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Artikel von Walter Vogt, CH-Zürich, Juni 2001
Anmerkungen des Erfassers stehen in [ ]-Klammern.

Christliche Irrwege - Wahnvorstellungen und Besessenheitsepidemien

Nonnen - Lieder - Tänze

Im vorletzten Jahrhundert bildeten sich in Frankreich Nonnen ein, sie seien Katzen. Tatsächlich liefen sie auf allen vieren und miauten wie sie. Keine Mahnung ihrer Vorgesetzten half, ja selbst die härtesten Strafandrohungen blieben wirkungslos. Schliesslich musste das Militär eingreifen. Eine Kompanie Soldaten erhielt nämlich den strikten Befehl, den Katzenteufel mit Gewalt auszutreiben. In diesem stand, dass jede Nonne über das Knie gelegt und mit Ruten bearbeitet werden soll. Zur Exekution kam es aber nicht, denn die Furcht vor der Strafe vertrieb den Bräuten Christi das Miauen. - Der grosse Freigeist und Kirchenfeind Otto von Corvin: "Diese Nonnen, besonders, wenn sie alt und garstig wurden, konnten aber wahre Teufel sein, und ihr ganzer Hass traf die jungen und hübschen Schwestern."

Die Kindertänze in Erfurt und Utrecht erregten seinerzeit grosses Aufsehen. Niemand war imstande, ihr Entstehen zu ergründen.

Anlässlich eines Kirchweihfestes brach anno 1374 in Aachen eine geradezu erschreckende Tanzorgie aus. Die Tanzpaare traktierten sich mit Fausthieben und Fusstritten, wodurch wilde Raufereien entstanden. Alles geschah unter der Vorstellung, Gott zu huldigen und der Kirche zu dienen. – In der Stadt Metz wurden eintausendeinhundert Tanzpaare gezählt. - Im Jahre 1518 stieg die Anzahl der Tänzer und Tänzerinnen in Strassburg auf das Doppelte.

Recht Sonderbares trug sich im 17. Jahrhundert in Italien zu. Hauptsächlich im südlichsten Teil dieses Landes haust die Erdspinne, welche Tarantel genannt wird. Ihr Biss ist giftig. Man gab sich nun dem Wahn hin, das Toxin durch das "Tarantella-Lied" aus dem Körper ausscheiden zu können. Melodie und Worte sind recht banal und dennoch tanzte das Volk nach dieser Weise im raschen 3/8 oder 6/8 Takt, volle dreissig Jahre lang. Kaum erklang sie, ging das arge Treiben los, das ganze Tage und Nächte dauerte. Nur ganz Besonnene wurden von dieser wahren Hysterie verschont.

Die Tanzgottesdienste im Mittelalter und sogar teilweise in der Neuzeit arteten oft in Orgien aus, die den heidnischen Freudenfesten (Saturnalien, Hilarien und Megalesien) nicht nachstanden.

Russische Sekten

Chlysten

Um das Jahr 1650 entstand diese schwärmerische Sekte, die noch heute weit verbreitet sein soll. Ihr Stifter, Philippow, ein Bauer, gab sich selbst als 'Gott Zebaoth' und seinen Sohn als 'Christus' aus. Nach ihrer Meinung kann jeder Chlyst Christus und jede Chlystin Gottesmutter werden, wenn nur der Gottesgeist in ihnen wohnt. Aus verschiedenen Kreisen wird berichtet, dass Rasputin, der "Heilige Teufel" dieser Sekte sehr nahe stand. Deren Riten und Gebräuche riefen grosses Ärgernis bei den orthodoxen Priestern hervor. Ein Augenzeuge berichtet: "Plötzlich, inmitten des rasenden.. sich immer steigenden Wirbels, fallen die Hemden der Gottesleute bis zum Gürtel und die halb entblössten Sektierer treten der Reihe nach vor den Propheten, der sie mit einem aus Weidenruten geflochtenen Stab geisselt, um derart die Befruchtung und Zeugung des neuen Menschen im Leibe Adams anzudeuten. Und so wie Christus die Todeshülle abgeworfen hatte, um im Geiste neu aufzuerstehen, werfen nun auch die Chlysti, Männer und Frauen, während des rasenden Tanzes ihre Kleider völlig von sich. Bald wird hie und da einer von Zuckungen befallen und sinkt bewusstlos zusammen; die Lichter erlöschen, die Frauen stürzen sich mit aufgelöstem Haar auf die Männer und umarmen und küssen sich leidenschaftlich. 'In sündigem Handgemenge' wälzen sich nun die 'Gottesleute' auf dem Boden und vermischen sich, ohne Rücksicht auf Alter und Verwandtschaft. In diesem wilden Rausch der Sinne erst wird das irdische Bewusstsein und der eigene Wille völlig ausgelöscht, denn in dem sündigen Handgemenge wirkt nicht mehr das irdische Ich, sondern vielmehr der Wille des unsichtbaren Geistes."

Skopzen

Trotz schwerster Verfolgung verbreitete sich diese Sekte anfangs des 19. Jahrhunderts im ganzen Zarenreich. Rein äusserlich nahmen sie am Leben der orthodoxen Kirche teil. Durch Selbstverstümmelung suchten sie aber das Himmelreich zu erwerben. Sie beriefen sich u.a. auf die Bibelstellen Matth. 19,12 und Luk. 23,29. Gemäss ihrer Meinung kam Christus auf die Erde, um den Menschen die Kastrierung zu lehren. Sie waren der Überzeugung, dass alles Unheil dieser Erde durch den Geschlechtsverkehr zwischen Adam und Eva auf der Welt entstanden war. Die religiösen Zeremonien der Skopzy finden in der Nacht vom Sonnabend auf Sonntag statt. Ähnlich wie bei den Chlysty beinhalten sie rituelle Tänze, die zur Ekstase führen sollen. Der Tanz wird bis zur vollkommenen physischen Erschöpfung durchgeführt. Bei den Skopzy wird die Verstümmelung mit einem rotglühenden Messer oder Rasiermesser vorgenommen. Die Frauen verstümmelten sich die Brüste, um nicht mehr begehrenswert zu sein. (Von Origenes wird berichtet, dass er sich selbst entmannte, um nicht der Versuchung des Fleisches zu unterliegen.)

Stranniki (Wanderer)

Diese Pilger durchwanderten endlose Steppen und Wälder bis zum Ausbruch des unseligen l. Weltkrieges. Auf der ständigen Suche nach Gott, hofften sie, Ruhe für ihre Seelen zu finden. Von diesen ehrlichen und einfachen Menschen soll hier nicht die Rede sein. - Leider gab es unter diesen Pilgern auch unlautere und asoziale Elemente, denen das freie Nomadenleben zusagte. Der religiöse Aspekt der echten Wanderer diente ihnen nur als Vorwand. Es wird berichtet, dass sie vor keinem Vergehen zurückscheuten; sie besassen weder Heim noch Besitz. Meistens hielten sie sich in Steppen und Wäldern auf. Irgendwo fanden sie immer Unterschlupf bei Bewohnern, welche die echten von den falschen Pilgern nicht unterscheiden konnten. Es gab Zeiten, wo sie zu einer direkten Landplage wurden. Nie leisteten sie Abgaben an das Zarenreich. Durch eine Volkszählung versuchte der damalige Herrscher auch diese unsteten Wanderer zu erfassen. Seine Bemühungen waren jedoch umsonst. Um dem Bibelgesetz nicht zu widersprechen, beriefen sie sich auf Samuel 2,24. Ganze Familien gingen deshalb freiwillig in den Tod. Lebendig liessen sie sich begraben. Eine Nonne namens Vitalia soll dieses furchtbare Sterben befohlen haben.

Die Verneiner

Diese Sekte war noch fanatischer als die falschen Stranniki. Es wurde gelehrt, dass es in dieser Welt keinen Ort der Rettung gäbe. Jeder Tag des eigenen Lebens sei eine Versündigung am himmlischen Vater. Das Leben, zu dem Gott die Welt erschuf, wurde diesen Bedauernswerten zur Sünde. Wie die Wanderer liessen sie sich lebendig begraben. Ihr Glaubensgeschrei: "Ich morde dich um Jesu willen!"

Die Morelstschiki

Diese Sekte hatte im alten "heiligen" Russland eine weite Verbreitung gefunden. Ihre Mitglieder unterzogen sich der "heiligen Feuertaufe"; sie verbrannten sich in regelrecht errichteten Scheiterhaufen. Auf diese Art glaubten sie für die Sünden der Ungläubigen Sühne zu leisten. Selten wagte es jemand, sie in ihrem Treiben zu stören.

Walter Vogt


[Anmerkung des Erfassers: Die erwähnten christlichen Irrungen müssen sich nicht unbedingt genau so ereignet haben. Wir kennen alle das Verfahren der üblen Nachrede, um unbequeme Menschen in Verruf zu bringen. Zu allen Zeiten und zu jedem Zweck hat es Propaganda-Geschichten gegeben. Die Begebenheiten könnten jedoch wahr sein, denn leider findet der Gegensatz immer fanatische Gläubige, welche die Religionen mit fragwürdigem Verhalten diskreditieren helfen. ]


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"