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Psychologie - Charakterbildung

Auszug eines Buches von Gisela Weidner, erschienen in der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr. 1/2006, S. 48-52.

Selbsterkenntnis

Beitrag zur Charakterbildung von Gisela Weidner und dem Gottesboten "Nell"

Jedes Vorwärtsschreiten in der Höherentwicklung des Menschen geht nur über Selbsterkenntnis. Und auch zu diesem Erkenne-dich-selbst muss man zunächst guten Willens sein: dass man sich erkennen will! Denn was nützt es, wenn man sich erkennt, und man nicht guten Willens ist, das Erkannte auch in die Tat umzusetzen?

Sich selbst erkennen heisst, sich zuerst als geliebtes Kind Gottes zu sehen. Es heisst aber auch, seine Verfehlungen, Bindungen, seine Fehler, Untugenden und Lieblosigkeiten klar zu erkennen, ehrlich zu sich selbst zu sein und nichts beschönigen zu wollen. Das hätte ja keinen Sinn, man würde sich nur selbst belügen, und es würde dazu führen, dass man geistig steckenbleibt und sich nicht weiterentwickelt.
Wer sich selbst erkennen will, muss sich selbst genau beobachten. Und wenn man sich bei irgendeiner Untugend ertappt, bei irgendeinem schlechten Gedanken oder einem unguten Wort, so ist es günstig, wenn man das gleich analysiert und den Dingen auf den Grund geht: Wieso kam es zu diesem Gedanken, wieso kam es zu diesem Wort, wieso kam es zu dieser Tat? Wenn man so vorgeht, ist es möglich, klar zu erkennen, was in einem wurzelt und abgelegt gehört.
Es wäre sicher zu wenig, einfach über einen Fehler hinwegzugehen und zu sagen: „Na ja, das war ja deswegen, weil der das zu mir gesagt hat, da habe ich das geantwortet“, usw. Das wäre nur ein "Zudecken" der Wahrheit, und so kann man niemals einen Fortschritt machen!
„Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung“, lautet ein kluges Sprichwort. Diesem Erkennen muss aber ein Sich-selbst-Beobachten vorangehen. Nur dann ist es möglich, all seine unguten Eigenschaften ans Licht zu bringen und in späterer Folge auch zu beseitigen.
Diese seine Fehler ans Licht zu bringen, ist keine leichte Aufgabe, denn der Verstand ist immer zur Stelle, will das Erkannte schon wieder mit einem Mäntelchen zudecken und hat alle möglichen Ausreden bereit, um ja nur nicht zugeben zu müssen, dass er das oder jenes Ungute getan hat. Freilich ist es nicht angenehm, wenn man sich eingestehen soll, dass man diesen oder jenen Fehler hat.
Wenn man aber auf der Suche nach dem Sinn des Lebens ist und ihn erkannt hat, dann bedeutet es eine grosse Freude, wenn man einen seiner Fehler entdeckt! Es löst förmlich ein Jauchzen aus, wenn man schon wieder etwas erkannt hat und daran geht, es abzulegen.
Diese Freude sollte man sich auch eingestehen, man sollte sozusagen einen innerlichen Jubel verspüren, denn jeder Fehler, den man hier auf Erden ablegen kann, ist ein Schritt vorwärts. Wir können – wie uns die Boten Gottes mitgeteilt haben – auf der Erde alles 600 bis 800 mal schneller ablegen als im Jenseits, und diese Chance zu nützen, sollten wir uns doch nicht entgehen lassen!

Ich will noch einmal zurückkommen auf das Beobachten. Es ist notwendig, wenn man eine Untugend erkennt und vor hat, sie abzulegen, dass man achtgibt, ob sie wiederkommt. Wenn man sich öfter in derselben Richtung ertappt, weiss man nämlich bald ganz genau, wo sie wurzelt. Dann sollte man darangehen, diese Untugend mit der Wurzel auszureissen. Wenn der Mensch guten Willens ist und sich selbst erkennen will, dann bekommt er dazu, wenn er im Gebet darum bittet, Hilfe von seinem Schutzgeist und der Geisterwelt Gottes, und er wird förmlich auf die Fehler hingestossen. Es wird ihm richtig ins Bewusstsein gerufen: „Halt, da ist etwas, das hast du schon einmal gemacht oder zweimal bemerkt, und jetzt ist es schon wieder da. Also geh der Sache auf den Grund und tu etwas!“
Und so ist es dann ganz leicht, sich selbst auf frischer Tat zu ertappen. Aber nur dann, wenn man bewusst lebt, ist es möglich, den einen oder anderen Fehler ans Licht zu bringen, ihn zu beseitigen und sich selbst zu veredeln. Denn mit jedem abgelegten Fehler nimmt die Tugendseele adäquat zu, und es geht dann immer besser.
Und gross ist die Freude, wenn man dann wieder einmal in eine solche Situation kommt, und es rührt sich nichts mehr in uns! Man hat diese Untugend hinter sich gebracht und geht daran, die nächste zu beseitigen, und so weiter und so fort. So hat jeder mit sich selbst genug zu tun, wenn er seine Entwicklung ernst nimmt!

Wir dürfen allerdings nie vergessen, dass die dunklen Mächte bestrebt sind, alles zu vernebeln und uns nicht klar sehen zu lassen. Unser Verstand wird von ihnen zu Suggestionen benützt, und dann heisst es: „Aber das hast du doch schon längst nicht mehr, das hast du vielleicht einmal gehabt, aber das hast du längst abgelegt, nein, nein, du hast das schon hinter dich gebracht!“
Wenn man auf diese Suggestionen hört, die oft mit Hochmut gepaart sind, dann wird es natürlich nie dazu kommen, dass man einen Fehler ablegen kann. Allzu leicht lässt man sich betören von diesen Suggestionen, denn es schmeichelt ja dem Menschen sehr, wenn er das schon hinter sich gebracht hat. In Wirklichkeit treibt diese Untugend aber Wurzeln in ihm und wird immer stärker, bis sie wieder zum Ausbruch kommt.
Man sollte sich niemals täuschen lassen, dass ein Fehler, den man glaubt, abgelegt zu haben, tatsächlich für immer überwunden ist, weil er bei einer Gelegenheit nicht zum Vorschein kam; ich würde dazu sagen: „Einmal ist keinmal!“. Erst wenn man lange, lange Zeit Gelegenheit hatte, das zu beobachten, und wenn man dann feststellen kann, dass sich tatsächlich nichts gerührt hat, dann kann man annehmen, dass man sich davon befreit hat. Man sollte aber weiterhin auf der Hut sein!

Der Gottesbote "Nell" hat zu unserer Erleichterung einen Untugend-Spiegel für uns zusammengestellt und die folgenden Hinweise dazu gegeben:

„Wir wissen, dass ihr Menschen seid, wir wissen aber auch, dass Gott bis zu einem gewissen Grad das menschliche Straucheln toleriert und dass sich jeder durch sein Straucheln Nachwirkungen in seinem Schicksal zuzieht und Einkerbungen verursacht, die er später wieder gutzumachen hat. Wir wissen aber auch, dass in eurem Leben nicht alles aus menschlicher Schwäche geschieht, sondern dass es oftmals auch am guten Willen fehlt.

Der Mensch hat viele Eigenschaften. Wie wäre es, wenn ihr euch hinsetzen würdet und euch unter Zuhilfenahme des nachstehenden Untugend-Spiegels schriftlich Rechenschaft über alle eure Eigenschaften geben würdet? Ihr habt sie dann schwarz auf weiss und könnt jederzeit, wenn ihr euch bemüht habt und glaubt, dass ihr sie überwunden habt, diese Eigenschaften durchstreichen und an ihre Stelle Tugenden setzen.
Ihr werdet euch freuen, wenn ihr eine ungute Eigenschaft abstreichen und euch schon der nächsten widmen könnt! Dies fördert nicht nur eure Persönlichkeitsentfaltung, sondern es dient auch eurer Willensbildung. Und noch etwas kommt dazu: Wenn ihr euch mit dem Guten beschäftigt, vermindern sich die Anfechtungen, und ihr könnt durch das Ablegen unguter Eigenschaften anderen helfen.
Auf eure Gesundheit gebt ihr Acht, denn ihr spürt es, wenn euch etwas weh tut. Ihr erinnert euch dann, dass etwas getan werden muss; ihr reagiert also! Aber das Geistige oder das Seelische ist in euren Augen nicht so wichtig, denn das spürt ihr nicht. So verschiebt ihr es gerne auf später oder auf ein andermal. Das ist eine menschliche Schwäche und Beeinflussung.
Wie wär's, wenn ihr euch hinsetzt und bewusst das Gute macht, in der Überzeugung: Es wäre doch gelacht, wenn ich es nicht schaffe! Ich weiss, viele nehmen es sich vor; andere wieder denken: Nell hat leicht reden, er ist ja schon auf einer schönen Stufe! – Doch auch ich gebe mir öfter Rechenschaft, als ihr denkt.

Euch ist es oft so ergangen wie einem, der zu uns ins Jenseits kam und sagte: ‚Um Gottes willen, das hätte ich machen sollen? Ich hatte doch nie Zeit dazu! Schaut nur mein Leben an, ich war immer beschäftigt, war voll ausgebucht!' Man sagte ihm: ‚Du hast doch einen Sack, in dem du deine Werke mitgebracht hast. Lass uns einmal hineinschauen!' Doch der Sack war fast leer!
Überdenkt das mit dem Zeitnehmen! Ihr macht das ja nicht meinetwegen oder unsretwegen, sondern euretwegen und eurer Geschwister wegen, die ein Anrecht darauf haben, dass der Stärkere dem Schwächeren hilft.

Ich habe noch etwas für euch! Als ich sagte, ihr könnt so manche Eigenschaft durchstreichen und an deren Stelle eine Tugend setzen, was glaubt ihr, wohin euch so manche Tugend führt? Sie führt euch in die Unabhängigkeit von niederen Beeinflussungen, und euer Tugendkörper wird sich freuen, wenn er wieder ein Stück von euch dazubekommt. Es ist so, wie Jesus gesagt hat: ‚Freund, wie bist du ohne hochzeitliches Gewand hereingekommen, wo doch der König jedem Einzelnen sein Festgewand zugeteilt hat?' – jener antwortete nicht, er war verstockt; sein Kleid war befleckt, einfach schmutzig. Er wurde entfernt – wie Jesus es ausdrückte – dorthin, "wo Finsternis, Heulen und Zähneklappern ist!"
Das Festgewand ist der Tugendkörper. Er setzt das Durchstreichen aller niederen Eigenschaften voraus. Diesen wünsche ich euch, und den könnt ihr auch schon auf Erden grossteils anziehen. Tugenden sind etwas Schönes. Sie sind Harmonie, Glanz und Erfüllung der Sehnsucht, von allen niederen Beeinflussungen loszukommen. – Und danach sollt ihr doch trachten!

Ich wollte euch mit dem Untugend-Spiegel eine praktische Handhabe geben, wie ihr bei der vorhin empfohlenen schriftlichen Rechenschaft Tag für Tag vorgehen könnt. Ob ihr dabei Worte aus unserem Sprachschatz gebraucht oder Worte nach eurer Überlegung, das ist dabei Nebensache.
Die Hauptsache ist, dass ihr dabei zu einem reinen Geistesleben erwacht, soweit euch dies eurem Körper möglich ist. Und dass es möglich ist, hat euch Christus bewiesen und viele andere Geschwister auch, die euch Vorbild sein können.

So wollen wir euch zurufen: Wenn es dein Bruder oder deine Schwester kann, dann kannst du es mit uns und unseren Ratschlägen auch! Versuche es durch Beten und Beständigkeit. Durch beharrliches Erheben im Gebet wirst du oben bleiben, gleichsam wie Öl auf dem Wasser. Das ist ein bildlicher Vergleich, aber in schwierigen Situationen könnt ihr euch daran erinnern: Ich will oben bleiben! Weg mit den Beeinflussungen! Ich will vorwärts streben!“



(Red.: Der Artikel ist dem Buch "Ich ging im Erdenleben durchs Feuer zum Licht", S. 101 ff. der Autorin Gisela Weidner (Adresse: Postfach 405, A-1071 Wien, Österreich) entnommen. Die nachstehende Aufstellung stammt aus ihrem Buch "Laurentius – Schritte der Tat zur Entwicklung", S. 327 ff. – T.F.)


Untugend-Spiegel

  1. Unwahrhaftig 36. Abergläubisch
  2. Hochmütig auf andere herabsehend 37. Lampenfiebrig
  3. Eigensinnig 38. Schüchtern
  4. Starrköpfig 39. Unentschlossen
  5. Aufbrausend 40. Wankelmütig (bald pessimistisch, bald optimistisch)
  6. Leicht beleidigt 41. Vertrauensselig
  7. Nachtragend 42. Kleinmütig
  8. Jähzornig 43. Verzagt
  9. Vorlaut 44. Hoffnungslos
10. Spöttisch 45. Bedrückt, deprimiert
11. Neidisch 46. Leicht beeinflussbar
12. Untreu 47. Menschenfürchtig
13. Taktlos 48. Feig
14. Sinnlich 49. Unzuverlässig
15. Masslos 50. Unordentlich
16. Schamlos 51. Oberflächlich
17. Indiskret 52. Arbeitsunlustig
18. Rachsüchtig 53. Eitel
19. Genussüchtig 54. Überschwänglich
20. Kritiksüchtig 55. Unzufrieden
21. Zweifelsüchtig 56. Ungeduldig
22. Streitsüchtig 57. Launenhaft (leicht zu ärgern)
23. Eifersüchtig 58. Falsch
24. Klatschsüchtig 59. Sich selbst alles, anderen jedoch nur das Notdürftigste zuerkennend
25. Tratschsüchtig 60. Rechthaberisch (andere Meinungen durch Wortklauberei und Lüge bekämpfend)
26. Undankbar 61. Andere aushorchend
27. Geizig 62. Ehrsüchtig
28. Misstrauisch 63. Besserwisserisch
29. Vorurteilsvoll 64. Eingebildet
30. Bequem 65. Eigene Überzeugung materiellen Vorteilen zuliebe verleugnend
31. Scheinheilig 66. Mangel an Pflichtgefühl und Pflichttreue zeigend
32. Schadenfroh 67. Wortbrüchig
33. Anmassend 68. Keinen Widerspruch von anderen ertragen können
34. Selbstherrlich 69. Nachlässig
35. Falsche Bescheidenheit 70. Unehrlich


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"