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Religion - Christentum - Leben-Jesu-Forschung
Artikel von Walter Vogt (Zürich), erschienen in der Zeitschrift 'Wegbegleiter' Nr. 2/2004, S. 11-19.
Anmerkungen des Erfassers stehen in [ ]-Klammern.

Der Lehrer der Gerechtigkeit

Eine Laienstudie von Walter Vogt, CH-Zürich

In den Qumran-Rollen vom Toten Meer ist sehr oft die Rede von einem hervorragenden Priester, dessen Name aber unbekannt ist. Wer war dieser rätselhafte und geheimnisvolle Mensch?

Karl-Heinz Deschner, der wohl grösste Kirchenkritiker der Gegenwart, gibt ein Urteil über diesen rätselhaften namenlosen Menschen. Hier seine Auffassung: "Die Ähnlichkeit zwischen dem essenischen Lehrer der Gerechtigkeit und Jesus ist so gross, dass J.L. Teicher, ein Gelehrter aus Cambridge, der die Entstehung der Schriften in nachchristliche Zeit verlegt und in den Leuten von Qumran Christen erblickt, Jesus und den Lehrer der Gerechtigkeit für identisch hält. In seinem Gegenspieler, dem Mann der Lüge, sieht Teicher Paulus, der den Kult zu den Heiden gebracht habe."

Vom Lehrer der Gerechtigkeit wussten bis zum Jahre 1947 nur ein paar Forscher, und die so wenig, dass sie ihn für eine Erscheinung der Legende oder des Mythos hielten. Heute gehört er zu den meistdiskutierten Gestalten der Religionsgeschichte.

Von seiner Gemeinde wurde dem essenischen Lehrer höchste Verehrung entgegengebracht. Offenbar war er von grosser Frömmigkeit und unantastbarem Charakter. Wie der geschichtliche Jesus trat er nicht als Erlöser, sondern als Lehrer auf. Wie Jesus knüpfte er an das mosaische Gesetz an, das er vollendete. Wie Jesus galt er als der "Auserwählte Gottes" (bechir el), als Empfänger einer besonderen Offenbarung, hatte er sein Wissen aus Gottes Mund. Es wird sogar überliefert, Gott habe ihm "alle Geheimnisse seiner Diener, der Propheten, kundgetan." Er galt ihnen als unmissverständlich überlegen. Wie Jesus war er der Gründer oder doch Mittelpunkt der "Gemeinde des Neuen Bundes" (hab berit ha-chadascha). Wie schon Jesus predigte er Busse, Armut, Demut, Keuschheit und Nächstenliebe. Wie bei jenem betraf seine Botschaft bereits "das letzte Geschlecht". Wie Jesus stand er schon im scharfen Konflikt mit den offiziellen Kreisen, wurde er von den Priestern in Jerusalem befehdet, durch ihre Machenschaften vor Gericht gestellt und unschuldig verurteilt, vielleicht sogar – manches spricht dafür – gekreuzigt."

Forschungsergebnisse

In den Qumran-Rollen tritt immer wieder ein Priester auf, der als "Lehrer der Gerechtigkeit" erscheint. Sein wirklicher Name ist unbekannt, dafür aber umso mehr sein erhabener Titel "Moreh hassedeq". Für die Essener war er der erwartete letzte Prophet. Nach dem Hab. Kom. 7,4 f soll ihm Gott alle Geheimnisse der Worte seiner Diener, der Propheten, mitgeteilt haben. Aus dem Zusammenhang geht hervor, dass diese Geheimnisse in erster Linie eschatologischen (Eschatologie = Lehre von den letzten Dingen) Charakter hatten. Für seine Gemeinde war er der Verkünder des nahen Weltendes. Nach Dam. Dok. 11f heisst es, "dass er den letzten Geschlechtern kundtat, was Gott im allerletzten Geschlecht an der Gemeinde der Abtrünnigen tun werde." Ziemlich übereinstimmend wird vermutet, dass dieser bedeutende Lehrer im ersten Jahrhundert v. Chr. wirkte. Diese geheimnisvolle Persönlichkeit stammt aus dem höchsten Priesteradel, spielt aber zunächst eine entscheidende Rolle in der chasidischen Bewegung. Später geriet er, wie Jesus, in Konflikt mit dem Jerusalemer Hohenpriester, der in den Funden als "Frevelpriester" bezeichnet wird. Aus den Rollen ist ersichtlich, dass er die fromme Wüstengemeinschaft verfolgte; ihr grosser und verehrter Lehrer soll in diesen Kämpfen sein Leben verloren haben. – Was Jesus predigte, lehrte auch er. Die völlige Hingabe an Gott war ihm das höchste Prinzip. Mit aller Schärfe verurteilte er die Sündhaftigkeit des Menschen. Der protestantische Theologe Ethelbert Stauffer sieht in ihm den grossen Thoralehrer und vermutet, dass er selber der Dichter der schönsten und persönlichsten Lieder in der Psalmensammlung der Wüstenleute ist. H. van der Ploeg ist der Ansicht, dass sich die Bruderschaft der Essener unter Israels Frommen gebildet habe. Er sieht zwei Möglichkeiten. Entweder habe sich eine Anzahl frommer Männer zusammengeschlossen und einen Führer oder Vorsteher gewählt. Es könne aber auch sein, dass ein Stifter diese Gruppe ins Leben gerufen habe. Der Autor bemerkt aber auch, dass in der Essener-Literatur kein eigentlicher Gründer erwähnt wird. Ein Josephuszitat: "Nächst Gott wird der Name des Gesetzgebers sehr bei ihnen verehrt; wer ihn schmäht, wird zum Tode verurteilt."

In den Qumran-Regeln ist wiederholt von Moses und von keinem anderen als Gesetzgeber die Rede. Häufig aber erscheint eine recht geheimnisvolle Persönlichkeit, die jedoch nie mit einem Eigennamen erwähnt wird, sondern stets als "Lehrer der Gerechtigkeit" erscheint. Meistens wird angenommen, dass es sich um eine historische Persönlichkeit oder um einen Titel handle. Alle grossen Lehrer Israels wurden mit einem solchen bezeichnet. Sehr bekannt ist aber, dass dieser grosse Lehrer mit dem Hohenpriester seiner Zeit in Konflikt geriet. Auch er wird, wie der Lehrer, niemals in den Texten mit Namen genannt. Zwei Bezeichnungen sollen hier erwähnt werden: "Frevelpriester" und "Lügenmann". Dieser böse Hohenpriester besitzt offenbar eine grosse Macht und kann in seinem Land nach Gutdünken schalten und walten. Wer kann es gewesen sein? Jonathan der Makkabäer (161-143)? – Simon der Makkabäer (142-135)? – Johannes Hyrkanus (135-104)? – Aristobulos I. (104-103)? – Alexander Jannäus (103-76)? – Aristobulos II. (67-63)? – Hyrkanus II. (76-67); 63-40)? – Antigonus (40-37)?

Eine ETHOS-Serie aus dem Schwengeler-Verlag, Schweiz, berichtet, dass es sich beim Frevelpriester höchstwahrscheinlich um den Makkabäerfürsten Jonathan handelt, der sich 152 v.Chr. selbst zum Hohenpriester ernannte und damit Opposition unter den Frommen Israels auslöste. Im Jahre 143 v. Chr. wurde er von den Syrern gefangen genommen und umgebracht. Mehrere Stellen in den Texten sprechen von einem schrecklichen Ende dieses Potentaten, was die Essener als eine gerechte Strafe Gottes für die Verfolgung ihres Anführers deuteten. Es ergibt sich somit ein Fixpunkt für die Datierung dieses geheimnisvollen Lehrers. Es wird auch auf eine Angabe in der Damaskusschrift (CD) hingewiesen. Dort steht: "Und in der Zeit des Zorns, waren sie wie Blinde und solche, die nach dem Weg tasten, zwanzig Jahre lang (...) und Gott erweckte ihnen den Lehrer der Gerechtigkeit." In dieser Zeitspanne fand die furchtbare Religionsverfolgung unter dem Syrerkönig Antiochus IV. Epiphanes statt, die zum Makkabäeraufstand führte. Etwa zwanzig Jahre später soll der Lehrer der Gerechtigkeit mit seinem Wirken begonnen haben. Schon aus diesem Grunde ist es rein chronologisch nicht möglich, dass der Lehrer der Gerechtigkeit mit Jesus Christus identisch ist.

Das Bild, welches von diesem grossen Menschen gezeichnet wird, ist überall dasselbe. Er ist ein Priester, dem Gott die Gabe verliehen hat, den verborgenen Sinn "aller Worte der Propheten" zu erläutern. Gott habe ihn erweckt, um die Israeliten auf dem Wege seines Herzens zu führen und um sein Urteil über die Gottlosen zu verkünden.

Robert Eisenmann ("Jesus und die Urchristen") stellt auch die These auf, dass der Lehrer der Gerechtigkeit mit Jakobus, dem Bruder Jesu, identisch sei. Die gleiche Behauptung geht auch aus seinem Bestseller ("Verschluss-Sache Jesus") hervor, die bestimmt viele gläubige Christen verunsicherte. Seine These ist zeitlich völlig unhaltbar, denn die Datierung der Qumran-Rollenstücke wurde mit dem modernsten radioaktiven Test auf ihr Alter untersucht. Ergebnis: Dieser Kommentar – gemeint ist der Habakuk-Kommentar – wurde zwischen 104 und 43 v. Chr. geschrieben.

Die australische Theologin Barbara Tiering identifiziert den Lehrer der Gerechtigkeit mit Johannes dem Täufer.

Hugh J. Schonfield, der unermüdliche Forscher, fragt sich: "Wie konnte solch ein Mensch dem Netz der Biographen entschlüpfen?" Normalerweise stehen hinter bekannten Religionen oder Philosophien Gestalten, die wir durch die Literatur kennen. In dieser Hinsicht denkt er vor allem an Moses, Konfuzius, Zarathustra, Buddha, Jesus von Nazareth und Mohammed. Nach seiner Meinung war dieser grosse Lehrer ein Mann von hoher spiritueller und moralischer Grösse. Mit Sicherheit stellt er fest, dass er ein Jude vom priesterlichen Stamm der Leviten gewesen war. Er wirkte als Gesetzgeber und Prophet. Zudem bekämpfte er die religiöse Lässigkeit und Abtrünnigkeit. Schonfield vermutet, dass er ein Zeitgenosse von Judas Makkabäus war.

Die Essener waren grosse Meister der Geheimlehren. Gerade deshalb benutzten sie Kennzeichen und Decknamen. Ihr Charakter wurde durch den Gebrauch passender Pseudonyme gespiegelt. Somit erhielten die Ausdrücke "Wahrer Lehrer", "Gottloser Priester" und "Zorniger Löwe" einen zeitlosen Charakter. Prof. J.M. Allegro spielte eine wichtige Rolle bei der Entzifferung der Schriftrollen vom Toten Meer. Seine Worte: "Ein sehr spannendes Problem, das sich bei der Arbeit ergab, war die Entschlüsselung einer Anzahl verschiedener Geheimcodes, in denen mehrere der Werke geschrieben waren... um bestimmte Texte besonders geheim zu halten. Und in einem Fall bewerkstelligten sie es, die meisten (aber nicht alle) der Wörter rückwärts zu schreiben. Sie benutzten auch eine Mischung von vier oder fünf Alphabeten, einschliesslich einem oder zwei anderen aus eigener Erfindung." Es war schon lange bekannt, dass solche Codes im hebräischen Text der Bibel gebraucht wurden. Einer davon kommt nämlich im Buch "Der Prophet Jeremia" vor. Er tauschte die ersten elf mit den zweiten elf Zeichen in umgekehrter Reihenfolge aus. Im deutschen Alphabet bedeutete dies, dass Z durch A, Y durch B, X durch C usw. ersetzt wurde.

Im Talmud erscheinen zwei mysteriöse Namen, die im Zusammenhang mit Jesus von Nazareth Verwirrung gestiftet haben. Der Forscher F.F. Bruce gibt recht interessante Aufschlüsse. Der eine bezieht sich auf Jesus als Jesus ben Pantera oder ben Bandera, was Sohn des Panthers bedeuten könnte. Nach Origenes war Pantheras ein Beiname von Jakob, dem Grossvater Jesu (das war seine Antwort auf die von Celsus zitierte jüdische Verleumdung, dass Pantheras der Name eines heidnischen Soldaten gewesen sei.) Die wahrscheinlichste Erklärung dieser Frage ist, dass Pantheras mit seinen unterschiedlichen Formen eine Verfälschung von Parthenos, dem griechischen Wort für Jungfrau ist.

Oft wurde auch angenommen, dass sich der Talmud auch mit dem Namen ben Stada auf Jesus bezieht. Diese geheimnisvolle Persönlichkeit wurde wegen Zauberei und Aufwiegelung zum Abfall hingerichtet. Es hiess von ihm, dass er sein Zaubersystem aus Ägypten importiert habe. Manche vermuteten in ihm sogar einen recht militanten Zeloten. Man dachte unter anderem auch an den ägyptischen Demagogen aus Apg. 21,38: "Bist du denn nicht der Ägypter der vor einiger Zeit einen Aufruhr gemacht hat und viertausend Aufständische in die Wüste hinausgeführt hat?" – Diese Stelle bezieht sich auf den Apostel Paulus. – Josephus bezeichnet den Ägypter als Scharlatan. In den jüngeren Schichten des Talmuds sind ben Stada und ben Pantera identisch.

Lic. Emil Bock von der "Christengemeinschaft" gibt äusserst bemerkenswerte Aufschlüsse über Jesus ben Pandira. Er nimmt an, dass er in der Regierungszeit des Johannes Hyrkan Palästina geboren wurde. Man nannte ihn auch ben Stada, was eigentlich "Sohn der Buhle" bedeutet. Seine Mutter soll ihn nämlich unehelich zur Welt gebracht haben; sie war in den Diensten von vornehmen Frauen, denen sie vor allem die Haare "gekräuselt" habe. Alte Erzähler wissen zu berichten, dass Myriam für ihren Ehebruch eines grausamen Todes sterben musste. Zur Strafe wurde sie an ihren Brüsten aufgehängt. – Zum Jüngling herangewachsen, wurde er Schüler eines berühmten Lehrers des Pharisäerordens. Sein Name soll Josua ben Parachia gewesen sein. In dieser Zeit regierte König Alexander Jannäus, der Sohn des Johannes Hyrkan, der sich durch die sadduzäischen Machenschaften zu der grossen blutigen Verfolgung der Pharisäer und anderer jüdischen Mysteriengemeinschaften verleiten liess. Rabbi Josua ben Parachia gehörte zu denen, die ausser Landes gingen. Er floh mit seinem Schüler Jesus ben Pandira nach Ägypten und weilte meistens in Alexandria. Damals waren die ägyptischen Mysterien noch lebendig. Nach einer gewissen Zeit trennten sich aber ihre Wege. Dies trat zutage, als aus Jerusalem die Kunde eintraf, dass die Verfolgung aufgehört habe. Josua ben Parachia erhält einen Brief von Rabbi Simeon ben Schetach, dem Bruder der Königin Salome Alexandra, die jedoch im Gegensatz zu ihrem Gemahl Alexander Jannäus zur Partei der Pharisäer hält. Er muss den Bericht als eine Zurückberufung nach Jerusalem auffassen. Jesu ben Pandira weigert sich aber, ihm zu folgen. Eine Verschiedenheit der geistigen Anschauungen und Überzeugungen trennt die beiden. Der talmudische Text gibt das in hieroglyphischer Bildhaftigkeit wieder. Es heisst, Lehrer und Schüler haben sich in einer Herberge befunden, wo dem Lehrer grosse Ehre zuteil wurde. Josua ben Parachia ist des Lobes voll über das Haus. Der Schüler stimmt jedoch in das Lob nicht ein, sondern spricht die rätselhaften Worte: Rabbi, sie hat schmale Augen.

Voller Wut verhängt Josua ben Parachia den Bann über ihn. Gemeint ist, dass die geistige Entzweiung durch die verschiedene Beurteilung einer Lehr- und Mysterienstätte offenbar geworden ist, mit der sich der Lehrer voll verband, die aber der Schüler wegen ihres Mangels an geistigem Sehvermögen und Erkennen tadelt.

Jesus ben Pandira verweilt noch eine gewisse Zeit in Ägypten. Bock wörtlich: "Da muss es gewesen sein, dass er, umwimmelt vom bunten Reichtum des hellenistischen Lebens, innerhalb des Therapeuten- und Essäertums seine Aufgabe ergriff und bald zum grossen Reformator und geistigen Erfüller dieser messianischen Ordensgemeinschaften wurde." Über seine Tätigkeit in Ägypten und Palästina enthält der Talmud nur versprengte und indirekte Spuren. Aus ihnen geht aber hervor, Jesus ben Pandira habe fünf Schüler gehabt. Die Namen dieser Schüler enthalten eine messianische Theologie. Sie bedeuten "Wann", "der Unschuldige", "der Spross", "mein Sohn" und "der Dank". Diese fünf Schüler erlitten wie ihr Lehrer den Märtyrertod.

Im babylonischen Sanhedrin (43a) heisst es: "Unsere Rabbinen haben gelehrt: fünf Schüler hatte Jesus: Matthai, Naki, Nezer, Buni und Toda."

Als sie Matthai brachten, sprach er zu ihnen: "Soll Matthai getötet werden?" Es steht doch geschrieben (Psalm 42,3): Ich Matthai (= wann?) werde kommen und Gottes Angesicht sehen. Sie antworteten: "Ja, Matthai soll getötet werden, denn es steht geschrieben (Psalm 41,6): Matthai (=wann?) wird sterben und sein Name vergehen."

Sie brachten den Naki: Er sprach zu ihnen: "Soll Naki getötet werden?" Es steht doch geschrieben (2. Mos. 23,7): Den Naki (= unschuldig) und den Gerechten sollst du nicht töten. "Ja," hiess es, "Naki soll getötet werden, denn es steht geschrieben (Psalm 10,8): Im geheimen soll Naki getötet werden."

Sie brachten Nezer. Er sprach: "Soll Nezer getötet werden?" Es steht doch geschrieben (Jesaia 11,1): Und Nezer (= ein Schössling) wird aus seinen Wurzeln sprossen. Sie sprachen: "Ja, Nezer soll getötet werden, denn es steht geschrieben (Jes. 14,19): Du wirst aus deinem Grabe geworfen wie ein verachteter Nezer."

Sie brachten Buni. Er sprach: "Soll Buni getötet werden?" Es steht doch geschrieben (2. Mos. 4,22): Buni (= mein Sohn), mein Erstgeborener, Israel. Sie sprachen: "Ja, Buni soll getötet werden, denn es steht geschrieben (2. Mos. 4,23): Siehe, ich töte deinen Buni, deinen Erstgeborenen."

Sie brachten Toda. Er sprach: "Soll Toda sterben?" Es steht doch geschrieben (Psalm 100,1): Ein Psalm für Toda (= zum Dank für die Eucharistie). Sie sprachen zu ihm: "Er soll getötet werden, denn es steht geschrieben (Psalm 50,23): Wer Toda (Dank) opfert, der preiset mich."

Verwechslungen und Verleumdungen

Im Jahre 1950 verkündete der grosse französische Gelehrte André Dupont-Sommer (Sorbonne, Paris), dass der in den Schriftrollen von Qumran erwähnte grosse Lehrer der Gerechtigkeit mit Jesus von Nazareth identisch sei. Begierig wurde sein Bericht von den Medien aufgenommen und entsprechend ausgeschlachtet. Bald darauf war er jedoch gezwungen, seine voreiligen Schlussfolgerungen zu widerrufen; sie hielten einer äusserst genauen wissenschaftlichen Prüfung nicht stand. Wie konnte er zu so einer irrigen Auffassung kommen? Bei ihrer Geburt fanden übersinnliche Ereignisse statt und beide wurden von ihren Feinden zum Tode verurteilt. Jeder vollbrachte Wunder und beide hielten sich im Mysterienland Ägypten auf, der eine als Knabe, der andere als Erwachsener. In der Talmudliteratur ist der Name Jesus ben Bandira oft erwähnt. Immer wieder wurde diese so geheimnisvolle Gestalt unbewusst, oft aus Lässigkeit, meistens aber absichtlich mit Jesus von Nazareth verwechselt. Man benutzte mit satanischer Schlauheit etliche Züge des einen, um den andern zu verunglimpfen. Und so musste es kommen, dass manche Bibelexperten glaubten, er habe überhaupt nicht gelebt oder sei nur eine mythische Figur gewesen.

In der Schrift des griechischen Philosophen Celsus (um 180 n.Chr.) ist diese Verwechslung zum ersten Mal in seinem Werk "über den wahren Logos" literarisch hervorgetreten. Dieser Bekämpfer des Christentums behauptete hartnäckig, dass es eine Fälschung sei, wenn man von der jungfräulichen Geburt des Jesus von Nazareth spreche. In Wirklichkeit sei er der Sohn einer Tagelöhnerin gewesen, die ihn auf ihren dunklen Irrwegen mit einem römischen Soldaten namens Pandira oder Panthera empfangen habe. Bis in unsere heutige Zeit hinein hat diese absichtliche Verwechslung immer wieder eine Rolle gespielt.

Der Theosoph C.R.S. Mead befasste sich eingehend mit diesem Thema. Titel des Buches: "Lebte Jesus hundert Jahre vor Christus?" Etliche okkulte Schriftsteller bejahten diese Frage. C.W. Leadbeater, ebenfalls Theosoph, gibt das Jahr 105 v. Ch. als Geburtsjahr des Jesus von Nazareth an. Andere Verfasser erwähnten seine Geburt ungefähr um das Jahr 115 v.Chr. In "Esoteric Christianity" von Annie Besant, Nachfolgerin von Frau H.P. Blavatsky, lesen wir, Jesus von Nazareth habe nicht wie die Evangelien berichten, zur Zeit des Augustus, Tiberius und Pilatus gelebt, sondern hundert Jahre vorher. Zudem sei er nicht gekreuzigt, sondern gesteinigt worden. Gerade wegen dieser Behauptung musste sich Dr. Rudolf Steiner von der theosophischen Strömung trennen. Er erkannte, dass die Verwechslung von Jesus ben Pandira und Jesus von Nazareth nicht etwa wegen einer bewussten Fälscherabsicht oder falschen Überlieferung entstanden ist. Hierzu äussert sich Lic. Emil Bock wie folgt:

"Einem attavistisch-unkontrollierten und deshalb oberflächlichen und irregeleiteten Hellsehen entzog sich bei der historischen Rückschau die Gestalt Jesu, des menschlichen Trägers der Christuswesenheit, und statt seiner wurden Bilder jener Gestalt aufgefangen, die hundert Jahre vorher über die Erde ging. Das zentrale Ereignis der Menschheitsgeschichte wurde auf diese Weise 'übersehen' und zugleich ging die wichtige Persönlichkeit des Jesus ben Pandira für die geschichtliche Anschauung verloren."

Rudolf Steiner

"Dieser neue Bodhisattva... hatte (nach dem Erdenleben des Gautama Buddha) eine besondere Aufgabe für die Menschheitsentwicklung. Ihm war besonders die Aufgabe zugefallen, geistig zu leiten jene Bewegung, welche sich im Therapeutentum, im Essäertum kundgab... Da wirkte sein Einfluss. Er schickte ... zur Leitung der Essäer unter der Regierung des Königs Alexander Jannai eine besondere Individualität in die Essäer-Gemeinden hinein. Diese... leitete ungefähr ein Jahrhundert vor dem Erscheinen des Christus Jesus auf der Erde die Essäer-Gemeinden. Diese Persönlichkeit ist dem Okkultismus gut bekannt, aber auch der talmudischen Literatur... unter dem Namen Jesus, der Sohn des Pandira, Jeschua ben Pandira. Diesen Jesus, Sohn des Pandira, über den üble jüdische Literaten allerlei gefabelt haben... eine edle und grosse Persönlichkeit... darf man nicht verwechseln mit dem Jesus von Nazareth. Wir kennen diesen essäischen Vorläufer des Christentums,... und wir wissen, dass dieser Jeschua ben Pandira von denjenigen, die damals in der essäischen Lehre Gotteslästerung sahen, angeklagt worden ist der Gotteslästerung und Häresie, dann zuerst gesteinigt – und dann... an einem Baum aufgehängt worden ist, um zur Strafe auch noch die Schande hinzuzufügen...

In diesem Jeschu ben Pandira haben wir eine Persönlichkeit zu sehen, die unter dem Schutze des Bodhisattva steht ... Wir haben eine Art Vorbereitung, eine Nebenströmung der christlichen Hauptströmung in jener Strömung zu sehen, welche abhängig ist von ... dem jetzigen Bodhisattva ... der seine Sendboten in die Essäer-Gemeinden hineingeschickt hat und der sich damals auslebte in dem Missionar, der in den Essäer-Gemeinden wirkte...

Die eigentlichen Essäer-Gemeinden waren dem tieferen Lehrgehalt nach ... verhältnismässig bald verschwunden, nachdem das Christus-Ereignis sich auf der Erde abgespielt hatte. Daher wird es nicht gar so unglaublich erscheinen... dass... die Therapeuten- und Essäer-Gemeinden wesentlich dazu eingerichtet waren, um aus den geistigen Regionen, aus der Sphäre der Bodhisattvas dasjenige heruntergelangen zu lassen, was man brauchte, um das grosse bedeutsame Ereignis der Christus-Erscheinung zu begreifen.

Die wichtigsten Lehren, die der Menschheit zugekommen sind, um das Christus-Ereignis zu begreifen, stammten aus den Therapeuten- und Essäer-Gemeinden.

So war gewissermassen Jesus, der Sohn des Pandira, dazu ausersehen, sich von dem Bodhisattva,... der hereinwirkte in die Essäer-Gemeinden, inspirieren zu lassen mit solchen Lehren, welche... das Mysterium des Christentums verständlich machen konnten..."


[ Anm. d. Erf.: Es wurden kleine Unsauberkeiten korrigiert und geringfügige stilistische Änderungen vorgenommen, die jedoch nicht sinnentstellend sind. ]


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"Letzte Änderung dieser Seite am 10. Juni 2014"