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Religion - Christentum - Leben-Jesu-Forschung

Reaktionen der WB-Leser Felix Gietenbruch, Alexander Veigel und Josef Konrad auf den Artikel von Michael Krause: Die Auferstehung Christi (WB 4/2001) und auf den Artikel von Armin Risi: Ging Jesus nach Indien? - Das Turiner Grabtuch (WB 1/2001), erschienen in der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr. 6/2001, S. 198-205.

Was bedeutet die Auferstehung Jesu Christi?

Streit um die Wirklichkeit der Auferstehung

Zwei Artikel zum Thema „Auferstehung“ sind im Wegbegleiter bisher erschienen (WB 1 u. 4/2001). Beide behandelten die Frage, ob Jesus wirklich leiblich auferstanden ist. Vor allem der letzte von M. Krause versuchte, eine wunderhafte, fleischliche Auferstehung aus den Texten zu beweisen und sich gegenüber anderen Anschauungen abzugrenzen.
Seit H. S. Reimarus (1694-1768) die Behauptung aufstellte, dass Jesus gar nicht wirklich auferstanden sei, sondern sein Leichnam von den Jüngern gestohlen wurde und diese die Auferstehung als Lüge behauptet hätten, lässt diese Frage das christliche Abendland nicht mehr in Ruhe, wie etwa der Aufruhr um das jüngst von Gerd Lüdemann veröffentlichte Buch „Die Auferstehung Jesu“ zeigt, in dem der Autor behauptet, dass Jesus einfach verwest sei. Trotz historischer Kritik halten die meisten Theologen an dem Wunder der Auferstehung Jesu fest – auch wenn einem meist nicht klar ist, was denn damit eigentlich gemeint ist.
Sofort ergeben sich nämlich weitreichende Fragen. Die meisten Menschen glauben, dass sie nach dem Tode in irgendeiner Form weiterexistieren, ihre Seele den Tod also überlebt – was aber auf den ersten Blick nichts mit Auferstehung zu tun hat, da diese ja eine des Leibes sein soll. Der Katholizismus hat zu diesem Problem raffinierte Lösungen gefunden; einerseits lebt die Seele nach dem Tode weiter, indem sie in den Himmel, das Fegefeuer oder die Hölle kommt, kehrt dann aber am jüngsten Tage, bei der allgemeinen Totenauferstehung, zu ihren sterblichen Überresten zurück, um nun im erneuerten, verklärten Fleischesleib endlich zu auferstehen. Das durch die Reformation geborene Schriftverständnis brachte noch radikalere Modelle hervor. Die Reformatoren begnügten sich meist, das Fegefeuer zu verneinen. Andere Kreise gingen auch damals schon weiter und behaupteten, dass die Seele bis zur Auferstehung schlafe. Der moderne Protestantismus hat dann durch die sog. zweite Aufklärung, die auch die Unsterblichkeit der Seele verneinte, behauptet, dass nach biblischem Verständnis der Mensch beim Tode mit Leib und Seele zu Grunde gehe – um dann bei der Auferstehung gänzlich neu geschaffen zu werden. Dies sei das christliche Modell, das dem griechisch-heidnischen mit seiner unsterblichen Seele radikal entgegenstehe (1). – Auferstehung ist hier also nicht nur ein erneutes Zusammensetzen der „verwaisten“ Seele mit ihrem Körper, sondern die Neuschaffung des Menschen als angeblich „ganzheitliches“ Leib-Seele Wesen aus der gänzlichen Vernichtung.
Die vielen Veröffentlichungen zu Nahtodeserfahrungen in den letzten Jahren haben auch ausserhalb parapsychologisch interessierter Kreise die Hoffnung auf eine unsterbliche Seele und ein Leben nach dem Tode wieder zur Gewissheit werden lassen. In christlichen Kreisen ist ihre Aufnahme verschieden. In den grossen theologischen Schulen schenkt man den Nahtodeserfahrungen wenig Beachtung; dann gibt es einerseits evangelikale Kreise, die sie unterschiedslos als Werk des Teufels betrachten, andererseits aber auch solche, die sie ernst nehmen und mit der Bibel in Einklang zu bringen suchen (2).
Für den parapsychologisch Interessierten ist es keine Frage, dass diese Erfahrungen echt sind und von einem Leben nach dem Tode im positiven und negativen Sinne zeugen. Doch auch ihm muss sich die Frage nach dem Zusammenhang mit der Auferstehung stellen, zumindest dann, wenn er in Jesus Christus den grossen Erlöser der Menschheit sieht. Und dieser Frage wollen wir im Folgenden nachgehen.

Das Auferstehungszeugnis der Ostkirche

In der westlichen Tradition hat sich als Bilddarstellung der Auferstehung das leere Grab eingeprägt (Mk 16,1-8par) – ganz dem Auferstehungsverständnis entsprechend: es zeugt von der Wiederbelebung des toten Leichnams Jesu, der plötzlich lebendig, im fleischlichen Leibe, der Maria Magdalena und anderen ihm Nahestehenden erscheint.
Was zeigt die Auferstehungsikone (Anastasis) der Ostkirche? Nicht das leere Grab als Auferstehungsereignis, sondern Jesus auf seiner Höllenfahrt, wie er auf den zerbrochenen Toren der Hölle steht und Adam helfend die Hand gibt, um ihn aus der Gefangenschaft der Unterwelt zu befreien. Neben ihm kniet in dieser Darstellung die bittende Eva und hinter Jesus stehen alttestamentliche Gerechte.
In der Alten Kirche galt die Höllenfahrt als das entscheidende Heilsereignis, das zwischen dem Tod Jesu und seiner Auferstehung am dritten Tage – zwischen Karfreitag und Ostern – stattfand. Nach dem unsäglichen Leid und dem Tod am Kreuz dringt Jesus mit Gottes Kraft und seinen Engellegionen in das dunkle Totenreich ein und überwindet dessen Herrscher, den Teufel. Bis zu Christi Erlösung mussten alle Menschen, auch wenn sie Gottes Wege suchten, nach ihrem Tode in diese Finsternis hinabsteigen, keiner konnte aus diesem Reich entfliehen; seine Tore waren unüberwindbar verschlossen; es war ein Gefängnis, der Totenweg eine Einbahnstrasse ohne Umkehr. Es war die adamische Schuld des Abfalls, die diese Bindung verursachte. Diese Schuld, die schwer auf der ganzen Menschheit lag, trägt Jesus am Kreuz – und kann deshalb nachher die Gebundenen befreien und erlösen. Adam ist in der Ikonendarstellung also zugleich die Symbolfigur für die ganze gefallene Menschheit.
Diese Befreiung des Menschen aus der Gefangenschaft des Totenreiches – ein Zurückkehren aus einem Ort der Gottesferne in die Gottesnähe: den Himmel, das Paradies – dies ist in der Ostkirche die Auferstehung. Und weil Christus als erster dieses Reich betritt, es überwindet und frei wieder verlässt, ist er der erste Auferstandene – und zugleich der Wegbereiter für alle ihm Nachfolgenden. Eindringlich wird dies in ostkirchlichen Osterhymnen besungen:

5. Ode: „… Als die in den Banden des Hades Gehaltenen Deine unermessliche Barmherzigkeit erblickten, da eilten sie zum Lichte, Christus, dem ewigen Pascha zujubelnd …“
7. Ode: „… Du fuhrst hinunter in die Tiefen der Erde und zerbrachst die ewigen Riegel, welche die Gefesselten verschlossen …“ — „… Du hast mitauferweckt den Urahn Adam, als Du aus dem Grabe erstandest!“ (aus dem Osterkanon des Joh. v. Damaskus)

3. Ton, Troparion: „Freuen mögen sich die Himmel und jauchzen die Erde, denn der Herr hat Kraft gewirkt durch seinen Arm. Er hat durch den Tod den Tod zertreten, er ward der Erstgeborene der Toten, er hat uns befreit aus dem Schosse des Hades und der Welt grosse Gnade geschenkt.“
4. Ton, Kontakion: „Mein Heiland und Erlöser hat erbarmungsvoll aus dem Grabe als Gott, aus den Fesseln die Staubgeborenen erweckt. Er hat zerbrochen die Tore des Hades und ist als Gebieter erstanden am dritten Tage.“
7. Ton, Kontakion: „Nicht mehr vermag das Reich des Todes die Sterblichen zu halten, denn Christus ist hinabgestiegen, hat seine Kräfte zerstört und aufgelöst. Gebunden ist der Hades. Die Propheten frohlocken, einstimmig rufend: Der Erlöser ist erschienen, denen, die glauben. Gehet hinaus, Gläubige, zur Auferstehung!“
8. Ton, Kontakion: „Auferstanden aus dem Grabe hast Du die Toten aufgerichtet und Adam erweckt. Eva frohlockt ob Deiner Auferstehung und die Enden der Welt jubeln ob Deines Erwachens von den Toten Allbarmherziger.“ (aus dem Oktoech) (3)

Es muss auffallen, dass hier das Grab nicht wörtlich verstanden wird: es ist ein Sinnbild für das Totenreich. Und man kann schon ahnen, dass dieses Auferstehungsverständnis nicht mit einer unsterblichen Seele im Streit liegt: Tod und Leben müssen in einem anderen als dem irdischen Sinn verstanden werden.

Auferstehung bei Johannes Greber

In Grebers Werk „Der Verkehr mit der Geisterwelt Gottes“ (1932) – man könnte es das Grundlagenwerk des christlichen Spiritualismus nennen – finden sich im zweiten Teil Ausführungen zum Verständnis des Christentums, unter denen auch die Auferstehung besprochen wird. Im folgenden ist ein Ausschnitt zitiert:

„6. Die Auferstehung von den Toten besteht also darin, dass die im Reiche der geistig Toten weilenden Geister sich in Reue wieder zum Reiche Gottes erheben. … Dass sie zurückkehren können und von dem Fürsten des gottfeindlichen Reiches – Luzifer – nicht mehr mit Gewalt festgehalten werden, haben sie dem Erlöser zu verdanken. Dieser hat durch seinen Sieg über den Fürsten des Totenreiches die Freigabe derer erzwungen, die ihren Abfall bereuen und zu Gott zurückkehren möchten. Er selbst war der erste, der zu den Toten der Hölle hinabgestiegen war, ohne selbst zu den von Gott Abgefallenen zu gehören. Er war auch der erste, der aus der Hölle zum Himmel aufstieg. Vorher war dies keinem Geiste der Tiefe möglich. Wer einmal in der Hölle war, konnte nicht mehr zur Höhe. Die Rückkehr Christi aus der Hölle war die erste ‚Auferstehung von den Toten'. …
Die Christen von heute denken sich unter ‚Auferstehung von den Toten' eine Wiederherstellung des irdischen Leibes. Und die Auferstehung Christi am Ostersonntag ist ihnen die Wiedervereinigung seines Geistes mit dem Körper, der drei Tage im Grabe gelegen hatte. Das alles sind grosse Irrtümer. Denn die Auferstehung Christi von den Toten ist – um dies noch einmal zu wiederholen – nur seine Rückkehr aus dem Reiche der geistig Toten, eine Rückkehr aus der Hölle, in die er als Geist hinabgestiegen war. Das apostolische Glaubensbekenntnis drückt das richtig in den Worten aus: ‚Abgestiegen zu der Hölle, am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten.' Klarer würden die Worte lauten: ‚Abgestiegen zu den Toten, am dritten Tage wieder zurückgekehrt von den Toten.' “ (4)

Man ist erstaunt, wie sehr diese Ausführungen mit dem orthodoxen Verständnis übereinstimmen, obwohl sie auf ganz verschiedenen Wegen entstanden sind. Hier ist es ganz deutlich, dass eine unsterbliche Seele in keiner Art und Weise mit der Auferstehung im Widerspruch steht: sie ist vielmehr ihre Voraussetzung. Nicht eine Wiederherstellung des vergänglichen Menschen ist die Auferstehung, sondern die Rückkehr aus dem Reich der Finsternis in Gottes Nähe, in den Himmel.
Die Höllenfahrt Christi ist dem Theologen als wichtige Lehre der Alten Kirche nicht unbekannt. Nur hat sie praktisch keine Bedeutung mehr in der Theologie des 20. Jh., da sie für ein entmythologisierende Theologie zu „mythisch“ ist. Man hat dann auch versucht, sie als späte Vorstellung nachzuweisen, die in den neutestamentlichen Schriften – wenn überhaupt – nur am Rande vorhanden sei (5).

Biblisches Sprachverständnis – faktisch oder symbolisch?

Das Problem ist aber so einfach nicht vom Tisch zu wischen. Im Alten Testament hiess Sterben tatsächlich in die Unterwelt hinabgehen. Und aus vielen Psalmen wird deutlich, wie sehr diese Unterwelt ein dämonisches Reich ist, das den Menschen in seine Tiefe ziehen will, ihn von Gott entfremdet und wegzieht. Wichtig ist dabei die Sprache, die verwendet wird: sie ist reich an einer Bildsymbolik, die dem ganzen altorientalischen Raum gemeinsam ist. So kann für die Unterwelt (Scheol im Hebräischen) Grab, Grube, Meer, Staub, ja selbst Erde stehen (6). Die Gräber, welche ausgehauene Felsenhöhlen waren, sind also zugleich ein Sinnbild: sie verdeutlichen, dass auch die Seele in die Tiefen der Erde – die Scheol – einziehen musste, nicht nur der Leichnam.
Gisela Kittel, die ein Buch zur Frage der Auferstehung geschrieben hat, machte diese Dimension biblischer Sprache wieder deutlich, auch für das Neue Testament. Sie zeigt, dass auch im ältesten Osterbekenntnis (1.Kor 15,3-5) die Höllenfahrt schon eingezeichnet ist. Ihre Auslegung der Erzählung des leeren Grabes (Mk 16,1-8) macht dies besonders deutlich. Die Frauen fragen: „Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Und sie sahen hin und wurden gewahr, dass der Stein weggewälzt war; denn er war sehr gross.“ (Vers 3 und 4). Das Grab war also zuvor verschlossen und konnte nicht von einem Menschen geöffnet werden. Der Engel im Grab sagt zu ihnen: „Ihr sucht Jesus von Nazareth, den Gekreuzigten. Auferweckt ward er, er ist nicht hier.“ (Vers 6). Der gesuchte Jesus befindet sich also nicht mehr im Raum des Grabes. – Bedenken wir das Grab als Symbol der Scheol, so wird uns die tiefere Aussage dieser Texte deutlich: der weggewälzte Stein ist Bild für das nun geöffnete Totenreich, der nicht anwesende Jesus Zeichen, dass er diesem Reich nicht angehört, es überwunden hat (7).
Jesus überwindet durch seinen Tod den Tod, dadurch wird die „Auferstehung von den Toten“ möglich. Doch was ist diese Herrschaft des Todes, von der Christus befreit? Ist damit der irdische Tod gemeint? Im Alten Testament ist oft vom „Tod“ als eines Gegenspielers Gottes die Rede, sodass seine personalen Züge nicht übersehen werden können (Jes 25,8; Ps 49,15; Hi 18,13-15 u.a.). Dies geht wahrscheinlich auf kanaanitische Mythen zurück, in denen der Herrscher der Unterwelt schlicht „Tod“ (mot) heisst. In Hi 18,14 wird dieser dunkle Herrscher geradezu der „König des Schreckens“ genannt. Für das Neue Testament ist nun entscheidend, dass der „Tod“ und der Teufel zu einer Figur verschmolzen sind. Und wenn Paulus von der Herrschaft und der endgültigen Überwindung des „Todes“ spricht ist damit eben diese personale Macht gemeint: der Teufel als Herrscher des Totenreiches (Röm 5,14.17; 1.Kor 15,26.54f; Hebr 11,5 u.a.) (8).
Schon dieser Befund lässt ahnen, dass die Begriffe Tod und Leben nicht im irdischen Sinne verstanden werden. Folgendes Zitat macht ihren Sinn deutlich: „So heisst es im Spätjudentum von den Gottlosen: sie werden Tote in ihrem Leben genannt, oder sie sind begraben und tot in ihrem Leben. Umgekehrt gilt für die Frommen: sie heissen – auch im Tod – Lebende.“ (9). Leben und Tod drücken also den intakten oder gebrochenen Gottesbezug aus. Anders gesagt: „Mit Gott vereint sein und ihm angehören, ist das ,Leben'. Von Gott getrennt sein, ist der ,Tod' (Greber, 159). Tod ist in der Bibel in erster Linie nicht die Trennung des Geistes vom irdischen Körper, sondern die Trennung des Geistes von Gott. Viele Stellen in der Bibel machen dies von selbst deutlich (Lk 15,32; Röm 6,13; 8,6; Eph 2,5; 1.Tim 5,6 u.a.).
Nicht nur das geöffnete Grab zeugt von Christi Überwindung der Hölle, sondern auch sein Sieg über den „Tod“ als personalem Herrscher und die „Auferstehung von den Toten“ selbst: ein zum-Leben-Kommen derer, die in der Trennung Gottes – der Scheol – harrend der Erlösung warteten. Es ist klar geworden, dass das Verständnis der Auferstehung stark mit unserem biblischen Sprachverständnis zusammenhängt: in seine mythischen Tiefen gilt es zu dringen.

Apokryphe Texte

Es gibt reiches apokryphes Material, das von der Höllenfahrt Christi zeugt. Das Nikodemusevangelium, das dramatisch die Überwindung der Hölle durch Christus schildert, hat das Mittelalter tief geprägt, das den Stoff in zahlreichen Osterspielen lebendig zur Darstellung brachte. Zwei frühe Beispiele sollen die dichterische Kraft dieser Texte belegen und zugleich zeigen, dass die neutestamentliche Sprache damals tatsächlich mythisch verstanden wurde. Das erste stammt aus den Oden Salomons, die in Ich-Form als Offenbarung Christi überliefert sind.

Ode 42,10-20: Gegen allen Anschein bin ich nicht verworfen worden.
Obwohl man es von mir dachte, bin ich nicht umgekommen.
Das Totenreich sah mich, doch ihm wurde elend dabei.
Der Tod spie mich aus und viele andere mit mir.
Für den Tod wurde ich wie Essig und Bittertrank.
Bis in die äusserste Tiefe bin ich mit ihm hinabgestiegen.
Doch dem Tod wurden die Füsse schlaff, und sein Haupt sank,
denn er konnte meinen Anblick nicht ertragen.
Unter seinen Toten schuf ich eine Gemeinde der Lebendigen.
Ich sprach zu ihnen als Lebender, damit mein Wort nicht vergeblich sei.
Die Toten liefen zu mir und riefen: „Erbarm dich unser, Sohn Gottes!
Handle an uns so freundlich, wie du bist.
Hole uns heraus aus den Fesseln der Finsternis.
Öffne uns das Tor, durch das wir hinausziehen können zu dir!
Denn wir begreifen, dass unser Tod dir nichts antun kann.
Lass uns mit dir zusammen erlöst werden,
denn du bist unser Erlöser.“
Dann hörte ich ihre Stimme
und nahm mir ihren Glauben zu Herzen.
Ich legte meinen Namen auf ihr Haupt,
denn sie sind frei
und sie gehören mir.
Halleluja!

Das zweite aus den „Lehren des Silvanus“ (einem Paulusschüler), die im Nag Hammadi Codex gefunden wurden, selber aber keine gnostische Schrift sind.

Sil 110.10-111.20:
Erkenne, wer Christus ist, und mache ihn dir zum Freund, denn er ist der Freund, der vertrauenswürdig ist.
Ebenso ist er der Gott und der Lehrer.
Dieser, obwohl er Gott war, wurde deinetwegen zum Menschen.
Er ist es, der die eisernen Riegel der Hölle und die bronzenen Bolzen zerbrach.
Er ist es, der alle hochnäsigen Tyrannen angriff und niederwarf.
Er ist es, der von sich die Fesseln löste, mit denen er gebunden war.
Er brachte die Armen aus der Tiefe und die Trauernden aus der Unterwelt.
Er, der die hochnäsigen Kräfte erniedrigte;
er, der die Hochmut durch Demut beschämte;
er, der niedergeworfen hat den Starken und den Überheblichen durch Schwachheit;
er, der in seiner Verachtung das verschmähte, was für Ehre erachtet wird, damit der Demütige um Gottes willen hoch erhoben werde;
und er hat die Menschheit angezogen und ist doch Gott, das göttliche Wort, er, der allezeit den Menschen trägt.
Und er wollte Demut in dem Hochmütigen hervorbringen.
Er, der den Menschen erhöhte, wurde wie Gott, nicht damit er Gott zum Menschen herabbringe, sondern damit der Mensch Gott ähnlich werde.
Oh, diese grosse Güte Gottes!
Christus König, der du die grosse Göttlichkeit den Menschen offenbart hast,
König aller Tugend und König des Lebens,
König der Äonen und Grösster der Himmel, höre meine Worte und vergib mir.

Auferstehung und Erscheinung


„Als Jesus am frühen Morgen des ersten Wochentages auferstanden war, erschien er zuerst der Maria aus Magdala, …“ (Mk 16,9). Andere Stellen klingen ähnlich (Lk 24,13-32; Joh 20,26-29; Mt 28,16-20; 1.Kor 15,3-7 u.a.). Wichtig daran ist, dass diese biblischen Berichte zwischen der Auferstehung und der Erscheinung Jesu trennen, die Erscheinungen Jesu nicht für identisch mit der Auferstehung halten; – aber genau dies tut die Auslegungstradition, welche die Auferstehung für die Wiederbelebung und Verklärung des irdisch toten Jesus hält. Sie unterscheidet, mit anderen Worten, nicht zwischen dem Auferstehungsereignis, das in der Überwindung der Hölle besteht, und den darauf erfolgenden Erscheinungen Christi. Für sie ist die leibliche Erscheinung Jesu die Auferstehung.
Parapsychologisch betrachtet stellen diese Erscheinungen nichts Besonderes dar. Es sind Materialisationen verschiedener Dichtegrade, mit denen sich ein geistiges Wesen irdisch kundtut, wie sie von einigen Materialisationsmedien ebenfalls bekannt sind. Bei diesen Medien kam es auch zu solchen Dichtegraden, sodass sich die Phantome nicht von einem wirklichen Menschen unterscheiden liessen. Man konnte sogar ihren Puls messen – genauso wie Thomas in Jesu Wunden greifen konnte (Joh 20,26-29) (10). Bei Greber steht zurecht:

„Auch hat die Tatsache, dass Christus nach seinem irdischen Tode seinen Getreuen in einer materiellen Gestalt erschienen ist, zu der falschen Auffassung gebracht [geführt, d. Hrsg.], er habe seinen früheren menschlichen Leib wieder angenommen. In Wirklichkeit machte er sich in derselben Weise sichtbar, wie sich stets die Geister sichtbar machen, nämlich durch Materialisation ihres geistigen Leibes.“ (Greber, 386)

Diese Gleichsetzung ist letztlich an dem anfangs erwähnten Streit Schuld. In diesem verbissenen Ringen rationaler Gegner und evangelikaler Befürworter geht letztlich die eigentliche Auferstehung ganz verloren. Man kämpft um ein Wunder, das parapsychologisch keines ist – aber das Eigentliche geht vergessen!
Paulus selbst verneint eine fleischliche Auferstehung (1.Kor 15,50). Doch spricht er von einem „geistigen Leib“ (1.Kor 15,44), der auferstehen wird. Gibt es also doch eine Auferstehung des Leibes? Aus verschiedensten Jenseitsbeschreibungen wissen wir, dass ein Verstorbener keineswegs ohne Leib ist. Aber sein Leib kann mehr oder weniger herrlich sein, mehr oder weniger „dicht“ – von der Schattenhaftigkeit der Tiefe bis zu lichter Höhe zieht sich dieses Spektrum. Jesus sagt, dass die Gerechten wie die Sonne leuchten werden in seines Vaters Reich (Mt 13,43) oder wie Engel sein werden (Mt 22,30par). Wir können daraus schliessen, dass die Auferstehung sehr wohl einen besonderen Leib mit sich bringt – einen rein leuchtenden Geistleib (wie ihn auch die Engel haben). Doch dies, könnte man sagen, ist die Folge der Auferstehung, nämlich der Heimkehr aus dem Totenreich zu Gott: denn was in Gottes Nähe – im Himmel – ist, kann nur von reiner, himmlisch-leuchtender Beschaffenheit sein.

Das Ende der Hölle

Der Katholizismus kennt noch ein vermittelndes Fegefeuer, im Protestantismus stehen sich Himmel und Hölle schroff und abgrundtief gegenüber. Wenn Jesus aber die Höllentore zerbrochen hat, ist da gerade keine Abgrundtiefe mehr, sondern er hat einen Weg vom Totenreich ins Lebensreich geschaffen: einen jenseitigen Heilsweg. Die Hoffnung auf die Erlösung aller gefallenen Geschöpfe, letztlich auch des am tiefsten Gefallenen, des Teufels, ist tatsächlich aus der Höllenfahrt entstanden und hat in der Ostkirche noch heute ihre Bedeutung. Die Unterwelt ist keine Einbahnstrasse, kein Land ohne Heimkehr mehr. Denn einer hat einen Weg aus ihrer Ausweglosigkeit gebaut, einen Weg zur wahren Heimat aller Geschöpfe: dem Himmel. Diese geöffneten Tore bleiben ewig offen – und darum ist die Hölle gerade keine ewige. Denn nach und nach wird sich ihr Raum von den nun freien Gefangenen entleeren, und ihr Ende wird nicht ihre Vernichtung sein, sondern ihre gänzliche Leerheit: dann, wenn alle Geschöpfe auf dem von Christus geschaffenen Pfad zu Gott zurückgekehrt sind. Denn kein Geschöpf kann auf ewig dem liebenden Rufen Gottes widerstehen.

Heimkehr in wachsenden Stufen

Der Dualismus von Himmel und Hölle wirkt sich auch auf die Erwartung eines Lebens nach dem Tode aus: man ist entweder ganz verklärt oder ganz verdammt. Nach dem Tode gibt es kein Wachsen mehr, kein Sich-Entwickeln. Eine doch recht sonderbare Erwartung. Denn wer von uns könnte an seinem Lebensende sagen, dass er seine Wege vollendet hat?
Mediumistische Berichte und hellsehende Einblicke ins Jenseits stimmen im wesentlichen darin überein, dass das Jenseits in Stufen eingeteilt ist. Weder die Unterwelt noch der Himmel ist ein einheitliches Gebilde, sondern erscheint als eine Stufenleiter von der Finsternis zum Licht durch alle Farben hindurch. Diese Stufen spiegeln die Gottesnähe oder -ferne der sie bewohnenden Geschöpfe wieder. Dieses Jenseitsbild hat seinen Ursprung nicht im neuzeitlichen Spiritismus, sondern geht in seinen Ursprüngen auf den Pietismus zurück. Eindrücklich sind etwa die Erfahrungen von Oberlin, einem Pfarrer aus dem Elsass, der neben seinen grossen sozialen Leistungen eine Art Jenseitskunde erstellte und neun Jahre lang mit seiner verstorbenen Frau Kontakt hatte, die ihm nicht nur Einblicke in ihr jenseitiges Dasein gab, sondern auch zeigt, wie jenseitige Errungenschaften ins Diesseitige hineinwirken (11).
Auferstehung lässt sich so als einen Weg, einen Prozess begreifen, der in diesem Leben beginnt und sich im jenseitigen bis zur Vollendung fortsetzt. Gehen muss ihn jedes Geschöpf selbst. Doch den Weg hat es nicht selber geschaffen, da ist ihm einer vorausgegangen, seiner Spur folgt es Schritt um Schritt nach: Jesus Christus. Er steht allen Gehenden liebend und stützend zur Seite. Entscheidend ist das Sich-auf-den-Weg-Machen, die Umkehr vom Tod zum Leben, von der Gottesferne hin zu Gottes Nähe, zum Tun des göttlichen Willens. „Auch gebt nicht der Sünde eure Glieder hin als Waffen der Ungerechtigkeit, sondern gebt euch selbst Gott hin, als solche, die tot waren und nun lebendig sind, und eure Glieder Gott als Waffen der Gerechtigkeit.“ (Röm 6,13).

Felix Gietenbruch


Quellenverzeichnis:

(1) Populär wurde ein Buch des Theologen Cullmann, das diese These aufstellte, sie aber nicht streng durchhält (Oscar Cullmann, Unsterblichkeit der Seele oder Auferstehung der Toten? Antwort des Neuen Testamentes, Stuttgart (1988).

(2) Eine erfreulich positive Aufnahme findet sich bei Wennemar Schweer, Todesnäheerfahrungen und christlicher Glaube, in: Zeitschrift für Religions- und Weltanschauungsfragen 2 (2001), S. 41-55.

(3) Beide Texte sind nach H.-J. Schulz, Die „Höllenfahrt“ als „Anastasis“, in: ZKTh 1959, S. 29f zitiert.

(4) Johannes Greber, Der Verkehr mit der Geisterwelt Gottes, seine Gesetze und sein Zweck, Teaneck, 1975, S. 383 u. 384f.

(5) So z.B. Werner Bieder, Die Vorstellung von der Höllenfahrt Jesu Christi. Beitrag zur Entstehungsgeschichte vom sog. Descensus ad Infernos, Zürich 1949.

(6) Vgl. das Standardwerk von Othmar Keel, Die Welt der altorientalischen Bildsymbolik und das Alte Testament. Am Beispiel der Psalmen, Göttingen, 1996.

(7) Gisela Kittel, Befreit aus dem Rachen des Todes. Tod und Todesüberwindung im Alten und Neuen Testament, Göttingen 1999. Zum Osterbekenntnis: S. 103-19; zum Mk 16,1-8: S. 120-34.

(8) Vgl. dazu John F. Healey (1999), „Death is swallowed up in victory“ (1 Corinthians 15:54): Canaanite Mot in prophecy and apocalypse, in: New heaven and new earth – prophecy and the millennium (VTS 77), Leiden u.a. 1999, S. 205-215.

(9) Hans-Peter Hasenfratz, Die toten Lebenden. Eine religionsphänomenologische Studie zum sozialen Tod in archaischen Gesellschaften, Leiden 1982, S. 59.

(10) Zahlreiche Beispiele von Materialisationen finden sich bei Werner Schiebeler, Zeugnis für die jenseitige Welt. Eine Darstellung der Erfahrungsbeweise, Neuwied 1989

(11) Zum Bau des Jenseits: Willem C. van Dam, Tote sterben nicht. Erfahrungsberichte zwischen Leben und Tod, Augsburg 1995. Zu Oberlin: Alfons Rosenberg, J.F. Oberlin. Die Bleibestätten der Toten, Bietigheim o.J.

Anmerkung der Redaktion: Wir danken unserem Leser Herrn Gietenbruch sehr herzlich für seine Ausführungen, die uns einmal mehr vor Augen führen, wie wichtig der Blick „über den Zaun“ ist, um übergeordnete Zusammenhänge wahrzunehmen.


Nach-Gedanken zum Beitrag von Michael Krause „Die Auferstehung Christi“:

-red. Neben dem ausführlichen Artikel von Felix Gietenbruch erreichten uns noch mehrere kürzere Stellungnahmen, von denen wir hier zwei wiedergeben.

Bevor wir uns mit allem Für und Wider auseinandersetzen, ob es eine Auferstehung Jesu Christi gegeben hat oder nicht, müssten wir uns erst einmal mit der Frage beschäftigen, was denn da überhaupt auferstanden ist oder auferstanden sein könnte. Die biblischen Berichte über Jesu Erscheinungen zwischen Ostern und Himmelfahrt lassen erkennen, dass Er nicht mit seinem Erdenleib auferstanden und dann noch mehrmals erschienen ist. Bei Seinem Erscheinen trat Er nie durch die Türen aus und ein, Seine „Erscheinung“ entstand vermeintlich aus dem Nichts, war plötzlich da, und genauso verschwand sie auch wieder. Er muss dabei auch ein verändertes Aussehen gehabt haben, denn Maria Magdalena meinte, es sei der Gärtner, und die Apostel glaubten bei Seinem ersten Erscheinen, einen „Geist“ zu sehen. Sie hatten offenbar grosse Angst und waren sich über Seine Identität im Unklaren, denn Er sagte zu ihnen, sie sollen sich nicht fürchten, ER sei es.
Für Leute, die der Parapsychologie nahestehen, ist die Auferstehung Jesu Christi im Hinblick auf die biblischen Berichte nichts Abstraktes und auch nichts Einzigartiges. In der parapsychologischen Literatur findet sich eine ganze Reihe ähnlicher Fälle von Erscheinungen verstorbener Menschen. Auch Prof. Schiebeler berichtet in seinem Buch „Der Tod, die Brücke zu neuem Leben“ über „Die sichtbare Erscheinung der Gestalt Verstorbener“. Einen besonders eindrucksvollen, selbsterlebten „Fall“ schildert die weithin bekannte Elisabeth Kübler-Ross in ihrem Buch „Über den Tod und das Leben danach“ (Seiten 38-43). Der „Geist“ überbrachte ihr eine Bitte, konnte sprechen, schreiben, gehen und Türen öffnen. Frau Kübler-Ross, die bis dahin selbst nicht glauben konnte, dass es so etwas gibt, erkannte die Erschienene als eine vor zehn Monaten verstorbene Patientin aus ihrer psychiatrischen Praxis. Jesus sagte, dass auch wir auferweckt werden, wenn wir Ihm nachfolgen. Doch wie auch immer das gemeint ist, es werden dennoch mit grösster Wahrscheinlichkeit auch nach unserer „Auferstehung“ noch unsere sterblichen Überreste im Grabe liegen.
Die bedrängendste aller Fragen ist für uns also nicht, ob die Auferstehung Christi tatsächlich stattgefunden hat, sondern warum sein Grab zwei Tage später leer war, und was aus seinem Leichnam geworden ist. Von kirchlicher Seite wird einem gesagt, dass der Erdenleib Jesu verwandelt und zu einem himmlischen Auferstehungsleib verklärt worden sei. Aber was bedeutet hier Verwandlung und Verklärung? Selbst ein erfahrener Parapsychologe kommt mit diesen Begriffen in Verlegenheit. Apostel Paulus sagt: „...denn wir alle werden verwandelt werden.“ Davon sind auch wir, die wir von der Para-Forschung „aufgeklärt“ sind, voll und ganz überzeugt. Doch sind wir ebenso überzeugt, dass wir, trotz unserer Verwandlung, einen Leichnam hinterlassen werden.

Leeres Grab?

Jesu leeres Grab war offenkundig nichts „Ein-Maliges“. Es ist überliefert, dass auch das Grab der Mutter Maria nach wenigen Tagen leer war. Auf unzähligen Abbildungen der „Himmelfahrt Marias“ sehen wir dargestellt, wie Maria himmlischen Gefilden entgegenschwebt und darunter die Apostel fassungslos um das leere Grab herumstehen. Auch von Stammvater Henoch und dem Propheten Elias wird berichtet, sie seien mit ihrem Leibe ins Jenseits „entrückt“ worden. Ist also ein leeres Grab ein Zeichen für besonders grosse Heiligkeit des Verstorbenen? Doch auch in unserer Zeit gibt es angeblich noch das Phänomen der „Leeren Särge“. W. O. Roesermüller berichtet über solches in seiner Broschüre „Gottes Wort, Geister und Naturforscher“ (Rohm-Verlag). Daher drängt sich nun die Frage auf: Gibt es im nachtodlichen Leben einen Unterschied zwischen denen, die ein leeres Grab und denen, die ein Grab mit Inhalt hinterlassen haben? Und haben die Ersteren dadurch gegenüber den Letzteren einen Vorteil?
In dem Büchlein „Neueste Erkenntnisse über das Turiner Grabtuch“ (Christiana-Verlag) lesen wir, Atomwissenschaftler hätten festgestellt, dass im Grab Jesu „im Augenblick der Auferstehung“ eine Art Lichtexplosion stattgefunden habe, wodurch dann, ähnlich wie bei einem Foto-Negativ der Abdruck auf dem Tuch entstand. (Siehe auch WB Nr. 1/2001 S. 8+9) Hat etwa der Engel am Grab (Mt.28: Er leuchtete wie ein Blitz) mit diesem Lichtblitz (?) den Leichnam Jesu verschwinden lassen, bzw. zur Unsichtbarkeit umgewandelt?
Der Mystiker Carl Welkisch schreibt in seinem Buch „Der Mensch zwischen Geist und Welt“ (Reichl-Verlag) über die Auferstehung Christi:
„(...) Bei Jesus jedoch verblieb der Geist im Herzen des verstorbenen Körpers und leitete die Gotteskräfte in ihn hinein, durch die der physische Leib in einen geistigen, den Auferstehungsleib verwandelt wurde. Die Auferstehung ist also kein Wiederlebendigwerden des entseelten materiellen Körpers gewesen, sondern dessen Auflösung und Überführung in den geistigen Daseinszustand. Jesus hat nichts Verwesliches zurückgelassen; das Grab war leer. Er konnte aber den in den Geistzustand überführten Leib vorübergehend wieder in die materielle Erscheinungsform zurückverwandeln und in solcher gegenständlich greifbaren Gestalt vor seine Jünger treten.“
Nun bliebe noch die Frage zu klären, ob die Särge derjenigen, die als Verstorbene ebenfalls ihren „Auferstehungsleib“ vorübergehend wieder in die „materielle Erscheinungsform“ zurückverwandeln können oder konnten, genauso leer sind, wie damals das Grab Christi es war.
Im christlichen Glaubensbekenntnis wird gesprochen: „...hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten...“
„Reich des Todes“ ? Was ist das? Hat der Tod ein Reich? Wäre es nicht richtiger zu sagen: „Reich der Toten“ im Sinne von Hölle, Unterwelt oder Reich des Satans? Vor dem letzten Konzil hiess diese Textstelle tatsächlich noch „abgestiegen zu der Hölle“. Warum diese Änderung? War das etwa falsch, oder wussten die Menschen früherer Zeiten noch besser Bescheid, was dieser „Abstieg“ zu bedeuten hatte?
Wer das Buch von Pfarrer Greber „Der Verkehr mit der Geisterwelt“ gelesen hat, weiss, dass Jesus zwischen Karfreitag und Ostern keineswegs „tot“ oder „im Tode“ war, sondern sehr lebendig und aktiv (siehe Seiten 347-350). Was sich da „unten“ im „Reich des Todes“ zwischen Ihm und Satan abgespielt hat, scheint der wichtigste Vorgang der ganzen Erlösungs-Mission Christi gewesen zu sein. Auch Mystiker und Visionäre berichten über diese „Höllenfahrt Christi“, und auch im Neuen Testament, im ersten Petrus-Brief, gibt es einen Hinweis darauf. Dort steht zu lesen: „...nachdem er dem Fleische nach getötet, dem Geiste nach aber lebendig gemacht wurde, ging er im Geiste hin zu den Geistern im Gefängnis und predigte ihnen, die einst nicht gehorchen wollten...“

Was sagt die Kirche?

Es ist sonderbar, dass kein kirchlicher Prediger sich dieses Themas annimmt. Man weiss offenbar wirklich nicht mehr, wie dieses „hinabgestiegen in das Reich des Todes“ aufzufassen ist. Dass dem so ist, zeigt auch der Wortlaut des darauffolgenden Satzes: „am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten“. Wieso auferstanden von den Toten? War Er etwa einer von diesen Toten? Ausserdem, die Umkehrung von „hinabgestiegen“ wäre doch „wieder heraufgestiegen“ und nicht „wieder auferstanden“.
Jesus selbst hat nie von seinem „Tod“ gesprochen, für Ihn gab es nur „Leben“. Es mutet daher ziemlich befremdlich an, dass in jeder katholischen Messfeier Jesu „Tod“ verkündet wird. Er ist keinem Tod anheimgefallen, darum brauchte Er auch nicht vom Tode auferstehen. Und da ganz offenkundig auch Sein materieller Erdenleib nicht wiederhergestellt wurde, so fragen wir uns mit Recht, was wir hier unter dem Begriff „Auferstehung“ eigentlich verstehen sollen. Die Frage, ob es eine Auferstehung Christi gegeben hat, kann also nicht so ohne weiteres mit JA oder NEIN beantwortet werden.

WB-Leser Josef Konrad, D-89358 Behlingen



Beeindruckt von einer solch präzisen Recherche und detailgenauen Dokumentation über die Auferstehung Christi frage ich mich, wie überhaupt jemals Zweifel daran entstehen konnten. Es ist geradezu ein Wunder, es zeugt von absoluter Vollkommenheit, wie die Untersuchung jedes noch so kleinen Details eindeutige Indizien für die Auferstehung liefert.
Der einzige Einwand, der aus meiner Sicht zu erheben ist, wendet sich nicht gegen die geschichtlichen Tatsachen, sondern einzig und allein gegen den ersten Satz des Artikels: Wie kann man die Auferstehung verstehen? Ist Christi Auferstehung ein einzigartiges Ereignis?
Wir wissen, dass nach dem Tod der leblose Körper zurückbleibt und zerfällt, während die ewige Seele ihre Reise fortsetzt und einen neuen Körper annehmen kann. Dies gilt bekanntermassen in gleicher Weise für alle Lebewesen in der materiellen Welt. Es gibt allerdings in der christlichen Tradition Hunderte von Beispielen, die beschreiben, wie hohe Engelwesen, sogar Gottvater Selbst, körperlich erscheinen und wieder verschwinden. Die hohen Engel erscheinen nur dann, wenn sie von Gottvater dazu beauftragt worden sind. Er Selbst ist der höchste Auftrag. Und Er ist der höchste Auftraggeber. Er ist nicht verschieden vom höchsten Auftrag, genausowenig, wie Er von Seinem Namen oder von Seinem Körper verschieden ist.

Die Transzendenz

Wenn wir sterben, bleiben unser Körper, unser Name, unsere materielle Identität, die doch nicht unsere wahre Identität ist, zurück, denn wir gehen ja weiter als spirituelles Fünkchen. Wir sind die ewige Seele, wohl aber verschieden von unserem Körper. Christus ist Sein geliebter Sohn und nicht verschieden vom Vater. Auch Er, Sein Name und Sein Körper sind transzendental. Auch die vedischen Schriften berichten uns über viele solcher transzendentalen Erscheinungen hoher Lichtwesen und Devas für bestimmte Zwecke und Aufgaben. Die höchste Aufgabe ist immer Gottvater Selbst. So erschien Sri Krischna persönlich vor rund 5000 Jahren auf der Erde, um im Vorfeld einer entscheidenden Schlacht Seinem Freund und Geweihten Arjuna die Bhagavad-gita zu verkünden.

Alexander Veigel, D-Bayerbach



Anm. d. Red.: Wir danken allen Leserinnen und Lesern, die zu Michael Krauses Beitrag Stellung bezogen haben. Die Auferstehung Christi ist ein so wesentliches Element, dass wir das Thema auch im Wegbegleiter immer wieder aufgreifen. Wie Bildhauer, die in mühevoller Arbeit Stück für Stück einer zuvor im Stein verborgenen Figur freilegen, so bleibt es auch uns nicht erspart, das Mysterium von Golgatha von allen Seiten anzuschauen. In Telefonaten stellt sich dabei oft heraus, dass ein kleiner Nebensatz, eine scheinbare Randbemerkung in einem Artikel für einen unserer Mitwanderer ein regelrechtes Durchbruchserlebnis war, das ihm oder ihr hilft, fester im Glauben zu stehen und durch dieses Erkennen den eigenen Lebensweg sicherer zu gehen.

Eine Leserin schrieb: „ ... bin auf einmal wie geöffnet für die Sprache der göttlichen Wahrheit, verstehe die Zusammenhänge und kann, ohne die störenden Einwände meines kleinen, menschlichen Verstandes, einfach glauben.
Dafür sage ich von Herzen: DANKE.“


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"