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Naturwissenschaften - Parapsychologie
(Anm.d.Erf.: Der Artikel stammt von R. Passian aus der Zeitschrift "Wegbegleiter" vom Sept./Oktober 1999, Nr. 5., IV. Jahrgang, S. 283 ff. Anmerkungen des Erfassers sind in []-Klammern.)

Zum 100. Todestag von Dr. Carl du Prel (3.4.1839 - 5.8.1899)

[ Ein Portrait von Rudolf Passian über Dr. Carl du Prel ]

Wer sich mit der Geschichte der parapsychologischen Forschung näher beschäftigt, für den ist der Name Carl du Prel ein Begriff, ja geradezu der Inbegriff vorurteilsfreier und gründlicher Forschung auf dem Gebiet der sogenannten Grenzwissenschaften. Er erkannte den weltanschaulichen Wert dieser Forschung, nämlich den in ihr liegenden Schlüssel zur Überwindung des Materialismus. Letzerer war (und ist) nach du Prel nur deshalb so erfolgreich, "weil er den geringsten Verstandesaufwand erfordert".
Freiherr Dr. Carl du Prel entstammte einem alten burgundischen Adelsgeschlecht, das dann in Luxemburg ansässig war. Ein Zweig desselben liess sich später in Bayern nieder. Carl wurde am 3. April 1839 als zweiter Sohn des Rechtsanwaltes Baron Maximilian du Prel in Landshut/Bayern geboren. Erzogen wurde er in der königlichen Pagerie. Danach begann er mit dem Jurastudium, was ihm jedoch reichlich öde erschien. Als 1859 vorübergehend mobilisiert wurde, ging er als Leutnant zur Infanterie. Er machte den Feldzug von 1866 mit und die für Bayern unglückliche Schlacht bei Kissingen. Da er Französisch perfekt beherrschte, wurde er 1870 Kommandant eines Gefangenenlagers in Neuburg an der Donau.
Als Hauptmann nahm du Prel 1871 seinen Abschied, um sich ganz seiner Lieblingsbeschäftigung widmen zu können: der Philosophie. Schon während seiner Militärzeit hatte er diesbezügliche Studien betrieben und von der philosophischen Fakultät der Universität Tübingen den Doktorgrad verliehen bekommen (1868). Sein Freund Dr. Richard WEDEL schrieb später über ihn: "Mit welchen Gefühlen er seinem bisherigen Berufe (als Offizier) den Rücken wandte, das kann nur der ahnen, der seinen offenen, jedem falschen Scheine und jedem nicht durch innere Notwendigkeit begründeten Zwange abholden Sinn kannte. Männer seiner Art beugen sich nur vor der Autorität der Wahrheit und der Aristokratie des Geistes!"
In der Folgezeit unternahm du Prel ausgedehnte Wanderungen. Einmal pilgerte er zu Fuss von München über die Tauern bis nach Venedig. Er durchstreifte Tirol, Italien und Dalmatien. Seine Reiseskizzen "Unter Tannen und Pinien" lassen den Schauenden und Denker erkennen.
Mit dem Werk "Der Kampf ums Dasein am Himmel" wurde die astronomische Fachwelt auf du Prel aufmerksam (1873). Die dritte Auflage (1882) erschien unter dem Titel "Entwicklungsgeschichte des Weltalls. Entwurf einer Philosophie der Astronomie". Du Prel machte sich auch Gedanken über das mögliche Vorhandensein bewohnter Planeten in anderen Sonnensystemen. Und da er sich u.a. auch mit dem Wesen unserer Träume beschäftigt hatte, blieb es nicht aus, dass er mit dem rätselvollen Gebiet der Mystik in Berührung kam. Und diese wiederum stellt ein Tor dar zu dem, was heute Parapsychologie, Paranormologie oder PSI-Forschung genannt wird.
In seinem Werk "Psychologie der Lyrik" (1880) analysierte du Prel das Wesen der dichterischen Phantasie. Im gleichen Jahr fand seine Vermählung mit Frau Albertine, geb. von Baur, statt, die ihm eine verständnisvolle Lebensgefährtin wurde.
Du Prels erstes Hauptwerk war "Die Philosophie der Mystik" (1885). Der Titel 'Mystik' freilich war von vornherein Missverständnissen ausgesetzt. Deshalb verwendete du Prel später lieber die Bezeichnungen Magie oder Okkultismus.
Dieses Buch hat du Prels Forschungen auf den Gebieten des Traumlebens, des Somnambulismus (Fussnote 1) und der Hypnose zur Grundlage; zu einer Zeit, als wissenschaftlicherseits die Hypnose noch vehement abgelehnt und als Schwindel bezeichnet wurde.
Carl du Prel erkannte sehr bald die Doppelnatur des Menschen, wie sie aus der Verlagerung der "Empfindungsschwelle" in aussergewöhnlichen Bewusstseinszuständen (in Hypnose, Trance, Traumleben oder Somnambulismus) offenkundig wird: Was wir im Wachbewusstsein sehen, fühlen, empfinden, ist nicht alles, was das Wesen des Menschen ausmacht. Anhand seiner Untersuchungen zahlreicher Fälle von "Doppelgängerei" (Fussnote 2) kam du Prel zu dem Schluss, dass der Mensch neben seinem physischen Körper noch einen zweiten, "inneren" Körper besitzt, den sogenannten

Astralleib

In seiner Form entspricht er völlig dem physischen Körper, ist jedoch von feinstofflicher (odischer, nach Dr. Karl v. Reichenbach) Beschaffenheit. Du Prel begründete dies ausführlich in seinen Werken "Die monistische Seelenlehre. Ein Beitrag zur Lösung des Menschenrätsels" (1888) und "Die Entdeckung der Seele durch die Geheimwissenschaften" (2 Bände, 1893 und 1895). Mit dem - experimentell längst erwiesenen -Vorhandensein unseres inneren Körpers kann der Beweis erbracht werden, dass der Mensch ein Bürger zweier Welten ist: der sinnfällig wahrnehmbaren diesseitigen Welt, und einer jenseitigen Welt, die jenseits der Wahrnehmungsfähigkeit unserer Sinne liegt. Dass das vielbezweifelte Jenseits nicht irgendwo hinter den Wolken zu suchen ist, sondern bereits da beginnt, wo unsere Sinne aufhören, unserem Wachbewusstsein Eindrücke zu vermitteln, ist eine logische Schlussfolgerung der du Prel'schen Forschungen. Das, was die parapsychologische Forschung seither erarbeitete, ist nur eine Ergänzung der Erkenntnisse du Prels; Erkenntnisse, aus denen er konsequent die philosophisch-weltanschaulichen Schlüsse zog.
Zur Deutung von Phänomenen die auf "Geister" und ein persönliches Weiterleben nach dem körperlichen Tod hinweisen, dienen in der Parapsychologie seit jeher zwei Hypothesen: die animistische und die spiritistische. Während die "Animisten" meinen, ein nachtodliches Weiterleben liesse sich weder beweisen noch widerlegen, sind die Vertreter der gleichermassen berechtigten spiritistischen Hypothese anderer Auffassung. Sie finden es sogar völlig legal, den inneren Körper des Menschen mit seiner Seele gleichzusetzen (Seele, nicht zu verwechseln mit ichbewusstem Geist).
Du Prel nun wies das Vorhandensein unserer Seele nicht vom spiritistischen, sondern vom animistischen Standpunkt aus nach. Er erkannte darüber hinaus die Seele als gestaltendes Prinzip des Körpers, weshalb er nicht nur ihre nachtodliche Weiterexistenz annahm, sondern auch ihr vorgeburtliches Existieren. Seiner Meinung nach entwickelte sich die Seele (nicht der Geist!) über Äonen hindurch, über die niederen Organismen, die Pflanzen- und Tierwelt, bis zur menschlichen Seele, die den physischen Leib beseelt und vom Geist belebt wird.
Du Prel war also durchaus Darwinist, aber er verlegte die Entwicklung (Evolution) in die Seele, welche ihrerseits den Körper erst bildet.
In Bezug auf Aussagen und Erscheinungen von "Geistern" war du Prel überaus kritisch. Die meisten der sogenannten Geisterkundgebungen hielt er für ebenso unecht wie Spukvorkommnisse. Letztere - von Ausnahmen abgesehen - fasste er als Autosuggestionen auf, die Verstorbene mit hinübernehmen und unbewusst ins Diesseits projizieren.
Mit diesen kurzen Hinweisen soll lediglich angedeutet sein, dass du Prel kein leichtgläubiger Schwärmer war, sondern ein Wissenschaftler, der - im Gegensatz zu vielen heutigen Parapsychologen - diese Bezeichnung verdient.
Neben der von du Prel besorgten Neuherausgabe von "Kants Vorlesungen über Psychologie" und "Die Mystik der alten Griechen", verdienen besondere Hervorhebung die beiden Werke "Studien aus dem Gebiete der Geheimwissenschaften" (1890, 1.Teil: Tatsachen und Probleme, 2.Teil.- Experimentalpsychologie und- Experimentalmetaphysik) sowie "Die Magie als Naturwissenschaft" (2 Bände, 1899).
Wer die Essenz der du Prel'schen Forschungen, in kurzgefasster Form, lesen möchte, der besorge sich auf dem Ausleihwege (öffentl. Bibliotheken) die beiden Titel "Das Rätsel des Menschen" (1892, nach dem 2. Weltkrieg neu herausgegeben und kommentiert von Dr. Herbert FRITSCHE, R. Löwit-Verlag, Wiesbaden) sowie du Prels reifstes Werk: "Der Tod, das Jenseits, das Leben im Jenseits" (3. Aufl. 1922, Verlag Max Altmann, Leipzig). Diese beiden Bücher würden eine Neuauflage verdienen.
Unser grosser Vorkämpfer Dr. Carl du Prel schloss seine irdischen Augen für immer in seiner geliebten Tiroler Sommerfrische Heiligkreuz am 5. August 1899. In einer Würdigung seiner Persönlichkeit heisst es: "Er starb, wie ein Philosoph sterben soll: ruhig, ergeben, und voll unerschütterlicher Überzeugung von der ewigen Geltung seiner heiligen Sache. Näherstehende wussten freilich auch noch, dass mit Dr. Carl du Prel nicht nur einer, der um der Sache willen philosophierte, dahingegangen war, sondern auch ein edler, grosser Mensch von seltener Charakterreinheit; ein grosses Kind im materiellen Leben unserer Zeit, ein 'kleiner Schweiger', wenn ihn billige Neugier und oberflächliche Gesellschaft umgab, aber ein geist- und humorsprühender Plauderer, wenn ihm Thema und Umgebung des Plauderns wert schienen."
Für Carl du Prel war der Tod keine Entseelung des Leibes, sondern eine Entleibung der Seele, ein Freiwerden des Ichs von der Schwere des irdischen Körpers.
Der Erde übergeben wurde sein Körper in Heiligkreuz bei Hall in Tirol. Im Rahmen einer Gedenkfeier am 6. September 1914 daselbst, wurde der Gemeindeverwaltung ein 2,8 m hoher Gedenkstein mit einer Erinnerungstafel übergeben. Dies geschah auf Veranlassung des seinerzeitigen Wiener Leseklubs "Sphinx". Was aus diesem Denkmal geworden ist, versuchen wir in Erfahrung zu bringen.
Manche Stellen in du Prels Werken zeugen von seinem köstlichen Humor. So hatte z.B. Ludwig BÜCHNER (1824-1899), der Verfasser des Buches 'Kraft und Stoff' (1855), wodurch er zu einem gefeierten Fahnenträger des Materialismus geworden war, du Prels Schrift "Das Rätsel des Menschen" einer - vermeintlich - vernichtenden Kritik unterzogen und als Motto ein Wort von Shakespeare vorangestellt: "Da seht, welch ein Hanswurst aus dem Verstande werden kann, wenn er auf verbotenen Wegen schleicht".
Die Kritik Büchners beruhte auf völliger Unwissenheit, denn er hatte jemals weder ein Medium gesehen, geschweige denn mit ihm experimentiert noch war ihm (die szt. schon sehr umfangreiche und ernsthafte) Fachliteratur bekannt. (Fussnote 3) Du Prel verfasste daraufhin eine Entgegnung, in der er unter Punkt 5 sagt:
"Der ganze Angriff Büchners auf meine Schrift enthält kein einziges Argument der Widerlegung, sondern nur unbewiesene Behauptungen... und die aus den Tageszeitungen bekannten Aufklärungsphrasen. Der ganze Aufsatz in seiner witzelnden, geistreich sein sollenden Form enthält keinen Punkt, wo ich eine wissenschaftliche Entgegnung anknüpfen könnte. Ich erfahre nur eines aus demselben, dass es nämlich im Kopfe des Autors total anders aussieht als in dem meinigen; aber ganz und gar unentschieden bleibt es, wer von uns beiden sich zu dieser Differenz zu gratulieren hat; und gerade das wäre interessant zu wissen."

Der Mensch ist durch die Wissenschaft herabgewürdigt worden. Man hat uns glauben machen wollen, er sei nur die Summe von Eltern und Amme, von Erziehung und leiblicher Nahrung. Aber der Mensch ist überhaupt keine Summe, sondern eine Einheit, eine metaphysische Individualität. Man gebe ihm diesen Glauben zurück, so wird er sich seiner auch würdiger benehmen.
Carl du Prel


Fussnote 1: Somnambulismus ist ein tranceähnlicher Zustand, wie er z.B. beim Schlafwandeln auftritt: Ausführung von Handlungen mit geschlossenen Augen, ohne nach dem Erwachen eine Erinnerung daran zu haben. Nach du Prel ragen wir im somnambulen Zustand in die jenseitige Welt hinein, während es auf spiritistischer Ebene umgekehrt sei (beispielsweise wenn sich eine jenseitige Wesenheit der Medialität einer Person bedient). Hypnose, Trance und Somnambulismus wären somit lediglich Ausdrucksformen unterschiedlicher Bewusstseinszustände, wobei auch die Wahrnehmungsfähigkeit eine jeweils andere ist.
Fussnote 2: Von einem Doppelgänger-Phänomen spricht man, wenn sich (bei ausserkörperlichen Erfahrungen) der ausgetretene Astralleib bis zur Sichtbarwerdung verdichtet.
Fussnote 3: In Berührung mit dem Paranormalen war Büchner schon einmal eine blamable Peinlichkeit unterlaufen: Er hatte das Buch des Amerikaners Hudson TUTTLE, "Geschichte und Gesetze des Schöpfungsvorganges" mit hohem Lob bedacht und suchte den Autor in den USA auf Dort stellte sich heraus, dass Tuttle ein einfacher Farmer war, der jenes Buch... als Schreibmedium niedergeschrieben hatte!


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Letzte Änderung am 12. April 2000