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Grenzwissenschaften - Parapsychologie
(Anm.d.Erf.: Das folgende Portrait stammt aus der Zeitschrift "Wegbegleiter" vom September 1998, Nr. 5, III. Jahrgang, S. 199 ff)

In Memoriam KARLIS OSIS (1917-1997)

ÜBERSICHT.- An seinem 80. Geburtstag, dem 26. Dezember 1997, verstarb einer der renommiertesten und international bekanntesten Parapsychologen, der aus Lettland stammende Dr. KARLIS OSIS. Osis galt weltweit als einer der letzten akademischen Parapsychologen, die sich besonders mit einer Kernfrage des Menschseins beschäftigen, nämlich mit der Frage nach dem persönlichen Überleben des Todes. Um so herber der Verlust dieses rastlosen Forschers für die internationale Parapsychologie. Mein Dank für Unterstützung und Hinweise zur Arbeit am vorliegenden Beitrag geht an Dipl.-Psych. EBERHARD BAUER, Freiburg; Prof. ERLENDUR HARALDSSON, Reykjavik und Prof. IAN STEVENSON, Virginia.

I. Erfahrungen, Begegnungen, Fragen

1917 in Riga, der Hauptstadt von Lettland geboren, war die Kindheit und frühe Jugend von KARLIS OSIS geprägt von Flucht und Unbeständigkeit, zuerst bedingt durch die Besetzung seiner Heimat im 2. Weltkrieg durch Deutschland, wo er sich nur knapp einer Zwangseinberufung entziehen konnte. Anschliessend, gegen Kriegsende, wurde er durch die russische Besetzung Lettlands zum Flüchtling. Nach einer abenteuerlichen Reise kreuz und quer durch Europa fand er schliesslich Zuflucht in einem Flüchtlingslager im von den Amerikanern besetzten Süddeutschland.
Über seine Kriegserlebnisse nachdenkend, schreibt K. OSIS (OSIS 1987, S. 124): "Mit dem 2. Weltkrieg stürzte das Dach Europas ein, die brutale, grausame Seite der menschlichen Natur kam in all ihrer Hässlichkeit zum Vorschein. Die spirituellen Konzepte des Menschen wurden scharf herausgefordert, unsere mit Zucker überzogene Kultur wurde konfrontiert mit der menschlichen Fähigkeit zur unbarmherzigen Zerstörung und Unterdrückung. Wie Millionen anderer fühlte ich die Notwendigkeit von harten Beweisen einer weiseren, freundlicheren und menschlicheren Seite unseres Wesens."
In Deutschland begann für KARLIS ein neues Leben. Er schrieb sich an der Münchner Universität ein, wo er 1951 mit einer Arbeit über Aussersinnliche Wahrnehmung (ASW) in Psychologie promovierte. Schon während des Studiums organisierte der junge OSIS Seminare und Vorträge, die parapsychologische Themen zum Gegenstand hatten (HARALDSSON 1997, S. 253-254).
Obwohl Osis im Laufe seiner Karriere viele innovative und erfolgreiche Experimente anstellte, war er immer ein Forscher, der das Paranormale stets dort suchte, wo es am ursprünglichsten und unmittelbarsten passiert; nicht in der kalten Atmosphäre des Labors, sondern im täglichen Leben. Von seinen ersten Berührungspunkten mit der quantitativen (messenden, experimentellen) Parapsychologie erzählt er: "Als ich Student an der Münchner Universität war, bekam ich 'The Reach Of Mind' von RHINE und anderes Material in die Hände. Diese Arbeiten beeindruckten mich zwar, aber sie beherrschten nicht mein Denken. Die Karten, Würfel, Statistiken und diese gewisse Prise 'Verkaufsmasche' kamen mir seltsam vor und verfehlten irgend etwas. " (Fussnote 1) Trotzdem liess er sich sein eigenes Set von Karten, wie sie JOSEPH BANKS RHINE benutzte, anfertigen und begann, mit Kommilitonen zu experimentieren. Die Ergebnisse bestärkten den jungen OSIS in seinem Entschluss, herauszufinden, was hinter diesem "Psi" denn nun steckt.
Kurz danach wanderte er in die Vereinigten Staaten aus, wo er in Kontakt zum bereits erwähnten "Vater der quantitativen Parapsychologie", J. B. RHINE, trat, der Interesse an OSIS' Ideen zu Psi bei Tieren zeigte und ihn zur Mitarbeit an der Duke University einlud, wo RHINE sein parapsychologisches Labor gegründet hatte. OSIS entwickelte dort eine berühmt gewordene Versuchsreihe, in der er nachweisen konnte, dass die beteiligten Versuchstiere (Katzen) teils ASW benutzten, um an ihr Futter zu kommen und mental durch einen menschlichen "Sender" beeinflussbar waren.
Auf der Suche nach hoffnungsvollen Medien, die zur Mitarbeit an ASW-Experimenten bereit waren, schickte J. B. RHINE seinen neuen Mitarbeiter in ein spiritualistisches Camp, um dort möglicherweise ein neues, kooperatives Talent zu finden. OSIS fand schnell heraus, dass einige Medien Spione beauftragten, um an Informationen über ihre Klienten heranzukommen, die sie dann später in simulierter Trance zum besten gaben. Diese Enttäuschung wurde abgelöst durch die nächste, eine ganz anderer Art: OLGA WORRALL, Heilerin und Medium, von einem anderen Kaliber als die falschen Medien des Camps und zudem noch unentgeltlich arbeitend, sagte OSIS klar ins Gesicht, sie habe kein Interesse, bei RHINE Karten zu mischen. Ihre Aufgabe sah sie darin, Hilfesuchende zu beraten und zu trösten. Später liess MRS. WORRALL sich auf erfolgreiche Experimente zum geistigen Heilen ein (Fussnote 2), mit RHINE hat sie allerdings leider nie zusammengearbeitet. Diese und die Absage des bekannten Mediums ARTHUR FORD an RHINE trugen wahrscheinlich zur lebenslangen Skepsis RHINE'S gegenüber dem Mediumismus erheblich bei (BRIAN 1982, S. 193-194).
Nach einigen Jahren am RHINE-Institut schloss K. OSIS sich der Parapsychology Foundation (PF) in New York an. Diese Institution, die die wissenschaftliche Parapsychologie um Meilen vorangebracht hat, wurde 1951 von EILEEN GARRETT, einem berühmten Medium, ins Leben gerufen. Es verdient erwähnt zu werden, dass dieses ausserordentlich starke Trance-Medium zeitlebens mit der spiritistischen Hypothese nichts anfangen konnte, und das, obwohl es durch seine Medialität wichtige Anstösse zur Überlebensforschung gab. Zu ihr, die zur Förderin von OSIS wurde, hatte er ein ambivalentes Verhältnis, ähnlich wie zu dem Inder SAI BABA, zu dessen Person er später zusammen mit ERLENDUR HARALDSSON Untersuchungen anstellte: er bewunderte beide als charismatische, sozial engagierte und hochbegabte Persönlichkeiten und befand sich stets in einem Wechselbad der Gefühle von Faszination, Frustration und Freude im Umgang mit solch schillernden Persönlichkeiten.
Unter der Schirmherrschaft der PF entstand 1961 seine erste grössere Arbeit, die sich mit dem Überlebensproblem befasste: eine Enquete unter Ärzten und Krankenschwestern mit dem Titel Deathbed Observations by Physicians and Nurses über sog. "Sterbebettphänomene", d. h. jene Wahrnehmungen, die heute unter den Begriff "Nah-Todeserfahrungen" verstanden werden (ebd., S. 254). Die erste wissenschaftliche Untersuchung auf diesem Gebiet wurde von dem Physiker und SPR-Mitbegründer WILLIAM BARRETT durchgeführt und 1926 unter dem Titel Death-Bed Visions (Visionen am Sterbebett) (Fussnote 3) veröffentlicht. Diese Schrift hatte den jungen Forscher zum Erlangen eigener Ergebnissen motiviert.
Im Jahre 1962 wurde KARLIS OSIS auf Anfrage des soeben ins Amt gekommenen Präsidenten GARDNER MURPHY (Fussnote 4) Mitglied der American Society for Psychical Research (ASPR), deren Forschungsdirektor OSIS später wurde. Zur gleichen Zeit lernte er auch CHESTER CARLSON kennen, den Erfinder des Xerox-Fotokopiersystems und begeisterten Förderer der wissenschaftlichen Parapsychologie, der zu Lebzeiten der ASPR erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung stellte und ihr später ein Vermögen von einer Million US-Dollar hinterliess. Mit ihm verband ihn eine tiefe Freundschaft, und die ASPR hat angeblich dieser Freundschaft ihren Umzug aus einem 2 1/2-Zimmer-Appartment im Untergeschoss eines Mietshauses nach 5 West 73rd Street (einem imposanten, alten Gebäude) zu verdanken. Als die beiden 1966 die jetzige ASPR-Residenz besichtigten, Soll CARLSON sich zu seinem Freund umgedreht und gesagt haben: "Karlis, du brauchst etwas wie das hier für deine Arbeit." Wenig später erwarb er das stattliche Gebäude für die ASPR, worauf es mit der ältesten parapsychologischen Forschungsgesellschaft Nordamerikas mit KARLIS OSIS als Forschungsdirektor seit Jahren wieder bergauf ging (STEVENSON 1998).

II. Telepathie zwischen Mond und Erde?

Neben der Frage des Überlebens, Psi bei Tieren und der Meditation und ,.hier Effekte auf Psi, galt sein Interesse auch der Frage nach dem Einfluss der Entfernung auf ASW. Er zeigte in Zusammenarbeit mit dem Statistiker MALCOLM TURNER, dass Psi entgegen landläufiger Meinungen Raum und Zeit nicht übersteigt, da der Psi-Effekt bei ASW auf grossen Distanzen an Stärke sehr wohl, wenn auch geringfügig, abnimmt. TURNER fand heraus, dass dieser Absinkungseffekt zwar da war, aber wesentlich geringer als es die bekannten Gesetze der Physik erlauben würden (OSIS 1987, S. 125). Als die NASA unter der Schirmherrschaft der American Association for the Advancement of Science (Amerikanische Gesellschaft für den Fortschritt der Wissenschaft) ein dreitägiges Symposium zum Thema Parapsychologie sponsorte, an dem OSIS teilnahm, liess ihn ein Gedanke nicht los: der Apollo-Flug zum Mond wäre zur Erweiterung der bisherigen Versuche ideal, "Psi" hätte damit eine Entfernung zu überbrücken, welche die gute alte Erde einfach nicht hergab. Der berühmte Raumfahrtpionier und NASA-Mitarbeiter WERNHER VON BRAUN setzte sich für ein offizielles Experiment ein und die Sache wurde als Projekt auf niedriger Prioritätsstufe akzeptiert. Leider wurde eine aussenstehende Organisation von Gutachtern konsultiert, worauf der bereits akzeptierte Forschungsantrag mit der Begründung wieder verworfen wurde, "ASW sei kein wissenschaftliches Konzept'. "Da ging der grösste Traum, den ich jemals hatte, dahin", meinte Osis zu diesem Trauerspiel später.
Später allerdings "schmuggelte" der parapsychologisch interessierte Astronautenpionier EDGAR MITCHELL ein kleines ASW-Experiment in seinen Apollo 14-Flug ein, an dem vier weitere Personen beteiligt waren, die ihm von der Erde aus auf aussersinnlichem Wege Kartensymbole übermitteln sollten. OSIS und RHINE halfen ihm bei der Auswertung dieses zwar relativ erfolgreichen, aber eben leider einzigartigen und nicht wiederholbaren Experiments (Osis 1987, S. 126).

III. Zur Stunde des Todes -Auf der Suche nach dem Corpus Subtile

Das persönliches Interesse von KARLIS OSIS an der Parapsychologie und speziell am Todesproblem war die Folge eines Erlebnisses, das er als Heranwachsender in seiner Heimat hatte (OSIS 1987, S. 121): "Kurz bevor ich ins Gymnasium kam, hatte ich Tuberkulose. In diesen Zeiten (als es noch keine Antibiotika gab), hatte man eine 50:50-Überlebenschance, falls man geduldig genug war, im Bett liegenzubleiben und zu ruhen. Es herrschte Dämmerung in meinem Zimmer, als es passierte: Ganz plötzlich überkam mich eine gewaltige Glückswelle, von einer solch ungewöhnlichen Qualität. Ich hatte zuvor noch nie von etwas Ähnlichem gehört. Das Zimmer schien sich mit Licht zu füllen; kein Licht, bei dem man hätte lesen können, aber 'Licht' ist der ähnlichste Begriff, den ich finden kann, um es zu beschreiben - lebendiges Licht - nicht nur im Zimmer, sondern auch in mir, mich bis zu den Fingerspitzen erfüllend. Dann öffnete sich die Türe und ein Verwandter verkündete, 'Tante ist gerade gestorben.' Mein Erlebnis und ihr Tod geschahen mit Sicherheit gleichzeitig.
Meine Tante wurde einige Jahre zuvor durch einen Schlaganfall gelähmt und mein Vater hatte sich ihrer angenommen. Sie konnte nicht sprechen, daher stand sie mir nicht besonders nahe; sie tat mir nur leid und ich versuchte zu helfen, bevor ich selbst krank wurde. Ein zweiter Schlaganfall kam und der Arzt sagte, sie würde innerhalb von zwei Wochen sterben, der tatsächliche Tag oder Stunde war aber nicht vorauszusagen. Darum hätte ich den genauen Moment auch nicht erraten können, auch wenn ich gewusst habe, dass der Tod meiner Tante nahe bevorstand."
Später fand er ähnliche Erfahrungen beschrieben in den Klassikern der vergleichenden Religionskunde, z. B. in Das Heilige von RUDOLPH OTTO.
Wie schon seit Anbeginn der parapsychologischen Forschung bekannt, steht und fällt die Antwort auf die Frage des Lebens nach dem Tode mit dem Beweis eines feinstofflichen Körpers (im Okkultismus u. a. Astralkörper genannt), in dem unsere Persönlichkeit nach dem Wegfallen (Tod) des irdischen, grobstofflichen Körpers weiter existiert. Dieses Problem auf experimentellem Wege in den Griff zu bekommen, erweist sich schon alleine daher so schwierig, weil man im Nachhinein nie definitiv sagen kann, ob eine Versuchsperson mit der angeblichen Fähigkeit des Aussendens des Astralkörpers ein zu ermittelndes, verdecktes Zielobjekt nun tatsächlich durch Austritt des Ich oder durch räumliches, "reisendes" Hellsehen wahrgenommen hat. KARLIS OSIS entwickelte nun eine Versuchsanordnung, die Aufschluss über den "Psi-Modus" (Art und Weise der ASW) geben soll, mit dem ein verstecktes Zielobjekt (Target) wahrgenommen wird. Der amerikanische Parapsychologe WILLIAM ROLL schreibt über das Problem der "Out-of-Body-Experience" (OBE, dt.: ausserkörperlichen Erfahrung) die Versuche von Osis betreffend im Jahre 1974 (ROLL, S. 208-209):

"Forschungen auf dem Gebiet der ausserkörperlichen Erfahrungen werden nunmehr sowohl von der American Society for Psychical Research (ASPR) in New York als auch der Psychical Research Foundation in Durham, North Carolina, durchgeführt. Eindeutige Ergebnisse sind bisher noch nicht zu verzeichnen, aber es mag von Interesse sein, die verwendeten Prozeduren zu skizzieren. An beiden Orten werden Versuche unternommen, die entscheiden sollen, ob das Selbst in irgendeinem Sinne den physikalischen Körper 'verlässt' oder aber die Möglichkeit besteht, dass die ASW-Eindrücke dem Körper zugetragen werden und der Aspekt des 'Reisens' nur eine Einbildung ist. Bei der ASPR benutzt Dr. KARLIS OSIS eine besonders aufgebaute Zielbox, um diese Frage aufklären zu helfen. Eines der Targets, die bisweilen in dieser Box verwendet werden, ist der kleine Buchstabe 'd'. Die Box ist umschlossen bis auf eine Seite, wo sich eine Öffnung befindet. Eine Spiegeleinrichtung bewirkt, dass das 'd' von der Öffnung her wie ein 'b' erscheint. Die Versuchsperson, die sich in einem anderen Raum aufhält, wird angewiesen, sich auf ausserkörperliche Weise in den Targetraum 'zu begeben' und über das Target zu berichten. Die Annahme besteht nun darin, dass, wenn die Versuchsperson normale ASW verwendet, das abdeckende Material, aus dem die Box besteht, kein Hindernis darstellt und sie den Buchstaben 'd' 'sieht'. Ist sie jedoch in einem Out-of-Body-Zustand, wird die Targetbox undurchsichtig erscheinen. In diesem Falle wird sie nur in der Lage sein, den Buchstaben von dem offenen Ende [der Box] her zu 'sehen' und daher ein 'b' angeben.
(..) Es gibt anekdotische Berichte, dass eine Person, die ihren Körper verlassen hatte, an dem Ort gesehen oder gefühlt worden sei, zu dem sie sich begeben hatte, und dass sie zufälligerweise einen Gegenstand an diesem Ort physikalisch beeinflusste, sagen wir ein Buch aus dem Bücherregal zog. Als Detektoren verwenden wir gegenwärtig hauptsächlich Personen, aber wir beginnen ebenso Tiere' und physikalische Instrumente für diesen Zweck zu explorieren.
Die mögliche Relevanz der Out-Of-Body-Erfahrungen zum Überlebensproblem ist von vielen Parapsychologen angeführt worden. (..) Wenig Parapsychologen sind bereit, die Überlebenshypothese aufgrund der Sichtungen von Erscheinungen zu akzeptieren. Die Fälle sind zu spärlich und unsicher, als dass man sie als Beweis für irgend etwas akzeptieren könnte. Jedoch scheint die Überlegung (..), dass wir etwas über das mögliche Leben nach dem Tode durch Untersuchungen der Out-Of-Body-Erfahrungen Lebender erfahren könnten, vernünftig zu sein."

Über ein weiteres aufschlussreiches Experiment berichtet OSIS, ebenfalls im Jahre 1974, in seinem Aufsatz Perceptual Experiments in Out-Of-Body Experiences (Research in Parapsychology 1974). Im Verlauf dieses Versuchs entwickelte Osis eine grosse Metallkiste, in der hochempfindliche Metallamellen angebracht waren, die an Dehnungsmessstreifen angeschlossen wurden. Die Annahme, der Astralleib habe durchaus eine Substanz (wenn auch eine "feinstoffliche"), sollte dadurch bestätigt werden, dass die Aufzeichnungsgeräte zur gleichen Zeit, in der die Versuchsperson ihren Astralkörper vor die Spiegelanlage und damit in die Metallkiste projiziert, mit Ausschlägen reagierten. Tatsächlich wurden feinste Bewegungen der Lamellen registriert, als die Versuchsperson die Astralprojektion vollführte. Kritiker dieses Experiments meinten aber, die Bewegungen könnten auch psychokinetisch herbeigeführt worden sein, also auch hier kein zwingender wissenschaftlicher Beweis für das Vorhandensein eines corpus subtile.
Zu den Schwierigkeiten, auf die ein Überlebens-Forscher zwangsläufig stösst, meinte OSIS (OSIS 1987, S. 127): "So inakzeptabel die grossen Abtrünnigen für die totalitären Systeme sind, so inakzeptabel sind die Geister der Toten für Akademiker und manchmal auch für jene Christen, die sich vor Teufeln fürchten. Die Phänomene, die auf ein Leben nach dem Tode hindeuten, werden kraftvoll 'wegerklärt', während positive Berichte aus wissenschaftlichen Journals, Tagungen und universitären Lehrplänen verbannt werden. Wenn du ein Angsthase bist, oder Prestige und eine dicke Geldbörse an der Spitze deiner Werteskala sind, bleibe den gefährlichen Phänomenen der Toten fern.
Glücklicherweise hatte ich Verbündete, die alles andere als Angsthasen waren. GARDNER MURPHY war vorurteilslos und die CARLSONs waren ziemlich überzeugt vom Überleben des Todes. Später halfen der einflussreiche Psychiater IAN STEVENSON und der Volkswirtschaftler JOHN WINGATE mir, entsprechende Projekte an der ASPR zu unterstützen. "
Das wohl bekannteste und weitestverbreitete Werk von KARLIS OSIS ist das zusammen mit ERLENDUR HARALDSSON verfasste Buch At the Hour of Death' (Fussnote 6) das 1977 zum ersten Mal erschien und mittlerweile in 22 Auflagen in 12 Ländern zu einem der wichtigsten Standardwerke der Nah-Todesforschung wurde. At the Hour of Death ist eine Weiterführung von Osis' älteren Arbeit Deathbed Observations by Physicians and Nurses von 1961.

IV. Von beleidigten Heiligen

Im Laufe der Arbeiten zu diesem Bestseller, der die Verfasser mehrmals zu Untersuchungen nach Indien führte (Fussnote 7), kamen die beiden mit einem der umstrittensten und faszinierendsten Phänomene der Gegenwart in Berührung: SAI BABA. Immer wieder hörten sie die phantastischsten Wundergeschichten über diesen neuen religiösen Führer Indiens, der angeblich nach Belieben Gegenstände - besonders "heilige Asche", und die in rauhen Mengen - erscheinen und verschwinden lassen kann, die Fähigkeit der Bilokation (des Gesehenwerdens an zwei Orten) und der Heilung besitzen soll, und so weiter und so fort. Nachdem solche Berichte von den beiden Parapsychologen aus dem Westen anfangs ignoriert und belächelt wurden, siegte, als man auch von ernstzunehmenden Leuten wie Gouverneuren und Ärzten von den Wundem SAI BABA's gehört hatte, schliesslich die Neugierde. Osis schreibt (Osis 1987, S. 133 ff):

"HARALDSSON und ich hatten das Glück, das Erscheinen und Verschwinden von Gegenständen in BABA's Gegenwart genau untersuchen zu können. Das bringen Illusionisten natürlich auch fertig. Der berühmte Bühnenmagier DOUG HENNING aber sah in meinem Büro einen Film über SAI BABA und meinte, 'ich kann das meiste davon auch duplizieren, aber es sieht nicht so aus, wie er es tut' ' d. h. mittels Zaubertricks. Es gab zwei Beispiele, die HENNING zufolge nicht die Art von Dingen sind, die Zauberkünstler fertigbringen und die ich kurz beschreiben werde.
Während meines ersten Besuchs forderte ich BABA heraus, sich an Experimenten zu beteiligen. Ein hitziger Streit entwickelte sich, in dem er über unsere westlichen Meditationsleistungen spottete: 'Ich weiss, wie ihr Westler meditiert. Ihr fühlt euch für eine Weile erhoben, doch am nächsten Tag seid ihr, wo ihr vorher wart und tut wieder die gleichen dummen Dinge. Bei der wahren Meditation wachsen Leben und Geist zusammen, wie ein doppelter Rudraksha.' HARALDSSON fragte, was ein Rudraksha sei. Weder BABA noch sein Übersetzer wussten ein englisches Wort dafür. HARALDSSON fragte trotzdem ziemlich aggressiv weiter, bis BABA ein wenig rot im Gesicht wurde, seine Hände eilig in kleinen Kreisen drehte und uns dann triumphierend zeigte.- 'Das ist ein doppelter Rudraksha.' Er sah ein wenig aus wie zwei Aprikosensteine, die zusammengewachsen waren, doch mit einer viel komplexeren und schöneren Struktur. Wir staunten, weil dies als Reaktion auf einen hitzigen Streit kam, nicht als etwas Geplantes und Vorbereitetes. Dann nahm BABA den Stein zurück, blies ihn an und überreichte ihn als Geschenk zurück an HARALDSSON. Der doppelte Rudraksha war nun eingefasst in Gold und Rubinen.
Zauberkünstler können nur Gegenstände 'materialisieren ', die sie mitbringen, nicht solche, für die man sich, angespornt aufgrund eines (offensichtlich peinlichen Moments, entscheidet. Wir waren beeindruckt. HARALDSSON analysierte später einen Splitter seines Rudrakshas. Er war natürlich gewachsen, nicht gezüchtet. Indische und britische Botaniker sagten ihm, dass doppelte Rudrakshas äusserst selten seien; man weiss nur von sehr wenigen existierenden Stücken, die als sehr selten in Museen aufbewahrt werden.
Das andere, was HENNING anerkannte, war das Verschwinden eines Steines an meinem Ring. Während unseres ersten Besuchs schwang BABA wieder seine offenen Hände in kleinen, schnellen Kreisen, schloss sie und beschenkte mich dann mit einem goldenen Ring, in dem ein 1 x 1,8 cm grosses emailliertes Bild von ihm eingefasst war. Es war echtes Gold und in jenen Tagen (den frühen Siebzigern) auf hundert Dollar geschätzt. Dieses Geschenk konnte im voraus geplant und mitgebracht worden sein., darum war ein Zaubertrick eine lebensfähige Erklärung
Ein Jahr später wollte ich BABA wieder in ein Experiment locken. Zuerst versuchte ich, ihn mit einem Scherz aufzulockern. Ich zeigte ihm den Ring, den er mir gegeben hatte und den ich an meinem Finger trug, und erzählte ihm, dass ich ihn schätzen würde, das für meine Kollegen in New York aber nicht genug sei, die da sagten, 'Wir können ja verstehen, dass du deinen Swami magst, aber Swamis haben Ärmel. * Ich deutete damit auf einen Zaubertrick hin. Der Scherz funktionierte nicht. BABA wurde sehr ernst und still, sagte dann aber, 'schauen Sie auf Ihren Ring.' Das, Bild SAI BABA's, das auf dem Ring war, war verschwunden. Der Ring war an meinem Finger geblieben und meine Hand hatte auf meinem linken Knie geruht, als ich im Schneidersitz auf dem Boden sass. Zu meiner Linken war HARALDSSON und hinter uns eine Betonmauer. BABA war ungefähr 1,80 m von uns entfernt. Mir klappte der Mund auf, was den beleidigten Swami sichtlich befriedigte. 'Das war m e i n Scherz" sagte er mit harter Stimme. Später nannte er es 'mein Experiment', und in einem gewissen Sinne war es das auch.
Ich untersuchte die Kerben des Ringes, welche das Bild BABA's hielten. Keine davon war verbogen. Es gab keine Spuren einer Kraft, die darauf ausgeübt worden wäre. Niemand konnte mir vernünftig erklären, wie BABA dies hätte tun können. Doch war das Ereignis äusserst weit jenseits der Schreckensgrenze meiner Kollegen. GAITHER PRATT hatte sogar die Idee, wir wären drei Tage lang unbewusst hypnotisiert gewesen und hätten daher den Stein einfach nicht sehen können. In diesem Fall hätte HARALDSSON's Kamera aber ebenfalls hypnotisiert sein müssen, da er eine Aufnahme vom leeren Ring machte! Aufgrund des Skeptizismus von allen Seiten musste ich meine Forschungsreisen zu indischen Swamis beenden. HARALDSSON jedoch setzt seine Forschungsreisen nach Indien fort und wird dabei von der Universität von Island, wo er lehrt, unterstützt.
Mein 'Rat des alten Mannes' an künftige Forscher ist, den Mut und die Integrität zu haben, nach innovativer Wahrheit zu suchen - das ist es, was das Leben lebenswert macht aber seien Sie sehr wählerisch, wann, wo und wem Sie davon erzählen."

IV. Abschied von einem der Besten

Privat war KARLIS OSIS ein ausgesprochener Familienmensch, der sich im Kreise seiner Frau KLARA und der gemeinsamen drei Kinder von so mancher Anfeindung erholen konnte. Seine vielen Freunde und Bekannten fanden sich nicht nur in parapsychologischen Kreisen, führende Gelehrte aus dem Gebiet der Bewusstseins- und Religionsforschung wie ALDOUS HUXLEY und WALTER HOUSTON CLARK gehörten ebenso zu seinen Gesprächspartnern wie der bereits erwähnte CHESTER CARLSON, mit dem K. OSIS neue Ideen oft mittels Brainstorming ermittelte.
In der letzten amerikanischen Ausgabe von At the Hour Of Death findet sich ein Kapitel, das alleine von KARLIS OSIS verfasst wurde. Dort heisst es, gleichsam als Vermächtnis an all diejenigen, die vielleicht eine Art Verwandtschaft zum rastlosen und neugierigen Wesen eines der grössten Parapsychologen dieses Jahrhunderts fühlen (HARALDSSON 1997):

"In meinem Rückblick auf Jahrzehnte der Forschung sehe ich als Resultat gut durchgeführter Untersuchungen einen bescheidenen Beweis. Er ist tröstlich, er ist nützlich - besonders, wenn wir tatsächlich dem Mysterium des Todes gegenüberstehen - unseres eigenen Todes oder dem uns Nahestehender. In unserer Kultur ist Glauben nicht genug. Wissen hilft,- die Erfahrungen des Spirituellen und Paranormalen helfen. Und doch ist das meiste, was wir tun können, 'durch das dunkle Glas sehen' (Paulus), unter Berücksichtigung der Überraschungen, wenn wir am Ende selbst ankommen. Nah-Todeserfahrungen sind im Grunde Begegnungen mit dem Unerwarteten. Mit diesem Buch haben wir versucht, das, was zu erwarten ist, zu erweitern und zu erhellen. Wir trafen Vorhersagen aufgrund unserer ersten amerikanischen Umfrage. Die meisten Vorhersagen trafen auf die zweite amerikanische Umfrage mit Bestätigung der indischen zu. - Ich erwarte immer noch die Erfahrung der Überraschung, wenn ich einmal sterbe."

WB-Redaktion


Quellen
BRIAN, DENIS: The Enchanted Voyager. The Life of J B. Rhine. S. 192-195. Prentiee Hall, New Jersey 1982.
HARALDSSON, ERLENDUR: In Memory of Karlis Osis. In: The Journal of Parapsychology, Vol 61, September 1997. S. 253-255.
OSIS, KARLIS: The Paranormal: My Window to Something More. In: PILKINGTON, ROSEMARIE: Men and Women in Parapsychology: Personal Reflections, S. 120-137, Mc Farland, North Carolina und London, o. J.
OSIS, KARLIS: Perceptual Experiments in Out-of-Body Experiences. In Research in Parapsychology 1974, Metuchen 1975.
ROLL, WILLIAM: Das Problem des Weiterlebens nach dem Tod in neuer Sicht. In: BELOFF, JOHN (Hrsg.), Neue Wege der Parapsychologie. S. 200-225. Walter Verlag, Olten und Freiburg 1980.
STEVENSON, IAN: Persönliche Korrespondenz vom 26.06.1998.


Fussnote 1: Als HANS BENDER, der Nestor der akademischen Parapsychologie in Deutschland, 1961 nach Amerika kam, um u. a. an der ASPR für sein junges Freiburger Institut zu werben, fand er in KARLIS OSIS, damals ASPR-Forschungs-Direktor und Präsident der Parapsychological Association, einen begeisterten Interessenten, der sich dem enthusiastischen BENDER durch die gemeinsame Vorliebe für die aus der Mode gekommenen qualitativen Psi-Forschung und Spontanfälle verbunden fühlte.
Fussnote 2: s. auch WB 4/98, S. 160
Fussnote 3: Siehe hierzu den dem gleichnamigen Werk entnommenen Beitrag Aber Du darfst nicht weinen - Visionen am Sterbebett auf S. 233.
Fussnote 4: Der bekannte Psychologe war der erste Forscher auf dem Gebiet der ASW, der Massenexperimente zur Telepathie via Rundfunk durchführte.
Fussnote 5: (red.) - Tiere sollen ja stark auf Erscheinungen Verstorbener reagieren, die sich in ihrem Wesen nicht von Astralprojektionen Lebender unterscheiden dürften.
Fussnote 6: Die deutsche Übersetzung: Der Tod - ein neuer Anfang ist als Taschenbuch beim Verlag Hermann Bauer erhältlich.
Fussnote 7: In At the Hour of Death geht es vor allem um einen interkulturellen Vergleich von Nah-Todeserfahrungen in Indien und der westlichen Zivilisation.


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Letzte Änderung am 11. Februar 2005