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Bücher - Rezension
(Anm.d.Erf.: Die Buchbesprechung stammt von der Redaktion des Wegbegleiters aus der Zeitschrift "Wegbegleiter" vom März 1997, Nr. 2, II. Jahrgang,, S. 90ff. Anmerkungen des Erfassers stehen in []-Klammern.)

Das Buch 'Ein Wanderer im Lande der Geister' von Franchezzo

Franchezzo: "Ein Wanderer im Lande der Geister", Turm-Verlag, Bietigheim, 4. Auflage, 324 Seiten, gebunden, DM/sFr 29,80, ISBN 3-7999-0050-0 (erhältlich im Buchhandel oder beim Verlag Martin Weber, D-77746 Schutterwald ).

Franchezzo ist der Geist eines verstorbenen Italieners, der über das Medium A. Farnese seine Erlebnisse in der Jenseitswelt kundtut. Dabei beginnt er mit der Schilderung seines Erdenlebens, das wahrhaftig nicht als vorbildlich im Sinne von "edel sei der Mensch, hilfreich und gut" bezeichnet werden kann.
Im Gegenteil; Franchezzo ist geradezu der Prototyp des Materialisten: Immer auf seinen eigenen Vorteil bedacht, auch wenn er dafür über Leichen gehen muss, immer darauf aus, sich irdische Genüsse zu verschaffen, und dabei noch hochbegabt in geistiger und körperlicher Hinsicht. Und doch spürt selbst er, dass ihn eine Sehnsucht treibt, die er durch Ausschweifungen aller Art zu töten versucht. Er schreibt dazu: "Unter all den Frauen, die ich liebte ( ... ) war nicht eine, die mich hätte das fühlen lassen, was wahre Liebe ist: das Ideal, nach dem ich insgeheim seufzte." Und weiter: "Sie liebten mich, wie ich sie liebte. Die Leidenschaft, die ich ihnen entgegenbrachte, gewann mir nur das entsprechende Gefühl auf ihrer Seite. So lebte ich dahin - unbefriedigt im Verlangen nach etwas, das ich selbst nicht kannte."
Bezeichnenderweise dauert die Erzählung seines Erdenlebens nur 2 Seiten, wobei noch erwähnt werden muss, dass trotz seiner Schlechtigkeit eine Frau ihm ihre Liebe schenkte. Es muss ihn noch zu Lebzeiten stark berührt haben; er begann, sich elend und beschmutzt zu fühlen, allein durch ihre Gegenwart. Daher auch seine Aussage: "Welche Bitterkeit und welches Leiden durchzog in jenen Tagen meine Seele! ( ... ) Ihre Reinheit und Aufrichtigkeit errichteten ein Hindernis zwischen uns, das ich niemals beseitigen konnte". Dann stirbt er ziemlich überraschend. Die nun folgende Schilderung ist so bewegend, dass man jedem nur dringend raten möchte, sich mit dem Wesen des Todes rechtzeitig auseinanderzusetzen. Erst nach geraumer Zeit wird Franchezzo überhaupt bewusst, dass er gestorben ist. Und wie bitter ist seine Erkenntnis, dass er jetzt keine Möglichkeit zur Wiedergutmachung seiner Bosheiten bei den Menschen besitzt, denen er Leid zugefügt hat.
Im weiteren erzählt Franchezzo von seinen Wanderungen durch die Geistersphären, von seinen Kämpfen mit dem Gegensatz, der auch nach dem Tode in mannigfaltiger Weise präsent ist, von seinen selbstgewählten Prüfungen, von seiner Trauer. Franchezzo weist mehrfach darauf hin, dass das Erdenleben ein Geschenk ist, da hier wesentlich mehr Entscheidungs- und Handlungsfreiheit bestünde als im Jenseits (!). Um so grössere Reue fühle der, welcher seine Erdenzeit sinn- und nutzlos vertue mit dem Jagen nach Erdengütern, die nach dem Tode nichts mehr wert seien, obwohl doch die allermeisten Menschen ebenso wie er, Franchezzo, spürten, dass diese irdischen Dinge keinen wirklich dauerhaften Frieden ins Herz einziehen liessen.
Franchezzos Bericht lässt an Eindringlichkeit nichts zu wünschen übrig. Er reisst den Leser mit, gerade durch seine Ehrlichkeit, die auch seine Gefühlswelt offenlegt. Nichts bleibt da verborgen, und mit ihm zittert der Leser in den Gefahren und Schrecknissen der dunklen Sphären des Jenseits, mit ihm freut man sich, wenn eine Prüfung geschafft wurde, mit ihm atmet man auf, wenn einer Bedrohung gerade noch entgangen werden konnte; es ist keine himmlische, lichte Gegend, in die Franchezzo seine Leser führt, aber vorwiegend dort finden wir ihn - eine Folge seines fast gänzlich vertanen Erdenlebens, wie er immer wieder betont.
Durch all die Finsternis jedoch strahlt das unauslöschliche Licht der Liebe, die er kurz vor seinem Erdentod noch erahnen durfte; es ist jene Frau, zu der er heimlich aufschaute ihrer Aufrichtigkeit und Reinheit wegen. Sie hat entscheidenden Anteil an seiner Bereitschaft, sich zum Guten zu wenden. Sie ist es, die ihn ermutigt, weiter voranzuschreiten, wenn ihn Hoffnungslosigkeit überfällt, sie richtet ihn auf, wenn er resignieren will in Anbetracht der Schwierigkeiten und Prüfungen, die es zu bestehen gilt. Er kann sich glücklich preisen, denn mit Hilfe der guten Geisterwelt darf er von Zeit zu Zeit zu ihr, und sie selbst fühlt seine Anwesenheit.
So zeigt sein Bericht, dass über allem Bösen und Schlechten doch letztlich das Gute und Schöne regiert, denn während er gezielt ins Dunkle geschickt wird, um eine Aufgabe zu erfüllen, so können Geister aus diesen Sphären nur bis zu einer bestimmten Grenze nach oben kommen, in Abhängigkeit ihrer persönlichen Reinheitsstufe. Deshalb meint auch im Jenseits das Böse, es könne über das Gute bestimmen, denn es sei nirgends zu sehen, und wenn, so sei es schnell bekämpft. Dieser Irrtum, so Franchezzo, sei auch auf der Erde (!) weit verbreitet. Er bestätigt weiterhin, dass die dunklen Geister nur begrenzt sehen und erkennen, und schon deshalb oft das Wirken des Guten gar nicht bemerken!
Am Ende des Buches ist zwar Franchezzo nicht mit seiner Liebe vereint, jedoch hat er eine Stufe erreicht, in der er auf seinen geliebten Engel warten kann. So schliesst er seinen Bericht mit seinem Traum von der ewigen Verbundenheit mit seiner grossen Liebe.
So schrecklich Franchezzos Erlebnisse sind, so furchtbar das (selbstgeschaffene) Schicksal von Geistern, die ihm begegnen, so grausam die Versuchungen, die im Geisterlande an ihn herangetragen werden - im Grunde ist das Buch so trostreich wie nur wenige. Denn immer wieder wird Franchezzo aufgefangen, geführt, geheilt, nie ist er ganz verlassen, alleine. Es herrscht nach seiner Beschreibung eine überwältigende Solidarität der Geister, wonach es der Wunsch jedes edlen Geistes ist, seinen Brüdern auf dem beschwerlichen Heimweg zu Gott beizustehen. Eingebettet in die Gnadengesetze Gottes kann jeder, ob Geist im Jenseits oder im Menschenkleid, zu jeder Zeit den Heimweg antreten. Marschieren muss er natürlich selbst, will heissen, wer weit weg ist von der Heimat, der muss auch weit gehen. Aber er ist nie ohne helfende und schützende Begleitung. Am besten, so Franchezzos Appell, beginne man den Heimweg zu Lebzeiten auf Erden, denn hier habe man ungleich bessere und schnellere Möglichkeiten des Fortschritts. Und schliesslich sei ja eben das auch der Zweck des Erdenlebens an sich.
Bei all dem darf nicht vergessen werden, dass Franchezzo seine eigenen Erlebnisse beschreibt. Und da jeder Mensch sich vom anderen unterscheidet, wird auch jeder nach seinem Erdentod in die ihm gemässen Sphären gelangen, die sich auch durchaus von Franchezzos Sphären unterscheiden können. Und da sein Bericht medianim niedergeschrieben wurde, kann auch mancher Irrtum, manche Ungenauigkeit nicht ausgeschlossen werden. Wer jedoch zwischen den Zeilen liest, der erkennt Gesetzmässigkeiten im Universum, die wohl Allgemeingültigkeit besitzen und deshalb schon jetzt für uns alle anwendbar sind. Und so ist die Lektüre dieses Buches dazu geeignet, den Leser zu der Erkenntnis zu leiten, dass das Goethe-Wort von der ewigen Wahrheit ein Stück ahnen lässt: "Edel sei der Mensch, hilfreich und gut".

[ Redaktion der Zeitschrift "Wegbegleiter" ]


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Letzte Änderung am 21. Juli 2000