS FERREIRA LEMOS, genannt PEDRO EVANGELISTA (36), vier Kinder. Bei ihm manifestiert sich im Trancezustand kein "Dr. FRITZ", sondern der angeblich aus Pernambuco stammende und 1949 verstorbene Arzt Dr. JOSE VALDIVINO, der während des 2. Weltkrieges für das Rote Kreuz arbeitete.
Täglich behandelt Pedro 200-300 Hilfesuchende. Er sagt, seine Operationen seien von zweierlei Art: Herkömmlich chirurgische Eingriffe am physischen Leib, wobei er ein Skalpell benutzt, und spirituelle am Astralkörper. Dazu Diätanweisung sowie die Empfehlung, viel zu beten. Seine Begabung habe er im Alter von zwölf Jahren entdeckt. Damals brach sich ein Spielgefährte die Schulter, und PEDRO habe ihm unter Gebet die Schmerzen nehmen können.
Nach der Behandlung sollen die Patienten eine halbe Stunde ruhen und können und dann gehen. "Anfangs hatte ich viele Schwierigkeiten, denn selbst meine eigene Familie glaubte mir nicht mehr", sagt PEDRO. Patienten mit AIDS, Krebs oder anderen kaum zu heilenden Krankheiten verspricht PEDRO keine Heilung, doch könne er das Allgemeinbefinden und damit das Leben solcher Menschen deutlich verbessern. "Ich arbeite mit homöopathischen Medikamenten, die ich selbst zusammenstelle. AIDS ist eine Krankheit mit spirituellem Hintergrund, die auf die Welt kam, um uns Menschen zu warnen", erklärt er. "Es gibt zuviel Sünde auf der Welt, und zuviel Promiskuität." (Promiskuität = Regelloser Sex mit wechselnden Partnern, ohne seelische Bindung - von den Massenmedien eifrig propagiert.)
In PEDROs Haus sind die Wände mit vielen Heiligenbildern und Bibelzitaten geschmückt. Er ist zweifellos ein tiefgläubiger Mann. "Meine Arbeit besteht nicht bloss aus dem Versuch zu heilen, sondern zugleich den Menschen das Wort Gottes näher zu bringen. Jede Behandlung, die ich beginne, tue ich im Namen Gottes, denn die Menschen erinnern sich seiner nur, wenn sie ihn nötig haben."
Der sympathische PEDRO arbeitet mittwochs, donnerstags und freitags ab sieben Uhr morgens. Untersuchung und Behandlung sind gratis, nur die Medikamente sind zu bezahlen. Er betont: "Ich arbeite nicht für Geld, das würden die Wesenheiten (d. h. seine jenseitigen Helfer) nicht gestatten, aber ich lebe von meiner Arbeit".
Viel von sich reden macht neuerdings MAURICIO GUIMARAES, der von ungefähr 10 Uhr bis 4 Uhr morgens etwa 600 Kranke zu behandeln pflegt. Und hier soll es wieder der berühmte Dr. Adolf FRITZ sein, der sich via Medium manifestiert und den Kranken zu helfen versucht (was wird wohl Rubens DE FARIAS in Rio dazu sagen?) - Der Name "Dr. FRITZ" gewann weit über Brasilien hinaus einen so guten Klang, dass manche Wesenheiten das damit verbundene Vertrauenskapital anscheinend psychosomatisch nutzen möchten...
Auch bei MAURICIO beginnt die Arbeit mit Gebeten und religiösen Liedern. Dann werden seine jeweils bis zu vierzig Helferinnen und Helfer vorgestellt. Im Rahmen von einer Art "Voruntersuchung" bekommt jeder Kranke so genannte Passes, eine energetische Behandlungsmethode, die seinerzeit schon der deutsche Arzt FRANZ ANTON MESMER (1734 - 1815) erfolgreich praktizierte.
MAURICIO reicht schliesslich einem Assistenten die Hand und fällt in Trance. Dann beginnen die Behandlungen. "Allein im letzten Monat", so heisst es in einer Tageszeitung, " behandelte MAURICIO / Dr. Fritz mehr als 8'000 Kranke. Einer der ersten, der - mit Familienangehörigen - in die Sporthalle kam, war der Diplomlandwirt und Ingenieur DAURI JOSE CATTONI (37). Infolge einer Schussverletzung, die er vor einem Monat bei einem Überfall in seiner Gastwirtschaft erlitt, ist er gelähmt. Er habe es sich, so erzählt seine Ehefrau, nicht zweimal überlegt, zu MAURICIO zu gehen. Dr. FRITZ sei ihre grösste Hoffnung, denn ihr Mann sei vor zehn Jahren schon einmal von Dr. FRITZ mit Erfolg operiert worden. "
" Mit der Geschicklichkeit eines Chirurgen setzt MAURICIOmit dem Skalpell einen Schnitt in den Rücken des Ingenieurs und führt eine lange Pinzette ein, die er sogleich wieder herauszieht. An verschiedenen Stellen sticht er Nadeln in den Rücken, sie sofort wieder entfernend. Das Ganze dauert nur 15 Sekunden! Zum Schluss empfiehlt Dr. FRITZ zwei weitere Operationen während der nächsten 60 Tage. "
" Plötzlich, nach etwa fünfzig Behandlungen, hält MAURICIO für ein paar Augenblicke inne und wendet sich an die Zeitungsreporter. 'Was ist denn los mit dem Wasser in der Stadt?' fragt er. 'Fast alle hier haben sehr ernste Darmprobleme wegen des Trinkwassers.' Dann setzt er seine Arbeit fort. Schnell bewegt sich MAURICIO von einer Patientenliege zur anderen. Gespannt beobachtet der 16jährige MARCIO GIOVANELLA das Geschehen. Nach einem Tauchunglück in zu seichtem Wasser ist er seit Februar an den Rollstuhl gefesselt. Der 5. Rückenwirbel ist verletzt. 'Wenn er Glück hat, kann er vielleicht den Oberkörper bewegen', sagten die Ärzte; aber mehrere Operationen bleiben erfolglos, Marcio kann nur die Arme bewegen. - Die Behandlung dieses Jungen war eine der längsten in jener Nacht. Ergebnis: Er bewegt die Füsse! Aufzustehen, wozu Dr. FRITZ ihn aufgefordert hatte, getraute er sich allerdings nicht, er war zu aufgeregt. In zwei Monaten soll er wiederkommen. "
Des weiteren sind schwerbehinderte Kinder namentlich erwähnt, deren letzte Hoffnung "Dr. FRITZ" darstellt. Das Gottvertrauen der begleitenden Angehörigen kommt in rührenden Worten zum Ausdruck. So z. B. bei der vierjährigen ANA PAULA DA SILVA, ein Kind, das infolge einer Gehirnlähmung nie laufen lernte. Spitalaufenthalte blieben erfolglos. Ärzte schlugen drei weitere Operationen vor, obwohl die Erfolgsaussichten gering seien. "Wir waren sehr enttäuscht", bekundeten die Eltern, "unsere einzige Hoffnung ist jetzt die Hilfe Gottes durch Dr. FRITZ."
Nun, auch in Brasilien gibt es ein Kurpfuschergesetz, und schon ARIGO war seinerzeit zweimal angeklagt und eingesperrt worden. Die Presse, wiewohl von gleicher Sorte wie bei uns, aber weit aufgeschlossener gegenüber paranormalen Phänomenen, lässt es keineswegs an Kritik fehlen. So lautet die Schlagzeile einer Tageszeitung: "Arzt, gestorben 1918, behandelt täglich 600 Kranke". Untertitel: "Eine angebliche Inkorporation des Dr. FRITZ. Zweifelhafte Operationen". Im Text heisst es, Hoffnung sei die Triebfeder jener Volksmassen aller sozialen Schichten, die Zuflucht suchen beim Medium MAURICIO GUIMARAES. Circa 70% sind von Ärzten aufgegeben. Als letzte Alternative betrachten sie MAURICIO, ein weiterer Brasilianer, welcher behauptet, dass er den Geist des 1918 verstorbenen deutschen Arztes Dr. FRITZ inkorporiert. Das chirurgische Instrumentarium besteht aus einem Skalpell, Nadeln, Pinzetten, Scheren, Watte und einem gezahnten Küchenmesser. Konsultationen und Operationen plus dem Einsetzen der Nadeln dauert selten mehr als drei Minuten. Schmerzbetäubung entfällt, ebenso die Sterilisation der Instrumente. Laut Angaben des Dr. FRITZ geschieht dies auf spirituelle Weise. Die Operationen selbst würden am Perispirit vorgenommen. (Perispirit = im brasilianischen Spiritismus - nach ALLAN KARDEC - der unsichtbare innere Körper, auch Astralleib genannt.)
Ein Pater erklärte der Presse gegenüber, die Operationen des MAURICIO seien weiter nichts als ein Possenspiel. Er glaube nicht an totale Heilungen via Medium. Für eine Franziskanerschwester hingegen "kann die Präsenz Gottes sich in vielerlei Formen zeigen". Wer von beiden mag recht haben? - Für den Regionalen medizinischen Rat (CRM) stellt die Verwendung eines Skalpells durch MAURICIO eine illegale Ausübung chirurgischer Praxis dar. Für den Gynäkologen Dr. JOSE SPOSITO sind das "mittelalterliche Operationen", und die vom Medium praktizierten Methoden "archaischer Natur". Dieser Arzt bemerkt, Heilung sei ein spiritueller Prozess, und es gebe durchaus höherentwickelte Geister, die es verstünden, kosmische Energie zu kanalisieren, um wirklich zu heilen. Dieser Dr. FRITZ sei aber nicht in der Lage, beispielsweise AIDS zu heilen, weil es zu seiner Zeit diese Krankheit noch nicht gab.
Freunde berichteten mir von ihren persönlichen Erfahrungen mit Mauricio alias "Dr. FRITZ". Unser Leser, Betriebsleiter VICTOR F., bekundet: "Zu 98% ist mein Gehör wieder in Ordnung, und meine Hernie am Mageneingang ist geheilt, wie Röntgenaufnahmen bestätigen". Zwei Unterleibsbehandlungen bei seiner Frau jedoch brachten keinen Erfolg. Ein anderer Freund, Prof. LUCAS B., dessen Frau sich ebenfalls behandeln liess, bemängelte das zeitweilig theatralisch wirkende Gehabe des "Dr. FRITZ". Ausserdem missfiel die Art, "wie er einige Patienten anfasste, fast brutal, besonders Kinder" (!) (Fussnote 2) .
Andererseits kann man sehen, wie Kranke, die mit Krücken den Behandlungsraum betraten, ihrer danach nicht mehr bedürfen. Oder: "Ein kleines Mädchen mit dicken Brillengläsern wie der Unterteil einer Flasche, das ohne Brille hilflos war, konnte nach einer von Dr. FRITZ aufgetragenen Mischung von Wasser und Rosenblättern, womit er die Augen des Kindes benetzte, nach etwa 30 Sekunden wieder ohne Brille sehen! Er nahm ihre Brille, legte sie etwa 3 m von ihr entfernt auf den Fussboden und forderte sie auf, ihre Brille zu holen; was sie auch tat und dann lachend den Raum verliess." - Festzustellen, ob solche Ergebnisse nicht bloss Augenblickserfolge (infolge glaubensbereiter Erwartungshaltung, was bei Kleinstkindern allerdings ausscheidet), sondern solche von Dauer sind, wäre im Rahmen einer Langzeitbeobachtungsstudie untersuchenswert.
MAURICIO erklärt, kein Geld von den Kranken zu brauchen. Er besässe eine Importfirma für brasilianische Produkte in Paraguay, und seiner Frau würden dort mehrere Farmen gehören. Gegenwärtig kämpft MAURICIO um die Errichtung eines Waisenhauses für Strassenkinder. Ein anderes Projekt, das vor dem Abschluss steht, ist ein Spital für AIDS-Kranke. Zur Bestreitung der anfallenden Unkosten für den Ankauf von zwanzig verschiedenen Arzneimitteln (die an Bedürftige gratis abgegeben werden), Verbandszeug, Strom- und Telefonkosten usw. werden pro Patient 10 Real erbeten. Zudem soll jeder 1 kg Lebensmittel mitbringen, die von einer Gruppe um MAURICIO an mehr als 2'000 notleidende Familien verteilt werden. Über solche Aktivitäten regt sich natürlich keiner der Kritiker MAURICIOs auf. Er selbst betont, kein Scharlatan zu sein, wie ihm ständig vorgeworfen werde. "Meine Werke beweisen es". Es gebe Tausende von dokumentierten Heilerfolgen.
Rudolf Passian
Fussnote 1:. Wir möchten jenen Lesern, die der nachfolgende Beitrag anspricht, empfehlen, sich PASSIANs sachlich informatives sowie spannend zu lesendes Ausnahmewerk Abenteuer PSI (Reichl-Verlag) anzuschaffen, in dem der Autor grossenteils eigene Erfahrungen mit brasilianischen und philippinischen Heilern schildert. Mit seinen zahlreichen Abbildungen und im Stil eines Reiseberichts geschrieben, nimmt dieses Buch eine Sonderstellung unter den Büchern zum Thema ein. Leider wird dieses wertvolle Buch nicht mehr aufgelegt und bald vergriffen sein. Erhältlich ist Abenteuer PSI zum Preis von DM/sFr 58,- beim VERLAG MARTIN WEBER, D - Schutterwald.
Fussnote 2: Brutales Verhalten, wie es z. B. bei JOAO TEXEIRA in Goias (zu dem täglich zwischen anderthalb bis dreitausend Menschen kommen!) beobachtet werden kann, gemahnt zur Vorsicht. Es spricht dies nicht für eine höhere Entwicklungsstufe der beteiligten (jenseitigen) Wesenheiten. Ebensowenig wie bei jenem Tranceheiler, der seine Patienten mit einer Handkreissäge traktierte. Leider können wir die Jenseitigen nicht sehen, die sich des Körpers eines Mediums bedienen. Könnten wir's, so wären wir möglicherweise gleichermassen schockiert wie jener Mann an den Basler Psi-Tagen 1992, der bei einer Demonstration des Heilers UMBERTO mit dem erschreckten Ausruf "Ich sehe den Geist!" in Ohnmacht fiel. "Er hat meinen Assistenten gesehen", erklärte UMBERTO. Sah der so schrecklich aus? - Die höchste Form spiritueller Krankenbehandlung ist zweifellos rein energetischer und somit unblutiger Natur. Aber die meisten Leute "wollen etwas sehen", dann sind sie eher zu glauben bereit. Glaubenskräfte aber sind keineswegs immer eine Heilungsvoraussetzung, wie dies z. B. Erfolge bei Kleinstkindern beweisen dürften.
Letzte Änderung am 30. Juli 2000